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Nr. 56 Dienstag, den 7. März 1922 76. Jahrgang die Zahlungen in Dekaden nicht mehr durchführen? Die sach lichen Beratungen über die Gestaltung der Zwanqscmleiy« m.-eden si.Ii in» übeioen ruiker mit dpi» Kran» h<>r Einbnltirria W Uhr, mit der angegebenen Tagesordnung zu. wird Die politische Krise in England. Paris, 6. März. In hiesigen politischem Kreisen ver stärkt sich trotz der Bemühungen Chamberlains und Bälfou» immer mehr die Ansicht, daß Lloyd Georges Bruch mit den Unionisten unheilbar sei und er deshalb in dieser Woche zu rücktreten werde. Die Lutherfeier in Wittenberg. Willenberg, 5. März. Unter der stärksten Beteiligung evangelischen Kirchen des In- und Auslandes, der gro- Waren mit erheblichen Gehalt an ausländischen Nohltafson das Ausland Devisen an die d e u ts ch e n Fabrikanten zahlen muß. Weiter gefaßt: das Ausland kann z. V. dis rheinische Industrie mit Rohstoffen zu Sachlieferungen vor zugsweise beliefern, kann sie damit und mit den De visenzahlungen in erheblich bessere Verhältnisse bringen als die rechtsrheinische Industrie. Ziel: ihre Gewinnung für den separatistischen Gedanken. Und daß dieses neue Abkommen von Frankreich durchgedrückt wurde, beweist, daß das Wiesbadener Abkommen mit seiner gebundenen Lieferart nicht ratifiziert wurde, weil es die alleinigen und unmittelbaren Aufträge an die rheinische Industrie aus schloß. War man sich im Auswärtigen Amt über diese Zu sammenhänge nicht klar? Tre vir. Brlwofswewaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsvezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen de» Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Die Ereignisse in Fiume. Rom, 5. März. Wie die Agenzia Stefani mitteilt, ist italienische Regierung von den Ereignissen in Fiume die schmerzlich berührt und fest entschlossen, alles anzuwenden, um in Fiume wieder normale Verhältnisse zu schaffen. Un ter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten de Facta wurde heute vormittag eine Sitzung abaehalten, an der Minister des Äußeren Schanzer und der Kabinettschef des Kriegs ministers Oberst Carletti teilnaihmen. Auch die Abgeord neten Giurati und de'Stefani, die zu den einflußreichsten Faszisten gehören, waren anwesend. Sie erkannten die Not wendigkeit der Herbeiführung friedlicher Verhältnisse an und versprachen sich dafür einzusetzen. werden sich ini übrigen außer mit der Frage der Einhaltung der Endsumme von einer Milliarde Goldmark auch mit der Frage der Valuta beschäftigen müssen. Es ist seiner zeit vereinbart worden, daß als Kurs für die Um rechnung von Papiermark in Goldmark der Dollarkurs des Tages gewählt werden soll, an dem die endgültig« C'niguna über die Zwangsanleihe erreicht sei. Da der Doil» larkurs augenblicklich einen unnatürlichen Stand erreicht HÄ, kann man unmöglich für die Zwangsanleihe und damit auch für andere finanzielle Operationen einen Kurs wählen, den! man etwa in nächster Woche zu verzeichnen haben wirlh Hier muß unbedingt eine Änderung eintveten. politischen Gründe dienen, die sic.zu der Beschleunigung der Sieuerarbeiten veranlasse». Es liegt ja nahe, daß die Repa» rationskommifsinn eine Entscheidung über den Zahlungs- und , Garantieplan nicht eher fällen will, als bis die Abstimnum» gen über die Steuerentmürfe und über die Zwangsankeihg im Reichstag stattgcfunden haben. Die Regierung würde aber >>: einer Beschleunigung der Arbeiten, die auf eine De- hinde. >::g der Sachlichkeit hinauslaufen können, nur dann einen Grund haben, wenn bestimmte Zusicherungen darüber vvrliegen, daß die Neparationskommission sofort, nachdem der Reichstag die Garantie für den Steuer- lind Zahlungs plan übernommen hat, auch die in Cannes genannten Sum men für 1922 fesiketzen würde. Oder kann die Regierung Deutscher Reichstag. Berlin, -1. März. Das Haus, in dem zunächst eine Reihe kleiner Vorlagen in der geschäftsordnungsmäßigen Eintönig