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DerLSchW-LrzMrr M7crge.Secrtt>^ Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags -Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag de» Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 menls Tatsache^ w!cken. Dafür werden chnm «e LGevoten immer noch fie- Ein Kabinett der Arbeit! (Bon unserem Berliner Vertreter.) Das Kabinett, das der Generaldirektor der Hamburg» Amerika-Linie, Cuno, zu bilden im Begriff ist, soll nach seinem eigenen Ausspruch ein „Kabinett der Arbeit" sein. Cuno lehnte die Formel eines Kabinetts der „Persönlichkei ten", der „Köpfe", der „Männer" ab. Für ihn gilt die For- mel des „Kabinetts der Arbeit"! Die Aufnahme des Auftrages der Kabinettneubildung durch Cuno ist mehr noch bei den Wirtschaftskrisen als bri den Parteien günstig gewesen. Die politische Einstellung dieses Mannes spielt angesichts seiner wirtschaftlichen De» " deutung eine untergeordnete Rolle. In der Tat ist auch Cuno in seiner politischen Einstellung eigentlich keiner Par» tei verschrieben. Es hat gar keinen Aweck, darüber zu U orakeln, welcher von zwei Parteien, die mit der Persönlich» I keit Cunos rn Verbindung gebracht werden, er ifr der Tat zu gehört. Cuno ist Katholik, neigt wiederholt tn sei nen politischen Meinungen, die er ober nie nach außen hin zu vertreten Gelegenheit hatte, dem Zentrum zu. Nach der Revolution wurde er jedoch eingeschriebene« Mitglied der Deutschen Dolkspartei. Beim Kapp-Putsch stieß er sich an der schwankenden Haltung, die die Ortsgruppe der Deut» li schen Dolkspartei in Hamburg eingenommen hatte und er ' erklärte seinen Austritt. Eingeschriebenes Mitglied de» ' Zentrums aber wurde er niemals. Cuno kam schon, als noch Trimborn Fraktionschef des Zentrums war, al» Kan- , didat für den Finanzministerposten in Frage. Da» Zen trum hat damals Cuno präsentiert, ohne sein« Kandidatur von seiner unmittelbaren Zugehörigkeit zur Partei ab- hängig zu machen. Man sah in Cuno einen aufrichtigen, dem Zentrum nahestehenden Mann, man schäßt« tn ihm di« l Persönlichkeit u. seine Befähigung. Und das allein war aus- I schlaggebend für den damaligen Vorschlag der Zentrums- s Partei. Cuno konnte sich zu jener Zeit nicht entschließen, ein I Ministeramt anzunehmen, da ihm di« Bast« der Regierung * für ein Arbeiten, wie er es sich dachte, nicht geeignet schien. Inzwischen hat Cuno als Generaldirektor der Hapag und als Nachfolger Ballinr — schon dies« Berufung hob ihn aus dem Kreis seiner Umgebung weit empor! — durch di« Tat bewiesen, daß er ein Mann d « r Lrü «lt ist. E» ist ihm in verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen, aus der Hamburg-Amerika-Linie, obwohl sie kein Gest» und kein« Schiffe zu bieten hatte, ein Unternehmen zu machen, do« den früher weit überragenden Norddeutschen Lloyd erheb lich überflügelte, wie da« ja auch schon in der Akttenbewer- tun« der beiden Unternehmen zum Ausdruck kommt. Luno hat er verstanden, durch Ausnutzung seiner ausgezeichneten ausländischen Beziehungen namentlich zu Amerika, mit dem gewiegtesten Chef eine» der größten amerikanischen Schiff- sahrt«unternehmen, mit Harriman, und seinem Konzern einen Vertrag abzuschließen, der von ganz außerordentlicher kür die künttiaen wirttchattlicken BeeiSkunoeu will dil del der Bildung des neuen Kabinett« streng an den von der Weimarer Verfassung vorgeschriebenen weg hasten weck«, daß er nämlich >m Einvernehmen mit dem veichspräfid«. Kn die ihm geeignet erscheinenden Männer avswilhst and dem Reichstag vorstellt, ohne vorher die .