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, .'M ZStschosswerüaer ^ltlzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält Ne amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgericht», des Finanzamtes und des Stadtrate zu Bischofswerda. MÄ.ge.SccrLL-» Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 16. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 Erscheluuuamveif«: Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. Beyrgspreü: Bet Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mk. 2S.—, bei Zustellung ins Haus monatlich Mk. 2S.—, durch die Post bezogen vierteljährlich Mk. 78.— mit Zustellungsgebühr. 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Das Reichskabinett Kat dl seinen Dienstag-Beratungen, bi« mit Unterbrechungen den ganzen Tag dauerten mW sich über die nächsten Tage erstrecken wer den, zu dem Vorgehen der bayerischen Regierung bisher da- zu Stellung genommen, daß die rechtsiche Form der Mün chener Verordnung auf Grund der Weimarer Verfassung ju ristisch nicht halVar sei. Man sieht die Lage als sehr kritisch an, was auch schön darin zum Ausdruck kommt. Laß die in Urlaub befindlichen Minister Köster und Radbruch telegraphisch nach Berlin zurückgerufen worden find. Doch scheint die Regierung gewillt, die über- aus en^te Situation nicht durch übereilte Beschlüsse noch weiter zu verschärfen, zumal nicht nur ihre Skrtorität dem Inlands, sondern vor allem auch dem Auslande gegen über auf dem Spiel steht. Wie wir zuverlässig erfahren, wird sich die Reichsregie rung nicht mit einer blöken Antwort an München begnü gen, sondern ein ausführliches Gutachten anfertigea lassen, das darüber befinden soll, ob die bayerische Legierung mit ihrer Eigenmächtigkeit sich im Recht befand oder nicht. Der vorherrschende Eindruck im Kabinett ist der, das» die bayeri sche Regierung mit ihrem selbständigen Vorgehen und ihrer Nichtbeachtung der Entscheidungen der Reichsregierung eine gegen die Verfassung verstoßende Handlung begangen hak. Man scheint ferner im Kabi nett der lüberzeugung zu sein, daß an der Rechtsuugül- ti^kelk der bayerischen Verordnung kein Aweifel bestehen könne. Da» Mißfallen, das in den Augen der bayerischen Regierung das Reichsteseh zum Schuhe der Republik mit fei nen unangenehmen Rebengesetzen gefunden hat. dürfe kei nessall», so argumentiert man im Reichskabinett. eine Be gründung abgeben für jene Eigenmächtigkeit der bayerischen Staatsregierung. Eine solche Handlungsweise müsse die Verfassung aufhebeu, und die» hätte die bayerische Regierung folgerichtig annehmen müssen, als sie die eigene Verordnung herauÄrachte. Es fragt sich nun, in welcher Weise die Reichsregierung von ihren Rechten Gebrauch machen wird. Nach der Ver fassung (Artikel 48) kann der Reichspräsident das Gesetz auf heben. Auch der Reichstag kann das Ersuchen stellen, daß jene bayerische Verordnung für nichtig erklärt wird. Eine weiter« Frage ist die, ob der ReichsernShrungsminister Dr. Fehr nicht etwa dadurch in seiner Stellung erschüt tert ist, daß sich der Bayerische Bauernbund in deutlichster Weise gegen di« Reichsregierung erklärt und auf Seite der bayerischen Regierung gestellt hat. Es fehlt nicht an Stimmen, die eine ähnliche Lage für den deutschen Botschafter in Paris, Dr. Mayer, konstruieren, besten Partei, die Bayerische Dolksvartei, gleichfalls gegen