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Dischofswerüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft, der Schulinspektion und de» Hauptzollamt» zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. dcrgeALcrtt-- Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenBolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 18. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 Grschetnuuameelf«: Jeden Werktag abend« für den folgend. Tag. Bezug-prek für Dezember; Durch die Polt oder durch unfere Boten ins Haus zugestellt Mark 380.—, bet Abholung in der Geschäftsstelle Mark 380.—, durch die Stadtbote« Mark 370.—. We Postanstalten, Postboten, sowie Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle des Blatte» nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. 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Wir werden gut daran tun, weder nach der einen noch nach der anderen Seite besonders uns festzulegen. Weder Optimis mus noch Pessimismus sind zur Stunde irgendwie gerecht- fertigt. Die Dinge sind jedenfalls, wie man so sagt, im Zug. Was in ter Öffentlichkeit vorgeht, ist mehr oder minder Beiwerk. Man darf sich daher auch nicht ein fangen lassen durch bestimmte Tendenzmeldungen, mögen sie kommen, woher auch immer. Das gilt insbesondere für einschüchternde und abweisende Pressemeldungen, die in den letzten Tagen aus Frankreich gekommen sind. Die wichtigsten Dinge vollziehen sich gegenwärtig hinter den Kulissen. Es steht fest, daß Amerika un ter bestimmten Boraussetzungen zu einer aktiven Teilnahme an der Lösung des Re- parationsproblems bereit ist. In dieser Tat- fache liegt die außerordentlich große Bedeutung der neuen Lage, über den Weg und die Mittel, um zu diesem Ziele zu kommen, unterhandelt man gegenwärtig. Den maßgebenden amerikanischen Persönlichkeiten schwebt offen bar eine große Wirtschaftskonferenz vor, an der nicht nur di« alliierten, sondern auch die neutralen Mächte und vor allem naturgemäß auch Deutschland teilnehmen sollen. Einer solchen Konferenz soll die Aufgabe übertragen wer- den, die Leistungs- und Zahlungsfähigkeit Deutschland» zu prüfen, um auf der Bast, der Ergeb nisse die materiellen Grundlagen für die Anleihe oder den Kreditfestzustellen. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, daß es sich um «ine rein geschäftlich« An- gelegenheit handelt, und daß diejenigen, di« uns Hisse leisten, das nicht aus menschlichem Empfinden, sondern au« nüchtern geschäftsmäßigen Erwägungen und in der Erwar- tung tun, dabei selber nicht schlecht abzufchneiden mch vor allem den regelmSßigen Eingang der Zinsen mch Tilgung»- kapitakien sich zu sichern. Und in. dieser Frage liegt da« zweit« wichtige Moment: Dassollen für Bürgschaften und Garantien von Deutschland gegeben werden? Di« materiellen Opfer, die nach dieser Richtung hin gebracht werden müssen, werden naturgemäß sehr groß sein, über diese Frage stich gegen- wörtig Vorbereitungen im Schoß« der deutschen Regierung im Sange, die wohl bald zu einem positiven Resultat führen werden. < Aber Amerika verlangt noch mehr: Es verlangt politi sche und nicht zuletzt auch militärische Sicherheiten und Tagesschau. wie au» Washington gemeldet wird, wurde die Erörle- PNg der Mittel für «ne Ordnung der Lage Euro pa» und für die Hilfe an Deutschland in den amtlichen Krei se« hl« zum Eintreffen der Antwort der französische« Regie rung auf die von der Regierung der Vereinigten Staaten offiziös ausgefireckten Fühler