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- Erscheinungsdatum
- 1922-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192209298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19220929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19220929
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-09
- Tag 1922-09-29
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Monat
1922-09
-
Jahr
1922
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traben sie erst und lagen dann In wetten Gckkoppfätzen davon. Der Grund dafür, warum da« Reh nur im Anian« trabt, wird von dem Verfasser darin gesucht, daß di« Rehe beim Troll den -al« stet» angezogen haben. Nur mit anqezogenem Halse können sie aber den Schrecklaut hervorbrinaen, der sich ihnen bei Gefahr entringt. Da« Reh zieht also, wenn e» er schreckt wird, instinktiv den Hal» ein, läßt den Schreckruf hören und füllt dabei notwendig in Trab, erst dann streckt e» den Hals weit au» und nimmt nun di« Stellung für den Ga lopp an. Beim Edelwilde ist im Gegensaß zu den Rehen ge- rade der Trab die häufigste Gangart. Bei der gerimMen Stö rung springt es mit kurzen Sätzen davon, während der volle Salopp erst im Augenblick der höchsten Not einsetzt. Dann werden meterhohe Hindernisse und Gräben von .8 Meter Breite mit Leichtigkeit genommen. Da» Edelwild, dessen Witterung so fein ist und das im Menschen seinen Verfolger so gut kennt, befindet sich eigentlich immer in einem gelinden Trab; nur des Nachts oder bei voller Sicherheit im dichten «stütz» s«h«n haben, um sich ein« Vorstellung von der Raserei machen zu können, die diese kleinen Geschöpf« im Kampf« beseelt, der wenn er «ttcht von dritter Seite gewaltsam unterbrochen «erd seinen Absthluß erst dann findet, wen» wenigsten» einer der mutigen Streiter sein Leben «inaebüßt bat. Richt selten «er den wohl zwei Leichen auf der WahOatt liegen bleiben. WkUA^u-k^Ui, «ine« Regenwurm« ober Engerling« abm ober auf de« Pfade der Minne aneinander geraten, zu eingefleischten Leu« feln, M wahrhaften Darrn der stntenoelt. Sie ltürzen mit solcher Wut und so ritzkstcht^o» üb-wiuanber der, da- sie selbst die Gegenwmt de» «ensechn vollstörbst, ignoriere« und dicht »or Kien »übe« »ich h-rmndai««. krampfhaft >M den kurzen muskuläsen und schaufelbewahrten AmUben strwn- w bn «chrM dckher. Sm Trckb aeht 1>« «del- dnmgvsuche. aber nach eingenommener Mahlzeit r mttvöllem Magen Schritt für Ochrstt durch» Schwarzwild befindet sich fast immer in einem so- genannten Saugeöopp, der »wischen Trab und vollem Galopp di« Mitte hält. Dabel kommt »»sehr schnell vom Recke. Da» Schwarzwild läßt sich ja überhaupt nur ganz selten am Tage sehen und macht lieber einen groben Umweg durch dichtesten Wald nach dem Fra-platz, als da- e» über eine Lichtung gehen würbe. — stämpfende Maulwürfe. Es dürfte ziemlich allgemein bekannt sein, da- der Maulwurf ein unersättlicher Fresser ist, der kaum eine Stunde leben kann, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Weniger bekannt ist es wohl, daß die Maulwürfe große Raufbolde sind. Da diese Tiere da» Licht scheuen, nur ausnahmsweise auf der Erdoberfläche sich blicken lassen und dann nur an ganz schattigen, versteckten Plätzen, so wird dem Beobachter selten Gelegenheit gehoten. ihre Ge- Aus dem Kapitel „Bismarck" der Erinnerungen Kaiser Wilhelms ll. „Ereignisse und Gestatten" aus den