keit erledigt wurde, war von Anfang an — wohl infolge der Unterbrechung der Vollsitzungen in der kommenden Woche — schwach besetzt und auch der Haushalt des Wiederaufbau ministeriums übte keinen besonderen Reiz auf die Abgeord neten aus. Anträge auf Genehmigung zur Einleitung der Strafverfolgung oder des Privatklageverfahrens gegen eine Reihe von Abgeordneten wurden abgelehnt. Dann wurden mehrere Vorlagen an die zuständigen Ausschüsse überwiesen, und zwar ein Entwurf zur Änderung der Verordnung über Maßnahmen zur Sicherung der Fleischversorgung in der Übergangszeit nach Aufhebung der Zwangswirtschaft, die Novelle zum Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, und der Gesetzentwurf über Änderung der Wahlen nach der Reichsversicherungsordnung. Ohne Debatte wurde weiter in allen drei Lesungen der Gesetzentwurf zur Überleitung des R^Ktszustandes in Oberschlesien genehmigt. " Hierauf wurde die zweite Beratung des Haüshalts für das Wiederaufbauministerium weitergeführt. Nach längerer Aussprache wurde das Kapitel genehmigt. Um die Festsetzung der Tagesordnung für die nächste Sitzung entspann sich eine Geschäftsordnungsdebatte, die sich zu einer bedeutsamen politischen Aussprache entwickelte und in die mich der Reichskanzler mit einer kurzen, aber überaus eindringlichen Rede eingriff. Dem Vorschlag des Präsiden ten Loe-be, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung neben der Angelegenheit der Wartegeldempfänger die zweite Beratung des Branntweinmonopols zu setzen, begegnete Wi derstand von rechts. Von deutschnationaler Seite wurde ver langt, daß es möglich sein müsse, über die Gesamtheit der Steuergesetzc zu debattieren, und auch hie Volksvartei äu ßerte Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Herausnahme eines Einzelgesetzes aus dem Komplex der Steuervorlagen. Nun tritt der Reichskanzler in die Debatte und erklärte die rasche Erledigung der Steuergesetze als eine außenpolitische Notwendigkeit. Er lege Wert darauf, zu betonen, daß er in der nächsten Woche eine vollkommene Klärung über diese Fragen für unbedingt notwendig halte, über die Konstruk tion der Zwangsanleihe sollen je eher je besser die Mitglie der des Hauses ins Bild gesetzt werden. Die Klarheit sei aus außen- und innenpolitischen Gründen, notwendig. Alles an dere soll zurücktreten. Wir wollen von der Welt ernst ge nommen werden. Daher müssen wir alles tun, jenes große Werk zu Ende zu bringen. Entsprechend einem Antrag des Abg. Dr. M a rr (Zentr.) stimmte das Haus mit großer Mehrheit der Abhaltung der nächsten Sitzung am Donnerstag, den 9. März, nachmittags 2 ühr, mit der angegebenen Tagesordnung Zu. Wochenschau. Die politische Rückentwickluag. — Erkenntnis einer Gärung. — Das neue Sachlteserunasabkommen und französische Rheinlandspolltik. Ilnc. Berlin, 4. März. Es wird von Tag zu Tag erkennbarer, daß große Massen des deutschen Volkes immer stärker in einen Umwandlungs prozeß hineingedrängt werden. Man könnte diesen politi schen Gärungsprozeß auch als eine Art Rückwandlung be zeichnen, die der politischen Entwicklung von 1918 ent gegengesetzt läuft. Die Zeit der Phrasen, mit denen die Parteien sich selbst besoffen machten, bis sie die harte Wirk lichkeit bis zur Unkenntlichkeit maskiert und umnebelt hatten, scheint erfüllt zu sein. .Die Augen des Volkes öffnen sich, um ringsum nur Not, Gewalt, Trümmer, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung zu erkennen. Alle Hoffnungen, alle politischen Berechnungen erweisen sich als Selbstbetrug. Von der Frie densresolution 1917 an über Versailles, London und Cannes. Der Wahn vom „Völkerfrieden", von der „Erfüllungspoli tik", dem „einzigen" Weg dorthin, ist zu Ende geträumt. Die Folgen zwingen die Erfüllungsgläubigen zur Logik. Sie spüren am eigenen Leibe, es geht abwärts mit uns. Den Hungerriemen, den man bei uns nur noch im Sprichwort nannte, muß man nun anlegen. So kam die erst« Erkennt nis. Alles