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DerSMHeLrMer Bischofswerdaer dcrgeöLcrtt^ HauptblattundgelesensteZeitungtmAmtsgertchts. UnabhLngigeZettungfüralleStSndetnStadtund bezirk Bischofswerda und angrenzenden Gebieten VMM. Land. DichtesteVerbreitung tnallenDolksschtchten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt. Beilagen: Sonntags.Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Vellage. Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. > Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22. Erscheinungsweise: Jeden Werktag abend, für de« folgend. Tag. Vezug,prei,: Lei Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Llk. 3.75, bei Zustellung in. Hau, monatlich Mb 4.—, durch di« Poft bezogen oierteliährlich Mb. 1125 ohne Zustellungsgebahr. 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Nein, meine Herrschaften, es ist durchaus nicht alles gleich, und nach wie vor ist es Pflicht, sich zu schämen; irgend einer Arbeit, nicht der größten Einfachheit, wohl aber sicht barer innerer und äußerer Verlotterung. Mehr denn je i muß heute jeder Einzelne auf sich hatten, sich Alt-Preußens 'erinnern und schamhaft sein. Denn der Anfang aller Kultur ist Schamhaftigkeit, und wenn wir in jeder Hinsicht den, Grundsätze huldigen, „heutzutage braucht sich kein Mensch zu schämen! , so wird Deutschlands Kultur bald nur mehr als Wrack zwischen den stolzen Schiffen anderer Nationen dahintreiben und dort landen, wo die inneren und die äuße ren Feinde es sehen wollen! Darum, ihr Herrschaften und insbesondere ihr Herren, die ihr als Führer des Volkes be stellt seid, redet uns nicht immerfort von „nur Arbeit" son dern redet uns auch von dem was uns not tut und zeigt uns das. Würde! Laßt die Phrasen von Golgatha, vom Völ kerbund auf den ihr hofft, oder von der endlichen Einsicht der Feinde der ihr vertraut, und ruft den Deutschen Worte zu, in denen etwas von jenem Geiste weht: „Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten, rufet die Arme der Götter herbei!" Aber ach, da schreckt ihr schon zusammen! „Zum Trotz sich erhal ten", könnte die Entente das nicht übel nehmen? Und gar erst „rufet die Arme der Götter herbei", — klingt das nicht wie Militarismus und Verlangen nach einem Revanche krieg?!" Wir sind ja so schmiegsam, haben Pädagogen, die alle patriotischen Lieder aus den Schullesebüchern verbannen, und ein Habgesang, der uns einst begeisterte, ist heute ver pönt! Und doch brauchen wir all diese Gefühle, brauchen nicht nur Patriotismus, sondern auch Haß, jawohl, Ihr schreckensbleiche Pazifisten! Haß, damit sich in uns wieder Stolz und Willen aufrichten. In der Wahrheit faßt ja das Volk schon längst die Brutalität Frankreichs, die mit allen Gewaltmitteln die Versklavung jedes Einzelnen von uns erstrebt! Ihr Herren, die ihr so beflissen die Erniedri gungsallee von Versailles bis zum vorläufig letzten Ultima tum gewandelt seid, gebt dem deutschen Volke wieder, was ihr in ihm erstickt habt. In diesem Volke lebt trotz all eurer ,Bemühungen eine stiernackige Kraft, ein ungeheurer, wenn auch momentan betäubter Wille zum Leben und zum Er folge. Sagt diesem Volke nicht schmähliche, sondern starke Worte, die seinen betäubten Willen erwecken und zeigt ihm durch die Tckt, daß iHv euch zu euren Worten bekennt! Mit eurem grauen „nur Arbeit" (und dazu der Achtstundentag!!) ist's nicht getan! Soll Deutschland jemals wieder ebenwürtig unter Ebenbürtigen stehen, so braucht es Würde, braucht sie dringender als Arbeit, und steigendeValuta, dennKräfte und Siege eines Volkes ruhen in seinem Schoße. — 0. V. Der englisch-französische Gegensatz in der oberschlesischen Frage England hält an seinem Standpunkt fest. Paris. 