Jahren 1S7S—ISIS. II. Trotz mancher Verschiedenheit unserer Auffassungen blieb der Fürst mir freundlich und gewogen, und trotz dem großen Altersunterschiede bildete sich ein angenehmes Verhältnis zwischen uns, da ich, wie die ganze Generation, ein glühender Bewunderer des Fürsten war und durch meinen Eifer und meine Offenheit sein Vertrauen gewonnen hatte und es nie mals getäuscht habe. Während des Kommandos zum Auswärtigen Amt hielt mir u . a. Geheimrat Rnschdau Borträge über Handels politik, Kolonien usw. Dabei wurde ich schon damals aus unsere Abhängigkeit von England aufmerksam, die darauf beruhte, daß uns eine .Flotte fehlte und Helgoland in englischen Händen mar. Man beabsichtigte zwar unter dem Druck ^er Notwendigkeit eine Erweiterung der kolomalen Erwerbungen, aber alles konnte mir mit Er laubnis Englands geschehen. Dar war schwierig und für uns eigentlich unwürdig. Das Kommando zum Auswärtigen Amt hatte für mich eine große Unannehmlichkeit gezeitigt. Meine Eltern stan den i.em Fürsten Bismarck nicht sehr freundlich gegenüber und verdachten es dem Sohne, in seine Kreise eingctreten 'zu sein. Man befürchtete Beeinflussung gegen die Eltern. Hyborkonfsrvativismus und wie die Gefahren alle hießen, die von Ohrenbläsern aller Art aus England wie aus „liberalen. Kreisen", welche im Vater ihren Hort erblickten, gegen mich angeführt wurden. Ich habe mich niemals auf solche Dinge eingelassen. Aber die Stellung im Eltenhause ist mir da durch recht erschwert und manchmal peinlich gestaltet worden. Ich habe wegen meines Arbeitens unter dem Fürsten und meiner oft auf die schwersten Proben gestellten Diskretion für den Kanzler in der Stille recht Schweres zu tragen ge habt; der Fürst fand das anscheinend ganz selbstverständlich Zum Grasen Herbert habe ich gute Beziehungen gehabt. Er konnte ein lustiger Gesellschafter sein und verstand es, interessante Männer um seinen Tisch zu sammeln, die zum Teil aus dem Auswärtigen Amt, zum Teil aus anderen Kreisen stammten. Aber zu einem wirklichen Freundschafts verhältnis ist es zwischen uns nicht gekommen. Das zeigte sich besonders, als beim Ausscheiden seines Vaters auch der Graf seinen Abschied forderte. Meine Bitte, er möge doch bei mir bleiben und mir helfen, die Tradition in der Politik fortzuführen, erfuhr die scharfe Erwiderung: Er sei nun einmal gewöhnt, nur seinem Vater vorzutragen und Dienste zu leisten; man könne unmöglich von ihm verlangen, daß er mit der Mappe unter dem Arme bei jemand anders zum Vor trage antrete als bei seinem Vater. Als der nun ermordete Zar Nikolaus II. großjährig wurde, erhielt ich auf Antrag des Fürsten Bismarck den Auf trag, dem Goßfürsten Thronfolger in Petersburg den Schmarren Adlerorden zu überreichen. Sowohl der Kaiser wie der Fürst belehrten mich über die Beziehungen der Län der und Häuser zueinander, wie über Sitten, Personen usw. Der Kaner bemerkte zum Schluß, er gebe seinem Enkel den selben Rat mit, den ihm als jungem Mann seinerzeit bei seinem ersten Besuche in Rußland Graf Adlerberg gegeben habe: „Im übrigen liebtRnan auch hier wie anderswo das Leb mehr als den Tadel." Der Fürst endigte seine Infor mationen mit der Bemerkung: „Im Orient sind alle Leute, die da? Hund außerhalb der Hase tragen, anständige Men- 'ch;n 'o a!d sie es hineinstecken und noch einen Halsorden dazu babm und es Schweinehunde." Don Diersburg aus