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Nr. W Freitag, den 28. April 1822 M Gesrge vMM seimAeiW ü 8m« aus- Während die obigen Zeilen in Druck gingen, scheint sich da» Bild in Genua abermals zu verändern. Lloyd George ergreift aufs neue die Initiative, wie aus folgendem Draht bericht hervorgcht: Lloyd George besteht auf dem Ab schlüsse des „Weltpaktes". Genua. 26. April. (Draht-.) In englischen Kreisen er klärt man. Lloyd George beabflchlige seinen Auseniholt ln Genua bl, zum 10. d. M. zu verlängern, da man annehme, daß er Genua nicht verlassen wolle, ohne den wellpakl abgeschlossen zu haben, der Rußland und Deutsch, land mit umfassen würde, wenn nicht ein Hehlschlag der Beratungen die Konferenz vorzeitig beendet, so sollten nach Festsetzung der Grundzüge des weltpakte» ml« einer zehn- jährigen Geltungsdauer die zahlreichen kleineren Fragen von einer eia,«sehenden Ualerkommissioa in Genua weiter be raten werden. L, ist aazunehmev, daß von -en einzelnen Staaten Vorschläge gemocht werden. Maa rechne mit 6 bi, 7 derartigen Vorschlägen, die zur Prüfung vorgelegt werden würden. Vie Iriuwportkommtssion hat heute ihre Arbeiten abge schlossen. London. 2«. April. (Drahtb.) Di« Abendblätter heben übereinstimmend den Ern st der Lage in Genua hervor. Die Lage in Genua. Im großen und ganzen ist die Lage wenig verändert. Das Interesse dreht sich, wie der Sonderberichterstatter der „Tägl. Rundschau" meldet, wieder ganz um die Russen. Sie haben sich mit geschickter Geste zwischen die beiden Partner Frankreich und Polen gestellt. Wenn die Franzo sen die Große und Kleine Entente veranlassen, den Russen ultimative Forderungen zu stellen, dann antworten die Rus sen mit einem groben Brief an die Polen. ^Sic erklären dem Vertreter Warschaus, daß er in der ruff en losen Russenkommission nach dem angeblich freiwilligen Ausscheiden der Deutschen nichts mehr zu suchen hätte. Denn genau wie die Deutschen ihren Frieden mit den Russen geschlossen und die Sowjetregierung in all und jeder Form anerkannt haben, haben die Polen in Riga, ihren Frieden mit Moskau geschlossen und daurch die Sowjetregierung in gleicher Weise anerkannt. Nachdem aber diejenigen Staa ten, die sich über diese Anerkennung noch nicht schlüssig sind, unter sich eine Privatdiskussion begonnen haben, aus der sie Deutschland wegen bereits erfolgter Regelung der Beziehungen zu Sowjetrußland überaus unhöflich hin- auskomplimentierten, würde es sich nach russischer Auffas sung für die polnischen Vertreter gehören, auch ihrerseits den Hut auszusetzen und den Sitzungssaal des ultimatumsüch- tigen und in Abwesenheit des Angeklagten verhandelnden Ausschusses zu verlassen. So werfen die Russen auf ihre Art den Ball, der ihnen aus dem feindlichen Lager herüberge worfen wird, an einen einzelnen Empfänger aus jener Grup pe wieder hinüber. Offensichtlich liegt ihnen daran, immer wieder ihr starkes Selbstbewusstsein zu betonen, zumal in dem Augenblick, in dem die Haupt- und Nebenalli- isrten ihnen mit der Forderung gegenübcrtretcn. endlich klipp und klar die Anerkennung ihrer Schulden und ihrer Ver pflichtung zur Rückgabe des nationalisierten Eigentums aus zusprechen. Über die Umgrenzung dieser ultimativen Forde rung wird zur Stunde noch verhandelt. Ebenso gehen auch die Verhandlungen über die Schluss resolution im Sinne des europäischen Gottesfriedens noch «eiter. Bei dieser Gelegenheit scheint auch Herr Dr. Benesch wieder lebhaft in Aktion getreten