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Aitimtfttzee Pasfionsspiele. Bo» Otto Flösset, Bautzen. Wie di« Weihnachtskrippen, jo fanden auch die Passionsjpiele in früheren Zeiten in der Lausitz eine reich« Pflegstätte. Während «der jene das W«rk einzelner, der Krippelbauer, waren, beteiligte sich «, di«f«n in der Regel di« gesamte Bevölkerung. Es waren wes nicht etwa Ausführungen in der Art der Mysterienspiele, wie st» »an Herumreisenden Schauspielertruppen hier und da heute noch M>«l>«n «erden, sondern man könnte sie weit eher mit religiösen Holkssestrn oergleichen. Sie sollte» in erster Linie dem religiösen Bedürfnis der damaligen Zeit dienen. Gleichzeitig aber, und das D «in nicht zu unterschätzendes Moment bei der Beurteilung der Aatsiourspiel«, sollten sie die Schaulust der breiten volksmasse be- MMdtst«. L» waren also öffentliche Schaustellungen religiöser Er- Maisich di« aus einen geroisfen Grad von Sensation zugeschnitten waren. Daher war die Darstellungsweise der einzelnen Vorgänge Nicht stltM recht drastisch, nach unserem heutigen Urteil vielleicht siegelte sich in ihnen eben da» Volksempfinden des vnen, wie diese in unseren Tugen noch in der Lau» k MarterMum und Mariental und in der Witttche- dUbei nicht nur auf die Darstellung der vielmehr verwandte man m>ch Szenen aus dem w«lche zur Darstellung in lebenden Gruppe« be schißen. So wurde eine derartige Prozession r« ILDi eröffnet mit dem Baum im Paradies«, der Mdar»E gkminru wurde >md hinter dem ald»m Engel uurdMrSchwerl sthrussn Sn einigem 8b- ipferung Isaaks durch Abraham, «gck und Htr- zur Dm^tellung der Geburt Jesu. Lotz man mT snneufätuae, ia bluirlinsttge Szenen verwandte, »an der Fkicht noch Aegiwten, wobei Herode» die md einige MWtter hint^erllefea, di« chre teils bis in die Lausitzer Gaue hinein, strömten dort Leute zusammen An den vier Seiten des Marktes waren das Königsschloß, der P» last des Landpstegers Pilatus, das Haus des Kaiphas und das de» Annas errichtet. Bei der Geißelung Jesu vor Pilatus produzierten sich gewissermaßen in Forni einer Zulage die bekannten Zwickauer Büßer, di« durch Selbstgeißelung bis aufs Blut die Menge in Stau nen versetzten. Die Kreuzigung geschah am Abend auf -em Kal varienberge, der damals noch „Nüsselbergel" hieß. Während des Zuges dorthin war es Gepflogenheit, daß die Menge, die den Weg säumte, Jesus verspottete. Später aber arteten die Spiele aus, und es war durchaus nichts Seltenes, -aß man dabei mit schlechten Eiern, faulen Aepfeln und dergleichen Unflat warf. Daß es aber auch trotz allen Ernstes an Humor nicht fehlte, beweist folgendes wahr« Äeschichtchen: Die Rolle des Gekreuzigten spielte einst ein Müllekgeselle. Wie der nun sein Kreuz trug, rief ihm einer aus der Menge zu: „Mehldiebl Mehldiebl" Das war dem Heiland doch zu viel. «Ree, dos loß'ch mor ne gefolln", sagte er, legte sein Kreuz nieder, verabreichte dem Verleumder eine Tracht Prügel, nahm sein Kreuz wieder auf sich und ging den Weg gen Golgacha, als wäre nichts geschehen. Da derlei Unzuträglichkeiten im Laufe der Zeit immer mehr überhand «uchmen und die Religionsspiel« mehr und mehr in Ber- ulkung und Belustigung ausarteten und sich so von ihrem ursprüng lichen Sinn nicht nur entfernten, sondern sich ins Gegenteil verkehr ten, wurden sie bald von der Kirche verboten. Sie wurden von der