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erSSGscheLrzaßler Nr. 293. Sonntag, den 17. Dezember 1922 77. Jahrgang Poftscheck-Kont»: Amt Dresden Nr. 1821. Gemeinde- verbandsgirokaffe Bischofswerda Konto Nr. V4. dcrgeSccrtt^ Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichter Beilagen: Sonntags.Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilag, Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag de Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 Tagesschau. * In amerikanischen Ainanzkreisen soll die Neigung be stehen, erneut die Bedingungen der Hergabe einer grüneren Anleihe für Deutschland zu prüfen. * Die Reichsregierung beabsichtigt, für Vari» neue Vorschläge auszuarbeilen unter Berücksichtigung des Wechsels in der amerikanischen Volitik. Staatssekretär a. D. Bergmann erstattete Freitag nachmittag in einer Chefbesprechung Bericht über seine Lon doner Verhandlungen. Nach den Mitteilungen Bergmanns soll die durch die deutschen Vorschläge auf der Londoner Kon ferenz entstandene Lage nicht ganz so ungünstig sein, wie man anfänglich anzunehmen geneigt war. * Eine Kundgebung der deutschen Arzte au die Welt gegen das Hungerelend sand Freitag nachmittag in Berlin statt. Die bevorstehende Konferenz der Ernährungs minister in Berlin wird sich auch mit dem Stand« der Brotoersorgung beschäftigen. Der bayerische Ministerpräst- dent Dr. v. Knilling hat daher den Landwirtschaftsminister gebeten, nachdrücklich dafür einzutreten, daß dem viel beklag, ten Unfug der verschiedenen Qualität vom freiem Brot und Markenbrot ein Ende bereitet werde. Zu den mit " bezeichneten Meldungen finden die Leser aus. sührllches an anderer Stelle. Mschofsweröaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt« Mannschaft, der Schulinfpektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda' nanzierung dieser Anleihe tellnehmen könne, obgleich einig» persönlichretten erklärten, daß der Gedanke im Prinzip ge sund sei. Bezüglich der Frage der inkerallilerlen Schulden wird Stillschweigen bewahrt, da diese Frage, wie nachdrück lich erklärt wird, von der Reparationsfrage abhängig sei. Die Mission Harweys. London, 15. Dezember. (Drahtb.) Reuter meldet au» New York: Voraussichtlich wird der amerikanisch« Botschaf ter Harvey Anfang Januar nach feinen Besprechungen mit Hocking und Hughe» nach Europa zurückkehren. Lr dürfte angewiesen werden, die europäischen Auffassungen zu sondie ren, bevor irgend ein formeller Vorschlag in der Reparations frage erfolgt. Die Berufung des Botschafters Harvey nach den Ber einigten Staaten wir- al» eine Verstärkung der Anzeichen beurteilt, das, Amerika beabsichtige, zu intervenieren in der Hoffnung, eine Regelung der Reparationsfrage zu erreichen. Anzeigenpreis: Die 6ge,paitene Grund,eile sZlm. Moste 14 oder deren Raum 30.— Mb., Offertengebühr 10.—Mk. Im Reklame, >0.— Mk. die Zgeipaltrne Zeile. Bei Wieder Erscheinungsweise: Jeden Werktag abend« sür den folgend. Tag. Bezugspreis sur Dezember: Durch die Post oder durch unsere Boten ins Haus zugestellt Mark 380.-, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mark 380.-, durch die Stadtboten nun ^"^.R°^:fltalten, Postboten, ,owie Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle des Blattes nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. j lich des Reichsverbandes der deutschen Industrie, haben der I Regierung ihre Mitarbeit zur Verfügung gestellt. Der ur sprüngliche Plan, daß die Industrie von sich aus der Regie rung l>estimmte Vorschläge mack)«, ist jedoch nicht verwirk licht worden. Die Jndustrievertreter haben auf die Äuße rung des Reichskanzlers im Reichswirtschaftsrat hingewiesen, wonach die Reichsregierung führ e. Man will jetzt abwar ten, was die Regierung ihrerseits vorschlagt und dann dazu Stellung