«sroftionea an» ihr» Zustimmung zn ersuchen. BMHolBwerüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Aufhebung der Anzeigensteuer zu stellen, um di« Dress« von dieser Last,zu entbinden. Abg. Bruhn (Dnatl.) berichtet über di« Verhandlungen des Ausschusses, der eine Ermäßigung der Steuer beschloßen hat. Er schildert die katastrophale Hage der Press«. Die Hauptschuld trage die ungeheure Höhe des Papierprstses. Gerade in der heutigen schweren Zeit brauche Deuffchland eine freie deutsche Presse. Der Ausschuß habe sein« Be schlüsse einstimmig gefaßt. Die Steuer für die Einnahmen von Anzeigen bei Zei tungen und Zeitschriften soll sich ermäßigen: bei der ersten Million Mark des innerhalb eines Kalenderoiertelsahres ver einnahmten Entaeldes auf v. H., bei der nächsten Million Mark um 1 v. H., bei der weiteren Million Mark aus 1»/, v. H., von den darüber hinaus gehenden Beträgen aus 2 v. H. Bei der Herausgabe mehrerer Zeitungen oder Zeitschriften ist für die Ermäßigung jede Zeitung und Zeitschrift geson dert zu behandeln. Cs folgte die erste Beratung eines Gesetzentwurfes zur Abänderung des Gewerbegerichtsgesetz««, der entsprechend der Geldentwertung die Zuständigkeit der Kaufmannsge- richte erweitert. Die Vorlage wird angenommen. Die neue Geschäftsordnung des Reichstagen Die zweite Lesung der Geschäftsordnung de« Reichs tages wird darauf fortgesetzt. Abg. Ledebour (bei keiner Fraktion) wirft den Parteien vor, daß sie es mit ihrer Reform nicht ernst meinten. Er beantragt Zurückverweisung der Vorlage an den Ausschuß. Abg. vr. stahl (D. vp.) bittet dringend, die Vorlage nicht zu verschleppen, sonder zu erledigen. Er fordert eine Klarstellung des Begriffs „Sitzungsperiode", damit nicht alte Ladenhüter von gesetzgeberischem Material dauernd weiter geschleppt werden. Abg. stoch (Dem.) kündigt neue demokratische Anträge an, wonach unwesentlichere Vorlagen nicht am Plenum ge langen, sondern im Ausschuß erlchigt werden sollen. — Der Antrag Ledebour auf Hirückverweisung der Vorlage an den Ausschuß wird abqelehnt. Es folgt die Einzelberatung. Es wird beschloßen, daß die Fraktionen aus mindesten» 18 Mitgliedern bestehen sr.llen. Abg. Schultz-Bromberg (Dntl.) begründet einen Antrag, wonach der grwähtte Reichstagspräsident mit seiner Wahl von selbst aus der Fraktion ausscheidet, der er angehort. — Nach kurzer Aussprache wird der Antrag Schultz abgelehnt. Die Ausschüße de» Reichstage». Der Reichstag beschließt weiter, 15 Ausschüße «inzu- setzen und zwar: 1. für die Wahrung der Rechte der Volks vertretung; 2. für auswärtige Angelegenheiten; S. für die Geschäftsordnung; 4. für Petitionen: 5. für den Reich«- haushalt; 6. für Steuerfragen; 7. für die Rechnungen; 8. für Volkswirtschaft; 9 für soziale Angelegenheiten: 10. für Devölkerungvpolitik; 11. für Wohnungswesen; 12. für Bil- dungrwesen; IS. für Rechtspflege; 14. für Beaintenange- legenheiten; 18. für Verkehrsangelegenhetten. Für einzelne Angelegenheiten kann der Reichstag Sonderausschüße be stellen. Der Antrag Brodaus mitt» abgelehnt. — Das Hau» ver» tagt sich aus Sonnabend, 12 Uhr. — Gesetzentwurf zur Ab änderung de« Branntweinmonopol«, Verbilligung de« Branntweins für wissenschaftlich« Institute, Detterberatung der Geschäftsordnung. Die englischen Wahlen! von unserem außenpolitischen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Vas Er! «ine Überrasri di« Ding« nS Deutscher Reichstag. Bettln, 17. November. Di, Sitzung wird um 2Z0 Uhr