habe ich wiederholt meinem Groß vater mK dem Fürsten Bericht erstattet. Selbstverständlich schildere 'ch nach bestem Wissen die Eindrücke, die ich em pfing. Es war mir vor allem klar geworden, daß die alten russo-preußischen Beziehungen und Geüstle doch stark erkaltet und nicht mehr in deut Maße vorhanden waren, wie der Kaser und der Fürst in ihren Gesprächen es vorausoeseßt hatten. Nach meiner Rückkehr bin ich von meinem Großvater und auch vom Fürsten für m ine 'chlichte. klare Berichterstattung belobt worden, was um soersreulicher stir mich war, alsmich dasGefühl bedrückte, daß ich in manchem die hoben Herren hatte enttäuschen müssen. Im Jahre 1888. Ende August, Anfang September, nach der letzten Gasteiner Zusammenkunft Kaiser Wilhelms des Großen und Bismarcksmit Kaiser Franz Joseph, bei der ich auf Beleb! meines Großvaters zugegen war, wurde mir der Auftrag zuteil, dem Kaller Alerander IN. persönlich Mittei lung von den Absprachen in Gastein zu machen und mit dem Zaren die das MiNelm.eer und die Türkei betreffenden Fra gen zu behandeln Der Fortt oab mir seine Instruktionen, die vom Kaiser Wilhelm lanttioniert waren. Sie betrafen besonders den Wunsch Rußlands, nach Stambul zu geben, - dem der Fürst keine Schwierigkeiten beresten werde; ich er- biest im Gegenteil den direkten Auftrag, Krmstantinovel und die Dardanellen anzubieten lSan St-lana, Berliner Kongreß allo fallen gelassen!). Es war beabsichtigt, die Türkei freund schaftlich davon zu überzeunen. daß eine Verständigung mit Rußland auch für lle u ünschcnsmert lei. Ich sand sreuudlichk Aillnabme beim Zaren in Brest- Litowsk und nahm an den dortigen Trupvenschouen, Armie rung?- und Verteidgungsübungen ulw. teil, die schon un zweifelhaft ein antideutsches Gesicht trugen. Al» Ergebnis der Bespräche mit dem Zaren ist die Be merkung des letzteren von Bedeutung: „Wenn er Stambul haben wolle, werde er es sich nehmen, wann e» ihm passe; der Erlaubnis oder Zustimmung des Fürsten Bismarck be dürfe er dazu nicht." Nach dieser schroffen Ablehnung de» Bismarckschen Angebotes von Stambul sah ich meine Mis sion als gescheitert n. Ich faßte meinen Bericht an den Fürsten entsprechend ab. Der Fürst muß, als er sich zu dem Angebot an den Za ren entschloß, seine politische Auffassung, die zu San Stefano und zum Berliner Kongreß geführt hatte geändert haben, oder er hielt, durch die Entwicklung der allgemeinen politi schen Lage in Europa veranlaßt, den Zeitpunkt für ge kommen, die politischen Karten ander» zu mischen, oder, wie mein Großvater gesagt hätte, anders zu „jonglie ren". Das konnte sich nur ein Mann von der Weltgeltung und von den staatsmännischen und diplomatischen Maßen des Fürsten Bismarck erlauben. Ob der Fürst gar sein gro ßes politisches Spiel mit Rußland von vornherein so ange legt hatte, daß er mit dem Berliner Kongreß zunächst einmal e!»en allgemeinen Krieg verhindern und England streicheln wollte und zu diesem Zweck die russischen Orientaspirationen erst einmal behinderte mit dem genialen Vorsatz, sie später um so augenfälliger herbeiführen zu helfen, vermag ich nicht zu entscheiden: denn seine großen politschen Konstruktionen twb der Fürst niemandem preis. Dann hätte er in dem star- ken Selbstvertrauen auf feine Staatskunst daraus gerechnet, uns bei Rußland um so beliebter zu machen, weil die rufst scheu Aspirationen allein von Deutschland