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ZSilcHofswerdaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Die« Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtehaupt. Mannschaft, /der Schultnspektiyn und des Haupt-ollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, de, Finanzamtes und de» Stadtrats zu Bischofswerda. Ä WS SS- Chaos uver uns yimoeAyisvu, rrmffffn, osr oer «MÄI, KLLL i bei den soztallsnschen Parreterr.) tzch bin ihr dankbar dafür, und so soll ee^Kch in Aüftmst bleiben. Rennen Sie einen vroponzitttM Vertreter rechte. . . r.Li hE auch ni» h r Reichskanzler H0t Stm^mann nicht demHsUi« an, wo Der Mord am Retchsmiuister Rathemm. Kein Wort ist scharf aenua. um da» verrucht« Ver - brechen zu verurteilen, dem Reichsminister Dr. Rathenau zum Opfer gefallen ist. Kein Wort ist ernst aenua, um der Trauer und der tiefen Beschämung Ausdruck zu geben über den erschreckenden Niedergang der öffentlichen Sittlichkeit, der durch die Mordtat von neuem grell befeuchtet wird. Auf der Suche nach den Gründen dafür wird man zu nächst auf den Krieg stoßen, der in seiner Grausamkeit und durch sein« lange Dauer dis Gemüter verrohen mutzte und den Wert des Menschenlebens herabsetzte. Aber was nach dem Krieg« kam, hat vielleicht noch mehr dazu beiaetragen, die Achtung vor göttlichen und menschlichen Gesetzen, vor der Autorität des Staates und der hochgestellten Personen aus dem Herzen der Deutschen zu reltzen. So sieht denn das entsetzte Aua« das tägliche Anwachsen der Verbrechen und die Verseuchung sämtlicher Dolkstlassen, auch derer, in deren Reihen früher die persöMiche Ehre höher stand Äs das Leben. Bei der Entwickelung solcher Zustände war es nicht ver wunderlich, daß auch d«r politische Kampf immer gewalttäti gere Formen onnahm. Prügeleien in den Parlamenten ge hören beute in Deutschland zum Alltäglichen; Schimpfereien, Verleu? ungen u.Verdächtigungen werden kaumnoch beach tet. Da. täglich krosser hervortretende Gleich des Volkes er zeugt aus allen Setten eine Stimmung ratloser Verzweif lung, aus der nicht nur Deichrechen, sondern auch die größten Dummheiten hervorgehen, und jehes Verbrechen untz jede Dummheit wird von den Gegnern «tedsr benutzt, mp aus ihr da« Recht auf neue Gewalt und neue« Unrecht abzuleiten Wie soll so das deutsche Volk semal« genesen, wie spll jemals die Periode des moralischen Niederganges überwunden wer- den? Wenn etwa» geeignet ist, das fluchwürdige Verbrühen, da« an Rathenau begangen p»urde, noch zu übertiLmpffn, dann ist es di« parteipolitische Ausnutzung gegen welch» energisch Front gemacht weckten mutz, und «erst aUtzerorddnt- lich bedauerlich, daß Reichskanzler Wirth es nicht unteckassen konnte, unbewiesene Tatsachen als festgestellt zu betrachten und den Mock» einfach n Rechtsparteien in die Schuhe zu schieben. In der Verurteilung des Mordes sind sich alle Deut schen einigen, ganz einerlei, welcher politischen Auffassung sie sein mögen. Eine Entschuldigung durch politische Motive und dergleichen gibt es einfach »richt. Die Tat ist eine Nieder tracht, sonst nichts. Felsenfest steht die Tatsache, daß die Rechtsparteien an der feigen Tat nicht das mindeste zu tun haben. - Jeder deutsche Staatsbürger ohne Unterschied der poli- tischen Partei oder Meinung hat angesichts der ungeheuren Erregung des ganzen Volke« und des Auslandes nur «in« Pflicht: zu verhüten, daß die Freveltat an dem einzelnen Manne zu Verbrechen am ganzen Volke wird. Der in die heutige Stimmung hinein Aufforderung zur Gewalt und zur Zwietracht trägt, übernimmt die Derantwortun für das, was daraus kommt. Ruhe und strengste Gesetzlich, leit kann allein helfen. E« ist ausschließlich Sach« der Po- lizei uird der Staatsanwaltschaft, Schritte zur Ergreifung des Mörders und zur Sühnung der Tat zu unternehmen. Man