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Der SSchslsche Erzähler. Neues aus aller Wett. — Amerikafahrl de« Rolorschiffes. Am Mittwoch trat nach lägerer Pause das Flettnersche Rotorschiff „Buckau" mit einer Holzladung seine erste große Ausreise nach den Ver einigten Staaten an. Das Schiff wurde Mittwoch vormittag im Kieler Hafen in „Baden-Baden" umgetauft und hat um die Mittagsstunde bereits seine Fahrt nach Uebersee ange treten. Direktor Flettner hat der Ausreise des Schiffes, das setzt wieder in den Besitz der Flettner-Gefellschast gelangt ist, persönlich beigewohnt und wird sich in dert nächsten Tagen mit einem Hapagdampfer ebenfalls nach Netv Port begeben, um dort eine Reihe von Vorträgen zu hatten. Mitte Mai wird in Bremen da« zweite Rotorschiff, das aus Reichsmit- Aus dem Gerichtesaal. Der Prozeß wegen der Unregelmäßigkeiten bei» volksopser. Der zweite Tug des Volksopferprozessr» bracht» di« Zeugen- Vernehmung. Insgesamt waren 31 Zeugen geladen,, deren Der- nehmung sich bis Donnerstag abend hinziehen dürft«. Am Mitt woch oormitmg wurde als Hauptzeuge zunächst Direktor Le h- n i g vernommen, der Vorsitzende des Volksopser». Di« Aussagen des Zeugen waren für Löffler und insbesondere kür.Meißner sehr betastend. Der Zeuge gab zunächst ein Bild von der Entstehung des S. B.-O., das in der Zeignerzelt unter General Müller gegründet wurde und das etwa N Jahr lang seiner Auf- gäbe folgerecht wurde. So wurden für etwa eine halbe Million Mark über 10 Millionen Notspeisungen vörgeNom- men. Vom Mai 1824 an hatte das S. V.-O. nur noch die Aufgabe, Unterstützungen an vrschämte Arme zu gewähren. Der Zeuge Seh nig gab einen Ueberblick über die entwendeten Gelder, sind zwar sind allein 62 000 Mark überwiesene Beiträge von. der Deutschen Nothilse an das 'S. V.-O. verschwunden. Von diesen lUeherweifun- gcn hakle das sächsische Arbeits- und Wohlfahrtsministerium und insbesondere der verantwortliche Ministerialrat Dr. Meier (ein Sozialdemokrat) Kenntnis durch den sächsischen Gesandten in Ber lin erhalten, es aber unterlassen, dem Vorstand des S- D.-O. Mit teilung zu machen. Ferner ist verschwunden «in Darlehen von 15 000 Mark, das die Sächsische Kredithilse dem Dotksopser aus Veranlassung von Ministerialrat Meier gewährte. Auch hier Hai Dr. Meier eine Benachrichtigung oder Befragung d»» zuständigen Vorstandes des S. V.-O. unterlassen, sondern nur mit den Ge schäftsführern Meißner und Löffler verkehrt. Der Zeuge Lehnig gab der Meinung des Vorstandes Ausdruck, daß mit Hilfe dieser zweier Unterlassungen Dr. Meiers die Dorgäm>« »rtnögllcht wur den. Man könne damit Dr. Meier nicht eine Mitschuld auferlegen. Es müsse als ein unglückliches Zusammentreffen von Umständen be- zeichnet werden, daß Dr. Meier geglaubt' habe, der Verkehr mit der Geschäftsführung genüge. Der Zeuge kommt dann auf verschiedene Darlehen zu sprechen, die Meißner beim Bankhaus Heilmann genommen hat und auf die Errichtung eines zweiten Kontos des S. D.-O., von dem weder der Vorstand noch der Bücherrevisor eine Ahnung hatte. Der Zeuge rügte auch das Geschäftsgebaren des betreffenden Bankhauses, das unerhört hohe Zinsen für gewährte Darlehen auf das. geheime Konto des S. V.