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Nr. ISS. Der Sächsische Erzähl«. Beite L Rtz. ISS. P' Em russischer Ministerrat. Unter dem Borsitz des Zaren fand am Freitag in Peter- Hof bei Petersburg eine außerordentliche Sitzung des gesam ten russischen Ministerrats statt, dem, wie dem „Beil. Lok.- Anz." aus Petersburg gemeldet wird, dort eine außerordent liche Bedeutung beigemessen wird. Der Minister des Aeuße- ren Ssasonow sprach ausführlich über die politische Lage in Verbindung mit der Bluttat von Serajewo. Es wurde erwogen, ob die antiserbischr Agitation zu internationale« Verwicklungen führen könne, und welche Maßnahmen dage gen mit Rücksicht auf die Würde und die Interessen Nuß- Icinds zu treffen seien. Di« Manöver in Ungarn abgesagt. Wien, 4. Juni. Wie die „Zeit" erfährt, werden mit Rücksicht auf die gegenwärtige Lage den in Bosnien dislo zierten Truppen keine Ernteurlaubs' erteilt. Die bereits er teilten Urlaube würden wieder zurückgezogen. Dir. großen^ Manöver in Ungarn wurden abgesagt. lassen. Die von Tag zu Tag sich häufenden Aeußerungen -es serbischen Chauvinismus, oben in Österreich-Schlesien und Galizien immer neu« Ausschreitungen polnischer Fle gel gegen harmlose deutsche Ausflügler, und auf der ande- ren Seite die allmählich zur Erbitterung anschvellende Em pörung der sonst so ruhigen deutschen Bevölkerung über die slawischen Uebergriffe. Zwei Wellen stehen hier einander gegenüber. Die Folgen eines europäischen diplomatischen Schrittes der österreichischen Regierung in Belgrad, wie er nach den Feststellungen über den Ursprung der Verschwö rung eigentlich unausbleiblich erscheint, sind kaum zu über sehen. Joseph Chamberlain 1». Der frühere englische Staatssekretär für die Kolonien Joseph Chamberlain ist Donnerstag abend in London ge storben. Mit Joe Chamberlain ist eine der markantesten Persön lichkeiten der englischen Politik aus der Zeit der Jahrhun dertwende aus dem Leben geschieden. Wenn er auch seit Iah- ren infolge seiner gebrechlichen Gesundheit und seines hohen Alters — er ist 78 Jahre all geworden — sich vom öffent lichen Leben mehr und mehr zurückgezogen hatte, so besaß er doch selbst heute noch als einer der bedeutendsten Männer der Unionisten-Partei einen gewissen Einfluß für Englands innere Politik und erst kürzlich wurde über eine große Wall- fahrt von Anhängern der Unionisten zum Heime dieses grei sen Führers berichtet. Seine hauptsächlichste Bedeutung lag aber auf dem Gebiete der äußeren Politik, und auf diesem Gebiete ist er auch in Deutschland zu einer gewissen Berühmt heit gelangt. In der Zeit der letzten deutsch-englischen Freundschaftsbestrebungen um die Jahrhundertwende herum war Chamberlain zuerst wohl diesen Bestrebungen nicht ab- geneigt, während er später als einer der schlimmsten Gegner Deutschlands bezeichnet wurde. Ob das zutreffend war, soll hier nicht erörtert werden. Die Mißstimmung gegen ihn in weiten Kreisen Deutschlands entsprang jedenfalls wohl mehr -em Gedanken, daß Chamberlain als StaatSsekre- tär für die Kolonien, welchen Posten er von 1893—1903 be kleidete, als Hauptträger der imperialistischen Politik, für den eigentlichen Urheber des Burenkrieges angesehen wurde. Bei den Sympathien, die in Deutschland für die Buren ge hegt Wurden, war es nur allzu erklärlich, -aß man in Joe Chamberlain die Verkörperung ihrer Gegner erblickte und daß er so zeitweilig einer der unpopulärsten auswärtigen Staatsmänner in Deutschland wurde. Heute, nachdem über zehn Jahre seit jener Zeit verflos sen sind, wird man dem nun Verstorbenen die Anerkennung nicht versagen dürfen, daß er im Interesse seines Landes Großes erreicht hat und daß mit seinem Namen ein Stück englischer Geschichte verknüpft ist, die