weiß, daß die Politik Dr. Rathenau, in weiten Kreisen nicht überall gebilligt worden ist. Ohne Zweifel rpar Rathenau der führende Kopf de« Kabinett«, der es verstan den hatte, auch dem Ausland« Achtung abzugewinnen. An der Bahr« eine» Manne», an dessen ehrlichem Dillen und reiner Vaterlandsliebe niemand zu zweifeln «in Richt hat, schweigt die Kritik. Da» Lebenswerk Dr. Walter Rathenau» z:i würdigen, muß einer Zeit Vorbehalten bleiben, in der dis Wogen der Leidenschaft sich geglättet haben und da« fachliche Urteil zu seinem Rech'- kommen kann. Lraurrkundgebung de» Reichstag». Di« für 12 Uhr a «gesetzt« Reichstagssitzung, die dann verschoben wurde, nahm um 3 Uhr 20 Min. ihren Anfang. D«r Stuhl de« ermordeten Außenminister» Dr. Rathenau am Regierung»tisch« war mit schwarzem Flor behängt, Ms den, Dßche log «in kleiner Strauß au« Eichenlaub mit wei- ßen Blumen. Di« Lrtbllnm stnd überfültt, di« Abgeordneten aller Parteien hoben sich zahlreich «tnaefundrn. tdn R-siernngsttsch, «st der Reichskanzler mit sämtlichen " Trauerkleidung ich (Deutsch»"! Saal bet Lircken nniiche n!" Unod -! ; So- g«a«n recht» um. Hier- «nfchen. D'« AbHoord» um Helfferich. Immer wieder brach wilder Tumult los. Där Präsident, der inzwischen den Soal betreten hatte, er- klarte, daß nach de» Verfassung jedem Abgeordneten das Recht -ustehe, an den Verhandlungen des Reichstages toilzu- kchmen. (Erneut« wilder Tumult.) — Der Präsident er- klärte nochmals: Jedem steht das verfassungsmäßig« Recht -M, an diesen Verhandlungen teilzunehmen. Er bittet die Abgeordneten, ihre Plätze einzuneymen. (Erneuter großer Lärm.) Reichskanzler begibt sich in die Ansammlung der Abgeordneten und sucht zu vermitteln, ebenso her stellver tretende Direktor des Reichstages. Die Linke erhebt immer wieder stürmisch Protest und ruft: „Raus mit dem Mörder!" Die Kommunisten rufen dem Reichskanzler zu: „Herr Reichskan^er, schreiten Sie ein, sonst sind Sie der nächste!" Der Präsident bittet die Abgeordneten dringend, ihre Plätze einzunehmen. Des Hauses hat sich eine allgemeine grobe Unruhe be mächtigt. Die Zuhörer auf den Tribünen haben sich von den Plätzen erhoben. Immer wieder ertönt von links der Ruf: „Raus mit dem Mörder!" Der Präsident erklärt: In diesem Augenblick sind wir zusammengekwmmen. um einen Toten zu ehren! (Tobender Lärm wieder bei der Linken und Rufe: „Es ist eine Schande, daß di« Mörder noch hier sind!") Abg. Künstler (Unabh.) schreit wild auf den Präsi denten ein: „Ihr seid schuld mit eurer Nachsicht! Verstehen Sie nicht die Gemeinheit, daß diese Hallunken von rechts dabei hier sind!" Erneute allgemeine Unruhe. Abg. Künstler (Unabh.), der direkt vor den Bänken der Rechten steht: „Mr wollen erst wissen, was die Regie- rung getan hat, um den Mord Erzbergers zu räch«;, und war sie tun wird, um diesen Mord Rathenaus M rachen!" Di« Kommunisten, die dir«kt vor den Abgeordneten der Rechten sich aufgestellt hüben, erheben drohend ihre Fäuste. Die erklären mit drohend erhobener Stimme: „Die Abrech nung wird nicht ausbleiben!" Präsident Löb«: Denn die Abgeordneten sich nicht auf ihre Plätze begeben, dann muh der Versuch einer Ehrung ausgegeben werden. — Di« Abgeordneten der ande ren Parteien reden auf die Kommunisten und die Unabhän gigen ein, die sich allmählich auf ihre Plätze begeben. Reichslagspräfident Löb«: Deutsche Reichstagsabgeordnete! Was dies« Szene hier hsrvorruft, ist eine Tat von so ungeheurer Grausamkeit und Rohheit, oatz sie uns das Blu: in den Adern erstarren macht. Heute normittao ist — -s ist Ihnen all«,» »ekannt — Rsichsminister Rathenau, als er in seinem Kraftwagen seine Wohnung v„» l eß, vo" einem '.ndcren Wagen aus durch Schüsse meuchlings ermordet worden. (Lebhafte Pfui Ruse und Rufe: „Da sitzen di« Mörder" links.) Der Mann, der ein privates