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6MLrge- Lcrtt-»" Unabhängige Zeitung für alle Ständern Stadt und Lanv. DichtesteBerbreüung in allen Volksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt IS. — Druck und Verlag de Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. A D-rMW-FrM-r Bischof aerüaer jLinz^e Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Die» Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Äunlshaupt- mannschaft, der Schulinspektton und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. irrfcheinnnaoweife: Jeden Werktag abend- für den folgend. Tag. Aflngoprei«: Bet Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mt. 7LS0, bei Zustellung ins Haus monatlich Mk. 75.—, durch I'te Post bezogen monatlich Mk. 75.— mit Zustellungsgebühr. 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London. 10. September. Vie Reuter erfährt. Hot die britische Regierung ernevt vorgefchlagen. die Frage des Schuhes der Minderheiten au den Völkerbund zu verweisen. Ls wird darauf hingewiesen. dafz die au» dem griechisch-tür kischen Konflikt entstandene militärische Lage in keiner Weise die Ansicht der britischen Regierung bezüglich der allgemei nen Lage der Frieden» zwischen den Alliierten und der Tür- ktil berühren werde, und bemerkt, doch alle», war auch nurlmgeringstenMaßedie Freiheit der Meerengen anrühre, nicht zugelasseu werden werde. Die Frei heit der Meerengen fei einer der Punkte, um deren willen der Krieg mit der Türkei ausgefochten worden fei. Eine Preisgabe des Gewonnenen komme nicht in Frage. London. 10. September. In einem Leitartikel schreiben die „Times": Die türkischen Siege schürfen eine ganz neue Lage, und es erfordere die vereinigten Anstrengungen Frankreichs und Englands, um ihr gegenüberzutreten. Eine Gefahr anderer Art ergebe sich aus den Beziehungen der Kemalisten zu den Bolschewisten. Das Publikum werde an scheinend die inspirierte Erklärung begrüßen, daß sich die Re gierung auf nichts einlassen werde, was im geringsten Maße die Freiheit der Meerengen anrühre, und ebenso die sehr feste Sprache, in der diese Erklärung abgegeben sei. Nicht nur auf die Meerengen oder auf Anatolien würden die Ke malisten wahrscheinlich unzulässige Ansprüche stellen, sie wütz den vermutlich auch Konstantinopel und auch Ostthrazien'for dern. Diesen Forderungen müsse energisch entgegengetreten werden. Konstantinopel den Türken zu überlassen, hieße den Schlüssel zu den Meerengen aushändigen u. vstthrazien zurückzuerstattcn, würde die Herbeiführung eine» neuen Val- kankrieges bedeuten. Englische Truppen au den Dardanellen. vtb. Pari», 10. September. Petit Parisien meidet, es seien Telegramme eingegangen, wonach di« griechischen Be hörden in Bezirken an der asiatischen Küste des Marmara- meeres und der Dardanellen die Gegend verlassen hätten und durch englische Kontingente ersetzt worden seien. Die Nachrichten seien bisher noch ohne amtliche Be stätigung, aber das Blatt glaubt zu der Erklärung ermächtigt zu sein, daß, wenn sie richtig sein sollten, sie eine sofortige Entsendung französischer Kontingente in diese Gegenden zur Folge haben würden. Italienische Friedensbemühungen. vtb. Paris. 10. September, Der italienische Geschäft», träger hat am Quai d'Orsay ein Note seiner Regierung über reicht, in der diese die französische Regierung ersucht, sich mit ihr und der englischen Regierung zu verständigen und Ver treter zu einer Konferenz in Venedig zu entsenden, zu der auch Vertreter Griechenland» und der Türkei «ingeladen werden sollen. Die Konferenz soll bezwecken, die Grund - lm ganzen, werde verlangen können. Man ist weiterhin der Anficht, daß, nachdem die belgische Regierung alle» getan habe, um die Sache auf gütlichem Wege zu regeln, es fetzt an der Zeit sel, energische Maßnahmen zu er- greifen, um Deutschland zur Zahlung zu zwingen. Der Reichskanzler über die Verhandlungen mit Belgien. Berlin. 