die Reichsregierung und ihre Maßnahmen Front gemacht hat. Man wird annchmen müssen, daß die Klärung der überaus schwierigen Lage nichtvonhouteaufmorgen gefun den wird, sondern längerer Beratungen im Schoße des Äer- liner Kabinetts und im Anschluß hieran eines Meinungsaus tausches zwischen beiden Regierungen Bedarf. Es empfiehlt fick', inzwischen hüben uttd drüben kaltes Blut zu b «- r. " : > <> n und nicht unnütz neuen Zündstoff anzusommeln. Betonung der Neichstreue. . München, 26. Juli. Die offiziöse Kundgebung, in der dir bayerische Regierung in der „Bayerischen Staatszeitung" di« Verordnung erläutert, schließt mit den Worten: Die bayerische Gtaatsregierung legt bei ihrem Schritt größten Wert auf ihr Bekenntnis des unerschütter lichen Festhaltenr am Reich. Sk weist es ferner mit allem Ernst weit von sich, daß ihr Vorgehen irgendwie mit Bestrebungen in Verbindung gebracht wird, di« auf eine Änderung der verfassungsmäßig festgestellten republikani schen Staatsforw oder auf Herbeiführung der alleinigen Herrschaft irgendeiner Bevölkerungsklaste abziel«n. Di« bay rische Regierung verbürgt nach ihrer bisherigen Führung der Geschäft« die Aufrichtigkeit dieser Versiche rung. Eine Kundgebung der Demokraten. München, 25. Juli. (Wolff-Telegr.) Di« deutsch-demo kratische Sandtagsfraktion beschloß nach längeren Fraktion», txratrmgen eine Kundgebung, tn der sie zunächst auf di« For- demngen der Bayrischen Lolkspartei Bezug nimmt und dann erklärt: „Der Weg, den di« Staatsregierung im Vollzug der BeschLisst der Bayerischen Lolkspartei «inschlägt, erscheint uns verfassungsmäßig ungangbar und politisch gefährlich. Demh die Beschlüsse der Bayerischen Volks partei und der Mehrheit des Staatsministerin ms ist das bis herige Regierung (.Programm eeusertig durchbro chen und die bisherige Regicrungskoalition aufge hoben. Die deutsch-demokratische Fraktion ist nicht in der Lags, die Verantwortung für di« jetzt von der Staatsregie- runa «ingeleitete Politik zu übernehmen, die zu einem ttefen Zwiespalt kn deutschen und bayerischen Bolle wie zu schwe ren politischen Schädigungen zu führen droht. Angesichts dieser Gefahren halten wir es für die Ausgabe aller gut deutsch und gut bayerisch Gesinnten, di« Mischen Land und Reich ausgebrochene Krisis trotz allem auf verfas- sungs mäßigem Wege auszygleichen. um der Ein heit des deutschen Volkes willen." Aufruf der Sozialdemokraten. Berlin, 25. Juli. Wie der „Vorwärts" aus München meldet, richtet« die Konferenz der sozialdemokratischen Frak tion des bayerischen Landtages und der bayerischen Landes- zentvale der Sozialdemokratischen Partei «inen Aufruf an die Bevölkerung, in dem es heißt: „Jeder Versuch, Schutzge setz«, di« Teile des Reichsrechtes sind, für Bayern ganz oder teilweise außer Wirksamkeit zu setzen, stellt einen Verfas sungsbruch und einen Angriff aus den Bestand der poli tischen Einheit des Reiches dar. Die Konferenz erklärt es als Pflicht aller reichstreugesinnten Volkskreis« Bayerns, vor der ganzen Welt den Standpunkt der Reichsregierung zu unterstützen und die drohende Anarchie und Rechtsunsicher- heit von Bayern abzuwehren. Selbständige Aktionen ir gendwelcher Art sind zu unterlassen. Die ganze republikani sche Bevölkerung Bayerns hat sich aber für alle Möglichkeit t«n bereit zu halten." Nordbayerische Besorgnisse. Nürnbergs 25. Juli. Die