-O. genommen hätte. Dann erörterte Direktor Lehnig die Ueberweisung von Geldern durch Meißner an vater ländische Verbände; so habe der Stahlhelm 800 ^ll, der Jung do 2900 ^1, der Wicking-Klub 1600 »tl und der neue sächsische Lehrerverein 1000 erhalten, ohne daß diese'verbände über die wahre Herkunft der Gelder unterrich- e teln gebaut wird, vom Stapel ^aüAn. La» neue Schift ist 8000 Tonnen groß und besitzt dret Niestnrotoren, diejrde etwa 88 Meter hoch und acht Meter dick sind, und wird zu» nächst zum Transport von Südfrüchten au» den südlichen Ländern nach Hamburg oder Bremen verwendet «erde» In Reederkreisen verfolgt man die Fahrt der „Baden,La den" mit besonderem Interesse/ nie» sie in noch stärker« Maße al» auf der Englandfahtt dst praktische Verwendbar keit und Vorzüge der Rotoren an Stell« der alten Segel be- weisen soll. Man rechnet damit, daß die Ueberfahrt etwa 18 bi« 20 Tage dauern wird- — Der Patient überfällt den Arzt, «in wiener Arzt wurde Dienstag nachmittag in seinem Sprechzimmer von einem an Paralyse leidenden Patienten überfallen. Der Arzt, mit dessen Behandlung er unzufrieden war, durch mehrere Stiche, die er ihm mit einem großen Küchenmesser im Gesicht beibrachte, schwer. . — Riesenbrand in England. Bei einem Heide- und Moorbrand in der Grafschaft Cumberland im Nordwesten Englands stand zwei Tag« lang «in Berg von 1000 Meter Höhe in Flammen und bildete in einem Umkreis von 80 KKiloineter zu Lande und auf der See ein riesiges Flammen zeichen. , — Sieg der kurzen Röcke la Athen. Nach einer Blätter! Meldung aus Athen wird dort in einer Polizeiverordnung bekanntgegeben, daß das Dekret des Ministerpräsidenten Pangalos über die kurzen Röcke der Frauen al» aufgehoben zu betrachten ist. — Tob einer ilnhunderlvlerjährlgen Frau. In Ihringen am Kaiserstuhl ist dieser Tage, wie aus Freiburg i. B. gemeldet wird, im Alter von 104 Jahren Frau Ella Heilbronner gestorben. Sie hinterläßt vier Kinder, 31 Enkel und 28 Urenkel. — Schneestürme in Amerika. Aus New Park melden Funk- spräche: Ucber die ganzen Vereinigten Staaten, mit Ausnahme der Küstenstriche am Atlantischen und am Stillen Ozean, gehen starte Schneestürme nieder, und das Wetter ist plötzlich wieder sehr kalt geworden. In Chikago liegt der Schnee fünf Zoll hoch. In New Hort wurden 37 Grad Fahrenhell Kältt verzeichnet. — Englische Invasion in Frankreich. Frankreich wird Ostern von einer Riesenwoge englischer Dergnügungsreisender über schwemmt werden. Zehn Sonderzüge haben London in Richtung Dover verlassen. Heute werden weiters 29 Sonderzüge eingelegt werden. In Paris und Umgebung, sowie in den Badeorten der französischen Kanalküste sind sämtliche Zimmer fett langem belegt. SS-SSMSSS-SMS tot warben waren. In einer Sitzung devGesamtvorftande» de» volksopser» am 11. Juli 1V2S, an orr u. a auch außer Leh nig noch General Müller und Ministerialrat Meier teilnahmen, wurde die Geschäftsführung Meißner—Löffler aus» schärsste ge tadelt, von einer Strafanzeige vorläufig aber abgesehen, weil ver- sprechungen bestanden, den finanziellen Schaden gutzumachen. Erst al» Meißner.di« zugesichert« Zahlung von 85000 Mk. nicht leistete, sei ein« Anzeige an den Staatsanwalt erfolgt. Insgesamt beziffert der Zeuge Lehnig den Fehlbetrag de» S. V.