nehmen. - DI« Reichstagspause wird von der Reichsregierung da zu benutzt, um zunächst in inoffizielle Verhandlungen mit der Entente wegen der Ausgestaltung der deutschen Vorschläge zu treten. Eine entsprechende Fühlungnahme bat bereits stattgefunden. Es wird versucht werden müssen, auch Ame rika für die neue Situation und ihre Beordimng zu ge winnen. In Amerika ist in der Tat eine starke Strömung am Werke, die diesen Einfluß sich sichern möchte. Amerikani sche Kreise scheinen nicht abgeneigt, an einer Reparationsan leihe für Deutschland sich zu beteiligen. Unter Führung Morgans wird auch ein solches Anleihcprojekt ausgearbeitet. Doch besteht Morgan auf Grund seiner Erklärungen, die er bei seinem Pariser Besuch machte, darauf, daß von französi scher Seite gewiße Zusicherungen wegen der künftigen -Hal tung Frankreichs gegenüber Deutschland gemacht würden. Würde die französische Politik aus der Durchführung der Zwangsmaßnahmen gegen Deutschland bestehen, so wäre keine Aussicht, daß nur ein einziger Dollar für diese Repara tionsanleihe zur Verfügung gestellt würde. Im übrigen be absichtigt die amerikanische Regierung, einen fertigen An- leiheplän der Konferenz der alliierten Premierminister in Paris am 2. 1. zu unterbreiten. Amerika hat weiter den Wunsch, daß die Zahlungsfähigkeit Deutschlands nun end gültig festgestellt und eine feste Schuldsumme normiert wird. Cs würde der Förderung der schwebenden Fragen dienen, wenn Amerika, wie das schon früher der Fall war, zum min desten durch eine inoffizielle Persönlichkeit bei den Beratun gen der Alliierten vertreten wäre. Nach allen Mitteilungen scheint Amerika ohnehin schon vor dem 2. 1. in Daris inter viewen zu wollen. Bei dieser Aktion wird aber erneut kein Zweifel darüber gelaßen, daß Amerika auf eine Streichung der Schulden, auf di« es ja Frankreich in hervorragendem Maße cmkommt, so lang« nicht eingehen werde, als bis es Sicherheit hat, daß die durch ein solches Zugeständnis ge wonnenen Beträge nicht zur Stärkung militärischer Rüstun gen auf dem europäischen Kontinent verwandt werden. Die Reichsregierung ist um die schwere Arbeit, di« ihr zu meistern bevorsteht, nicht zu beneiden. Leider machen sich schon wieder politische Spannungen geltend, denen ab«r gar kein Raum gegeben werden darf, wenn unsere Lag« für die kommenden Verhandlungen nicht ganz außerordentlich ver- Wimmert werden soll. Eine amerikanische Anleihe? Bersin, 16. Dezember. (Von unserem Berliner Mit- arbeitet.) Wie wir von unterrichteten Kreisen vernehmen, besteht in der amerikanischen Finanzwelt die Neigung, er neut die Bedingungen der Hergabe einer größeren Anleihe für Deutschland zu prüfen. Der amerikanische Finanzmann Morgan hat mit dem VrSfldenken tzarding über die Ein drücke bei seiner Europareise sich ausgesprochen. Morgan hat erklärt, daß die Lage Deutschland, eine derartige sei, daß unbedingt etwa» geschehen müße, wenn ulcht alle Gläubi ger Deutschland» um ihre Ansprüche gebracht werden sollten. Morgan hat sich bereit erklärt, mit führenden amerikani schen Großbanken die Anleihefrage erneut auszunehmen. Di« Regierung der vereinigten Staaten hat dieser Aktion die Unterstützung zugesagt, fall» einmal die Vollsik der Ge wall und der militärischen Zwangsmaßnahmen aufgegeben, und zum zweiten, daß die Reparatlonstafi endlich auf ein er träglich« und au»führbare» Maß zurückgeführt wird. Amsterdam, 18. Dezember. Die »New Port World" gibt an, die Anleihe wiird« etwa anderthalb Milliar- den Dollar betragen, «in« Zahl, die auch vom »New York Herald" al» richtig bezeichnet wird. Eine wettere Drahtmeldung berichtet: London, 15. Dezember. Reuter meldet au« Washington: Infolge der Erklärungen Sonar Lau» im Unterhaus« ist in Regierungskreisen von neuem über die Frage einer inter- nanoaalen