22. Juli. (M. T. B.) Die französische Note auf englische Anwort in der oberschlesischen Frage ist Lord die englische Anwort in der oberschlesischen Frage ist Lord Curzon gestern abend durch den französischen Botschafter in London überreicht worden. Der Inhalt entspricht unseren gestrigen Angaben. Wie dem „Matin" mitgeteilt wird, hatte Lord Curzon an dem britischen Standpunkt festgehal ten, zuerst die oberschlesische Frage zu re geln und erst dann, wenn es notwendig erscheint, Truppen zu entsenden. Nach Marcell Jussain wird Briand in der Freitag statt findenden Ministerratssitzung noch einmal den französischen Standpunkt auseinandersetzen. Jussain glaubt versichern zu können, daß die Boulogner Konferenz um einen Monat ver tagt wird. Dieser Ministerrat wird wohl die Entscheidung über die weitere Haltung gegenüber England bringen. Bis zur Stunde hat offenbar in Paris die Richtung die Oberhand, di« auch gegen Englands Einspruch die bisherige französische Polenpolitik weiterführen und einen Vorwand zur Besetzung des Ruhrgebiets schaffen will. Die Anwesen heit des französischen Generals Dögoutte in Antwerpen wird ja allgemein dahin ausgelegt, daß Frankreich im Begriff ist, eine Division vom Rhein zu Wasser nach Danzig und oon dort aus nach Oberschlesien zu transportieren. Die Ausführung eines solchen Vorhabens würde natür lich eine neue Herausforderung Englands bedeuten. Sollte der französische Ministerrat eine Brüskierung Englands be schließen, so wäre wohl mit einer sehr scharfen Reaktion Eng lands zu rechnen, und di« Ereignisse, die zu einer etckaültigrn internationalen Neuorientierung führen, könnten sich über- stür-en. Mehr Würbe! Wann immer von Deutschlands Unglück die Rede ist, wird man hören und lesen: „Nur Arbeit kann uns retten!" Jedesmal regt sich in mir dann Widerspruch, und ich möchte laut hinausrufen: „Nein, das ist em Irrtum! Nur Arbeit allein kann uns nicht retten, kann uns höchstens vom wirt schaftlichen Untergang retten, so wie Brot einen Verhungern den rettet! Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein; wir -rauchen noch anderes als Arbeit, wir brauchen Würde!.. Würde, — innerhalb Deutschlands scheint heutzutage nur noch eine bescheidene Minorität diesen Bedriff zu kennen und zu werten. Beinahe möchte man fürchten, daß dies Wort in künftigen Zeiten unserem Sprachsatz fehlen wird, so wie der französischen Sprache „Sehnsucht" und „Gemüt lichkeit" fehlen. Und da erhebt sich die Frage: „Was ist Würde, worin besteht sie und wie äußert sie sich?" Sehr viele Menschen stellen sich unter „Würde" gravitätisches Aui treten und einen gewissen hochmütigen Ernst vor. Aber Würde ist etwas ganz anderes, ist äußere und innere Hal tung, unverrückbares seelisches Gleichgewicht, genaue Ab schätzung unsichtbarer Distanzen, richtige Taxierung eigenen und fremden Wertes. Würdelosigkeit sehen wir heute an allen Ecken und Enden, oben und unten, im Großen wie im Kleinen. Würdelos ist's, pathetisch die Schwurfinger zum „niemals" zu erheben, und dabei schon mit der andern Hand nach der Feder zu greifen, die alles unterzeichnen will, was die Schwurfinger verneinen. Würdelos ist's, sich immer «ufs neue Schuld aufladen und beschimpfen zu lassen oder gar demütig an die eigene Brust zu klopfen und beflissen zu beteuern: „Noa culpa". Würdelos sind die ewig sich wieder holenden Klagerufe: „Der Weg nach Golgatha!" ... „Der Leidensweg des deutschen Volkes!" Ein sterbendes Volk!" ... usw. Man