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MUctzofswerüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Lies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und de« Hauptzollamts -u Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und der Stadttal» zu Bischofswerda- dcrgeSca.1L-» Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtefteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag von Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 444 und 445 r Gegensatz zu der offtMlen deutschen neuen Verordnung wollen wir errei- Tagesschau. * Nach Meldungen aus Berlin rechnet man mit dem Gesamlrückkriil des Reichskabinelt«. Der Reichspräsident wird jedoch voraussichtlich Dr. Luther wieder mit der Neu bildung der Regierung betrauen. * Lei Führern der rechtsradikalen Bewegung kn Berlin sind am Dienstag Haussuchungen abgebalten worden. Cs sind angeblich Einzelheiten über den Plan eines konzentri schen Angriffs gegen Berlin gefunden worden. * Im Budapester Fryukeufälscherprozeß machte Prinz Windischgrätz aufsehenerregende Aussagen über die Mark fälschungen der Franzosen im Ruhrgebiet. Wie Drahtberichte aus Kairo melden, haben französische Kolonnen auf dem Marsche nach dem DschÄel Drus eine schwere Niederlage erlitten. Die Verluste sollen sehr groh sein. Die französischen Lrupoen seien über die Grenze Transjordaniens gedrängt worden. * Amuadsea hat mit dem Polarlustschiff „Norae* Diens tag vormittag den Flug nach dem Nordpol angäreten. Zu den mU * bezeichneten Mldungen finde« dl« Leser Lus- sichtliche« an anderer Steve. Die Uerorvmmg soll erst später in Kraft treten. Die Flaggenoerordnung des Reichspräsidenten bleibt bestehen! Sie wird nicht suspendiert! Beileibe nicht! Sie wird nur erst am 1. August in Kraft treten. Warum? Damit vorerst sämtliche in Frage kommenden deutschen Ver tretungen im Auslande benachrichtigt werden können — was im Zeitalter des Rundfunks gewiß seine zweieinhalb Monate dauert — und damit dann mit einem Schlage als imponierende Demonstration überall die schwarz-weiß-rote Handelsflagge mit schwarz-rot-goldener Gösch auf den. fah nenlosen Gebäuden der deutschen Vertretung aufgezogen werden kann. Es ist schwer, keine Satire zu schreiben. Des halb haben sich bei der großen Flaggenaussprache im Reichs tag die Sozialdemokraten auch keinen Zwang auferlegt. Herr Breitscheid hotte es nicht schwer, sich über den umfal- lcnden Kanzler lustig zu machen. Es war ja die Frage, ob Luther mit seiner Fahne sinken würde oder ob er sich im Kampf der Reden und Abstimmungen würde aufrechter halten können. Nun, Dr. Luther hat eine dritte Lösung ge sunden, die seinem parlamentarischen Geschick, aber keiner seiner anderen menschlichen Eigenschaften alle Ehre macht. Er hat die Fahne sinken lassen, um selbst aufrecht (?) stehen zu bleiben. Wenn er sich nur nickst getäuscht hat und viel leicht übersah, daß das Fähnlein und der aufrecht« Monn nur gemeinsam stehen können und daß, wenn eines fällt, auch das andere stürzen muß — erst der Mantel, dann der Herzog! Dazu also hat das Reichskabinett seit länger denn acht Tagen dauernde Sitzungen abgehalten, in denen sich die Herren Minister gegenseitig ihrer Unnachgiebigkeit ver sicherten. Sitzungsbericht. Berlin, 12. Mai. (Drahtb.) Der Plenarsitzungssaal des Reichstages trug gestern das Gepräge eines großen Tages. Die Publikmnstrlbünen waren überfüllt. Auch die Diplomatenloge wies eine stärkere Besetzung auf. Am