-O. auf rund 94000 Mark, von denen 70 000 Mark überhaupt nicht verbucht sind. Ein erheblicher Teil dieses Betrages ist durch Interessierte an der Sache gedeckt worden. Die Unterschlagungen laus dem S. D.-O. sind an sich gering. Die Hauptsummen rühren von auhergewähn- lich eingehenden Geldern, z. B. von der Deutschen Nothilfe und von widerrechtlich aufgenommenen Darlehen her. Staatsanwalt Arndt ist der Meinung, daß die Unterschla gungen nicht bloß 94 000 Mark, sondern 32000 Mark darüber hinaus betragen. Allerdings ist der letztere Betrag Inzwischen gedeckt.' , Nachdem der Zeuge noch die Unregelmäßigkeiten bei den Wohl fahrtsbriesmarken und der Lotterie des S. D.-O. geschildert hat, schritt das Gericht zur Vernehmung der anderen Zeugen, die im wesentlichen nichts Neues aussagten. Bemerkenswert ist nur noch, daß Löffler den Namen Lehnigs in Faksimile auf die Lose gesetzt hatte, obwohl Lehnig von der Lotterieangelegenheit überhaupt nicht in Kenntnis gesetzt worden war. Die Fälschung ist so zustande- gekommen, daß Löffler die Unterschrift Lehnigs aus einem Briefe herausgeschnitten hat. Der Prozeß dürfte dem Vernehmen nach frühestens am Oste r- sonnabendzu Ende geführt werden. . , Verschlungene Wege. Skizze von Valeska Custg. lieber marokkanischem Lande hängt das Abendrot pur purviolett. Wie ei Riesenvogel mit goldoerbrämten Flügeln und leuchtend r: .er Brust steht eine Wolke am glashellen Him mel. Sie verschwindet in einem blaßrosa Meer, das von jäh herannahender Dämmerung aufgesogen wird. Schnell sinkt die Nacht hernieder — nur mattes; Glühen noch über den Felsen — falber Schein über dem Atlas — dann graubleiche Dunkelheit über der zerklüfteten Land schaft. Unwahrscheinlich groß steht der Mono über dem Rif . . . Hier wehen die Fahnen der Gläubigen, die sich um Abd el Krim scharen. Seine Elitetruppe besteht au» den sehni gen, prachtvoll gewachsenen Atlasberbern, die der'Kaid Mahmud den Kemal befehligt. Seine rechte Hand ist ein Fremder. Die Gestalt dieses Fremdlings erreicht nicht die Größe seiner Kampfgenossen, aber er nimmt es an Aus dauer, Angriffsmut und kühner Verschlagenheit mit den > . Risleuten auf. Seine milchweiße Araberstute lenkt er mit derselben Gewandtheit wie die Berber ihre Hengste, aber wenn es gilt, ein spanisches Lager auf hohem Fels zu beren- ncn, ist er mit katzenhafter Geschmeidigkeit einer der ersten. Er trägt englische Ausrüstung. Unter dem Tropenhut blitzen stnhlgraue Augen hervor, die Farbe des Gesichts, obwohl von afrikanischer Sonne gebräunt, kann die Helligkeit des Nordländers nicht verbergen. Sein Langschädel ist mit blon dem Haar bedeckt. Es ist Sven Fehlandt, der Schwede. Was hat ihn hierher geführt? — Suchet die Frau! Er stammt aus einer kleinen Stadt Schwedens. Ueber seinen Kinder- und Jünglingsjahren haben zwei Sterne ge leuchtet — die Augen Helga Termeulens, des reichen Holz großhändlers einzige Tochter. Sven kann sich keiner Stunde seines Lebens erinnern, wo er das