Straße in geschloffene Räume verlegt und von Schauspke- lertruppen vorgefühöt. Dadurch aber hatten sie ihr volkstümliches Gepräge verloren und nahmen den Charakter biblischer Dramen an, wie sie heute noch als Passionrspiele geübt werden. DreiViertrt K<Hrh«ndert Aüchftfch- KAHmiftyE Eisenbahn. Am 6. April sind 78 Jahre verflossen, daß der Schienenweg Vresdm»—Prag, im Boltsmunde früher die Sächsisch - Böhmi- sche Eisenbahn oder auch die Ostbahn genannt, als über- Haupt erste vom sächsischen Staat erbaute Strecke feierlich eröffnet wurde. Der Eröffnungstag gestaltete sich fast zu einem politt» schen Ereignis. Fuhren doch am 6. April 1881, frühmorgens 6 Uhr vom Dipvoldtswaldaer Schlag, an dem der Jnterimsbahnhof lag, über AD Personen, darunter auch Prinz Johann, der spätere König von Sachsen, mit sämtlichen Staatsministern und dem diplo matischen Korps in einem Extrazuge über Pirna—Schandau nach Bodenbach, wo feierlicher Empfang durch die österreichische Diplo matie mit den Erzherzügen Joseph und Albrecht an der Spitze, stattfand, und der Bischof von Leitmeritz die neue Lokomotive Austria weihte. Dann sichren di« Vertreter der beiden Monarchien gemeinsam weiter nach Prag. Dort -ab es ein Festmahl auf dem Hradschin, Galavorstellung und Truppenparade Am nächsten Tage rollte der Extrazug auch mit den österreichi schen Gästen wieder nach Dresden zurück, unterwegs vom Königstein durch donnernden Salut begrüßt. In der sächsi, schen Hauptstadt wurde gleichfalls «ine glänzende Truppenparade, der auch die Prinzen Albert und Georg, die späteren Könige, beiwohn- ten, veranstaltet, und abends gab es eine Festvorstellung im Hof theater mtt einem großen Prolog von Hofrat Hell (Theodor Winck lers, de» die Schauspielerin Frau Bayer-Bürck sprach. Die Sächsisch-Böhmische Staatsetsenbahn rentierte sich in den ersten Jahren fast gar nicht. Der einzige Eilzug hieß im Volks munde deshalb Kurierzug, well meist nur der österreichische oder sächsische Staatsturter darin saßen. Erst nach zwei Icchren stchrte man auch Güterbeförderung in eigenen Lastzügen ein, uiür nach Fertigstellung der großen Abdrücke an der böhmischen Grenze und der Erschließung des Äussig-Teplitzer Kohlenbeckens durch ein« befondere Bahnlmi« hob sich der Verkehr der Sächsifch-Böhmtschen Eisenbahn durch die zunehmende Güter- und Kohlenbeförderung erheblich. Auf dieser Bahnlinie wurde 1886 ein Teil des Dresde ner rollenden Ellenbahnmaterials fluchtartig nach Ungarn beför dert. Später wurde die Lahn sogenannte Hofstrecke, well auf ihr die meisten Salonwagen durch den öftere» Besuch österreichischer Fürstlichkeiten am sächsischen Künigshofe verkehren mußten. Als da» Gletsuioeau sich noch mtt dem Stratzenkörper deckte, war di« Buh« bei der wachsende« Ausdehnung Dresdens nach Süden durch die oft beim Rangieren lauge gesperrten Uebergänge aus die Lauer «in schwere» Verkehrshindernis. Die Anwohner der Ostbahn schimpften ost über den stänkernden Lokomotivqualm, die quietschen den und die lang htnrollenden Süterzüge. Aber wenn " kam und der große AusflüKerverkehr nach Iz etnsetzte, waren st« Mnell wieder mit den populären Dresdner Eisenbahnstrecke ausge- «, fubelnd tn dir Landschaft hinaus ui» abend» bei der echählte man sich launige Geschichten. Druck uud vertag oo« Friedrich May. E. ar. tz. ! vemntzvarMch ^r^e^r^idmg Max Fieder»»«^