Re- gierungstisch nahmen sämtliche Mitglieder des Kabinetts Platz. Aus der Tagesordnung stand di« sozialdemokratische Interpellation zur Floggenfraae. Verbunden damit waren «in sozialdemokratisches Mißtrauensvotum gegen den Reichskanzler und ein völkisch«» Mißtrauensvotum gegen das Reichskabinett. Für die Sozialdemokraten begründete der Abg. Vreitscheid die Interpellation. Breitscheid ging von den Ge rüchten aus, die im Haus verbreitet würden. Sie erweckten auf den ersten Blick den Eindruck, al» ob die sozialdemokra tische Interpellation und der Mißtrauensantrag gegen den Reichskanzler gegenstandslos gewogen wären. Der Kanz ler werde ankündigen, daß der Erlaß des Reichspräsidenten einstweilen nicht in Kratt treten solle. Er solle nicht suspen diert werden, er bleib« oo ksoto und äs jure in Kraft. Aber durch Ausführungsverordnung solle Sorg« getragen wer den, daß er faktisch vor dem 1. August keine Geltung erlange. Er zweifle, ob die Regierung und die Regierungsparteien sehr stolz auf. de» von ihn« gelegte und ausgebrütete Ei seien. Di« Situation sei nicht verbessert. Bis zum 1. AugtK gesehen ist. (Stürmische Zuruf« links: Augenblicklich sagt er.) Gerade die Sozialdemokraten wollen doch die Verfassungs bestimmung über die Handelsflagge wieder aufheben. In der Verordnung wird die schwarz-rot-gold«n« Gösch auch denjenigen Flaggen hinzugefügt, in denen sie bisher fehlt«. Der verstorbene Reichspräsident Ebert hat mit mir als Reichskanzler wiederholt über den bedauerlichen Zwiespalt in der Alaggeofrage gesprochen und mich um Vorschläge für einen Ausweg aufgefordert. Dabei stimmt« er durchaus einer Lösung zu, wie sie etwa der jetzig- Flaggen«üaß bringt. (Hört, hört! rechts^ Im Ausland« ist jeder Deutsche mehr oder weniger ein Vertreter des Deutschtums Lber- kaupt. Wenn wir ihm durch den neuen Erlaß die Möglich keit geben, sein Deutschtum einheitlich mit der offiziellen Ver tretung durch das Flaggensymbol zu bekunden, so dient das der friedlichen Entfaltung der Wirtschasts- und Handelskraft unseres Volkes. Dann ist behauptet worden, daß Schwierig keiten im Auslande entstehen würden. Aus der ausländi- sehen Presse kann man seststellen, daß man dort sich um die Angelegenheit sehr wenig kümmert, und wenn eine fran-' zösische Stimm« sagt, es handele sich um den erwachenden deutschen Imperialismus, so muß man erwidern, daß es sich für das deutsche Volk nie und in keiner Weise mehr um Imperialismus handeln kam». Um das deutsche Volk zu vertreten und draußen zur Geltung zu bringen, brauchen wir nicht Kanonen, sondern di« Zusam menfassung aller Kräfte und vor allem die Entfaltung de» Handels. Die Handelsflagge ist das stärkste Symbol de» Friedens. Insofern ist die Flaggenverordnung durchaus «in Glied in der Kette unseres wirtschaftlichen Wiederaufbaues. (Gelächter links.) Von einem Angriff auf die Verfassung kann dabei nicht die Rede sein. (Widerspruch links.) Es ist nicht wahr, daß über den russischen Vertrag andere Stellen früher informiert wurden als der Reichstag. Es liegt mir überhaupt ganz fern, den Einfluß des Parlaments zurück drängen zu wollen, es gibt gar keine andere Form, in der heute die Mitarbeit des Volkes an den Staatsgeschicken ge währleistet werden kann, als die des Parlamentarismus. Dazu muß aber auch ein gewisses Vertrauen zur Regierung vorhanden sein. Wäre das dagewesen, dann wäre die ganze Volksbewegung aus diesem Anlaß nicht entstanden. (Leb hafte Zurufe rechts: Koch-Weser