zu sein. Je länger die Be ratungen andouern, um so wortreicher werden dem Verneh men nach die Beschlüsse, die man der Gesamtkonfercnz vor legen möchte. Und je wortreicher sie werden, um so inhalt loser werden sie zugleich. Es bleibt also, abgesehen von dem unterhaltsamen russisch-polnischen Zwischenspiel, alles beim alten.. Im übrigen schwirren Gerüchte über ein bevorstehende Ankunft Lenins. Leute, die es wissen könnten, fügen hin zu, daß er nicht noch Genua kommen, sondern in einer etwas abseits gelegenen Stadt möglichst unaufsällig Aufenthalt nehmen und nach Unterredung mit einigen Hauptvertrctern fremder Mächte schleunigst wieder obdampsen werde. könnten. Wenn aber die Rüstungen sor würden und wenn man immer wieder die Gew Argument und als Bedrohung gellen ließe, so könnte dadurch das Ende der europäischen Zivi- l i s atio n herbeigeführt werden. Nicht aus Furcht vor ir gendeinem der europäischen Völker werde die Haltung Eng lands bestimmt, sondern England wünsche, daß der Friede überall herrsche. In ganz Europa sehne man sich nach dem Frieden. — Lloyd George bemerkte, daß auf dem italienft schen Dampfer „Alighieri" bei dem Empfang di« Matrosen ihm zuriefen „Friede vor allem!". Auch auf einem englischen Schiffe, welches im Hafen von Genua lag. habe die Mannschaft gerufen: „Gebtuns den Frieden!". Diese Friedensfehnsucht fiiw« sich auch bei allen in Genua anwesenden Delegationen. Was Rußland anlang«, so denkt Lloyd George nicht vor allem an die SowietreHeruna, sondern vor allem an das ganz« russisch« Volk. Ihm müsse man helfen, aus seinem Elend herauszukommen, dem» Ruß land habe während des Krieges schwer gelitten und sich für dis gemeinsame Sache sehr Mit geschlagen. Das russisch« Volk sei dafür nicht verantwortlich, was seit dem BegdM der Revolution geschehen sei- . PoinearS „berichtigt"! Paris, 26 April. Poincars läßt sein« Erklärung von Darthou in den heutigen französischen Morgenblättern zwei fellos ein wenig abschwächen. Er läßt an die Artikel 17 and 18 des Anhanges II des Kapitels 8 des Versailler Vertrages" erinnern, aus denen hervorgeht, daß nur die Reparations kommission das Recht zu der Erklärung habe, daß Deutsch land wissentlich seine Verpflichtungen nicht ««fülle. Dazu müßten aber erst die Alliierten autorisiert w«rd«n, von den Rechten, die im 8 8 enthalten sind, Gebrauch zu machen. Li« französische Regierung sei fest entschlössest, alls iHv« Rechte zu gebrauchen, wolle aber in keiner Weise diese überschreit«»- Die Entscheidung der französischen Regierung werde von den Beschlüssen der Reparationskommission abhängen, und die Reparationskommission wird nicht vor dem 31. Mai entschei den können. Übrigens wird darquf aufmerksam gemacht, daß Deutschland Anstrengungen mache, seine Zahlung«« zu erfüllen. Es Hobe bereits der Reparationskommisslon «in neues Steuerprogramm mitgeteilt. Ob dieses ausretchrnd erscheinen wird, wisse man noch nicht, ebensowenig, wie Deutschland die Kontrollfrage lösen wolle. Aber selbst wenn man das Schlimmste annehmen wollte, daß Deutschland den Forderungen der Reparationskommission nicht nachkomme« wolle, so habe Poincarö bisher eine Sonderaktion nicht in Aussicht genommen. Als er erklärte, daß' Frankreich das Recht hätte, allein vorzugehen, habe er volles Vertrauen in die Alliierten und namentlich in die Loyalität Englands und dessen Regierung gesetzt, daß diese de« genau umschriebenen Rechten Frankreichs keinen Abbruch tun woll ten. Wenn ein