Streiken, alle Lohnerhöhungen nützen nichts. Die Teuerung ist schneller, und der Abstand zwischen beiden wird 'mmcr größer. Ein Brot 12 bis 16 -K und die Aussicht, daß es im nächsten Jahre noch teurer wird. Und keine Hoffnung, daß irgendwann eine Besserung eintreten könne. Denn all mählich wird es auch dem letzten Frankophilen klar, daß Frankreichs Wille dem entgegen steht. „Manchester Guardian" hat das in «ine betreffende Formel gebracht: Frankreich will das Wirtschaftselend Deutsch lands verewigen. Warum? Um uns dauernd nie derzuhalten, das Rheinland annektieren zu können, die deut sche Reichseinheit zu zerreißen, kurz, um Deutschland zu zer trümmern. Und dann die Angst Frankreichs: 20 Millionen . zuviel Deutsche! Die nächst« Erkenntnis, — sie fällt den Mas sen der Linksparteien verflucht schwer! — ist: von diesem Vernichtungswillen kann keine Erfüllung Frankreich abbrin gen. Wir glauben aber, durch die Erfüllung die anderen zur wirtschaftlichen Einsicht bringen zu können. Ist auf die Hilfe Englands zu hoffen? Bis fetzt hat es immer nachgegeben, bis jetzt war Frankreich immer stärker. Und Amerika? Diese Hoffnung ist auch begraben. Nur noch an «ine Ret tungsmöglichkeit klammert sich das deutsche Volk, an die Kon- ferenz von Genua. Und auch diese erweist sich als eine Fehlhoffnung. Denn an dem mörderischen Versailler Ver trag, an den „Reparationen" darf nichts geändert werden. Die Gefahr der „Sanktionen" bleibt bestehen. Mit jedem Tag also muß es weiter dem Abgrund zugehen. Was hilft alles Einschränken, alles Steuernzahlen? Nichts! Wozu also Erfüllungspolitik? Damit liefern wir uns doch nur selber ans Messer. Langsamer Selbstmord auf Cntentebefehl! — Das sind Gedankengänge, die draußen im Lande, in den Massen, beute auf Schritt und Tritt anzutresfen sind. Frei lich, die Führer des Volkes und Berlin wollen davon nichts hören und sehen. Sie machen weiter hohe Politik, erfüllen und hoffen weiter. Indes ihnen der Boden des Polkswillens ! unter den Füßen schwindet. Aber sie haben eine Galgenfrist — bis Genua. Kommt dort ein neues Diktat dem alten aleich, dann wird es eine Explosion im Innern geben, deren Wirkungen gar nicht abzusehen sind. Denn die Verzweiflung eines ganzen Volkes, in dem inneren Gärungszustande wie bei uns, wirkt sich jenseits von aller Logik aus. Die heutige Regiening würde hinweggefegt — und dann? In diesem Zusammenhangs bedarf einer besonderen Wertung das neue Sachlieferungsabkammen zwischen Rrichsregierung und Reparationskommissionen. Diese In Aussicht genommenen Leistungen ohne Entgelt in bedeutend stem Ausmaße werden die Verdien st Möglichkeiten aus der deutschen Erporttcitiqkeit noch mehr herabdrük- ken. Zwangs'öufig muß sich also unsere Lebenshal tung verschlechtern. Das Abkommen liegt durchaus in der Linie unkerei Erfüllunzspolitik. Goldmillionen kön nen wrr nicht genügend leisten, also nimmt di« Reparations kommission Sachlieferungen. Das ist durchaus logisch von Ihr. Ob es klug war von unserer Regierung, vor Genua noch eine neue Bindung einzugehen, ist ein anderes Auf eine Nebenfolae dieses Abkommens muß warnend hingewiesen werden. Gemäß dem Wiesbadener Abkommen si llten die Sachlieferungen von einer Zentralstelle in Berlin auf die deutsche Industrie verteilt werden. Jetzt ist der freie Handel vorgesehen, d. h. der Ententemann oder zu- fammengeschlossene Grupoen bestellen Sachlieferungen bei einer beliebigen Firma.' Da» ist für Frankreich« Rheinland politik von größter Bedeutung. Cs wird mit seinen Basallen die rheinische Industrie bevorzuaen, Dazu kommt, daß für der evangelischen Kirchen des In- und Auslandes, der gro ßen kirchlichen Verbände, der theologischen Fakultäten, der Kirchen- und Stvdtgemeinde begann am Sonnabend die Lnthererinnerungsfeier in Wittenberg. Die erste Veranlas sung, die Tage festlich zu begehen, in denen sich die Rückkehr Luthers von der Wartburg mit der fertigen Übersetzung des Neuen Testaments