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MSWDFiMkr MÄgsKLaÄT» Unabhängige Zeitung für alle Ständern SLadtuM Land. DichtesteVerbreitung inallenVolkrsMicHW' Beilagen: Sonntags «Unterhaltungsblatt und Laünvktschastliche'Deilag^ Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 18. — DrurL und VerlagEvoy«^ Friedrich May G. in Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 444 und 44^'. Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt« Mannschaft, der Schulinspektton und des Hauptzollamts zu Bautzen, de» Amtsgericht», des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischosswerda. Grsch Jeden Werktag abend« für den folgend. Tag. Be,ng«p»ei« für die Zett eine« halben Monat«: Frei In« Han« halbmonatlich Mk. 120, betm Abholen in der Geschäftsstelle roöchrntlich so Psg. Einzelnummer IS Pfg. — All« Pmtanstalten, sowtr unser« Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle nehmen federzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Konto: Amt Dresden Nr. 1821. 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Zu ernsten Zwischenfällen ist es nicht gekommen * Der Reichstag nahm am Dienstag die Vorlage über die Bestimmungen der Wohnungsmiete an. Die volle Arie densmiete wird vom 1. Juli 1926 an erhoben. * Die Verträge von Locarno wurden am Dienstag in der französischen Kammer mit 411 gegen 71 Stimmen rati fiziert. Nach einer Meldung aus Budapest soll der Sohn des Ministerpräsidenten Grafen Bethlen zu den Leuten gehört haben, welche die in Ungarn gefälschten Arankennoken ins Ausland gebracht und dort in Umlauf gesetzt haben. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus führliches an anderer Stelle. West oder Ost? Der französische Ministerpräsident Briand hat mit einem Zwischenruf während der letzten Locarno-Debatte im Par- lament ungewollt an einen der Grundgedanken des ganzen politischen Systems Europas gerührt. Als ihm nämlich von dem Nationalisten Mgrin vorgehalten wurde, daß England den größten Vorteil aus dem Locarnopakt ziehe, da antwor tete Briand: „In welcher Situation wäre Frankreich heute ohne Locarno? Sie wissen sehr gut, was sich vorbereitete." Marin verstand — denn er antwortete, daß man die Ver handlungen Berlins mit Moskau oder Angora nicht ernst nehmen solle. Das also ist es: Wendet sich Deutschland unter dem Druck, der von Westen her auf es ausgeübt wird, nach Osten oder läßt es sich irgendwie doch noch im Westen binden? Aus Briands Aeußerungen geht hervor, daß man jene öst liche Lösungsmöglichkeit zum mindesten mit großer Besorg nis betrachtete. Deshalb versprach man Deutschland gewisse Freiheiten und Erleichterungen und deshalb drückt man ihm in der Ratsfrage jetzt wieder den Daumen aufs Auge, weil man di« Gefahr für beseitigt hält. Und wie sieht diese Entscheidung zwischen West und Ost vom deutschen Standpunkt aus? Freilich, unsere Not liegt im Westen begründet und es liegt der Gedanke nahe, im Westen Anschluß zu suchen, um den Druck zu vermindern. Aber wir wußten doch längst und sehen heute wieder be stätigt, daß der Druck eben nicht vermindert wird, wenn das Reich ein auch noch so freundliches Gesicht nach Westen kehrt. Uebcrdies besteht streng logisch von vornherein die Gefahr, daß beim Suchen eines Ausgleichs mit den Westmächten vielleicht eine kleine Druckminderung, ganz sicher aber eine Verlängerung der Wirkungsdauer des Drucks von den west lichen Vertragspartnern erstrebt wird. Ein Bündnis, das der Sieger mit dem Besiegten schließt, wird immer