vielleicht in den Mit teln nicht immer allzu wählerisch, in ihren Zielen aber um so erfolgreicher war. Joseph Chamberlain wurde 1836 in Birmingham ge boren, trat in das Geschäft seines Vaters ein, und wurde, nachdem er 1874—76 Mayor von Birmingham gewesen war, 1876 ins Unterhaus gewählt. Hier stand er zunächst auf Seiten der Liberalen und hat in Gladstones Regierung ver schiedene wichtige Posten bekleidet. Wegen Gladstones Ho- merulepolitik trennte er sich indes 1886 von diesem und wurde eines -er Häupter der Unionisten, deren Führung er 1892 nach der Berufung Hartingtons ins Oberhaus über nahm. Im Ministerium Salisbury übernahm er 1895 Las Kolonialsekretariat, das er bis 1903 inne hatte. Seitdem hat sich Chamberlain wieder als Führer der Unionisten im Unterhause mehr der innpren Politik zugewandt und galt als einer -er entschiedensten Gegner von Homerule. In den letzten Jahren wurde er durch ein schweres Augenleiden, das * schließlich zu seiner völligen Erblindung führen sollte, za größter Zurückgezogen! eit gezwungen. PslMjche Kaiser Wilhelm und die Trauerseier i» Wie». Die von auswärtigen Blättern verbreitete Meldung,, das Unterbleiben der Teilnahme Kaiser Wilhelms an der Lrauerfeier in Wien und die Absage seiner Vertretung durch dm Prinzen Heinrich von Preußen sei durch Warnungen, veranlaßt, welche die persönliche Sicherheit des Monarchen in Wien als zweifelhaft erscheinen ließen, wird dem Ber liner Vertreter unsere» Blattes von besttmte» richtet« Seite als vollkommen grundlos bezeichnet. Da» Unterbleiben der Reife Kaiser Wilhelm» ist tatsächlich auf die Unpäßlichkeit des Kaisers zurückzuführen, und die Nicht teilnahme des Prinzen Heinrich von Preußen, fowie ander« deutsch« Bundesfürsten hängt mit dem Wunsche zusammen,, dem alten Kais« Franz Joseph weitergehende Repräsenta tionspflichten zu «sparen. Die Meldung, daß Kaiser Ml» Helm demnächst dem Kais« Franz Joseph in Ischl einen Be such abstatten Werde, darf als richtig angesehen werden. Der Botschaft« von Waugeuheim in Berlin. Der deutsche Botschaft« in Konstantinopel Frhr. von Wangenheim hat einen kurzen Urlaub angetreten, d« ihn nach Berlin führt. In Berliner politischen Krei sen bringt man diesen Urlaub mit dem Abschlüsse der deutsch-türkischen Verhandlungen in Zusammenhang. Abdankung de» Fürsten Wilhelm? Die Behauptung französisch« Blätter, Fürst WUHebw von Albanim habe die Absicht kun-gegeben, seine Abtzftn- kung zu vollziehen, wird dem Berliner Vertreter unseres Blattes von unterrichteter Seite für gründ» los erklärt. Damit entfallen selbstverständlich auch dieMel- düngen, wonach die Mächte bereits in Unterhandlungen ein» getreten seim üb« einen Nachfolger Les Fürsten. In Ber liner politischen Kreisen hält man nach wie vor an der Hoff nung fest, daß eS dem Fürsten gelingen werde, trotz Mm» der jetzigen Schwierigkeiten Herr zu werden. Da» Echlatzprotokoll der Friedenskonferenz. Ganz unnwartel ist es oui der Konferenz in Niagara falls zu einem Ergebnis gekommen. Nach einer Kabelmel dung an die .Frankfurter Zeitung" aus Mexiko wurde Donnerstag oben- LA Uhr dos Schlußprotokoll d« Frie denskonferenz unterzeichne».^ Von mexikanischer Seite wird keine Kriegsentschädigung gezahlt und kein Salut gewährt. Mexiko wird es überlassen, seine inneren Angelegenheiten selbst zu regeln. Den kompromittierten Ausländern wird volle Amneiue gewährt. D»e internationalen Forderungen sollen von ein« gemischten Kommission geregelt werden. Das Protokoll unterliegt der Ratifizierung durch die Par lamente in Mexiko und den Bereiniaten Staaten. Dieser Friedensschluß ist ein« der merkwürdigsten, dm die Weltgeschichte je gesehen hat. Er folgt einem Kriege, der überhaupt noch gar nicht begonnen hatte, und — was -as Wesentlichste und Merkwürdigste ist — er beendet aller Voraussicht nach diesen sogenannten Krieg auch gar nicht. amerikanischen Schlachtschiffe. Das amerikanische Linienschiff „Maine" hat Befehl er hallen, am 8. Juli nach Neapel abzugehen und die Mann schaft des Linienschiffes Idaho" an Bord zu nchmery da» dort an Griechenland übergeben wird. Das Linienschiff „Mississippi" übernehmen die Griechen in nächster Woche iw- Newport News. Ein Scheck über zwölf Millionen DÄlar» als Kaufpreis d« beiden Schiffe wird dem Marinedeparte» mrnt am Sonnabend übergeben werden. —* Der Vor kaff, weist 122 SOÜ gäbe aus. Di« Eßl snvesonds in Höhe fparnisft au» den v> durch Entnahme yoi durch «höhte Beitr, —* Eine Bl Josef Tintner, mann Alfred Böhm vollständig umgebai führt Herr Tintner —* De» ärztli Dr. med. Otto. -* Königl. Gi kündigte MonatSver A»sd«S Demitz-Thum machung der Kloster der Waldung außer wird. Infolge ring auf den Waldwegen de« Waldtheaters ai treten de« Kais« l karten versehenen P, besuchenden Klostnb den Bolbritz« Weg Steincgtwolms ratSfitzuug wurde u. Lesung, in d« noch troffen wurden, angc entwickel»«- des Ort de« hiesigen Postgeb Gemeinde vom Besitz boten «ordeawar. Mittel sollen leihwri verbleiben in dem C folgte befand«« aus spät« einmal erfordr Orte« schwer zu b voran« gmg eine Be Gemeinderat. Sf Steinigtwolrr Juli, soll in Steirch werden, das JahreSst missionSvereinS, zu l Goldbach, Großharth Putzkau, Schmölln, E sg Uhr soll ein Kin den, bei dem Herr 3 zählen wird. Unmi Erklärung ein« kle lErbgertcht folgen, ö Iren GWWassen der lihrer Herren Lehr« l »würden. Nachm. 4 U „ „ , »finden. Autoomnibu Die Uebernahme der von Griechenland angekauftrn Ihof Oberneukirch reö IFuß werden die, die leintreffen. Die Fest) laus' Dresden-Pieschei iDorfe ein lieber alt« IIung im hiesigen E iMisstonar Frölich M »Ostindien (seit 1892 Ihingewiesen auf die ! Iständen aus Indien u Iden soll und gewiß ! Iviele Besucher von hi Igen dieses Festes teilt »wegtragen, möge ab« »neue Freunde und R I w. lllhyst a. T., »Wetter fanh am 2 § I diesjährigen Tierschai »Schon frühzeitig bei »Uhr war « beendet Ilollegium, da« au« d< Imierat und Direktor iGeh. Oekonomirrat Z iReichel und Ritt« »stand, zur gemeinsam Ileicht, den 35 Bullen, >37 Stück Jungvieh, 6 »20 Schweinen den i I kommenden Preis zu iPreiSrichtermühe zu < Mchrittrn werden konw iGutSbefitz« Gustav k lAugust Bär, Großh Idorf: Bullenhalt« Ai III. Preise: Gutsbes. I Illugust Bär, Groß Kleinhänchrn, Ernst des. Rud. Mütterl Fiedler. Dobranitz Heine, Glaubnitz, L gutöbes. B ü n d e l , 4 Pannewis, Rittngi Grünert, Burkau, Lehmayn, Uhyst kleinhänchrn. Kühe Bruno Gräfe, Tab Nittagut Obetburkäu NrgierungSrat Han Paul Helbig, Vi August Zische, ä AÄnen» K^»itz,. B Grünere, Burkau, bes. Hustig, Jiedlitz ittergut Pimnewitz, Bischofswerda, 4. Juli. GtLtztffchs* »»tz ALsemeieee». —* Aufwandsentschädigung an Familien für iuv Heer oder in der Marine dienende Söhne. W«1N drei: oder mehrere Brüder oder Stiefbrüder durch Ableistung, ihr« gesetzlichen zwei- odn dreijährigen Dienstpflicht in» Reichsheer, in der Marine oder in den Schutztruppen al« Unteroffiziere oder Gemeine eine Gesamtdienstzeit von sechs. Jahren zurückgelegt haben, erhalten ihre Eltern (auch Stief eltern) und wenn solche nicht mehr leben, erwrrbSunfähihv Großeltern auf Verlangen eine Aufwandsentschädigung u» Höhe von 240 M. jährlich für jedes wettere Dienstjahr, da» rin« ihrer Söhne zur Erfüllung sein« gesetzlichen Dienstzeit dient. Diese Beträge werden jedoch nur für die Zeit nack- dem 1. Oktober 1913 und nur dann gewährt, wenn die» spätestens binnen sechs Monaten nach dem Tode oder der Entlassung de« zuletzt dienenden Sahms beantragt wird. E« empfiehlt sich den Antrag sogleich nach der Einstellung des Sohnes zu stellen, für dessen Dienstzeit eine Entschädi gung gefordert ist. Die Anträge sind beim Gemeindevorstand- anzubringen. —* Im Hauptkontor der hiesigen Tuchfabrik von F. G. Herrmann L Sohn kamen gestern durch die Firmen- inhader Herren Erich und Willy Großmann- Herrmann wiednum die Zinsen d« König Friedrich. Auqnst-Stiftung zur Verteilung. 