Bürgermeister der 21 großen und größten Städte Nordbayerns waren in Nürnberg ver sammelt und haben die Absendung von Telegrammen an den Mnisterpräsidenten Grafen Lerchenfeld und an den Präsi denten des Landtags beschlossen, aus denen di« ti«f« Be sorgnis und Erregung Frankens spricht. Es wird darin angesichts der Eigenart der nordbayrischen Verhältnisse an Regierung und Landtag bewegten Herzens di« dringende Bitte gefällt, nichts zu unternehmen, was das Verbleiben Bayerns beim Reiche gefähr den und über Reich, Land und Volk schwere Erschütterun gen bringen könnte. Es wird der Empfang einer Vertretung am Dienstag erbeten, für die bestimmt sind die Oberbürger meister von Bamberg, Nürnberg, Fürth und Würzburg. Die Regierung kann daraus ersehen, daß auch infolge ihrer Hal tung Unruhen entstehen können. Die Stellungnahme der Parteien. München, 25. Juli. Bayerische Dollspartei und Bayeri scher Bauernbund sind augenblicklich di« einzigen Koalitions und Regierungsparteien. Das ist zur Stunde das Ergebnis der innenpolitischen Entwicklung Bayerns, d. h., daß die Re gierungsbasis koalitionsmätzig von 90 Stimmen nach Aus scheiden der 13 demokratischen Stimmen auf 77 Stimmen zusammengeschrumpft ist. Das hat aber insofern keinerlei Bedeutung, als hinter den Regierungsparteien im Kampfe um die bayerische Polizei- und Justizhoheit die 20 Stimmen der Bayerischen Mittelpartei und der Deutschen Volkspartei stehen, wie es sich heute im Plenum zeigen wird, wenn nach der Erklärung des bayerischen Ministerpräsidenten di« So- zialisten «in Mißtrauensvotum beantragen sollten, ein Schritt, mit dem wohl mit Bestimmtheit zu rechnen ist. Die bayerische Regierung hat das vertrauen der Baye rischen Bolkspartei, der Bayerischen Mutelpartei, der Deut schen Volkspartei und des Bayerischen Bauernbundes urch, wohlgemerkt, nicht die Feindschaft und Opposition, sondern die Neutralitätder Demokraten. In der Oppo sition stehen nur: die M. S. P. mit 25 Stimmen, die Unab hängigen mit 15 und die K. P. D. mit 7 Stimmen. Bei einer Abstimmung um Vertrauens- oder Mißtrauensvotum wür den selbst bei vollzähliger Anwesenheit der Abgeordneten vier kommunistische und zwei unabhängige Stimmen gegen die Regierung ausfallen, da deren Mandatsträger in Nie derschönenfeld eingesperrt sitzen. Also würden nur 41 Stim men für das Mißtrauensvotum sich ergeben, wenn die De mokraten sich enthalten. Sind aber die Demokraten trotz ihrer wohlwollenden Neutralität bei der Abstinunung aus der Seite der Sozialisten, so würden sich insgesamt auf das Mißtrauensvotum 54 Stimmen vereinen, denen 97 Stimmen für das Vertrauensvotum gegenüherständen. Ein Vermittlungsvorfchlag -es Bauernbande». Vie .Münchener Neuesten Nachrichten" hoffen «st einen Ausweg, west beide Seiten entschlossen sind. « nicht zu einem Bruche Kommen za loste». MÄelcht U dichte ZstW-) weg schon vorhanden, denn Ernährungsminister .Tehr ist be- relfti nach Bersin mit eine« Vermittlungvnorich^ des Bay rischen Bauernbundes unterwegs. Die Rede des bayerischen Ministerpräsidenten im Landtag. Ein Vertrauensvotum für die Regierung. München, 25. Juli. (Drahtb.) Traf Lercheuseld erklärte im Landtage, die unselige und unsinnige Freveltat an Rathonou habe da- Reich und da» deutsche Volk in eine schwere Krisis gestoßen. Die bayerische Regierung sei sofort bereit gewesen, dem Reiche alles