zu aller erst die Vorteile des Siegers wahren. Auf der anderen Seite stehen im Osten Staaten und Völker, die wellpolitisch genau das gleiche Interesse haben wie wir, nämlich die Befreiung vom westlichen Druck. Darüber hinaus bietet uns die Ostorientierung die Möglich- kett der so dringenden geschlossenen Siedlungs- und Kolo nisationstätigkeit, die die Voraussetzungen zum Eigenleben des Reiches stärkt, während der Anschluß im Westen bei der wirtschaftlichen Struktur Deutschlands und Frankreichs gleiche Bedürfnisse verstärkt, gleiche Erzeugnisse vermehrt und damit keinen inneren Ausgleich gebracht hätte. Der Osten bietet dem Reich das, was es braucht und der Osten braucht das, was das Reich im Ueberschuß produzieren kann. Im Westen sind all die Interessen verknotet, die «gen deutsche Lebesbedürfnisse gerichtet sind: der Ausschluß Oesterreichs aus dem Verband des Reiches, die Festigung der kleinen Staaten, die sich auf Deutschlands Kosttn berei chert haben, und die Niederhaltung der deutschen Wirtschaft, >n der Frankreich eine Konkurrentin sieht. Briand hatte schon recht, als er zu verstehen gab, wie stark Deutschlands Interessen sich gen Osten neigten und als er durchblicken ließ, daß Frankreich sich diese Wendung der deutschen Politik schon etwas kosten lassen könnte. Für Deutschland aber entsteht, nachdem sein« Führer einmal den verhängnisvollen Weg beschritten haben, nun auch noch die peinliche Erkenntnis, daß di« Alliierten gar nicht gewillt sind, „sich das deutsche Opfer etwa» kosten zu lasten". Das Ränkespiel um di« Ausschaltung de« deutschen Einflüsse» im Lölkerbundsrat ist soweit aediehen, daß Dr. Luther sich schon mit einer vorläufigen Verschiebung der Lösung dieses Prob lems zufrieden -eben will. unsere» mühsamen Aufstiegs dadurch, -- - n - . - . jede» Zweifel eine neue «ahn zu praktischer Betätigung fitzt. Die Polen in Leuts deutscher Kraft eröffnet. M-lls- bis «v «K-d^iuud «E «MM Kr Line Kanzlerrede über die Dölkerbun-sfrage. Hamburg. 2. März. (Drahtb.) Um ^7 Uhr abends fand im Rathaus aus Anlaß der Anwesenheit des Reichskanzlers Dr. Luther ein vom Senat gegebenes Essen statt. Bürgermeister Dr. Petersen hieß als Präsident des Senats den Kanzler im Kaisersaal mit einer Ansprache willkommen, in der er Dr. Luther nicht nur als den verantwortlichen Führer der deutschen Republik be grüßte, sondern vor allem auch als deutschen Mann, der sich seiner Pflicht gegen sein Volk immer bewußt gewesen sei. In seiner Rede kam Reichskanzler Dr. Luther einleitend auf die innerpolitischen Krisen von 1924 und 1925 sowie zu dem Abschluß des Vertrages von London und das Abkommen von Locarno zu sprechen und erklärte dann u. a. folgendes: Der Locarno-Pakt wird erst durch den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund wirksam. Hierbei muß ich leider einen Umstand erwähnen, der alsbald nach der Absen dung unseres Eintrittsgesuches hervorgetreten ist. Für uns war es bei allen Erörterungen über den Ein tritt Deutschlands in den Völkerbund ganz selbstverständlich, daß vor unserem Eintritt irgendwelche bedeutungsvollen Aenderungen innerhalb des Völkerbundes nicht mehr vor genommen werden durften. Ebenso selbstverständlich war, daß der Eintritt Deutschlands nur erfolgen kann, wenn wir einen ständigen Sih im Völkerbundsrot erhalten. Das i" von allen beteiligten Regierungen anerkannt worden. Mit diesem Stand der Dinge ist es unvereinbar, wenn die Ein räumung des ständigen Raksfihes an Deutschland mit einer weiteren Änderung