ist schuld!) Der Reichskanzler verlas dann den Brief des Reichsprä sidenten und erklärte, daß die Regierung auch hierfür dis volle Verantwortung trage. Die Verordnung ist in Kraft und bleibt in Kraft. (Lebhaftes Hört, hört! links.) Die Durchführung kann zweck- mäßigerweise nur so erfolgen, daß die Verordnung auf der ganzen Erde überall gleichzeitig ousgeführt wird. (Gelächter bei den Sozialdemokraten und Kommunisten.) Darüber wird längere Zeit vergehen, denn dia Verordnung muß ausführlich erläutert werden, und wir können die Ausführung nicht dem Zufall des Eintreffens der Briefe überlassen. (Gelächter und Lärm bei den Sozialde mokraten und den Kommunisten.) Der Präsident ersuchte um Ruhe. Wir wollen die gesetzgeberische Arbeit für eine einheitliche Lösung der Frage sofort in Angriff nehmen und hoffen dabei auf die Unterstützung des Reichstags. Wenn diese Vereinheitlichung gelungen ist, dann ist damit selbstverständlich die Flaggenverordnung durch die allge meine Regelung absorbiert. Die Regelung hofft, so schloß der Kanzler, mit Unterstützung des Reichstages auf eine «in- heitliche Lösung der Frage im Zeichen des Briefes des Reichspräsidenten Hindenburg. Nach der Kanzlerrede beantragt« der Zentrumsabgeord- nete o. GuLrard die Vertagung der Sitzung auf eine Stunde. Die Erklärungen der Parteien. Nach der Pause nimmt als erster Redner in der Aus sprache Abg. v. Westarp (Dnat. Dp.) das Wort. Er erklärt, die Haltung seiner Fraktion sei ob- hängig von der Beantwortung einer Frage durch den Reichs- tanzler, der leider noch nicht anwesend sei. Der Redner macht eine Pause, bis nach einigen Minuten unter allge meiner Heiterkeit der ReichskanÄer erscheint. Graf Westarp richtet an den Reichskanzler die Frage, ob die Pressemeldung richtig sei, daß die Flaggenverordnung bis zum 1. August suspendiert werden solle. Die Ausführungen des Reichskanzler» über di« Durchführung der Verordnung hät ten di« Sorge der Deutschnationalen noch verstärkt. Der Redner erklärt, wir ernxttten vom Reichskanzler eine ganz unzweideutig« Antwort auf die Frage: Ist er ent- schlossen, ohne RSckficht auf die Forderungen von Regieruags- Parteien and ohne da» Erg««is anderer Verhandlungen Rückzug des Kabinetts in der Klaggenfrage wolle man ein Gesetz machen, um die Flaggenfrag« end- gültig zu regeln. Wie soll« dieses aussehen? Cs bedürfe jedenfalls der Zweidrittelmehrheit des Hauses. Es erfülle ihn mit Genugtuung, daß der Reichskanzler wenigstens einen gewissen Rückzug antreten wolle. Nach strategischem Grundsatz solle man dmr fliehenden Feind goldene Brücken bauen. Wenn aber der Reichskanzler dem neuen Kompry- miß nicht eine andere Auslegung gebe, bleibe doch der Er laß faktisch und juristisch bestehen. So müsse man abwarten, wie die Erklärung des Reichskwrzlers wirken werde. Die Flaggenverordnung sei nichts weiter als ein fau - lesKompromiß. Mer Welt werde dadurch verkündet, daß das deutsche Volk nicht einig über sein« Flagge sei. Far- ben seien Symbole. In Schwarz-weiß-rot sehe man die Sehnsucht nach den alten Zeiten und Zuständen. Die schwarz-rot-goldenen Farben hätten ihre Bedeutung. Wer sie antaste, greife die demokratische Republik an. Dieser Tage habe ein sogenannter konservativer Parteitag stattge- sunoen. Als Breitscheid meint, dort habe Herr Everling sein« den Mann ernährende royalistische Loyalität bekundet, kam es zu stürmischen Unterbrechungen des Redners durch die Rechte des Hauses. Der Reichskanzler