Leben, seine privaten Neigungen, sein« An- prüche, seine Ruh« aufgab, um der Deutsch«« Republik nach >«st«m Wissen zu dieNen! Nicht au« eigenem Entschluß, nicht au« Ehrgeiz hat er dieses Amt übernommen, sondern nach langen, vielen Bitt«« der Herren, die heute unsere Regie- rung sind. So ost ich Herrn Rathenau habe sprechen hören, auch in der schärfsten Polemik, ist nie ein unsachlich«» Wort über sein« Lippen gekommen. Und er erlag der Mörder hand. (Zuruf link«: „Helfserich".) Ich brauch« der Trauer und dem Entsetzen, da« uns all« bewegt, nicht Ausdruck zu geben, nicht der Verachtung für die Elenden, di« diese« Werk vollbracht haben. Aber e» steht mehr auf dem Spiel: (Sehr wahr!) (Mit erhobener Stimme): Auf dem Spiel steht da» deutsche Land, da« deutsche Lolk, die Deutsche Republik! Die Tater haben Gehilfen, haben Spießgesellen gehabt (großer Lärm ltnk«), haben eine Organisation von Mördern gehabt, sie haben «in« Organisation von Mördern hinter sich, die sie schützen und di, sie für ihr« Taten unterhalten. (Sehr richtig!) Ander» wäre es nicht möglich gewesen. Da« Blut de« Ermordeten, es fällt auf die Täter (sehr wahr!), es fällt auf die, die. dazu anretzen, es fällt auf die, die früher« An- chläge, wenn sie nicht ««langen, mit Spott und Hohn beglei teten, es fällt auf die, die nach den gelungenen Anschlägen noch da» Andenken der Opfer zu besudeln wagten! Meine Damen und Herren l Seit zwei Jahren, seitdem Sie mich auf dielen Platz berufen haben, habe ich versucht, mein Amt unparteiisch zu erfüllen. Aber aus dieser Uilpar. teilichkeit heraus muß ich sagen: Dieser Stuhl (Reich«tags- vrästdent Löb« deutet aus den mit einem Trauerflor ge- chmückte», Stuhl de» Reichsminister« Dr. Rathenau), dieser Stuhl stände nicht leer, diese Tat wäre nicht geschehen, ohne di, grenzenlose und maßlose Hetze gegen die Männer, die an der Spitze der Regierung stehen, (Stürmisches Sehr währ') <TÄge.scatt^> Unabhängige Zeitung für alle Ständern StadtWd Land. DichtesteVerbrettunginallenVolksschlchtetz Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Bevoge Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt IS. — Druck und Btrlag d« Wie hat eine gewisse Presse gehetzt und gehöhnt, als. da« . Attentat aus Scheidemann mißlang, gehöhnt bis M da» Augenblick, bis heute, wo es gelungen ist. Und es scheint tes« > nen Schutz dagegen zu geben! Di« Mörder hatten HAftl- die sic haben verschwinden lassen, sie haben Helfer, dio st» immer wieder aufs neue beschützen. Und einer nach dem..), anderen von uns erliegt der kaltblütigen Mörderharch,-. Neben uns sinkt ein Freund nach dem anderen dahin- ü Meine Damen und Herren! Dieses Mal hat der Mach» ... stahl einen Mann getroffen, der begabt und geeignet schfe«. die Fäden wieder anzuknüpfen, die der Krieg zerrissen hat-;» . und er hatte die ersten schwachen Erfolge. Wer diese Stund« " gibt mir nicht die Ruhe, sein Leben zu überschauen mch ZU würdigen. Sie haben durch Ihr Erheben den Dank dem Manne ausgesprochen, der lauter und ehrlich unserem Lande und unserem Volke diente. Sie haben das Beileid bezeugt d4r betagten Mutter, denen deutsche „Patrioten" den tote» Sohn vor die Füße legten. Möge unser Volk auch diesen furchtbaren Sturm üb«, winden! Reichskanzler De. Wirth: Meine Damen und Herren! Di« Reichsregierung schließt H;/ sich den ehrenden Worten, di« der Herr Präsident für de» schmählich ermordeten Reichsminister Dr. Rathenau zu fpre- chen die Güte hatte, von ganzem Herzen an. Ich darf eine« bedeutsamen Vorgang in Ihre Erinnerung zurückrttfaw Wenige Wochen smd vergangen, da versammelten sich ft» H Palazzo San -Giorgio in Genua die Vertreter aller Nativ- nen zu der Schlußsitzung det Konferenz. Es war ein gro ßer, denkwürdiger Augenblick. An unserem Ohr rauschte« ' die Reden der Staatsmänner öieler