Teil der auswärtigen Presse der Anschau ung sei, daß er den Wunsch habe, allein vorzugehen, oder di« Alliierten zu bedrohen, so entstelle man dadurch die Anschau ungen des französischen Ministerpräsidenten in bedenklicher Weise. Die Rote Tschitscherins an Polen. Genua, 26. April. In einer an dem polnischen Minister des äußeren gerichteten Note weist Tschitscherin kategorisch darauf hin, daß der zwischen Polen und Rußland in Riga am 8. März 1V21 abgeschlossene Vertrag alle Fragen löst, welche diese Staaten interessieren, und zwar in einer viel endgültigeren Form als der Vertrag von Rapallo zwischen Deutschland und Rußland. Tschitscherin fährt sodann fort: Gleichzeitig kann ich mich nicht enthalten, zu bemerken, in welcher Weise es mir befremdlich von einem Staate er- scheint, der ohne Vorbehalt die Sowjetregierung cke jure an- erkaniüe und der mit mir «inen Vertrag abgeschlossen hat. einen Schritt zu unternehmen, der Rußland des Rechts ent heben sollte, Verträge mit anderen Staaten abzuschließen. Meine Regierung steht in diesem Schritt Polens einen Angriff auf die Souvernitätrrschte Ruß lands, und infolgedessen ein« grobe Verletzung de« Frtt- densvertroges von Riga, der einerseits zwischen Rußland und der Ukraine, und cnderseits zwischen Polen und Ruß- land abgeschlossen wurde, und der im polnischen Landtag am 13. April 1SL1 ratifiziert wurde. Ferner besteht ein« Der - letzungdesAbkommensvonRiga vom 30. März 1S22, da» zwischen Rußland und Polen, Estland und Lett- land abgeschlossen wurde, und wobei Polen sich u. a. ver pflichtete, nicht nur auf d«r Konferenz von Genau sein« Handlungen mit denen Rußlands ln Überein stimmung z »bringen, sondern auch mit allen Kräften dahin zu wirken, daß Rußland von den Staaten- die die Sowjetregierung bisher nicht anerkannten, äe jure anerkannt — „Pall-Mall-and-Globe" schreibt: Ein dramatisches Ende der Konferenz liege im Bereiche der Möglichkeit. Wer mit dem Premierminister in enger Fühlung stehe, gebe offen zu, daß er sich einem Stadium zu nähern schein«, wo seine Ge duld erschöpft sei und seine Hoffnungen vernichtet würden. In diesem Augenblick würde er zurückkehren, ohn« eine Stunde zu zögern. Mit der Abreise Lloyd Georges würde aber der Abbruch der Konferenz unvermeidlich. Seine Ab reise vor Ende nächster Woche würde als eine Ankündigung des Mißerfolges der Konferenz angesehen werden müssen. Lloyd George verlangt den Obersten Rat nach Genua. Paris, 26. April. (Drahtb.) Havas berichtet aus London: Rach sehr ernst zu nehmenden Nachrichten au» Genau be- stättgt es sich, daß Lloyd George die Absicht habe, offiziell die Einberufung de» Obersten Rate» nach Genua >zu verlan gen, um die Frage der Gültigkeit de, deutsch-russischen Der- träges inbezug aus den Vertrag von Versailles zu erörtern. Lloyd George werde Poincars einladen, aus diesem Anlaß nach Genua zu kommen. Man will Aufklärung über die Absichten Potncarss. Genua, 26. April. (Drahtb.) Eine heute abend gegebene Verlautbarung der englischen Delegation besagt: Nach Ansicht der Mehrheit der Alliierten ist e» notwendig, daß sich die Unterzeichner de, Versailler Vertrage» über die Maßnahmen einigen, die Poiacare in seiner Rede in Vor le Duc ins Auge gefaßt hat. Jur Zeit weiß man noch nicht, welche, diese Maßnahmen sind. E, ist da- her notwendig, daß man sic erfährt.