zur Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Staatsform Notwendige zu geben, in der auch si« nach den gegenwärtigen Verhältnissen die allein mögliche sehe. Mit bloßen Represstvmaßnahmen könne aber das Ziel nicht erreicht werden. Rur eine mittlere Linie der Politik hatte versöhnen- wirken können. Leider sei diese Linie in Bersin nicht eingehalten worden. Die Maßmchmen erhielten einen Ausnahmecharakter, sie nehmen die Richtung auf eine Klassenherrschaft und auf einen Einheitsstaat au. Bayern habe all« verfassungsmäßigen Mittet erschöpft, um die Gesetzentwürfe dieses Charakters zu entkleiden. Nicht unerhebliche Verbesserungen seien erreicht worben, in wesent lichen Punkten seien aber die Anträge Bayerns nicht ange nommen worden, so namentlich in der Frage des Staats gerichtshofes. Das Reichsbsamtenges«tz berühr« die bayerischen Landesbeamten zwar nicht unmittelbar, aber auch für sie seien damit Gefahren verknüpft. Das Reichskri- mrnalpolizeigesetz bedeute die Aushöhlung der Eigenstaatlich keit der Länder. Die bayerisch« Regierung beklage im In teresse des Reiches nicht weniger als im eigenen Landesinter este die Gestaltung der Gesetze. Sie erblicke in den Eingrif fen in die Justiz- und Polizeihoheit der Länder eine Vergewaltigung Bayerns, die mit dem Sinn und der Struktur der Reichsvevfassung in Widerspruch stehe. Die tiefe Unruhe im bayerischen Volk« sei auf die Besorgnis zurückzuführen, daß Stück für Stück der bayerischen Staatlichkeit verloren gehe und schließ lich Bayern zu einer Provinz herabgedrückt werden könnte. Das Schulgesetz werde in Bayern energisch und loyal ausge führt werden. In der Frage der Iu st izh ohe i t könne sich die bayerische Regierung aus Rücksichten der Staatsnotwen- digkeit dem Mehrheitswillen nicht beugen. Graf Lerchenseld richtete an die bayrische Pfalz die Mahnung, keine Pfälzi sche Sonderpolitik zu treiben. Solange der Grundsatz in Bayern gette, „Bayern im Reiche und für das Reich", wäre «ine Sonderpolitik ein vermessenes Spiel. Völlig unbegrün det feien alle Besorgnisse, die in den Maßnahmen der baye rischen Regierung eine Abkehr von dem alten festgehaltenen Grundsätze der Reichstreuen erblicken wollten. Der Minister sprach das Bedauern der Regierung über das Ausscheiden der Demokraten aus der Regierungskoalition aus. und schloß, die Regierung werde den beschrtttenen Weg nur dann ver- folgen, wenn sie die Mehrheit der bayerischen Volksvertreter hinter sich habe. Die bayerische Bolkspartei beantragte darauf ein Der - trauensvotum. Abg. Held (Bayr. Vp.) wawtte sich gegen die Beeinträchtigung der Hoheitsrechte Bayerns und meinte, bei ruhiger Überlegung werde man auch in Berlin einen W«g finden, der den Einzelstaaten ihre Rechte laste, und dem Reich gebe, was des Reiches sei. Der Mehrheit»- sozialdemokrat Dum» erklärte sich entschieden gegen das Vor gehen der Regierung, ebenso der Unabhängige Nekisch und der Demokrat Dürr, desgleichen der Kommunist Anbeck, Hil pert (Bayr. Mittelp.) und Stachele (Bayr. Bauernbund) tra ten für die Regierung ein, dagegen erklärte Burgherr für sich und seine Pfälzer Kollegen innerhalb der bayerischen Mittel partei, daß sie den Schritt der Regierung »richt billigten. In der Abstimmung wurde der Dertvauensantrag mit den Stimmen der bayerischen vostspartei, des bayerischen Bauernbundes und der bayerischen Mittelpartei ange-