meine, die Angelegenheit habe keine politische Bedeutung. Man könne sich aber der Befürchtung nickt entschlagen, daß zur Zeit manches geschehe, um im Sinn« der Rechtsparteien Rechte des Parlaments einzuschränken und eine Prärogative ast anderer Stelle zu schaffen. Breitscheid machte sich zum Schluß seiner Rede ein Wort Adam Röder's vom Zentrum in der Germania zu eigen, die Krisis im Staat sei entstanden aus Mangel an geistiger Kontrolle und einer überlegenen Führung. Die Rede des Kanzlers. Der Kanzler widersprach zu Beginn seiner Ausführun- aen d«r Auffassung, daß versucht worden sei, den Reichsprä sidenten zu unmittelbaren Eingriffen in di« Politik zu ver anlassen. Der Reichspräsident ist nach seiner ganzen Art eine Persönlichkeit, die eigene Entschlüsse faßt. Die poli tische Verantwortung steht allein bei der Reichsregieruag und im vorliegenden Falle beim Reichskanzler. Dr. Luther wies dann zunächst dl« Behauptung zurück, daß der Flaggenerlaß und seine Entstehungsgeschichte mit der Ver fassung nicht km Einklang ständen. Die Flaggenoerordnung von 1V21, die viel weiter gegangen sei, fei auch nicht als Ber- fassungsoerletzung betrachtet worden, sie sei auch nicht vorher dem Reichsrat und dem Reichstag vorgelegt worden. Was jetzt durch den Flaggenerlaß verordnet wird, das haben auf Anfrage de- Deutschen Museums in München die früheren Innenminister Sollmann und Oeser ausdrücklich für zulässig erklärt. Der Reichskanzler verlas unter Gelächter und Händeklatschen der Rechten dieses Schreiben der früheren Innenminister, di« der sozialdemokratischen und der demo kratischen Fraktion angebörten. Er fuhr dann fort: Nicht der bedauerliche Flaggenstreit im Inland hat uns zu unserer Verordnung veranlaßt, sondern di« großen Schwierigkeiten, die sich bei der Vertretung deutscher Inte- reffen im «vslande aus dem jetzigen Zustand ergeben. Im Ausland hat das Symbol der Flagg« eine sehr »taktische Be deutung für die politische und wirtschaftliche Geltung Deutsch- land». Da hat es immer sehr geschadet, daß die offizielle deutsche Vertretung schwarz-rot-gold flaggte, während die Mitglieder der deutschen Kolonie schwarz-weiß-rvt flaggten. In manchen Ländern ist da» Aushängen nicktvffizieller Flaggen verboten. Da war es den meisten Deutschen über haupt unmSalich, di« deutsche Fahne su zei- gen. (Laute Zurufe und Unruhe links) Die deutschen Ge sandtschaften haben den grüßten Teil ihrer wertvollen Zeit auf dl« Schilderung dieser Schwierigkeiten verwenden müs- sen. (Stürmische Zurufe links.) Die Flag«, die für die Ausländsdeutschen dar Deutsche Reick repräsentiert, ist die Handelsfiaag«, die ihnen von den deutschen Schiffen entgegensetzt. Diese Flagge ist auch ausdrücklich in der Retchsverfaffung zugelaffen. chen, daß an deren Stelle die in der Reichsverfassung an gegeben« Handelsflagge tritt. Das sollten uns doch gerade die Anhänger der Weimarer verfass«»- danken^Wir vor- au-enbsicklich in der ' > ------SS , . Tesch tuuuasmelse: Jeden Werktag abend» für den folgend. Lag. «ezugspret» illr die Zelt «ine» halben Monat»: Frei in« Hau« halbmonatlich Mk. ILO, beim Abholen tn der Geschäftsstelle wöchentlich SV Psg. Einzelnummer 15 Psg. — Alle Postanstalten, **wie unsere Zeitungsausträger und dl« Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. P»ftfch«ch.Ko»to i Amt Dresden Str. ILLI. Gemeinde« »eedondogirokofi« vifchofowerda Konto Sie. 64. 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