zurückgestellt. Am Mittwoch hatte der Reichskanzler die erste Be sprechung mit den Vertretern des Reichs verbandes der deutschen Industrie über das Repa- rationsproblem. Di« nächste Aussprache der Reichs- regieruna mit den Parteiführern ist auf kommenden Freitag festgesetzt. Auch an den Allgemeinen Deutschen Ge- werkschostsring, den Christlichen Gewerkschaftsbund, den Gewerkschaftsring, den Allgemeinen Freien Angestellten bund, den Deutschen Beamtenbund und den Allgemeinen Deutschen Deamtenbund hat der Reichskanzler Einladungen zu einer Aussprache ergehen lassen, die erst nach Weihnach ten vor sich gehen wird. * Infolge der Geldentwertung ist der Preis für das dritte Sechstel der Getreideumlage für Roggen auf 165 0000 Mark festgesetzt worden. Ab 16. Januar wird der Brotpreis um etwa zwei Drittel des jetzigen Preises er- höht werden. * Die Personentarife auf der Reichsbahn wer den ab 1. Januar in der dritten und vierten Klasse um 11V Dozent, in der zweiten um 125 Prozent, in det ersten um 20V Prozent erhöht. Di« Gütertarife werden zum 1. Januär 1923 um 70 Prozent, die Tiertarif« um 60 Prozent erhöht. Anstelle des am 31. Dezember außer Kraft tretenden Notstandstarifes für Kartoffeln tritt ein neuer Ausnahmetarif, der für Waa- gonladungen eine Fracht von nur 4V Prozent der Normal fracht vorficht. Zu den mtt ' bezeichneten Meldungen finden die Leser aus führliche» an anderer Stelle. de» Krieges. Der Weg ins Freie. von unserem Berliner Mitarbeiter wird uns ge schrieben: ' über den neuen deutschen Zahlungsplan werden von der deutschen Regierung die Verhandlungen unausgesetzt fortge führt. Sie vollziehen sich in engster Verbindung mtt den Ver tretern aller Wirtfchaftskreise. Soweit di« Jndustrie in Frage.kommt, ist es zu einer bestimmten Abmachung noch nicht gekommen. Die Vertreter der Industrie sind aufgefor dert worden, ihrerseits einen Vorschlag lmszuarbeiten und der Reichsregierung zu unterbreiten. Dieser Vorschlag soll sich auf die aktive Mitwirkung der Industrie, auf die Höh« und Art der Garantieleistung erstrecken. Die Regie rung wünscht, daß die Industrie bei den noch in dieser Woche abzuschließenden Besprechungen «inen fertigen Plan von feiten der Industrie selber in Händen hat. In gleicher Weise wie mtt d«n Vertretern der Arbeitgeber ist auch mit den Ver tretern der Arbeitnehmer, namentlich den Vertretern der Gewerkschaften von der Reichsregierung verhandelt worden. Auch hier sind die Besprechungen noch nicht zum Abschluß geleimt. Das wird erst der Fall sein können, wenn man über die Möglichkeiten, die di« Industrie zu bieten hat, sich einen näheren Überblick machen kann. - Inzwischen gehen die inoffiziellen Vorbereitungen zwischen Deutschland und den Kabinetten de« Auslandes, nicht zuletzt auch mtt der amerikanischen Regierung weiter. Di« diplomatischen Vertretungen des deutschen Reiche» im Auslaich wecken über den Fortgang der Berliner Beratun gen stets auf dem Laufeichen gehallen. Die Hauptbedeutung kommt den Vorschlägen zu, die unter Führung de« Direktors Wassermann von der deutschen Bank ausgearbeitet worden sind und die gegenwärtig der Beurteilung eine« engeren Sachverständigen-Kollegium« aus Bank- und Finanzwelt unterliegen. Der bekannt« Hamburger Bankier Melchior hatte Gelegenheit, in diesen Tagen in Paris die grundsätz- liche Stellungnahme der deutschen Dankwell auf Grund der Berliner Verhandlungen zu skizzieren. Wenn in der Presse verschiedentlich im Anschluß an Meldungen über den Aufent halt Melchiors