sanfte, hellhaarige Mäd chen nicht geliebt hatte. Und Helga hatte seine Liebe er widert. Als ihn sein Studium nach England führte, ver lobten sie sich einander. Bei seiner Rückkehr aber fand er die Braut nicht mehr vor. Ihr Vater hatte sie an den rus sischen, in Finnland ansässigen Holzhändler Boljugow, einen Geschäftsfreund, verheiratet, um sich vor dem Ruin zü retten. Nieniand hatte geahnt, daß das Haus Termeulen auf so morschen Füßen gestanden. Helgas Brief, der ihn beschwor, sie nicht zu hassen, sondern zu bemitleiden, hatte er nie empfangen. Unbegrenzte Bitterkeit im Herzen, verließ er Schweden. Das Schicksal verschlug ihn nach Marokko, wo er eine zweite Heimat fand. Im Gebiet des Kaid Kemal ben Murad baute er Brunnen und erwarb sich nicht nur die Liebe und Achtung des Fürsten, sondern der ganzen Bevölkerung. Der Kaid überschüttete ihn mit Anerkennung, und als er starb, über nahm sein Sohn und Erbe die Freundschaft mit Sven Feh landt wie ein Vermächtnis. Auch Mahmud ben Kemal wußte die Wissenschaft des Europäers zu schätzen. Er ließ von ihm den Flußlauf regeln und das trockene Land bewässern. Auch Schüler erhielt Sven. Er bildete Pioniere aus, lehrte sie Wege anlegen, Brücken schlagen und Kanäle bauen. Jahre vergingen. Sven wurde ein Wohltäter für das Rifgebiet. Als der Krieg gegen die Hidalgos entbrannte, stellte sich Sven dem ihm so innig verbundenen Stamm zur Verfü gung. Es galt ja sein« Heimat zu verteidigen. Er zeichnete sich durch verwegene Tapferkeit aus. Al» eincr der ersten eroberte er von den Spaniern «ine Anzahl Kanonen und beschoß mit diesen den Hafen von Tetuan. Er türmte ein Kastell, das zu einem bedeutenden Stützpunkt ür die marokkanische Kriegsführung wurde, und Ver Kaid Mahmud ben Kemal schloß mit seinem erfolgreichsten Krie ger Blutsbruderschaft. m — er schluchzte ehlbar sicher, führte seine Abteil Kühnheit urch Umsicht, di« Loen So lebte Sven weiter unter afrikanischem Himmel, ohne daß die Wunde vernarbt«, die ihm Europa geschlagen. Ein mal war «s ihm gelungen, durch einen englischen Kaufmann Kunde an Helga zu senden. Sie sollte wissen, daß er in fort währendem Kriege stand — sollte bangen — sollte leiden um ihn. Denn eine innere Stimme sagte ihm, daß sie seiner in Sehnsucht gedenke... u Niemals aber kam Kunde von ihr zu ihm . . . Ein weit vorgeschobener Posten der sanier hat nicht zurückgehen können. Von Steinwällen, Gräben und Draht- oer.hauen umgeben, hielt er sich für gesichert. Aber die pantherbaften Berber mit Sven an der Spitze, haben sich herangeschlichen, lautlos die kleine, todgeweihte Schar um zingelt. Die Eingeschlvssenen ahnen noch nichts von der Ge fahr, die sich ihnen, mondbleichem Spuk gleich, naht. Sie singen. Zwar dämpfen sie die jungen Stimmen, aber es ist ooch vernehmbar für Svens geübtes Ohr. Und bei der Melodie, die er hört — die Worte versteht er kaum — setzt sein Pulsschlag aus — bebt sein im Kriegsdienst gestähltes Herz. Er kennt das deutsche Lied — auch Helga hat es ge sungen, hat es auf ihren glücklichen Wanderfahrten ge sungen: „Sie hat— die Treu — gebrochen . . ." Sie sind von der Legion „Los extranjeros," die da sin gen — Deutsche sind es — deutsche Desperados, wie immer, wo die Rifleute auf die gcfährdetsten Stellungen der Spa nier stoßen. Nur wenige von anderen Nationen sind hier dabei. Einen Augenblick hat Sven gezögert, überwältigt von Mitgefühl mit den Stammesgenossen. Dann packt ihn die Pflicht. Es sind Feinde seines Fürsten, dem er Treue ge schworen — des Blutsbruders. — Ein halblauter, scharfer Kommandorus, und die Berber, Sven voran, springen über die Steinwälle, Gräben- und Drahtverhaue und eröffnen einen Handgranatenhagel von unbeschreiblicher Wucht. Erschütternd gellt ein Ruf zu den Legionären: „Sobre las manos" — „die Hände hoch!" Keiner folgt dem Befehl. Alle setzen sich zu verzweifelter Wehr. Aber wie tapfer sie sich auch verteidigen, Schuß und Dich erwidern — die Uebermacht ist zu groß — sie erliegen. Bis aus einen werden alle niedergemacht — und unter der bleichen Mondsichel, am Fuße eines von Ginster und Zwerg palmen bestandenen Felsengewirrs ist eine der zahlreichen arischen Heldenballaden verklungen. ... Der eine Ueberlebende ist Sven in di« Hände gefallen. Ihm erschien der junge, schmalwangige, aller Waffen be raubte Mensch ungefährlich. Und als die Derber, von glü hendem Haß getrieben, ihn mit dem Bajonett niederstoßen wollen, schützt ihn Sven. . Der Jüngling dauert ihn. Was mtühte, ihn hergeführt, in dieses furchtbare Freilichtdrama getrieben haben? Sven erbat sich diesen Gefangenen von? Kaid. Nach feinem Namen befragt, sagte er: „Man nennt mich Stefan." Mehr war von ihm nicht zu erfahren, und da es gleichgültig war, wie er hieß und woher er kam, forschte man nicht weiter. Etwas Geheimnisvolles zog Sven zu, dem Jüngling. War es das nordische Blondhaar, die Schürzung der Lippe, der Klang der Stimme, die ihn seltsam, an die Heimat erin nernd, berührtes Sven wußte es nicht. Aber er nahm sich Stefan» weiter an. Er zog ihn in seine Nähe, bildet« ibn in allen Waffen- ünsten aus, gab ihm Unterricht in der Kriegführung. Bald fand er voll Genugtuung, daß hier «in Mann von chneller Entschlußkraft, von Mut und Ausdauer heranreift«. Ind Stefan, den die Schrecken eine, dreijährigen Legionär- um» über seine Jahr« gereist hatten, entwickelt« sich im reien mmebundenen Lagerleben schnell zum Manne. Sein assiger Körper hielt dem Kriegsleben stand. Bald schoß er )en Geier von den Felsenklippen, belauscht« den Feind un» mg zuM Angriff mit einer zufriedenstem«. Noch hatte der Jüngling nicht- aus seiner Vergangen heit verlauten lassen. Sven fühlte, daß jede Frage danach eine Wunde berührte. So forschte er nicht und ließ die Zeit wirken. Und diese tat ihr Werf. Nach und nach wurde der junge Fremde weicher und vertrauender in seinem Verkehr mit Sven. Heiße Dankbarkeit wuchs in ihm gegen den em por, der ihn aus Todesnot gerettet und zu einem Leben voll Tat und Ehre geführt hatte. —- Die Regenzeit hatte einge setzt. Die Kriegführung ruhte.,, Es war an einem Abend im Zelt. Sven und sein jun ger Freund lagen sich gegenüber und rauchten den Tschibuk. Stefan fühlte Ruhe und Glück um sich gebreitet, und Herz und Mund öffneten sich ihm. Endlich befreite er sich von dem Geheimnis, das ihn umhüllte," gab