in der Zusammensetzung des Rates verbunden würde. Der aus Grund bestimmter Abreden seine Aufnahme in eine Organisation beantragt, darf erwarten, diese Organisation bei seinem Ein tritt in unveränderter Gestalt vorzufinden. Es ist neuer dings gesagt worden, daß die Erweiterung des Rates ein längst in Aussicht genommener plan sei, zu dessen Verwirk lichung der deutsche Antrag jetzt die passende Gelegenheit biete, wäre dem so. dann wäre es wohl das Gegebene ge- wesen, die deutsche Regierung bei den Verhandlungen des letzten Jahres hiervon zu verständigen. Mir ist auch nicht bekannt, daß die jetzt erörterten Vor, änderungen jemals auf der Tagesordnung der Bundesver sammlung oder des Rates zum Beispiel im September oder Dezember 1925 gestanden hätten. Wir haben von derarti gen Absichten erst Kenntnis erhalten durch die Presseecörte- rungen,- die unmittelbar nach Absendung unseres Dölker- bundsantrages einsetzen. Von gleichen Schwergewicht ist aber für uns folgende Erwägung: Solange Deutschland noch nicht Mitglied des Völkerbundes ist, ist es überhaupt noch nicht zuständig, eine Meinung über etwaige künftige Aeade- rungen zu äußern. Erst wenn Deutschland Mitglied des Rates ist und durch praktische Erfahrungen Einblick in die Einzelheiten de» Völkerbunds-Organismus gewonnen hat, kann es in begründeter Weise zu etwaigen Anträgen auf eine anderweitige Zusammenfehuug oder Organisation de» Rates Stellung nehmen. Denn es muß daran festgehalten werden, daß es sich bei der Entscheidung über alle Verände rungen nicht um die Besprechungen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten handeln soll, sondern um die Organisation und das Wohlergehen des Völkerbundes als solchen. Ich glaube nicht, daß man e» durch Ablehnung unseres Standpunkte, ia der Frage der Ratssitze dahin kommen lassen könnte, daß die großen Ergebnisse der Politik de» letzten Jahre» zerstört werden. Seit Locarno haben wir gesehen, welche Fortschritte er- zielt werden können» wenn die politischen Fragen in Off e n- heit und vertrauen behandelt werden. Die Völker haben Anspruch darauf, daß dieser aussichtsreiche Weg wei ter verfolgt wird. Wird die Frage der Eintritts bejaht, wie sie bejaht worden ist, so bedeutet die», daß Deutschland die großen Gedanken der Dölkerbundsgemeinschast sich zu eigen macht. Für seine besonderen Interessen erwartet Deutsch- land im Rahmen der Völkerbundsgemeinschaft in gleicher Weise Berücksichtigung und Verständnis, wie es sie selbst den Interessen der anderen Länder entgegenbringt. Die größere innere Entscheidung über den Eintritt ist gefallen. Letzt kommt es darauf an, alledeutschenKräfteleben- digzumachen, um mit dem Völkerbund an Deutschlands Wohl und am Wohl der Menschheit zu arbeiten. Der Ein tritt in den Völkerbund unterscheidet sich von anderen Stufen unsere« mühsamen Aufstiegs dadurch, daß der Bund ohne polnischer Terror. Ueber den polnischen Teil Oberschlesien» ergießt sich geradezu eine Welle des Terrors gegen alles, was deutsch ist. Der erste Märtyrer ist kaum bestattet und schon bricht die polnische Hetze von neuem los. Die polnische Presse scheut nicht vor Kriegsdrohungen zurück und polnische „Rollkom mandos" fallen über Deutsche an allen Stellen und Orten her, um sie zu mißhandeln. Sicherheitsorgane, Regierung und Polizei, stehen den systematisch betriebenen Uebersällen untätig oder womöglich noch hilfreich zur Seite. Der „Deutsche Volksbund," gegen den sich die Wut der Polen zu erst richtete, ist nur ein Vorwand. In