Anleihe an Deutschland gesprochen worden. Einige Regierungsmttgsieder waren der Ansicht daß eine derartige Anleihe Deutschland au» der gegenwärtigen Krise ««en Nnn«. E« wird gemeldet, daß t'Z, Milliarden Doll, al, notwendig für diesen Schritt bezeichnet werden. L» wich aber «ar «-gesprochen, daß die Regierung nicht au der Fi Die Lage. Man schreibt uns aus dem Reichstag: Der Reichstag hat seine Arbeiten bis zum 10. Januar vertagt. Dem Präsidium wird aber bas Recht gegeben, falls es erforderlich sein sollte, die Volksvertretung zum Führer einzuberufen. Die Tätigkeit des Reichstages vor der Weih nachtspause war förmlich ein« Aufräumungsarbeit. Es galt eine ganze Reihe von kleineren, zum Teil freilich auch sehr wichtigen gesetzgeberischen Maßnahmen noch unter Dach und Fach zu bringen. Insbesondere war das notwendig bezüg lich der Neuregelung der Einkommensteuersätz« für 1922 und 1923, die der Geldentwertung angepaßt werden mußten. Hier - haben sich zum ersten Mal« fett dem Antritt d«r neuen Re- gierung Cuno die politischen Gegensätzlichkeiten etwas deut licher aufgezeigt. Wenngleich von keiner Seite Neigung oder die Absicht bestand, es zum Bruche kommen zu laßen. Sa, au» diesem Anlaß sind die bürgerlichen Parteien, und zwar in ihrer Gesamtheit, sogar in einen Gegensatz zur Reichs- regierung selber gekommen. Diese wollte unter Führung des Finanzministers Hermes einen zehnprozentigen Abzug für das Jahr 1922 nur bis zu einem Einkommen von 300 000 Mark zulassen. Die Abgeordneten der Deutschen Dolkspar- tei, des Zentrums und der Demokraten forderten sprach ein« Freigrenze von 400 000 Mark und die Deutschnationalen un terstützten diesen Antrag. Bei der Aussprache kam es zu lebhaften Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der bürgerlichen und der sozialistischen Parteien. Der domokra- tische Abgeordnete Dr. Fischer, der besonders für die Ermäßi- L qung der Einkommensteuer eintrat, wurde von dem Soziali- D sten Hertz mit dem Vorwurf des sechsunddreißtgfachen Auf- I sichtsratsvorsitzenden attackiert. Aber auch der Reichsfiyanz- I Minister nahm gegen di« Antrag« der bürgerlichen Parteien I aus finanzpolitischen Gründen Stellung. Di« Sozialdemo- I traten warfen sogar außenpolitisck)« Gründ« gegen den An- I trag ins Gewicht mit dem Hinweis darauf, daß jede Trmäßi- I gung der Einkommensteuer uns bei der Entente gegenüber I den Neparationslasten ins Unrecht setzen würde. Schließlich U wurde aber doch der bürgerliche Kompromihantrag angenom- I men. Di« Freigrenze für 1923 wurde, wie bereits gemeldet, D auf 1 Million festgelegt. Und hierfür stimmten auch die So- R zraldemokraten. Die Reichsregierung hat dem Reichstag über di« Lon- I doner Verhandlungen kein« weiteren Mitteilungen mchr D machen können. Die Dinge sind noch vollkommen in der I Schweb«. Ein« Aussprache im Parlament hat sich auch aus D bestimmten außenpolitischen Gründen und vor allem deshalb, D di« neue Aktion der Re ich »re gierung in die- I ser Frag« nicht zu stören, von selbst verboten. Inzwischen ist di« Reichsregierung, wie wir bereit» mit- I geteilt haben, nun mit Vertretern der Industrie in Fühlung I getreten, um ein« Klarstellung über ihre Absicht herbelzufüh. I en. Vas war notwendig, nachdem ein« stark« Unruhe durch I )« Erklärung der „Deutschen Allgemeinen Zeitung Hervor st gerufen war, die, wenn sie die tatsächliche Auffassung der Ge- I mntiichusttte widergespiegelt hätte, di« Arbeiten der Regie- I ung in erheblichem Maße zu beeinträchtigen geeignet ge- I ueseu wäre. Maßgebende Vertreter der Industrie, nameot- Es ist also nicht mehr zweifelhaft, daß die Vereinigten Staaten durch die Teilnahme an den bevorstehenden Repa rationsoerhandlung«» «inen starken Druck int Sinn« der eng lischen Politik auf Frankreich ausüben werden, um di« fran