eröffnet. Zuerst kommt der Antrag -er «st sveutfchnat.) auf Aufhebung der »«-«igensteuer mr Dera- ttmg. Di- schwere Krisis, in der sich di« deutsche Preße de- findet, bot die Deuttchnationaien veraytaßt, den Antrag auf hen Wahlen hat vielfach al« nb doch konnte derjenige, der der die englischen Sttmmun- I« konnte, von dem jetzigen ein. Zuvor muß gesagt wer- ahlergednt, ein typische» Zeichen in«r Partei wird, wenn welchem Schicksal «ine . , wenn sie sich spaltet und splittert! Di« Partei Lloyd George», di« sich mm national^iberal nennt, ist zu einer bedeutungslosen Gruppe von knapv fünf zig Mandaten unter über sechshundert Sitzen herabgefunken. vk «»ouichÄberalen erhielten wenig mehr ab» fünfzig Sitze. Di« beiden liberalen Gruppen zusammen werden also sechsten Le» de» neu«, englischen Paria» Freilich wächst ihre Bedeutung durch di« h die Konservativen allein nicht regieren zwischen Deutschland und Amerika ist. Cuno ist es gelun gen, auch unmittelbare Beziehungen zu dem Präsidenten Harding aufzunehmen, und man erinnert sich, daß sein Name eine Zeitlang gerade um deswillen an erster Stelle für den Kandidaten des Botschafterpostens in Washington genannt worden war. Daß Cuno ein Mann der Arbeit ist, und daß die Arbeit, die er in Angriff nahm, von Erfolg begleitet war, zeigt seine Tätigkeit, die er schon als Beamter unter dem alten Regime ausübte. Er kam schon früher in den Reichsdienst, und zwar in das Reichsschatzministerium und betätigte sich dort als ein gründlicher Bearbeiter und Kenner der schwierigsten Steuerfragen. Die Wertzuwachssteuer ist sein ganz besonde res Werk und ihrer Ausdeutung hat er sich in nachdrücklicher Weise durch Abfassung von Schriften, die eine überragende Bedeutung behalten werden, gewidmet. Im Kriege be tätigte er sich als Organisator im Kricgsernährungsamt und in der Reichsgetreidestelle, um dann später, nach dem Zu sammenbruch, die Entschädigungsfragen für die Schiffahrt zu behandeln. Cuno hat nach der Revolution entschlossen die Konsequenzen gezogen, und von Anfang an all seine Kraft eingesetzt, um die Dinge wenigstens soweit in Händen zu behalten, daß das. Reich ohne noch größeren Schaden aus der furchtbaren Lage sich herausarbeiten konnte. Cs ist klar, daß ein Mann von der Vergangenheit Cu nos und eine Persönlichkeit, die gerade durch ihre Arbeit nach dem Kriege so gewaltige Leistungen und Erfolge aufzuwei sen hat, schon immer die Blicke der leitenden Männer auf sich zog. Das war nicht allein in Politik, sondern vor allem auch nn Wirtschaftsleben der Fall. Wirtschasts-, Finanz-, Han dels-, Industrie- und Bankkreise, nicht zuletzt aber auch die Diplomatie, soweit sie real eingestellt und nicht in den alten Dogmen und Traditionen verknöchert ist, begrüßen die Wahl Cunos, wobei es nichts verschlägt, daß die Erwartungen na mentlich der Finanzwelt sich in sehr materieller Richtung hin bewegen. Erhofft man doch von Cunos Außenpolitik eine engere Verbindung mit England und Frankreich, al« das unter den gegenwärtigen Verhältnissen und -ei der Politik des Kabinetts Wirth, die sich nach dem Rapallo-Vertrag mehr nach dem Osten orientiert hatte, der Fall war. Die Tatsache, daß ziemlich erhebliche Rückgänge der Devisenkurse an der Börse bei der Nachricht von der Berufung Cimo« zu merken waren, deutet weiter an, daß die Hoffnungen auk di« Besserung der Mark in den beteiligten Kreisen günsti ger beurteilt werden, als das bisher der Fall war. Es wird nun alles darauf ankommen, ob da« Kabinett der Arbeit, das Cuno plant, auch wirklich zustande kommt, ob die poli tischen und insbesondere parteipolitischen Bedenklichkeiten und Kleinlichkeiten nur endlich einmal lchmsiqen, und ob man freie Dahn schafft dem Manne und den Männern, die berufen sein sollen, mit die schwersten Aufgaben zu lösen, die der deutschen Politik und der deutschen Wirtschaft je gestellt worden sind. Noch unbehobene Schwierigkeiten. Berlin. 