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Tagesschau. * In den Wefisällsch-Anhaltlschen Sprengstosswerken in Reinsdorf bei Wittenberg ereignete sich am Mittwoch eine schwere Explosion. Bisher sind 10 Tote und 35 teil» schwer Verletzte festgestellt. Der Gebäudeschaden wird auf mehrere Hunderttausend Mark geschätzt. * Die Elsenbahnerbewegung hat infolge der Ablehnung aller Forderungen eine Verschärfung erfahren. Der Deut sche Eisenbähnerverband erläßt Anordnungen zur Vorbe reitung für den Streit. Die Belegschaft der Leipziger Güter- bahnhöfe hat bereits die Arbeit eingestellt. Der Magistrat von Vertin hat beschlossen, daß eine Hauptverkehrsstraße der Stadt Berlin Friedrich Ebert- Straße genannt werden soll. Chamberlain wird am Sonnabend mit herriot in Paris eine Zusammenkunft haben. Zu den mit " bezeichneten Meldungen finden die Leser aus- sührliches an anderer Stelle. schäft erwartete er aus tiefer Ueberzeugung von der parla mentarischen Republik, der er mit Inbrunst anhing. Ich handele im Geiste des Toten, wenn ich auch an dieser Stelle, wo wir an der Schwelle der Ewigkeit stehen, an alle um un serer deutschen Zukunft willen die dringende Mahnuua richte: Seid ein Bolk, ein Vaterland! Mit dem bloßen Hinweis, daß die Geschichte ihr Urteil sprechen werde, ist es nicht getan, denn tief umstritten ist die Frag« über den Zusammenbruch Deutschlands am Ende des De»- ie auch in die zukünftige Geschichtsforschung Hin- Musik sang der Chor, von Professor Rüdel dirigiert. Dann erhob sich Reichskanzler Dr. Luther, trat langsamen Schrittes an den Katafalk heran und sprach folgende Worte: „Frau Reichspräsident, mittrauernde Männer und Frauen. Bon diesen, Sarg, der die Hülle des deutsche Reichspräsidenten birgt, wenden sich in der Stunde des Ab schiednehmens unsere Gedanken und Empfindungen zuerst zu Ihnen, Frau Reichspräsident und zu Ihren Kindern. In land und Ausland trauern mit Ihnen und nehmen aufrich tigen Anteil an ihrem Schmerz. Zur höchsten Stellung im deutschen Reiche an der Seite des Gatten sind Sie, Frau Reichspräsident empor geschritten. Sie waren Ihrem Le benskameraden eine tapfere und verständnisvolle Gefährtin und haben ihm in seinem hohen Amte mit traulichem Fein gefühl unterstützt. Ihr Herz ist erfüllt von dem Empfinden, daß die tödliche Krankheit des Reichspräsidenten nicht ohne inneren Zusammenhang war mit all der seelischen Not, die er seit vielen Jahren um das Schicksal des deutschen Volkes getragen hat. Kein Menschenwort kann Sie, hochverehrte Frau Reichspräsident, in Ihrem Kummer trösten. Reichs präsident Friedrich Ebert, an dessen Bahre für das Deutsche Reich und das deutsche Volk ich sprechen darf, hat einen Le bensweg beschritten, der ihn zur Höhe geführt hat, aber der Weg war steil und mühsam und forderte von dem Wan derer harte Pflichterfüllung. Wie falsch haben sich manche sowohl aus der breiten Masse des Volkes, der zu entstam men er sich stets mit Stolz rühmte, wie auch unter den Trä gern alter Ueberlieferung, das Leben dieses Mannes vorge stellt. Wir, die wir ihn in seiner Arbeit, im Dienst des Volkes und als Menschen gekannt haben, wissen, daß er ohne Rücksicht auf seine Person mit aller Kraft das Gute er strebt hat. Ich möchte an die Spitze jeder Betrachtung über ihn das Dichterwort stellen „wer immer strebend sich be müht, den können wir erlösen." Friedrich Ebert war ein rechter deutscher Mann." Der Reichskanzler Luther gibt dann ein Bild der Tätig keit Eberts vom Beginn des Krieges bis zu seiner Wahl zum Reichspräsidenten und fährt fort: „In seiner Amts führung als Reichspräsident war ihm Deutschlands Wohl der Leitstern". Der Marsch zu diesem Ziel führte lange Zeit durch dunkle Nacht und dichten Rebel. Die Hindernisse, die zu überwinden und zu umgehen waren, waren unge zählt. Die Außenpolitik führte von Enttäuschungen zu Bit ternissen' und von Bitternissen zu neuen Enttäuschungen. Ein erstes Aushellen der Nebel doch zu sehen, ist Friedrich Ebert vergönnt gewesen durch den Abschluß des Londoner Abkommens und den Geist wirklichen Friedens, der in Lon don lebendig war. Schwer gelitten hat der Tote unter der neuen Verdichtung des Nebels, der durch die Nichträumung der ersten Rheinlandzone über das deutsche Volk gesunken ist. Die innere Politik seiner Amtszeit war erfüllt von Er schütterungen und Wechselfällen. Sein Herzenswunsch war, wie ich bezeugen kann, über aller Parteischwankung und politischen Zerklüftung hinweg die Kraft und die Einigkeit im deutschen Volke wach zu rufen. Boll inniger Liebe zu seiner engeren Heimat, in der er die letzte Ruhe finden soll und voll Einsicht in den Werdegang de» deutschen Volkes und unseres Staates hatte er den Wunsch, das Einende im Mutterland«, das alle Deutschen umfassen soll, wachzurufen. Er hat-alles getan, um die- es Gefühl tatsächlich wachzurufen. Gewiß hat Friedrich Ebert, nachdem er Reichspräsident geworden war, seinen parteipolitischen Ausgangspunkt als So bald« mokrat niemals verleugnet. Aus die- er Tatsache kann im Rahmen unserer Reichsversassung doch wohl ein grundsätzlicher Einwand gegen seine Eignung als Reichspräsident nicht hergeleitet werden. Auf das Wohl des» Ganzen bei Ueberparteilichkeit war sein Wollen abgestellt. Für sicher halte ich, daß er die Dinge des Lebens manchmal anders gesehen und gewertet hat, al» ein Staatsmann anderen Ursprungs es getan hat. Sol che Bedingheit ist Menschenlos. Friedrich Eberts Entschei dungen werden nie als Zeugen gegen seine Ueberparteilich- keit angerufen werden körmen. Seine großen Richtlinien al» Lenker des Staatswesens zielten darauf ab, im ganzen deutschen Volk das Gefühl der Verbundenheit mit dem Staate wachzurufen. Er, der aus eigenem Erleben die »rutsche Arbeiterschaft genau kannte, und innig verstand, racktete mit besonderer Sorge danach, niemals wieder ent- cheivende Massen der deutschen Arbeiterschaft in das Se- > ahl der Staatsfremdheit zurücksinten zu lassen. Ost hat er § riefen Gedanken vor mir ausgesprochen. Ein solches Hln- einwachsen de» Staatsgedankens in die gesamte Arbeiter« Die Trauerfeier in Berlin. Berlin,»^. März. Am Tage der Beerdigung des Reicks präsidenten leuchtet hellster Ärnnenschein über der Reichs- bauptstadt. Immer noch wehen die Fahnen auf Halbmast. Die Kaffees und Hotels haben sämtlich preußische Fahnen aehißt. Die Wilhelmstraße am Palais Leopold und die Linie Brandenburger Tor bis hinüber zum Potsdamer Platz sind schon in den Morgenstunden gesperrt, jeder Verkehr ist abge brochen. In der Nacht batten noch rührige Hände an den Straßenecken riesenhafte schwarzbezogene Obelisken errichtet, die mit grün umwunden sind. Die Laternenpsähle sind grün umrankt. Die Lampen tragen Trauerflore. Bor dem Potsdamer Bahnhof sind noch eine Unmenge von Fahnen angebracht worden. Ein Teil der Geschäftsleute hatte die Schaufenster schwarz verhängt. Eine riesige Menschenmenge staut sich schon jetzt in die Absperrungen, die außerordentlich streng durchgcfiihrt werden. Um die Mittagsstunde strömen die Angestellten aus den Büros und gesellen sich zu den Tau senden, die schon in den Vormittagsstunden die