wird vielleicht einweirden, daß Nach- giebigkeit und Gejammer« unserer Lage nützen, und daß unsere Zustände nicht trostlos genug dargestellt werden könn ten. Aber sind diese Gründe stichhaltig? Ist es nicht eher wahrscheinlich, daß unsere Feinde sich durch Einsicht in Sta tistiken und ähnliches Material gründlich über unsere Ver hältnisse unterrichten? Kann man annehmen, daß ihnen das Unterscheidungsvermögen fehlt für das, was Wahrheit ist ,der Dichtung sein könnte? Glaubt wirklich irgend Jemand, daß sie nicht genau wüßten, welchen Anteil sie selber an der Kriegsschuld haben? Nein, dies Winseln in der Öffentlich keit ist durchaus würdelos, und nicht weniger würdelos, nur ungleich grotesker, sind die Vorschläge, die von privaten, sich berufen haltenden Persönlichkeiten für "die Rettung Deutsch lands" gemacht werden. Da erklärt ein gelehrter Herr öffentlich, „wenn alle Deutschen nach der Lehre des amerika nischen Arztes Fleischer gründlich kackten, so würden wir alle Nahrungssorgen überwunden haben und neben einer aus reichenden Ernährung aller, aus den Ersparnissen auch noch die gesamten Kriegsschulden in kurzem tilgen können." Den Vogel schoß freilich ein „Einsender" eines Weltblattes ab, her vorschlug, die Regierung sollte doch, in Anbetracht der hohen Lederpreise, den Beamten gestatten, im Sommer bar ftiß in den Bureaus zu erscheinen. In Bayern gingen be reits alle Beamten barfuß (!!) Man hat nun allerdings noch keinen einzigen bayrischen Beamten unbestrumpft und unbe- fchuht gesehen, und man mag im ersten Augenblick über solche Vorgänge wohl lachen, wird sich aber doch eines zor nigen Gefühls nicht erwehren können, daß es überhaupt ge wagt werden darf, einem großen Volke solch beschämende Vorschläge zu machen. Da wendet man vielleicht ein, daß wir ja arm geworden seien und nach Möglichkeit sparen müßten; aber es gibt eben zweierlei Arten, Armut zu er tragen und Sparsinn zu betätigen. Man kann auf wider lich-aufdringliche Weise sparen, indem man durch Wort und Tat in jeder Minute zeigt: „Das ist mir zu teuer, das kann ich mir nicht leisten!", und man kann sparen, wie das alte Preußen sparte, selbstverständlich, schamhaft, mit dem ehr- tzaren Bestreben, sich und dem eigenen Hause Ansehen und stille Würde zu geben. Dies schöne Alt-Preußentum scheint Deutschland verlernt und vergessen zu haben. Breite Kreise leider auch breite Hausfrauenkreise, geben sich gar keine Mühe mehr, Entbehrungen zu verschweigen, Schäden und Mängel des Anzugs, des Hcmses zu verbergen, stürzen sich mit wahrer Flagellantenlust, mit einer grausamen Freuds mi der eigenen Erniedrigung in die Proletarisierung hinein mit dem Rufe: „Heutzutage braucht sich niemand zu schä men!" Ehedem haben Emporkömmlinge mit ihrem Reich tum geprunkt uick wurden mit Recht geschmacklos geschallen, — heute prahlen Verarmte mit ihrer Dirrschlampung, und meinen, „es ist doch «Les gleich!" Loudon, 22. Juli. (W.T.B.) Ein diplomatischer Be richterstatter des „Daily Telegraph" schrewt: Die britische Regierung bleibe bei ihrer energisch ausgesprochenen Über zeugung, daß die Fragen von Oberschlefien, der Sanktionen am Rhein und der Kriegsbeschuldigten ohne weitere Ver zögerung behandelt werden sollten. Verschiedene Punkte der Reparafionssrage duldeten keinen weiteren Aufschub. E» wäre zwecklos, die Meinungsverschiedenheiten zwischen London und Paris zu verheimlichen. Noch Auffassung der britischen Regierung könne die Lage nicht so bleiben, do äußerst kritische Probleme durch j eine Art passiver Resistenz Frankreichs aufgehalten würden. ! Über die Haltung der britischen