18. November. (Drahtb.) Geheimrat Luvo wurde gestern nach feiner Rückkehr au» Hamburg zunächst vom Reichspräsidenten empfangen. Hierauf nahm er die Verhandlungen über die Neubildung des Kabine«, wieder auf. und zwar zunächst mit den Führern der Zentrumspar- lei. Daß er da« Zentrum zuerst zu fick gebeten hat. erklär» sich daraus, daß hier der wichtigste widerstand ,u überwin den ist. überhaupt lauten die Heuflgen Berichte der Blät ter über die «abinett-bstduna nicht mehr so optimistisch wie gestern, da die Gegensätze zwischen den einzelnen ssraftioaen wnner noch vorhanden find: Avlebuag der großen Koalition durch die Sozialdemokratie. Ab lehnung ein« nicht au» der großen Koalition bestehen den Kabinett, durch die V-u»sch- Volk,parket und Verharre« de, Zentrum» auf der von der Arbeit», gemeinschaft ausgestellten Aorbenmg noch der «roßen Koalition. heimral Luno. der sehr optimistisch zu sein scheint, kn Schwierigkeiten dadurch begegne«, daß er sich — ung de, neuen Kabine«» streng an den von der « Verfassung vorgeschriebenen weg haste» «eG-, vämflch im Einvernehmen mit dem Reich«r«stden. Tagesschau. * In der Frag« der Neubildung des Reichskabinetts be stehen immer noch die Gegensätze zwischen Deutscher Volks partei, Zentrum und Sozialdemokraten. Dr. T»no will da her das Kabinett lediglich im Einvernehmen mit dem Reichspräsidenten bilden, ohne vorher die Parteien um ihre Zustimmung zu ersuchen. Die Reparationskommission beabsichtigt auf die deutschen Vorschläge zu Anfang nächster Woche eine Antwort zu er teilen. Sollte bis dcchin das neue Kabinett noch nicht gebil det sein, so wird sie vom bisher noch amtierenden Mini sterium entgegengenommen werden. In der französischen Kammer fand am Freitag die In- tcipellationsdebatte über die Reparationspolitik statt. Poin- cars sagte, Frankreich könne nur eine Lösung annehmen, die seine Stellung als beherrschender Gläubiger sichere. Es könne auch auf seine Pfänder nicht verzichten. * Der neu« sächsische Landtag wird am 1. Dezember zu- smnmentreten. * Das Endergebnis der Wahlen zum englischen Unter haus ist eine Verstärkung der konservativen Mandate zur ab soluten Mehrheit. Der Sultan der Türkei hat sich am Freitag unter Be gleitung des englischen Botschafters auf ein englisches Kriegs schiff geflüchtet, da er sein Leben in Gefahr erachtet. Nach einer Meldung aus Konstantinopel ist der Präsident der tür kischen sozialistischen Partei Hussein Hilmit-Ben ermordet worden. Zu den mit " bezeichneten Meldungen finden die Leser aus- ührlicher an anderer Stelle. Erschetnungomeis«: Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. Le»ug'_pret«: Bei Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mk. 177.— bei Zustellung In, Haus monatlich Mk. 185.-, durch dis, Post bezogen monatlich Mk. 185.- mit Zustellung-g-biihr. ^e Postonstaltrn, Dostboten, sowie Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle des Blatte« nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Konto: Amt Dresden Str. 1SL1. Gemeinde« verbandsgirokaflc Bischofswerda Konto Nr. 64. 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