Straßenzu- gänge umlagern. Der große Saal des Reichspriisidenten-Palais, in dem die Leiche des Reichspräsidenten aufgebahrt ist, zeigt würdi gen Trauerschmuck. Den eichenen Sarg deckt die Standarte des Reichspräsidenten. Der Saal liegt m Halbdunkel, auch die Wände und die Decke des Saales sind mit Trauerflor verhüllt. Lorbeerguirlanden vervollständigen das düstere Bild. Auf dem dunklen Teppich sind etwa IVO Stühle für die Vertreter der Reichsregierung und die geladenen Gäste aufgestellt. Im Trauerhause. Der Platz vor dem Hause des Reichspräsidenten, die Wil helmstraße bis zum Wilhelmplatz sind für jeden Verkehr ge sperrt. Ungeheuere Menschenmengen stehen an der unerbitt lichen Postenkette. Um ^3 Uhr rücken vom Wilhelmplatz die zur Parade gestellten Truppen an. Zuerst eine Abteilung be rittener Schupo, dann eine Schwadron Kavallerie mit schwarz-weiße» Lanzenfähnlein und Musik, dahinter ein Bataillon Infanterie, zusammengestellt aus Nord und Süd dvs Deutschen Reiches, darauf die Artillerie und Marine, lkrz klingen die Kommandos. In breiter Front nehmen die Truppen gegenüber dem Palais des Reichspräsidenten Auf- stelluiia, die Straße vom Hause des Reichspräsidenten bis zum Palais Leopold füllend. In dichtem Kordon sieben Wagen an Wagen. Ihnen entsteigen die Vertreter der Reichs- und Staatsbehörden, die Angehörigen des diplo matischen Korps, darunter der Weihbischof von Berlin, der päpstliche Nuntius, ausländische Diplomaten in ihren Uni formen. Der Vorgarten des Palais ist von einer Fülle von Kränzen und Schleifen umrahmt. Strahlende Sonne über dem Ganzen. Die TrauergSste schreiten durch das schwarz ausgeschlagene Portal der Totenhalle. Der große Saal, in den» der Sara, gedeckt von der Fahne des Reichspräsidenten, aufgebahrt ist, steht unter dem Eindruck der schwarzen Flor- drapierunaen. Bor dem Sara zwei Offiziere der Reichs wehr, di« Vie stille Totenwacht halten. Zu Füßen des Sar ge» Blumengebinde mit den schlichten Widmungen der An gehörigen. Der Saal und die angrenzenden Räume haben sich gefüllt. In der Nähe des Sarges nimmt Frau Ebert mit den nächsten Familienangehörigen Platz. Pünktlich um 3 Uhr begann das Orchester der Staats oper unter Leitung des Generalmusikdirektors Kletber mit dem Trauermarsch aus der Eroica von Beethoven. Un mittelbar auf die verklingenden Töne dieser ergreifenden krieges, die überreichen wird. Auch kann niemand heute den weiteren Ablauf der Weltgeschichte voraussehen. Niemand weiß deshalb, welches Licht rückwirkend aus der Zukunft auf jene Jahre deutscher Geschichte fallen wird, in denen Friedrich Ebert das deutsche Staatsoberhaupt war, und so bleibt des halb nur der Rückblick auf diese Zeit vom Standpunkt des heutigen Tages aus. So unklar und bedroht unsere außen politische Lage ist, so sehr aus diesen und anderen Gründen unsere wirtschaftliche Erholung im argen liegt, aus so vielen ungeheilten Wunden unser Volkskörper noch blutet, so macht das Schiff unseres Staatswesens doch heute wieder Fahrt und hat einen festen Kurs, während es vor sechs Jähren leck und steuerlos und mit meuternder Mannschaft auf den Wogen der Weltgeschichte trieb. Der Geschichtsforschung mag ruhig überlassen bleiben, seinen persönlichen Anteil an dem, was geworden ist, int einzelnen zu erörtern. Sie wird in den Richtung gebenden Dingen der Außenpolitik Überall nachhaltige Spuren seines zielsicheren einsichtsvollen Wir kens finden. Mit besonderer Wärme und Hingebung hat Friedrich Ebert die Nöte der großen Bolksmafse zu lmdern getrachtet und hat immer wieder in kluger