Wirklichkeit geht « gegen das ganze Deutschtum. Die polnische Staatsanwalt- schäft, die der Aktion den Anstoß gab, hat zwar längst er- klärt, daß die von ihr erhobenen Anschuldigungen de» Hoch verrats sich nicht einmal gegen den ganzen Dolksbund, län dern nur gegen einzelne Personen richteten, aber der polni sche Pöbel kümmert sich um keine Aufklärung. Daß die ver hafteten Deutschen schon jetzt zum größten Teil al» unschrlldia befunden werden mußten, ist gänzlich gleichgültig. Der pol nisch« Staatsanwalt wirst allgemein gehaltene AnNas die Oeffentlichleit hinaus und steigert damit den Ha höchste. Die» Vorgehen der polnischen Behörden jetzt «in bemerkenswertes Gegenstuck zu den G Handlungen und man kann sich ausmalen, was di« in Polen zu erwarten haben, v seldst im Möglichkeiten voll ausnutzen, so müssen wir dahin streben, daß ganz Deutschland geschlossen hinter unseren Vertretern im Völkerkunde steht. Der Reichskanzler begab sich mit seiner Begleittmg im fahrplanmäßigen Zug um 10.54 Uhr nach Berlin zurück, Nor einem UmfaU Chamberlain»? London. 3. März. (Drahtb.) Die Auffassung des Ber liner Berichterstatters der Times, daß ein Unfall Stress- in anns und Luthers sehr wohl denkbar wäre, steht in der ganzen Londoner Presse vereinzelt da. Man rechnet im, Gegenteil in London mit der unbedingten Festigkeit der deutschen Regierung. Viel eher ist mit einem Unfall Ckamberlains zu rechnen. Der diplomatische Korre spondent des Star glaubt sagen zu können, der Außenmini ster wechsele langsam und graziös seinen Standpunkt. Mög licherweise würde es nicht einmal zu einer Unterhausdebatte am kommenden Donnerstag kommen. Er wäre mit seiner Ansicht ganz vereinsamt. 75 Prozent seiner eigenen Partei genossen sowie die Liberalen und die Arbeiterpartei stäiGen gegen ihn. Wie das Blatt von gutunterrichteter Seite er fährt, wird Chamberlain in Genf das Programm der eng lischen Regierung vertreten, das folgende drei wichtige Punkte enthalte: 1. Sofortige Aufnahme Deutschlands. 2. Verschiebung der übrigen Kandidaturen auf den Herbst und 3. eine Konferenz im Geiste von Locarno der an den drei vorliegenden Kandidaturen interessierten Mächte. Man erwartet, daß die für morgen angesetzte Erklärung Baldwins ist im Unterhaus die Oeffentlichkeit befriedigen werde. Ik — -E«. Gin Kompromiß? Paris, 3. März. (Drahtb.) Nach einer Londoner Reu termeldung herrscht in politischen Kreisen die Ansicht vor, daß es in der Frage der Zuerteilung ständiger Ratssitze zu einem Kompromiß kommen werde. — Dieses würde darin bestehen, daß unmittelbar nach Aufnahme Deutschlands in den Völ kerbund eine Kommission ernannt würde, mit dem Auftrage, die Anträge anderer Staaten auf einen ständigen Ratssitz im Geiste größten Wohlwollens zu prüfen. Diese Kommis sion würde der Völkerbundsversammlung erst im Septem ber Bericht erstatten. Die Gegner der FoearrwvertrSge in der französischen Kammer. Paris, 3. März. Gegen die Ratifizierung der Abkom men von Locarno haben gestimmt 25 Kommunisten, 31 Mit glieder der republikanisch-demokratischen Vereinigung und 15 keiner Partei angehörende Abgeordnete. Der Stimm abgabe enthalten haben sich 46 Mitglieder der republikanisch demokratischen Vereinigung, 9 der republikanisch-demokrati schen Linken, 4 keiner Partei angehörende, 3 Linksrepublika ner, ein Radikaler, ein Kommunist und der Kammerpräsi dent Herriot, der gewöhnlich nicht an der Abstimmung teil nimmt. 21 Abgeordnete waren beurlaubt. Die übrigen 418 Abgeordneten stimmten dafür.'