10. September. <W. T. B.) Der Reichskanzler Dr. wirtb hielt heute uachmlttag anläßlich eine» Empfanges de» Oberschlesischen hllfrbunde» beim Reichspräsidenten eine politische Ansprache, ln der er auf die außenpolitische Lage Deutschland», insbesondere aus das Reparattonspro- blem eingtng. Die tiefe Bedeutung der Reparationsfrage liege darin, den Gedanken de» Wiederaufbaues Europas und de« ganzen Welt au» den Händen der Rache- Politiker hiaüberzuschleben auf ein Gebiet, wo eine nüchterne, wirtschaftliche, rechnerische Erwägung die Vor- Herrschast habe. Trotz der gemachten Fortschritte werde die ser Gedanke mitunter wieder verdunkelt. So habe die bel gische Regierung eine Einigung in der Frage der Verlängerung der Schahwechsel vorläufig unmög lich gemacht, weil sie sich an den Buchstaben der LntschÄ- düng der Reparatiourkourmission klammere und erklärte, über die Lauffrist von sechs Monaten nicht hinan «gehen zu können, was helfen Deutschland aber Schahwechsel auf Die Orientkrise.. Während Mittel- und Nordwesteuropa durch die Repa- vationsfrage in Atem gehalten werden, wetterleuchtet durch ganz Südosteuropa und den nahen Orient der türtisch-griechi sche Konflikt. Allerdings find dabei nicht nur di« beiden mit einander Krieg sichernden Nationen Träger jener großen Auseinandersetzungen, sondern hinter den Kulissen spielen die Hauptmächte der Enteiste diplomatisch mit. Der Gegensatz zwischen England und Frankreich, der sich se nach der Lage mehr oder minder verhüllt in den Reparationskrisen aus drückt, wirst seine Schatten auch über Griechenland und Kleinasien. Dis gewaltigen Siege, die di« Türkei letzthin errungen Kat, sind der ganzen Welt ziemlich überraschend gekommen. Woher nimmt die Angvraregierung die Kraft, um den mit allen Mitteln der modernen Kriegstechnir Ausgerüsteten der artig katastrophale Niederlagen beizubringen? Inwieweit Kemal Pascha von den Franzosen unterstützt worden ist und weiter unterstützt wird, entzieht sich genauerer Kenntnis. Auch über das Zusammenarbeiten zwischen Angora und Moskau gibt es vielerlei Lesarten. Manches davon ist sicher lich in das Reich der Legende zu verweisen, aber man darf wohl armehmen, daß in der Tat die Unterstützung der natio nalen Türken durch fremde Mächte beträchtlich sein muß. Im Rausch des Sieges werden die Türken die inter nationalen Schwierigkeiten vielleicht unterschätzen und durch allzu kühne» Dorgehen ihren Sesamterfolg in Frage stellen. Denn sich ober Frankreich ins Mittel legen sollte, um die Engländer vor allzu großen Einbußen zu bewähren, io würde Poincar« wahrscheinlich von der Locchoner Regierung weitere Zugeständnisse an den französischen Standpunkt in der Reparationsfrag« verlangen. Die Türken in Smyrna. Pari». 10. September. (W. T. B.) Das Marinemiui- sterium empfing eine Depesche au» Smyrna, nach der Smyma durch die zweite türkische Savallerledivifion besetzt worden ist. die von Lhekzeki Bei befehligt wird. Alle» ver lief ruhig und ohne die geringste Inkorrektheit der türkischen Truppen. Die Forderungen der Kemalisten. Paris, 10. September. (W. T. D.) Ver Pariser Per- kreier der Regierung von Angora Achmed Ferid-Bel hat dem 3nlronfigeanl gegenüber erklärt, die Forderungen keiner Regierung für den Frieden seien dieselben wie vor drei Zäh ren: Konstantinopel. Adrianopel und Thra zien. sowie Entschädigung für den durch die Griechen an gerichteten Schaden. Die Kemalisten würden unter allen Umstände >ie Dardanellen in Besitz nehmen, welche Berlin. S. September. <W. T. B.) Die Besprechungen mit den Vertretern der belgischen Re^ecung in der Frage kzr Schahwechsel wurde beute zu Ende geführt; ein stbschlloßeudes Ergebnis wurde noch nicht erreicht, wäh lend fn wesentlichen Punkte» eine Einigung er,iE «erde« öouate, hat die Frage der Verlängerung der Lauf frist der Schahwechsel über sechs Monate hinaus Schwie rigkeiten ergeben, da diele Verlängerung nach Auffassung der belgischen Regierung über den Rahmen der Entscheidung der RHarationskommisslon hinausgeht. Die belgischen Ver- kreter werden morgen mittag nach Brüssel zurückreisen, um ihrer Regierung Bericht zu erstatten. Sie betrachten ihr dben umschriebener Mandat augenblicklich als beendet, was jedoch einer Wiederaufnahme der Verhandlungen nicht ieukgegeusteht. Wer sich von Anfang an klar darüber gewesen ist, was sott den heute beendeten deutsch-belgischen Verhandlungen für DeutscUand auf den- Spiele stand und warum es sich für ' Belgien Handelle, und wer in dem Wirrwarr widersprechen der, von hoffnungsvollem Optimismus bis zum grenzenlosen Pessimismus hin und her taumelnder Gerüchte sich den kla ren mck nüchternen Blick bewahrt hat, der wird über den Ausgang dieses Zwischenspiels nicht erstaunt sein. Der Ab bruch der Verhandlungen, das ist in dem amtlichen Kommu nique ausdrücklich betont, bedeutet mir eine Vertagung. Diese Vertagung war vorouszusehen, da es sich um derart verwickelte und so viele Einzelhellen umfassende Entschlüsse