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»HD dcrgevccrtt^» Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dichteste Verbreitungin allenBolksschichten Beilagen Sonntags - Unttthaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Geschüftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 2L DerSWWeLrzHi"er Mschofsweröaer Hauptblatt und gelesensteZeitungimAmtsgerichts- bezirk Bischofswerda und angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- «mmschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, Les Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Grsched»»»a»»else: Jeden Werktag abends Mr den folgend. Tag. Vezugsprel»: Bei Abholung in der Geschäst-stelle monatlich Mk. L-, bet Anstellung in» Hau» monatlich Mk. 3 28, durch di» Poft bezogen vierteljährlich Mk. 9.90 mit Zustellungrgedühr. 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Iahrganp Die Verhandlungen in Washington Sehr kurz und vorsichtig gehalten sind die offiziösen französischen und nordamerikanischen Mitteilungen über die Verhandlungen, welche der französische Sonderbotschafter Viviani gegenwärtig in Washington mit dem Präsidenten Harding führt. Mit einiger Sicherheit kann bis jetzt mir ye- sagt iverden, daß Vivianis Hauptaufgabe nicht die Beschaf fung von Geld in Nordamerika ist. Bon Paris aus wird minier wieder betont, daß Frankreich nicht daran denke, um Nachlaß seiner Schuld zu ersuchen, sondern sie selbstverständ lich getreulich bezahlen werde. Schon allein aus dieser Feststellung ist zu ersehen, daß Mviant nur den bekannten hochpolitischen Auftrag hat, Nordamerika als Bundesgenossen für die französische Politik gegen Deutschland und gegen England und Italien zu ge winnen. Die offiziösen Meldungen drücken das so aus, daß sie sagen, er suche um größere moralische Unterstützung Frankreichs durch Nordamerika und um dessen Teilnahme an einer internationalen Organisation zur Verhinderung neuer Kriege nach. Frankreich sei für jede von Harding ge wünschte Abänderung des Versailler Vertrages zu haben, wenn nur dabei die Essenz des Vertrages unvei-sehrt bleibe. Mit anderen Worten: an den Völkerbundsatzunyen liegt den Franzosen gar nichts, an den Vertragsbestimmungen gegen Deutschland alles. Die führenden republitarrischen Senatoren Lodge und Knox, die seit dem Konflikt des Senats mit Wilson die eigentlichen Leiter der nordamerikanischen Außenpolitik dar stellen, sind offenbar bereit, in Lieser Hinsicht den Franzosen auf das weiteste eickgegenzukommen. Sie wollen nicht nur den Friedensschluh mit Deutschland so lange verschieben, bis die Aussprache zwischen Frankreich und Nord-Amerika be endet ist, sondern sie sirld schon jetzt bereit, in die Friedens- Resolution Knox eine Bestimmung einzufiigen, welche die Ansprüche der Franzosen, wie diese sie aus dem Versailler Vertrag herleitcn, ganz nach ihren Wünschen voll gewähr leistet. Verschwiegen wird in den offiziösen Meldungen bis jetzt noch vollständig, was Viviani dem Präsidenten Harding als Gegenleistung anzubieten hat, d. h., ob er die Verpflichtun gen Frankreichs zur Unterstützung Nordamerikas gegen England und Japan übernehmen soll. Am 5. April wird Präsident Harding nut seiner Frau dem französischen Sonderbotschafter zu Nrreni ein großes Festbankett veranstalten. Bis dahin sollen also wohl die Verhandlungen zu Ende geführt sein. Da die nordamerika- nische Politik sich immer mehr nach den Gebräuchen und Methoden