erfüllt würden, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem die allgemeine poli tische Situation in Europa weniger gespannt war als 1877/78. Wenn dem so wäre, so hätte niemand außer dem Fürste.. Bi'maick selbst dieses großartige Spiel erfolgreich zu Ende spielen können. Darin lieat die Schwäche der Vor züge großer Männer. Hatte er auch England über sein An gebot an den Zaren informiert. Dieses mußte dagegen sein wie anno 1878. Jedenfalls nahm der Fürst nunmehr die Politik auf. die mir schon damals vorgeschwebt hatte, als ich die Enttäuschung der Russen, die vor Stambul standen und nicht hineingelassen wu-den, erfahren hatte. Ich konnte in Brest-Litowsk bei den andauernden mili tärischen Veranstaltungen aller A-t sehr wohl beobachten, daß das Verhalten der russischen Offiziere mir gegenüber we sentlich kühler und hochmütiger war als bei meinem ersten Besuch in Petersburg. Nur die kleine Zahl alter Generale, zumal bei Hofe, welche noch aus Alexanders II. Zeit stamm- ten und mit Kaiser Wilhelm dem Großen bekannt und ihm zugetan waren, trugen ihre Ehrfurcht für ihn und ihre Deut schenfreundlichkeit noch zur Schau. Bei einem Gespräch mit einem von ihnen über die Beziehungen der beiden Höfe, Ar meen und Länder zu einander, die ich als in Änderung ge gen früher begriffen fand, sagte der alte General: „Daran ist dieser abscheuliche Berliner Kongreß schuld! Der war ein schwerer Fehler des Kanzlers. Er hat die alte Freundschaft zwischen uns zerstört, Mißtrauen in die Herzen des Hofes und der Regierung gepflanzt und die Überzeugung ausgelöst, daß man der russischen Armee nach dem blutigen Feldzug oon 1877 ein schweres Unrecht zugefügt hat, für das sie nun Vergeltung will. Und nun halten wir mit dieser verwünsch ten französischen Republik zusammen, die voller Haß gegen Deutschland ist und erficht von Umsturzideen, die uns im Falle eines Krieges mit Ihnen unsere Dynastie kosten wer den." Eine prophetische Voraussage des Unterganges des russischen Herrscherhauses! Don Brest begab 'ch mich nach Straßburg, wo mein Großvater zu n Kaisermanöver weilte. Trotz dem Scheitern meiner Mission fand ich eine ruhige Beurteilung der politi schen Lage vor. Mein Großvater freute sich über die herz lichen Grüße des Zaren, die wenigstens im persönlichen Ver hältnis der beiden Herrscher keine Veränderung zeigten. Zu meiner Überraschung erhielt ich auch vom Fürsten Bismarck ein Schreiben, in welchem er mir Dank und Anerkennung für meine Tätigkeit und meinen Bericht aussprach. Dies be deutete um so mehr, als meine Ausführungen meinem Groß rater und dem Kanzler nicht angenehm sein konnten. Der Berliner Kongreß hatte, zumal in den russischen Militärkrei sen, die Reste der bei uns noch gepflegten Waffenbrüderschaft beseitigt und einen durch den Verkehr mit dem französischen Offizierkorps geschürten Haß gegen alles Preußisch-Deutsche erzeugt, der oon den Franzosen zu dem Wünsche nach Rache durch die Waffen gesteigert wurde. Das war der Boden, aus dem später der Weltkriegsgedanke unserer Gegner Nahrung finden konnte: „klevUnoke paur 8eckan" vereint mit »Re vanche pour San Stekano." Die Wort« de» alten General» in Brest sind mir unvergeßlich geblieben und haben mich zu den vielen Zusammenkünften mit Alexander III. und Niko laus II. veranlaßt, bei denen mir die von meinem Großvater auf dem Sterbebett ans Herz gelegte Pfleg« der