Staaten vorbei. Da er- hob sich unser Freund, Herr Dr. Rathenau. Aus seinem Munde quollen Perlen edler Worte; getragen von größter humanitärer Gesinnung hat, er Worte der Verständigung, die ansgshen von den Tatsachen der wirtschaftlichen Nöte der Welt und der Weltverschuldung in den Saal hineinge sprochen in seiner edlen, vornehmen Ruhe, die die Herzen auch derer, die uns bis dahin vielleicht stark abgeneigt gegen überstanden, geöffnet hat. Man hat seine Worte im Pa- < lazzo San Giorgio wohlverstanden, und ein Nie gesehener, rauschender Beifall aller anwesenden Frauen und Männer dankte dem Mann«, der über die Grenzpfähle seiner Nation hinaus der Welt den Weg zur wirtschaftlichen Derständi- , guna inch damit zum Frieden mit bewegtem Herzen gewie- - sen hat. Nun liegt er tot vor uns. Seinen Platz schmück» ein umflortes Rosenbukett. Er fiel nicht für sein Volk, er fiel um di« Menschen Versöhnung zu lehren. (Mit erhobener Stimme): Aber wehe denen, die diese» große Werk der Versöhnung der Nationen mit diesem Morde störtenl Da« Werk darf nicht unterbrochen werden. Wir müssen diese« Werk, das wir unter schweren Nöten begonnen haben, fort- ,, setzen. Es ist auch das Werk der Rettung von ganz Europa. Mr sind Herrn Dr. Rathenau nähergestanden; wlr- nannten ihn unseren Freund. Ich darf in Ihrer Mitte auf richtig sprechen. Gewiß hat Herr Dr. Rathenau viele Geg ner gehabt. Ich weiß nicht, woraus die Gegnerschaft ge flossen ist. Wer von dem Augenblick an, wo er öffentlich m t>en Dienst de« deutschen Volke» und In den Dienst der deut- schen Republik getreten ist, hatte er nicht nur Feinde, da hatte er Todfeicke! (Zustimmung link»; Ruf: Helfserich!) Meine Damen und Herren! Diese» Werk, da, er sich vorgesetzt hat, die Rettung de« deutschen Volke« unter der Staatistorm der Republik, darf durch diesen Mord und die sen Tod nicht unterbrochen werden. Im Gegenteil, alle wahren Republikaner Deutschland», di« und alle, die es gut meinen mit ihrem Vaterlande und ihrem Volke, werden au« diesem Tod die große Kraft schöpfen, um denen einen Damm entgegenzusetzen, die unserem Volk« Verwirrung und Tod b*"Ä»öft»ch«re geht mein Mahnruf an dl, Arbeiterschaft gon, Deusichlande.Die Arbeiterschaft hat in bitteren Tagen, wo das Chaos über uns hinwegging, kein«,, der der Mm Gewalt treuaeblieben «st, auch nur ein Haar gekrümmt, stürmische Zustimmung bei den sozialistischen Parteien^ Ich bin ihr dankbar das« bleiben. Nennen Sie «inen gerichteter Austastung in deu ein Haar gekrümmtwordeni anscheinend dteWftWWWM mehr im GotzäMm». D. N^_ —— wir unter Mn Fahnen der Republik aufrichtig Erscheinungsweise r Jeden Werktag abend« für den folgend. Lag. Bezug«*«»: Bet Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mir. 1S.2S, bei Zustellung ins Hau» monatlich Mk. IS.—, durch die Post bezogen vierteljährlich Mk. 48.—.mit Zustellungsgebühr. Alle Postanstalten, Postboten, sowie Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle de» Blatte, nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. PoftschechsKonto: «net »r««de» Str. 1L21. Gemeinde, „ ^5fE>a«d,girokafl« Bischofswerda Kento Re. S4. Im Falle hö^rar Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Storung des RstUebe» der Zeitung oder der Besörderungseinrich- — hat Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung !»« o»itung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Anzeigenpreis: Die «gespaltene Gründau« (Alm. Mofse 14) oder deren Raum S.S0 Mk., örtliche Anzeigen L— Mk. I» TW» teil <Zlm. Moste 14) 10.— Mk. die 3a«paltene Zelle. Bet WickW- Holungen Nachlaß nach feststehenden säge». — Amtliche Arnetap» die ggeipaltene Zeile 7.— Mk. — Für bestimmt« Tag« odsr PlWt wird kein« Gewähr geleistet. — Erfüllung««» Bischof«»«»». Rr. 147. Dienstag, de« 27. Juni 1922. 7S. Aahi - ' gan». —MM'