der europäischen richtet und sich besonders die Fürstenhöfe zum Muster nimmt, so ist zu erwarten, daß bei Liefern Bankett die üblichen hochpolitischen Trinksprüche ge balten werden. Aus dem Wortlaut der Trinksprüche dürfte sich dann vielleicht ersehen lassen, was die offiziösen Kund gebungen bis dahin verschweigen. Eine abermalige Bestätigung der „Unverbrüchlichkeit der traditionellen französisch-nordamerikanischen Freund- schäft" würde in England sehr bitter empfunden und wohl als entscheidende Wendung betrachtet werden. * Amerika und die Reparationen. Da die Presse des Auslandes zum Teil widersprechende und irreführende Nachrichten über den Inhalt des deutschen Memorandums und der amerikanischen Antwort bringt, so hat die Reichsregierung den Notenwechsel veröffentlicht. Das deutsche Memorandunr, das nicht so sehr umsaug- reich ist, betont zunächst den entschiedenen Willen Deutsch lands, seinen Verpflichtungen bis zur äußersten Möglichkeit nachzu kommen. Es unterscheidet sodann zwei Arten von Verpflichtungen: dem Wiederaufbau der zerstörten Gebiete und der darüber hinausgeheirden finanziellen Entschädigung. Das Memorandum betont, daß Deutschland dringend wün sche, an dem Wiederaufbau mitzuarbeiten, und zwar in jeder! praktischen und möglick^n Form, die man ihm Vorschlägen würde Bisher seien alle Bestrebungen in dieser Richtung an dem Widerstand gescheitert, der ihnen in Frankreich entgegen gestellt wurde, und es könnten sich Zweifel erheben, ob di« ausschlaggebenden französischen Kreise eine schnelle Förde- ning dieser Frage überhaupt für wünschenswert hielten. Deutschland wisse aber, daß es angesichts der schwierigen Fi nanzlage in einigen alliierten Ländern auch abgesehen vom Wiederaufbau sich Geldleistungen auserlegen müsse und es, «volle sich auch dieser Forderung nicht entziehen.. Das Me- movanoum berührt wieber den Gedanken der inttrnatiüna- len Anleihe und des Steuer-Nachlasses für diese Anleihe und erwähnt auch die Frage der Schulden Frankreichs und Eng lands an Amerika. Es wird an den Gedanken Lord Robert Eecüs erinnert, die Angaben über die deutsche Leistungs fähigkeit unparteiisch nachprüfen zu lassen und cs wird zu erkennen gegeben, daß Deutschland gegen keine gerechte und objektive Prüfung etwas einzuwenden haben würde. Die ganze Fassung des Memorandums läßt an der Bereitwillig keit und an dem guten Willen Deutschlands, in der Entschä- digungsfragc jede mögliche und erträgliche Lösung anzuneh- nien. nicht Len geringsten Zweifel. Die amerikanische Antwort. Der amerikanische Kommissar, Herr Dresel, hat am 29. März als Antwort auf das deutsche Memorandum dem Auswärtigen Amt ein Memorandum übergeben, besten wört liche Übersetzung lautet: Die amerikanische Regierung ist erfreu«, aus Dr. Simons' informellem Memorandum in unzweideutiger weise den Wunsch der deutschen Regierung zu ersehen, Reparationen bis zur Grenze der Zahlungsfähigkeit zu leisten. Die ameri kanische Regierung hält, ebenso wie die alliierten Regierun gen D e u t s chl and sür verantwortlich für den Krieg und daher moralisch verpflichtet, Reparation za lei sten, soweit die» möglich sein mag. Die Aner kennung dieser Verpflichtung, wie sie da» Memorandum in sich schließt, scheint der Regierung der vereinigten Staaten die einzige gesunde vast», aus der ein gesicherter und gerechter Friede hergestellt werden kann, unter dem die verschiedenen europäischen Rationen wieder za wirtschaft licher