in Paris gesagt worden ist, daß Melchior einen Vorschlag überreicht habe, in welchem als Gesamt summe der Reparationszahlungen zwanzig Milliarden Gold mark genannt worden seien, so können wir Mitteilen, daß da« nicht der Fall ist. Alleckings ist es wirtlich wahr, was wir an dieser Stelle schon oft zum Ausdruck gebracht haben, daß die Reichsregierung als oberstes Ziel die endgültige Lösung der Reparationsfrage anstrebt. Da ist es selbstverständlich, daß man sich auch mtt dem Zahlungs problem befassen muß. aber über unverbindlich« Äußerungen ist man dabei noch nicht hinausgekommen. Jedenfalls sind die Dinge im Muß. Und es ist setzt vielleicht der günstigste physiologische Augenblick sowohl für Deutschland wie für da» gefomte Ausland und nicht zuletzt für Amerika gekommen, der den Abbau derbtt auf den heutigen Tag fortgesetzten Kriegs, und Wirtschaftspolitik ermöglicht. Diese Situation gilt es, beiderseits zu nutzen. Daß wir eine grundsätzlich« Reuregelung dm Reparations problem« gewiß auch mtt schweren Opfern erkaufen müssen ist ganz selbstverständlich. Aber wir müssen aus dem gegen- wärtigen Zustand der Unsicherheit hinaus, wir müssen end- Sch einmal wieder festen Boden unter die Füße bekommen. Wir stehen setzt wörtlich am Rande des Abgrundes und sehen mtt Schaudern und Schrecken, welches Schicksal auf uns lauert. Die Verhältnisse in den alliierten Ländern sind nicht minder trostlos, wenngleich dort die Krise noch nicht akut, aber doch langsam schleichend ist. Di« untrennbar, Verbundenheit des deutschen Schicksal« mit dem Schicksal Europa» hat sich noch nie so deutlich aezeigt, wie in diesen letzten Wochen der l - - - daher nur wünschen, otm dem Geiste de» Lichtlein blinken sehen, das uns den Weg ins Mete weift. Die neue Preisfestsetzung für Umlagegetreide. Eine Folge der Geldentwertung. — Regiervagsmaßnahm« für Unbemittelte. — BrohireiserhShuag um etwa zwei Drittel ab 16. Januar. Berlin, 21. Dezember. Die Reichsregierung hat gemäß ß SO des Getreideumlagegesehe, beschlossen, den Drei» des dritten Sechstel» der Getreideumlage aus 165 000 »lt für Log gen, mtt den entsprechenden Abstufungen für die anderen Ge- treidearten festzusehen. Gleichzeitig ist beschlossen worden, eine Vorlage einzubringen, wonach der Endtermin für die Ablieferung de, llmlagegetreide» vom 15. April auf den 15. März zurückverlegi wird. In tatsächlicher Beziehung fei hierzu bemerkt, daß dar jetzige Marktpreis für Roggen rund 270 V00 »ll. und für das erste Umlagedrtttel nur W 600 -K beträgt. Die Gründe für die Stellungnahme der Reichsregierung sind stck- gende: Die durch di« gesetzliche Lage für die Reichs- regieruna gebotene tunlichst« Berücksichtigung des Deschlus- s« des Zwanziger-Ausschusfes hat die Reichsregierung oer- «Saßt, als Ausgangspunkt für ihre Stellungnahme den hauptsächlichsten Ausschußbeschluß zu wählen, wonach di« landwirtschaftliche Indexzahl des mittleren Tages her Ablie- ferungsveriode ZMrunde gelegt wecken soll. Da im Gegen satz zu früheren Feststellungen jetzt Nicht mehr mehrere Mo nate herangezogen wecken, so ist vergleichsweise auch der freie Markttweis berücksichtigt worden. Wenn durch Heran ziehung dieser Dergleichsberechnun a grundsätzlich der gleiche Ausgangspunkt eingenommen wird, den die Minderheit der zwanziger Ausschusses bei ihrem Preisvorschlag gewählt hatte, so schien es der Reichsregierung angesichts de« starke» Maßes der Geldentwertung doch unmöglich,die Durchschnittszahl aus den drei zurückliegenden Monaten