^ E, soll nicht eine Sitz ung des Obersten Rates sein, sondert, lediglich eine Vereint- gung aller Unterzeichner de» Friedensvertrage», deren Mehr- heit sich zur Zeit in Genua befindet, der Premierminister, Sachverständigen und Juristen, die damals den Vertrag ab gefaßt haben. Die Besprechung kann demnach in Genua ftattsinden. E, scheint, als bestehe auf Setten der französi- schen Regierung die Ansicht, daß diese Frage dem Botschafter rote in Pari» unterbreitet werden müsse, der um die Mit glieder der kleinen Entente und Dolen zu vermehren sei. Der klare englische Stondtpunkt ist ober der. daß, wenn die Hauptinteressenten und die Regierungschefs in Genua wei- len, die Versammlung in kurzer Zeit hoch hier stattftnden kann. Vir müssen die von Poincars vorgefchlogenea Maßnahmen kennen lernen. Venn seine Erklärung schafft eine sehr ernste Lage. Die Maßnahmen, von denen er spricht, gehen alle Unterzeichncr de» Frie- dcnsvertrage» an. Die Änderung der öffentlichen Meinung Englands gegenüber Frankreich. Paris, 25. April. Lloyd George hatte mir dem Mit arbeiter des „Temps" in Genua eine Unterredung, die aber noch vor dein Bekanntwerden der Reh« Poincor^s in Bar le Duc stattfand. Lloyd George erklärte, daß er. schon zur Zeit des Zwischenfalles von Faschodo franzosen- freundlich gewesen sei. Damals habe er eine Rede ge halten und darin gefordert, daß die großen wirklichen Demo kratien sich vereinigen sollten. Damals Hobe ihm die ganze öffentliche Meinung und auch die Regierung widersprochen. Lloyd George erklärte sodann, daß er seit dem Weltkrieg noch mehr franzosenfreundlich geworden sei, doch stelle er fest, daß sich in dieser Hinsicht leit dem Kriegs- ende in der öffentlichen'Meinung Englands eine Änderung vollzogen habe. In der Lrbei- terpartei, bei den Liberalen der Richtung Asquith, sowie bei den Konservativen bestehe die Gefahr einer Änderung der Anschauungen gegenüber Frankreich, nur die Koalitionsan. bänger, deren Führer Lloyd George ist, hegen noch freund schaftliche Gefühle für Frankreich, übrigen« dürfe man die öffentliche Meinung in England nicht mit derjenigen Frank- reichs vergleichen, denn die öffentliche Meinung in England ändere sich sehr langsam. Denn aber «ine Ände- rung erfolgt sei, so dauer« di«s« lange Zeit fort. Seine Poli- tlk werd« von den Meisten Staaten begrüßt, namentlich auch in Mitteleuropa. Ein« große Genugtuung wäre es ihm, wenn Frankreich ebenfalls friedlich« Ziel« verfolg«, damit der Wiederaufbau Europa» erfolgen könne und gute Bezie hungen zwischen - vuuk-»-»7 ök>>--»>»->« -^>-)>»» 7S. Jahrgang. WSSMWSVWSWSSSW» >t im 2.SO Mb., örtliche Anzeigen L— MH. Im Lqxt- . Masse 14) 7.— Mk. die Zgejpaltenr gelle. Bei Wieder- _ Nachlaß nach feststehenden Sätzen. - Amtlich. An-ttzen : Sgejpaltene Zeile 5.— Mk. — Mr bestimmte Tag« oder Platz wird keine Gewähr geleistet. — Erfüllungsort Bischofswerda. Mschofswerüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Die» Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- mannschast, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, de» Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. z des Betriebe« der Zeitung oder der Beförderungseinrich« Holungen tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder die Sgejp Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreise». i ' ' ' Eescheinuvaowetse i Jeden Werktag abends für den" Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschi Mk. 11.25, bet Zustellung in» Haus monatlich , , die Post bezogen vierteljährlich Mk. 36.— mit Zustellungsgebühr. 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