zum 400. Male jährt, ging von dem be kannten Führer der schwedischen evangelischen Kirche Dr, Söderblom aus, der selbst an der Feier teilnahm. Veran staltet wird die Feier von der Luther-Halle und van der Luthergescllschaft. Sie soll nicht nur rückschauende Erinne rung sein, sondern Selbstbesinnung des Protestantismus auf seine Aufgaben in der Gegenwart. Daß dabei in erster Linie an eine enge Fühlungnahme der deutscher Archen mit den evangelischen Kirchen des Auslandes gedacht ist, zeigt die Anwesenheit zahlreicher ausländischer Kirchenmänner, die der Wittenberger Feier wie einst dem Kirchentag in Stutt gart ihr eigentliches Gepräge geben. Infolge starken An dranges mußten schon am Begrüßungsabend zwei Parallel versammlungen abgehalten werden. Die Feier In der Schloß kirche, in der sich die Grabstätten Luthers und Melanchthon« befinden, wurde vom Vorsitzenden der Luther-Halle Cphorus Dr. Jordan mit Predigtworten über die Gegenwartsbedeu tung Luthers eröffnet. Darauf wurden unter gemeinsamem Gesang zwei kostbare Kränze an den Gräbern der Reforma toren niedergelegt. Es folgte eine Reihe Begrüßungsan sprachen in- und ausländischer Vertreter der Kirche und kirchlichen Verbände. Durch alle diese Grüße und Gegen grüße klang ein starker Wille zur Einigkeit hindurch, gegrün- > dct auf den gemeinsamen Besitz, den der Protestantismus in Luthers Persönlichkeit hat. In diesem Bewußtsein konnte ein Ausländer Wittenberg als die Pilgerstätte der Mensch heit bezeichnen. Besonders stark wirkten die Darts des Füh- i rers der schwedischen Kirche. Söderblom erklärte, daß sein Vaterland tn geistiger Hinsicht niemandem soviel vonWt» Erschelnungswetfe: Jeden Werktag abcntzp für den folgend. Tag.! Postschecki-Konto: Amt Dresden Nr. 1521. Gemeinde» Bezugspreis: Bet Abholung in der Geschäftsstelle monatlich! verbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. 64. Mk. 7.30, bei Zustellung ins Hans monatlich Mk. 8.—, durch Im Falle höherer Gewalt — .Krieg oder sonstiger irgend welcher die Post bezogen vierteljährlich Mk. 24.— mit Zustellungsgebühr. Störung des Betrieber der Zeitung oder der Besörderungseinrich- Alle Postanttalten, Postboten, sowie Zeitungsausträger und die tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Geschäftsstelle de» Blattes nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Vor neuen Steuerkämpfen. Berlin, 5. März. Von parlamentarischer Seite dem „Tag" geschrieben: Durch die Erklärung des Reichskanzlers bei der gestrigen Geschäftsordnungsdebatte des Reichstages ist mir großer Deutlichkeit hervorgehoben, daß die neue Woche den eigent lichen Kampf in allen mit dem Steuerproblem zusammenhän genden politischen und wirtschaftlichen Fra gen bringen wird. Die Vertagung der Plenarsitzungen des Reichstages bis zum Donnerstag wird zwar den Ausschüssen die nötige Zeit zur Fertigstellung dex Steuerae- setz« und den in Betracht kommenden Abgeordneten auch di« notige Zeit zu den Verhandlungen über die Ausgestaltung der Zwangsanleihe geben. Die Fraktionen des Reichstages werden aber zu eingehenden Beratungen kaum vor Mitt woch nachmittag oder Donnerstag versammelt sein, so daß eine Entscheidung in diesen Fragen nicht etwa bereits am Donnerstga gefällt sein kam,. Zur Klärung der mit dem Ab schluß der Steuerverhandlungen und mit der Zwangsanleihe zukampisnhängerchen politischen Fragen würde eure offenere Mitteilung der Regierung über die bereit» zitterten außen- Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitunginallenVolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 2L Anzeigenpreis: Die «gespaltene Grundzeile (Zlm. Masse 14) oder deren Raum 2.25, Mk., örtliche Anzeigen 1.80 Mk. Im Text teil lZlm. Mosse 14) 0.— Mk. die ^gespaltene Zeile. Bei Wieder- . Holungen Nachlaß nach feststehenden Sätzen. — Amtliche Anzetgeg die »gespaltene Zeile 4.50 Mk. — Für bestimmte Tage oder Plätze wird keine Gewähr geleistet. — Erfüllungsort Bischofswerda.