er Auskunft über sein Herkommen: Er war der Sohn Stefan Boljugow» und Helga Termeulens. Bei Nennung dieser Nachen hätte Sven aufschreien mögen, aber die Beherrschung unter der er stets stand, zwang ihn zur Ruhe. Nur sein Hech schlug in Wildheit. Ts war ihm mit einem Mal klar, was ihn zu diesem Fremdling gezogen hatte. Still lauschte er Stefans-Erzählung. Er entwarf das Bild einer unseliachi Ebe. Boljugow war dem Trünke ergeben und von wahnsinniger Eifersucht besessen. Wenn er glaubte, Grund zum'Mißtrauen zu haben, sperrte er Helga ein oder schlug sie. Einmal war sie dieser Hölle entflohen, aber freiwillig, war sie zurückgekehrt um ihrer Kinder willen, Stefans und zweier Mädchen. Um ihret willen beugte sie sich dem Joch. Aber Stefan hatte nicht ruhig die Qual seiner Mutter ertragen. Schon als Kind hatte er sich dagegen aufgelehnt und nach dem Vater ge schlagen, wenn dieser die vergötterte Mutter an ihren blon den, langen Hagren zerrte. Niemals hatte ihn die Strafe, die er dafür erhielt, vor einem Rückfall bewahrt. Als er bis hierher in seiner Erzählung gekommen war, hörte er ein Stöhnen und Zähneknirschen. Es kam aus Svens Munde. Stefan nahm es für Teilnahme, für die Em pörung eines Edlen und fuhr fort:- „Als ich 17 Jahre geworden rvdr und von Helfingfors, wo ich die Schule besucht hatte, heimkehrte, war ich wieder Zeuge, wie — „er" meine Muster schlug. Ein wilder Zorn erfaßte mich da. Ich stürzte mich auf ihn, und es gelang mir, ihm, den ich überrascht hatte, dke Peitsche zu entwinden. Ich kannte mich nicht vor Zorn und schlug ihm ins Gesicht. Nun wandte sich seine Wut gehen mich, und er hätte mich wohl, da er der Stärkere war, totgeschlagen, wenn meine Schwester Tatjana nicht dazwischen getreten wäre. Sie war die einzige, die etwas über ihn vermochte. Er ließ von mir ab und ging aus dem Zimmer. Meine Mutter wusch die Wunden an meiner Stirn und beschwor mich, da» Haus zu verlassen, da sie neuhervorbrechende Wut meine« Vaters fürchtete. Um ihrer Ruhe willen, gehorchte ich ihr. Sie brachte mich selbst zu Freunden, die mich beherbergten und mir Mr Auswanderung nach der Türkei oerhalsen. In Konstantinopel wollte ich in ein Bankhaus «intreten, aber ich traf spanisch« Werber, die mich überredeten, mich der Legion zu verschreiben. Solange ich in Cadtx ausgebildet wurde, hörte ich von meiner Mutter. Sie "schickte mir Geld, Briefe ... seitdem nichts mehr — das Letzte wissen Sie .. Als Stefan schwieg, fühlte er einen Arm um seinen Hals, eine rauhe Wange an der seinen. „Mein Junge," saate ergriffen Sven, „mein Sohn von jetzt an — mein Sohn. „Schon lang« haben Sie mich etwa« gelehrt, was ich nie gekannt habe — einen Vater zu lieben," stammelt« Seist«, und seine Stimme war von Tränen erstickt. Da zog Sven den Jüngling an sein« Brust und sagte ihm in wenigen Worten, daß er seine Mutkr geliebt h«, und sie nun nur noch heißer lieben müsse. Die letzte Fremdheit fiel von Stefan ab. Er, den Kriegsdienst und Entbehrungen früh gestählt hatten, der dem Tode mit Fassung ins Gesicht gesehen — er schluMe wie ein Kind in den Armen des Freunde». „Deiner Mutter Tränen und Gebet« haben dich M mir