ausreichender Tätigkeit seine ganze Kraft für einen sozialen Frieden ein gesetzt, ohne den ein Wiederaufbau unseres Vaterlandes und eine Ueberwältigung aller wirtschaftlichen und sozialen Not unmöglich ist. Er hat in seiner Arbeit als Reichsprä sident fortgesetzt, was er im Dezember 1918 als entschei dende Tat seines Lebens bewirkt hatte, die schleunige Ab kehr von der Gewalt und durch Ausschreibung der Wahlen zur Rationalversammlung die Schaffung einer neuen siechtegrundlage für das Zusammenleben des deutschen Lol- es. So trauern wir an diesem Sarge, in dem ein allzu- rüh Dahingegangener ruht, um einen wirklichen Führer mseres Volkes und Staates. Sein ganzes Tun und Wollen ;at er ohne Uebermüdung in den Dienst des Vaterlandes ge- tellt. Wir wollen Abschied nehmen von dem Toten, das ein Gelübde des toten Volkes an der Bahre des veutscken Reichspräsidenten sei: Alles Gute einzusetzen für Deutsch lands Zukunft." Der Rede des Kanzlers, die die Anwesenden stark in ihren Bann gezogen hat, folgt der Grabgesang von Carl Maria von Weber, der von sphärengleichen Stimmen des )omchores zu lichteren Höhen emporaetragen wird. Die chöne Trauermusik von Mozart, dirigiert von Kletber, be- chließt die Feier. Unter derselben lautlosen Stille, dl« wäh rend der ganzen Feier zu Hause herrschte, wird der Sarg herabgetragen. Die Trauerp«rade. Inzwischen sind di« Opfersckalen auf den vier großen schwgrz umhüllten Obelisken an den Seiten der beiden Mn- sänge zum Borgarten des Präsldenten-Palis erttzündet war- >en. Schwer legt sich der Rauch Wer die Straßenzüg«. Ueber uns kreisen zwei Flugzeuge mit Trauerwim peln. Um Uhr setzt die Kavallerie ein. (Bewegung.) kine Abteilung berittener Schupo nähert sich. Im Boraar ten des Palais sind die Kränze aufgeladen. Der Leichen- wagen, von sechs schwarz verhängten Pferden gezogen, steht im Borgarten. Dahinter drei Trauerwagen. Dann folgwi drei Kranzwagen. Generalmajor Siehr, der Kommandant von Berlin, hält mit gezogenem Degen dem Portal gegen über. Um 4 Uhr Kommando: Paradeausstellung. Das Gewehr über! Achtung! Augen rechts! Dumpfer Trommelwirbel, dann setzt die Musik mit einem Trauer- marsck ein. Das Bild ist düster und feierlich. Die Sonne kann die dichten Rauchschwaden der Opferschalen nicht durch dringen. Der Sarg, bedeckt mit der Flagge des Reichspräsi denten, gold-rot umrandet und mit dem großen schwarzen Adler wird herausgetragen. Sobald der Sarg auf dem Wag«, ruht, bricht sie Musik ab. Die Truppen schwenken ein in Sruppenkolonnen. Generalmajor Siehr nimmt am Portal vor dem Sarge Ausstellung. Der Zug seht sich in Bewegung. An seiner Spitze ertönen die Klänge des Cho- pinschen Trauermarsche». Im langsamen Paradeschritt marschieren die Truppen an ihrem verstorbenen Oberbe fehlshaber vorüber. Line Schwadron Kavallerie, dann 400 Mann Infanterie, 100 Mann Marine-Truppen, eine Ma- schinengewehttckteilung mit neun Maschinen, «in« Batterie Str. SS. Freitag, den «. März 1S2S. 80. Jahrgang Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadtund Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags «Unterhaltungsblatt und ÄaüNvtrtschaftllche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 16. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May G. m.b.H. in Bischofswerda. Fernspr.Nr.22 ASischofsweröaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amlshaupt« Mannschaft, der Schulinspektion und de» Hauptzollamtr zu Bautzen, der Amtsgericht», des Finanzamtes und de» Stadtrat» zu Bischofswerda. 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