Regierung werde möglicher weise schon heute vom Kabinett beschlossen werden. Lloyd George erklärte im Unterhaus, daß die ober schlesische Frage nicht gelöstwerden könnte, solange der Ober ste Rat nicht einberufen wird. Es sei die feste Überzeugung der britischen Regierung sowie des englischen Kommissars in Oberschlesien, daß alle Unruhen in dem Abstimmungsgebiet verhindert werden könnten durch einen sofortigen end gültigen Entscheid und durch den Einzug regulärer deutscher und polnischer Truppen und Gendarmerie in den betreffenden Gebieten. Ein innerer Bruch der Entente? Paris, 22. Juli. Der New Port Herald schreibt, es sei zweifellos ein innerer Bruch der Entente festzustellen. Man gebe sich zwar auf beiden Seiten des Kanals die größte Mühe, den Riß zu verkleistern, er werde aber immer offen kundiger. In Downing Street fürchtet man, daß Briand vollständig unter den Einfluß der französischen Militärpartei geraten werde, die Deutschland vollständig unter werfen wolle. Deshalb hat man sogar Abneigung vor wei teren französischen Truppensendungen, da man cknnimmt, daß nach ihrer Ankunft die Polen die Gelegenheit benützen würden, um ihre Rachgelüste gegenüber den Deutschen zu be friedigen. Der britische Oberkommissar in Oberschlesien Ha rald Stuart hat zwar den Bericht der anderen Kommissare mit unterschrieben, aber außerdem an das Londoner Aus wärtige Amt ein Telegramm gerichtet, worin er nochmals betont, daß eine schnelle Lösung der oberschlesischen Frage, gleichgültig, ob man Truppen schicke oder nicht, unbedingt notwendig sei. Die Chicago Tribun« behauptet heute, aus zuverlässiger Quelle erfahren zu haben, daß Marschall Foch gemeinsam mit dem französischen Kriegsminister Barthour bereits die Absendung einer französischen Division nach Ober schlesien vorbereite. Die französische Militärpartei sei ent schlossen, ohne Rücksicht aus die englische oder italienische Re gierung den französischen Standpunkt durch zusetzen. Die französischen Sachverständigen Laroche, Fromageot und Massig» werden heute oder morgen zu sammentreten und der französischen Regierung noch einmal den Bericht über die Lage in Oberschlesien übergeben. Paris, 22. Juli. Chicago-Tribüne meldet aus London: In London ziehe man jetzt die Möglichkeit in Bettacht, daß Truppen nach Oberschlesien gesandt werden müßten, well es, wenn die Franzosen mit unbeschränktem Einfluß in Ober schlesien walteten, zu Herausforderungen kommen und da durch eine Lage geschaffen werden könne, die zu weit ernste rem Eingreifen späterhin nötigen würde. Fslgen der russischen Hungersnst. Massenflucht au, dem Wolga- und Subangeblet. Helsingfors, 22, Juli. Große Züge von Dauern des Wolga- und Kuban-Gebietes haben ihr« Wohnsitze verlassen und ziehen nach dem Westen. Man befürchtet, daß es den Sowjetbehörden nicht gelingen wich, diese neue Völkerwan derung so aufzufangen, daß sie nicht bis an die Grenzen der Randstaaten vordringt. Unter den Auswandernden sind schwere Seuchen ausgebrochen, deren Verbreitung durch die Hungersnot auf das stärkste gefördert wird. Die Regierun gen der Randstaaten beraten zur Zell in Helsingfors über di« Abwehr dieser von Osten Vordringen-«» Gefahr, da die Grenzen der Randstaaten nach dem Osten hin bisher keines wegs genau festgel«gt, geschweige denn Hennetisch geschlos sen sind. Dazu kommt weiter die Gefahr, daß da» hungernde Rußland immer mehr Lebensmittel au» den Rondstaate» heraus holen wird, so daß dort selbst auch ManUel an Nahrungsmitteln eintreten kann. Sn irgendwelche mist- Es macht sich im Gegenteil bemerkbar, daß sich di« russisch«