zu entnehmen. Aichlenmäßig ist das Ergebnis folgendes: Auf der einen Seit« steht die Mittelinderzahl mit 168096 Mark, auf der anderen Sette stehen 233 520 Mark, vermindert um 85 Prozent, Äeich 151768 Mark. Demnach dürfte eine Zahl von rund 160 000 Mark das Richtige treffen. Die Regierung hat weiter dem Beschluß des Ausschusses, wonach eine Vergütung für die nachträglich al» zu niedrig erwiesene Schätzung bei der Berechnung de» Unrlagmetreide- preise» für das erste Drittes gewährt wecken soll. Rechnung ^tragen. Denn es entspricht in der Tat der Billigkeit, daß fieser erhebliche, auf einer freien Schätzung der damals nicht Ibersehbaren zukünftigen Entwicklung beruhend« Unterschick ausgeglichen wird. Der Unterschick beträgt, auf ein Drittel des Getreides bezogen, 18246. Vie Regierung erwartet, daß der Landwirt au, dieser ehr erheblichen Steigerung gegenüber den bisherigen Breis- esisehungen erkennt, daß sie entschlossen ist. ihm die «lrl- chafistche Grundlage zu einer vollen Anspannung feiner lräfte auch für die kommende Ernte zu gewähren. Der möglichst baldigen Überführung der diesjährigen Ernte in die öffentliche Hand soll di« beabsichtigte Rückverlegung des Um- lageendtermin» dienen. Di« ReKerung geht auch von der Erwartung aus, daß die Verbraucher, deren eigenste, Inter esse die Ablieferung des Umlogeaetrelde» und die Vorberei tung der nächstjährigen Ernte sä ist, der Notwendigkeit einer Preisfestsetzung Verständnis entgegenzubringen, die den Landwirt allgemein in die Lage verseht seine volkmvirt- choftlichen Aufgaben zu erfüllen. Di« Regierung hat auch Schritte getan, um den Druck der für Mitte Januar zu er- wartenden Brotprelserhühung unter Berücksichtt- gung der gesamten dann obwaltenden Geldwertoerhältnisse mÄchst zu erleichtern. Vie Erhöhung des Brotvreises wird voraussichtlich Zwei Drittel des jetzigen Presse« besagen. Detter sollen neben den Maßnahmen für die Beamten und sonstige öffentliche Bedienstete auch Vorkehrung«, getroffen «ecken, nm dm Sozialrentnern und anderen aus sozialen Gründen zu Betreuenden im Rahmen des alckannlqen Geld wert«« die Wirkungen der Getreidepreiseckähung zu erleich tern, die im wohlverstandenen Gefamttnteresse uns««« Volke« nicht zu umgehen war. Die Wirtschaftslage befindet sich gegenwärtig, so wird uns von »inom unserer zwar sowohl von Frankreich, wie von Deutschland. In der sich vollziehen und zum Heil der Welt zu einem glücklichen Richtung der politischen Sicherheiten liegt das verlangen End« gebracht werden. Wir dürfen uns dabei keinen nach einer Umkehr in der französischen Politik hinsichtlich sei- Augenblick einer Täuschung hingeben. Wir stehen erst am nes Verhaltens gegenüber Deutschland. Es liegt qber auch Anfang! eines langen und steinigen Weges, aber wir in der Richtung des Verlangens der Freigabe der General- wollen es schon begrüßen, wenn wir in weiter Ferne ein Hypothek des Versailler Vertrages zu Gunsten der geplanten .... _ _ . großen internationalen Finanzoperation. In militärischer Beziehung würde es Amerika ferner, neben der Zusicherung Frankreichs auf den Verzicht der militärischen Gewaltmaß nahmen gegen Deutschland, aber auch gern sehen, wenn Deutschland selbst bestimmte Garantien für di« militärische Sicherheit Frankreichs, also etwa in Gestatt des Abschlusses eines militärischen Sicherungsvertrages oder dergleichen ge geben würden. Aus alledem erkennt man jetzt schon die große Bedeutung der Vorgänge, di« sich jetzt hinter den Kulis- sen abspielen.