für beide Parteien handelte, daß nicht mit einer sofortigen Entscheidung zu rechnen war, selbst wenn man im Prinzip vbereinstimmte. Di« von der Regierung vorgeschlagene Ver längerung der Laufzeit der Schchzwechsel erscheint der belgi schen Regierung zwar grundsätzlich annehmbar, ober sie glaubt, daß sie und ihre in Berlin anwesenden Vertreter eine Entscheidung über eine solche Frage nicht treffen konnten, da sie über den Rahmen der Befugnisse der Reparattonskom- Mission hinasgehen würde. Welche innenpolitischen Gründ«, vor allem welche Zusammenhänge mit der gesamten Politik der Entente bei dieser Stellungnahme mitsprechen, läßt sich >-on hier aus nicht übersehen. Zweifellos spielen auch nach England hinüberweiseist>e Erwägungen dabei mit. Es wird non beiden Parteien heute betont, daß in wesentlichen Punk- !en zwar eine Übereinstimmung erziät worden sei. und daß nur formelle Gründe maßgebend sind, wenn heute ndch keine oidgültige Entscheidung gefallen ist. Auch für die Reichs regierung sind, wie wir hören, derartige formelle Gründe sehr bedeutsam und ihre Wichtigkeit wird auch von den Bel giern anerkannt. Die Tatsache, daß nach dem deutschen Vor schläge die Reichsbank als Garant austreten soll, und daß di« deutsche Industrie nun doch endgültig «inen Teil der Sicher- . heiten mit übernehmen soll, bedingt« langwierige gesetzgebe rische Vorbereitungen, die teilweise Änderungen der Reichs verfassung notwendig machen, und die insbesondere «inen gar nicht zu unterschätzenden Einfluß auf Deutschlands innere Politik haben müssen. Leider wird mit der Vertagung auch die ganze wirtschaft liche und politische Lage, die zukünftige Kräftigung der mit- ' teteuropäischen Wirtschaft und das gesamte Revaratton»pro- !blem von neuem in Unsicherheit uich Unentschiedenheit ge lassen. Während die belgische Delegation noch vor ihrer Abreise von Berlin den ausländischen Journalisten eine Mitteilung zugehen ließ, die sich mit der deutschen halbamtlichen Be kanntgabe über den Abbruch der Verhandlungen vollständig deckt und in weicher ebenfalls die Möglichkeit der Wiederauf nahme von Derhacrdlunqen betont ist, kommt über Paris eine Meldung über die Ausfassung der Lage in b elgischen Regie- , rungskreflen, die höchst alarmierend wirken muß. Wir geben (diese Meldung mit Vorbehalt wieder: ' Pari», 11. September. (Draktb.) 3n Brüssel saht man die Lage folgendermaßen zusammen: Vie belgische Regie- rvizg wird am Montag die Delegierten nach ihrer Rückkehr au« Berlin anhören und daraufhin sofort von der deutschen Regierung die Hinterlegung einer Goldsumme in eiuer von vier au »gewählten ausländischen vanken ver- ' langen und für den Fall, daß Deutschland dir» verweigern sollte, sofort der RSparattonskommission die gauze Sache unterbreiten, die daraufhin wahrscheinlich ein freiwillige» verschulden Deutschlands feststellen werde. 3n gewißen Kreisen ist man der Anficht, daß die Regierung vorläufig nur eia« Goldhinterlegung für die FüMgkeitvzahl.nngen vom 15. Millionen Goldmark! Truppen cuch^cymrr fichdort befänden. . sechs Monate. die im Februar nächste» Jahre», rvahrschei» sich in der schwierigste» Zeil. die Deutschland zu durchlaufe» haben wird, fällig werden? Roch einmal feien Ma politisch Erwägungen vor die ökonomische» getreten. Legtfchlant , und die deutsche Wirtschaft könnten jedoch nur trage«, «a- ! ökonomisch möglich sei. Bi» diese Erkenntnis sich la Svrap» durchgerunge» habe, müsse Deutschland alle staatliche En« gle aufbringen und in einem Zusammenwirken all« KrM von Rord und Süd al» eine einige Ration dH schwere Aufgabe meistern. 3m Vordergründe oll« deutsche, Sorgen stehe da» große Problem derErbaltv«, der deutschen Ration. Die Rede des Reickskanzl«» wurde von der Versammlung mit lebhaftem Beifall aufgtz nommen. Neue Drohungen PoinearLs. Paris. 10. September. (Doahtb.) Der Ministerpräsident Poincars hielt bei einer Feier zur Erinnerung an die Marge- schlacht in Meaux eine Rede, ln der er über die «eparotlana- frage u. a. sagte: wenn Deutschland sich den legitimen For- derungen Belgiens entziehen sollte, dann würde es in den Zustand der Verfehlung versetzt werden. L» würde uns dann nur noch übrig bleiben, von der Haadlnngs- freih eit Gebrauch z» machen, die wir nicht aufgegeben haben. Deutschland maß freiwillig oder gezwungen fei« Verpflichtungen erfüllen, wenn mao uus nicht bei unser« wiederherstellungsarbeit unterstützt, daun werden wir uns selbst helfen.