Beziehungen zu Rußland stets als Leitmotiv vor Augen stand. Im Jahre 1890 bei den Manövern in Narwa mußte ich dem Zaren di« Geschichte des Abganges de» Fürsten Bis marck genau schildern. Der Zar hörte mir aufmerksam zu. Als Ich geendigt hatte, ergriff der sonst sehr kühle und zurück haltende Herrscher, der selten über Politik sprach ganz spon tan mein« Hand, dankte mir für den Beweis meine« Ver trauens, bedauerte, daß ich in solche Lage gebracht worden sei und fügte wörtlich hinzu: „Ich verstehe vollkommen Deine Handlungsweise Der Fürst war trotz all seiner Größe schließlich doch nicht« andere«, als Dein Beamter oder Be auftragter. 8n dem Augenblick, wo er sich weigert«, nach Deinen Befehlen zu handeln, mußt« er entlassen werden. Ich meinerseits habe immer Mißtrauen gegen ihn gehegt und ihm niemals «in Wort von dem, wa» er mich rvtffen ließ oder er selbst mir sagte, geglaubt, denn ich wn-te «enau, da- er mich immer anführte. Für. die Beziehungen »wischen uns beiden, mein Neber Wilhelm, wird der Sturz de» Fürsten die besten Folgen haben. Das Mißtrauen wird schwinden: Ick) habe Vertrauen zu Dir. Du kannst dich auf mich »erlassen." Jch hab« mir seinerzeit diese» wichtig« Gespräch sofort aufge zeichnet. Ich bin objektiv genug, mich zu fragen, inwieweit die Courtoiste von Herrscher zu Herrscher und darüber hin aus vielleicht die Genuatun« über die Ausschaltung eines Staatsmannes von Bismarck« Bedeutung für di« vorstehende Äußerung de« Zaren bewußt oder unbewuyt mitbestiDmend war. Der Glaube des Fürsten Bismarck an da» Beetrauen des Zaren waren subjektiv zweifellos echt. Außer allem Zwei fel steht auch die Achtung, vi« Alexander M. vor dem staats männischen Können Bismarck» hatte. Jedenfalls hat der Zar bi« zu feinem Tod« » seinem Worte gehalten. An der allgemeinen Politik Rußland« hat da, zwar nicht viel geändert, aber vor einem Überfall von dort war Deutschland wenigsten« sicher. Der gerade Choral- ter Alexanders III. bürgte dafür — bei seinem schwachen Sohn wurde es ander». Man mag sich nun zu Bismarcks Russenpolitik stellen wie man will, da» eine muß gesagt werden, nömlich, da- der Fürst es trotz dem Berliner Kongreffe und der Amttlhieung Frankreichs an Rußland verstanden hat, Reibungen ernster Art zu vermeiden. Das bedeutet vom Berliner KongrH ab gerechnet ein Vverlcgcnek diplomatisches und stoatsmimni- 'ches Spiel übei 1L Jahr« (1878—189V). Man wird auch hervorbeben muffen, daß es ein deutscher Staatsmann «ar, der >878 eine:; allpomeinen Krieg verhinderte uttd dafür so- goe di » Beziehungen Icrtschlands zu Rußland schwächte im berechtigten Vertrauen darauf, daß e» seiner genialen ziel sicheren Staarskunst gelingen würde, sie nach Überwindung der allgemeinen Krisis wieder zu stärken oder wenigsten« Konflikte zu vermeiden. Das ist ihm 12 Jahre lang und sei nen Nachfolgern am Staatsruder weitere 24 Hahr« gelungen. Bon der Parteipolitik hab« ich al« Prinz mich.absichtlich fern gehalten und mich ganz auf meinen Dienst in den ver- schii denen Waffen, denen ich zugeteilt wurde, konzentriert. Vieser gewährte mir Befriedigung und füllte mein Leben aus. Deshalb ging ich al« Prinz von Preußen allen Bemü hungen au« dem Wege, mich In da» politisch« Partetaetriebe zu zerren. Häufig genug wurde es versucht. Mich unter dem Deckmantel harmloser Veranstaltungen, Tee« und dergl. für politische Zirkel oder für