Stabilität gelangen können. Vie amerikanische Regie rang glaubt, in dem Memorandum den aufrichtigen Wunsch der deutschen Regierung zu erkennen, Verhandlungen mit den Alliierten auf elaer neuen vasis zu eröffnen, und hofft, daß derartige Verhandlungen, einmal wieder aus genommen, zu einer Regelung führen mögen, die gleichzeitig deu gerechten Ansprüchen der Alliierten Genüge leistet und Deutschland erlaubt, hoffnungsvoll seine produktiv« Tätigkeit wieder zu beginnen. * Es gehört die unzerstörbare Hoffmmgsfreudsykeit unver besserlicher Optimisten dazu, aus Lieser lakonischen Antwort der amerikanischen Union die Zuversicht auf eine amerikani sche Dermittlungsaktion zu schöpfen. Was uns aus der ame rikanischen Airtwort am gravierendsten hervortritt, ist di« Betonung der deutschen Verantwol-tlickfteit für Len Krieg. Unsere Weltfriedensgläubigen und Dölkerbundsanbeter mö gen aufs neue erkennen, in was für einen grauenhaften Wahn sie die vergifteten Ser-len des deutschen Volkes mit ihrer Wilsonhypnose einlullten. Das Schuldbekenntnis, Las unsere Unterhändler unter der Wirkung dieser Hypnose im Versailler Vorfriedensvertrag sich abpressen liehen, war nicht, wie unsere Völkerbundsfaselanten sich mit anderen ein- bkldeten, die Grundlage für Deutschlands baldige Begnadi gung, sondern bewußter- und ausgesprochenermaßen die ein zige und ganze „Rechtsgrundlage" für alle Willküren, Verge waltigungen mü> R«chtsbrüche, di« man seither beliebte und künftig noch belieben mag. Ans der hysterischen Unermüd lichkeit, womit Frankreich trotz des unterschriebenen Vertrags immer wieder ein erneutes Schuldbekenntnis Deutschlands fordert, geht am besten hervor, wie gut nian in Frankreick, selber die moralische Unverbindlichkeit dieser erpreßten Unter schrift fühlt und erkennt. Das böse Gewissen Frankreichs spürt, dag an diesem Punkte einst die unvermeidliche und un ausbleiblich« weltpolitische Revision des Versailler Schand paktes einsetzen wird. Insofern ist das amerikanische Gast geschenk an Herrn Viviani zweifellos sehr schlau auf die fran- Msch« Hysterie berechnet. Wir können uns aber darauf ver ätzen, daß England die umworbenen Pariser keine Stunde ang darüber im Unklaren wird sein lassen, daß setbstver- tändlich auch es aus dem Schuldbekenntnis Deutschlands be- tohe. Ebenso seldstverstmchlich ist es, daß auch die tollste Lüge — da» ist die Lüge non Deutschlands alleiniger Schuld — durch keine Wiederholung zur Wahrheit weiden kann. Un sere größt« moralische Aufgabe wird es bleiben, die infame Lüg« von der alleinigen deutschen Schuld in der Wett zu zer stören. Da» werden heute auch solche Leute erkennen, di« vielleicht bi» gestern noch sich etwa» von douffcher vüßerhckl- tung vetspwche«. Das Ende des Kommunistenaufstaudes. Magdeburg, 4. April. (Drahtber.) Die Pressestelle des Oberpräsidiums teilt mit: Im Regierungsbezirk Merseburg wurden bei verschiedenen Streifen mehrere Personen festge nommen und auch Gewehre beschlagnahmt. Hettstedt wurde mit einer Hundertschaft dauernd belegt. Im Kreise Torgau wurden 230 Personen festgenommen. Irr Torgau mißlang ein Handgrancttenanschlag auf den zweiten Bürgermeister. Es wurden erhebliche Munitionsfunde gemacht. Im übri gen kann gesagt werden, daß die Lage im allgemeinen ruhi ger geworden ist und daß die Aufruhrbewegung im allge meinen als niedergeschlagen betrachtet werden kann. Wie die Blätter aus Halle melden, hat die Kommuni- stcnbande, von