zösische Regierung zur Aufgabe ihrer imperialistischen Son derpläne zu zwingen. Das friedfertige Europa wird diesen Entschluß freudig begrüßen. Nach den Erklärungen Clemen- ceaus und Poincarss ist nicht daran zu zweifeln, daß die französische Regierung es sich zehnmal überlegen wird, oh sie die Freundschaft Amerikas und Englands zum Opfer bringt, um ein paar Sonderwünsche der französischen Chauvinisten zu erfüllen, deren Behauptung durch bloße militärische Ge walt nicht einmal gesichert sein würde. In den Verhandlungen über eine etwaige große Anleihe der Vereinigten Staaten wird das Moment der Garantien natürlich eine große Rolle spielen. Eine wirkliche Garantie für erheblich« Summen, die dem deutschen Reiche zur Verfü gung gestellt werden, kann nur «ine Regierung übernehmen." welche die unbedingte Autorität besitzt, allen widerstrebenden Elementen die von ihr als richtig erkannte Wirtschaftspolitik nötigenfalls aufzuzwingen. Staatsbesitz, Goldzölle, ja auch Garantien, welche etwa die Industrie und die Landwirtschaft von sich aus geben würden, haben nur in -einem befestigten Staatswesen irgendeinen Wert. Der Vorwurf Bonar Laws, daß die frühere deutsche Regierung nicht versucht hätte, ein« vernünftige Wirtschaftspolitik durchzusetzen, ist in dieser Form nicht berechtigt. Wohl aber der, daß die Regierung nicht die Autorität aufzubringen vermocht«, sich allen wirt schaftszerstörenden Elementen gegenüber durchzusetzen. Versagt die Kraft d«r verantwortlichen deutschen Regie rung, so werden die ohnehin drohenden Pläne einer auslän dischen Kontrolle wieder auftauchen, dann werden di« ameri kanischen Danken darauf dringen, daß die Regierungen der Entente die Garantie für die Anleihe übernehmen. Eine Verantwortung aber kann man nur tragen, wenn man gleichzeitig in di« Lage versetzt wird, den notwendigen Ein fluß auszuüben. Immer wieder muß man also auf die Dringlichkeit einer sofortigen Regelung unserer innerdeut schen Verhältnisse Hinweisen. Dor neuen deutschen Vorschlägen. Deutsche Einstellung auf den Umschwung in Washington. Bersin, 16. Dezember. Der Reichskanzler wird am Sonn abend die Führer der Parteien empfangen, um mit ihnen die Lage zu besprechen, di« durch den Abbruch der Londoner Konferenz entstanden ist. Der Reichskanzler hatte im Lauf« de» Frettag ein« ein gehend« Besprechung mtt Staatssekretär a. D. Bergmann gehabt, der über Pari» und dem Haag nach Berlin zurückge- kehrt ist. Staatssekretär Bergmann hatte im Laus« des Ta- ge» wettere Besprechmrgen mtt dem Reichsftnanz- Minister, dem Reichswirtschaftsmimster und dem Außen minister gehabt, vorläufig ist beabsichtigt, außer mit d«n Führern der Parteien auch noch eivgehend« Besprechungen mtt Sachverständigen au» der Industrie, den Danken, au» dem Handel und der LmGwirtschast zu veranstalten, wobei die Frage erörtert werden soll, inwieweit di« deutschen Vorschläge, di« in London überreicht wurden, für die am 2. Januar stattfindenden Beratungen ergänzt werden können. Da« Material, da« Staatssekretär Bergmann mitge bracht hat, wird sich nicht nur auf di« Londoner Konferenz, sondern auch auf Besprechungen bezogen haben, die zwi- schen der Kriegslastenkommission und der R«parationskom- Uion stattgch^ hab«. Wadrsthckntich «v» d» dm bei Abholung in der Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher teil <ZIm. Mosse 14s 80.— Mk. die Saespaltrne Zeile. ^Sei Wird« btdoten Mark 370.—. Störung des Betriebes der Zeitung oder der Besörderungsetnrich- Holungen Nachlaß nach feststehenden Sätzen. — Amtliche Anzeige» tungen — Hal der Bezieher keinen Anspruch aus Lleserung oder die 3ge>paltcne Zeile. 60.— Mk. — Für bestimmte Tage oder Platz Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises, wird keine Gewähr geleistet. — Erfüllungsort Bischofswerda