Wahlzwecke «tNWfangen. Ich habe mich immer zurückgehalten. Der Verlauf der tückischen Krankheit, di« den Kaiser Friedrich Hl. dahinraffte, war mir von deutschen Ärzten, di« als Experten von Sir Morell Mackenzie, dem englischen Arzt, hinzugezogen worden waren, ganz offen vorausgesagt wor den. Mein tiefer Schmerz und Kummer waren um so größer, als es mir fast unmöglich war, meinen heißgeliebten Vater allein zu sprechen. Er wurde von den englischen Ärzten wie ein Gefangener bewacht, und, während Reporter au» allen Ländern vom Ärztezimmer aus den armen Kranken beobach ten durften, wurden mir alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt, an meinen Baler heranzukommen oder mit ihm auch nur schriftlich in dauernder Verbindung zu bleiben; meine Briefe wurden ost aufgefcmaen und nicht abgegeben. Außerdem wurde aus dem Äewachungskreise eine infame, regelrechte Verleumdungskampagne aegen mich in der Presse geführt. Besonders taten sich zwei Journalisten hierbei her vor: ein Herr Schnidrowitz und Monsieur Jaques St. Ttr« vom „Figaro" — ein deutscher Jude —, der den späteren Kaiser jayrelang in giftigster Weife in Frankreich verleumde- te, bis ihm der Prozeß des „Petit Sucrier" den Hals brach. Die letzte Freude, die der sterbende Kaiser erlebte, konnte ich ihm durch den Dorbeimarsch der von mir persönlich dem Vater vorgeführten 2. Garde-Infanterie-Brigad« beresten. Es waren die ersten und letzten Truppen, welche Friedrich Hs. als Kaiser sah. Aus einem kleinen Zettel schrieb er seinem da- durch beglückten Sohne auf: Er sei dankbar für di« Freude, diese Truppen zu sehen, und stolz darauf, sie die seintgen nen nen zu können. Dieses Ereignis war «in Lichtblick sn den schweren 99 Tagen, die auch für mich als Kronprinzen viel Kummer, VRnütigungen und Verdächtigungen brachten. Ich beobachtete während dieser Krise pflichtgemäß wachsamen Auges alle Vorkommnisse in militärischen, Beamten- und Ge sellschaftskreisen und war innerlich empört über die Zeichen der Lockerung, die ich überall wahrnahm, vor allem aber über die sich mehr und mehr bemerkbar machende Feindschaft ae» gen meine Mutter. Auf der anderen Seite mußt« mich bi« andauernd gegen mich gerichtete Verleumdungskampagne, di« mich als mit meinem Vater im Zwiespalt befindlich schilderte, tief verletzen. Aus der Darstellung des Kaffer» geht die grundve?''ne- den« Wesensart hervor, die ibn von dem Titanen Bismarck trennte. Mag er auch der überragenden staatsmännischen Kunst Bismarcks die nötige uneingeschränkte Achtung und Bewunderung zollen, so klingt doch au« der ganzen varsiel- lunqsweife heraus, daß der Kaiser den Versuch machen möch te, die Politik des Kanzlers als überlebt und verfehlt, seine eigene dagegen als die einzig richtige darzustellen. E» braucht demgegenüber keiner großen kritischen Anmerkungen. E» ge nügt, auf die unheilvolle Entwicklung der deutfchen Politik hinzuweisen, die einfetzte, al» das staatsmännische Ruder nicht mehr In der starken Hand de« großen Meister« war. Wäre Bismarck nur einige Jahre nach Im Amt« gewesen, hätte di« Entwicklung einen anderen San« genommen und der blutige Weltkrieg wäre uns sicher erspart geblieben. In der Sonntag-Nummer werden wir mit der Deröffent- lichung des Kapitel» „Hohenlohe" beginnen, wettere Ab- chifttte soigen im Laufe de» Monat« Oktober.
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