der Wettin heimgesucht wurde, im Wettiner Postamt einen sich entgeaenstellenden Landjäger erschossen und 60 000 -il geraubt. Wie die Leitung der Leuna-Werke mitteilt, werden die Wiederherstellungsarbeiten voraussicht lich in dieser Woche soweit durchgeführt werden, daß der Betrieb wieder ausgenommen werden kann. Für die Ein stellung der Arbeiter soll eine bestimmte Altersgrenze festge setzt werden, da jeder, der in einem für Deutschland so wich tigen Betriebe, wie dem Leuna-Werk, arbeite, eine gewisse Neifx erlangt haben müsse. Die Meldung, daß auf die Ergreifung von Max Hölz von der preußischen Regierung eine Belohnung von 10000V Mark ausgesetzt worden sei, trifft der „Deutschen Allg. Zty." zufolge in dieser Form nicht zu. Die Belohnung röurde viel mehr ausgesetzt auf die Ergreifung aller Bandenrührer, die bei dem kommunistischen Aufstand hauptsächlich mitgewirkt haben Standrechtlich erschaffen. Halle, 5. April. (Drahtber.) In Schraplau ist einer der Haupträdelsführer der Kommunisten, Steinbruchvarbei ter Reinhardt Poblenz, ml» S seiner Genossen standrechtlich erschossen worden. Maffenverhastungen in Breslau vreslau, 5. April. (Drahtv.) Der Polizei gelang es, verborgen gehaltene Sprengstoffe zu ermitteln und zu be schlagnahmen. Durch einen Zufall gelangte sie außerdem in den Besitz von Schriftstücken, auf Grund deren sie eine große Anzahl von Personen verhaftete. Bisher sind ungefähr 50 Personen sestgenommen worden, darunter 10 aus der Pro vinz. Unter dem roten Terror. Eine erschütternd« Sprache rödel ein Bericht der „Kyff- Häuser-Ztg." in Sangerhausen über den Tod des Pfarrer» Müller aus Großostcrhausen, den di« Verbrecherbanden ebenso wie den Pfarrer Neumeister aus Wimmelburg bei Cislehen als Geisel verschleppt hätten. Während Pfarrer Neumeister Gottesdienst abhält, kommen plötzlich junge be waffnete Leut« und rufen ihm zu: „Pfarrer, Aas, schaff 100 000 oder mach dein Testament, jetzt mußt du ver recken". Nach Verabschiedung von seiner jungen Frau, die noch im Wochenbett liegt, wird er nach Sangerhausen ver schleppt und mußt« schwere Mißhandlungen, an denen sich auch Hölz beteiligt«, über sich ergehen lassen, bis er schließlich noch lebenL von der Schutzpolizei befreit werden konnte". Der 62jährige Pfarrer Müller mußte dagegen sein Leden lassen. Der Bericht erzählt darüber folgendes: „Ostersonntag 1921 ist es. Gerade tritt der ehrwürdige Pfar rer Müller im Talar aus seiner Kirck-e, da sind Lastkraft wagen mit bewaffneten Aufrühren vorgefahren. Man for derte ihn auf, sich sofort fertig zu machen und nutzukommen. Der alte Herr sieht, daß er gehorchen muß. Arif der Straße zieht er sein Ornat aus, reicht ihn seiner Frau in die Stube, ordnet alles an, gleichsam als letzte Willensäußerung und steigt dann gottergeben mit seinem Bruder, den man gleich falls faßt, auf den mit anderen Geiseln bereits angefüllten Lastkraftwagen. Die Fahrt geht los. Ostermontag graut am Horizont, die Wagen sausen auf der Straße dahin. Die Gefangenen liegen Licht gedrängt auf dem Baben ihres Au tos, der Pastor Hal die Hinterwaich des Führersitze» al» Rückenlehne. Da beginnt da» Gefecht. Di« Polizei schießt auf die Wagen der Aufrührer, auch das Auto wird bestrichen. Jetzt schlagen die Maschinengewehrkugeln ein. Der Pfarrer Nagt aüf: „Ich bin getroffen." Da» Blut rinnt au» der Brust, er jammert nicht taut, nur voll tiefster Sorge sagt er: .Meine armen Kmderl Sie sind noch nicht groß!' La