33 Arbeit« bezm. Arbei terinnen wurden wird« mit ansehnlichen Geldbeträgen de- . schenkt. Die Stiftung wurde anläßlich de« KönigS-Besuch» im Jahre 1907 durch die damaligen Inhaber Herren Kom merzienrat Ernst Großmann-Henmann und Erich Groß» mann-Herrmänn «richtet. -x Bon der -hiesigen Polizei festgenommen wurde ein 19 Jahre alt« Fleifchergrselle von hier, d« seinem Arbeit-kollegen einen größeren Geldbetrag entwend« und -iS- auf einen kleinen Tnl in den hiesigen Echankwirtschasten verzecht hatte. — Verscheuchte Einbrecher?' Gestern abend« gegen 10 Uhr machten sich zwei unbekannte Männer aw den Fensttrialousien einer Billä in d« Dresdner Straße verdLchtig. Ob ein Einbruch geplant war oder ob grob« Unfug vorliegt konnte nicht feftgrstrllt werden- da bi« Und«* nnien verscheucht wurden. Ueberreste vor. In namenlosem Schmerze und tief« Ergrif- fenheit folgten die Trauergäste der feierlichen Handlung, nach deren Beendigung die Kirche geschlossen wurde. Ein diOeS Menschenspalier umsäumte die Ringstraße bis zur Hofburg. DaS Publikum bereitete dem Kaiser und dem ; > Erzherzog Karl Fran- Josef bei der Rückfahrt nach Schön brunn stürmische Huldigungen. Die verwaiste» Kinder am Sarge der Elter». Men, 3. Juli. (Dep.) Die Kind« des Erzh«u>gS Franz Ferdinand find heute nachmittag aus Chlumetz'Hi« eingetroffen und haben sich abends in die Hofburgpfarrkirche begeben, um an den Särgen ihr« Ettern Gebete zu verrich ten. An den Sarkophagen spielten sich herzzerreißende Sze nen ab. Der Trauerzug durch die Straße» Men«. Men, 3. Juli. Für die letzte Fahrt des Erzherzogs Franz Ferdinand und seiner Gemahlin zum Westbahnhof bildeten auf Befehl des Kaisers die Truppen d« Wiener Garnison auf dem ganzen Wege Spalt«. Auch viele Vereine hatten mit umflorten Fahnen auf den Straßen, die der Trauerzug passierte, Aufstellung genommen. Ueberall hinter dem Militär, vom Burgtor bis zum Westbahnhof, stand eine zahlreiche Menschenmenge. Gegen Ml Uhr «reichte die Spitze des Zuges den Bahnhof. Am Bahnhof hatten sich die hier anwesenden Erzherzöge eingefunden. Außerdem war die gesamte Generalität mit dem Kriegsministtt an der Spitze erschienen. Um 10 Uhr 50 Min. fuhr der HoWg dus -er Halle. Der Erzherzog-Thronfolger Karl wurde sowohl bei der Hin- wie bei der Rückfahrt vom Publikum lebhaft begrüßt. , i - > 1i—-i j Pöchlarn, 4. Juli. (Dep.) Der Sonderzug mit den Leichen des Erzherzogs und seiner Gemahlin ist um IZH Uhr hier ein getroffen und wird um 2,30 Mn. früh nach Artstet- ten übergeführt werden. ' > I > Große serbenfeindliche Demonstrationen. > Men, 3. Juli. (Dep.) Nach dem Passieren des Leichen zuges versuchte eine große Menschenmenge zur serbischen Ge- sandtschast zu gelangen und demonstrierten in d« Umge- , gebung der Gesandtschaft. Die Demonstrationen am Donnerstag abend. Die bereits kurz gemeldeten großen serbenfeindlichen Kundgebungen in Wien in der Donnerstag-Nacht nahmen einen großen Umfang an und dauerten bis gegen 2 Uhr morgens. Riesige Menschenmassen, darunter zahlreiche Leute aus den besten Kreisen hätten sich in den Straßen angesammelt in der Umgebung der im 4. Bezirke liegenden serbischen Gesandtschaft die von einem starken Polizeikordon zu Fuß und zu Pferde umgeben war. Besonders die Tat sache, daß die serbische Trikolore, die die Gesandtschaft aus gehängt hatte, nur einen ganz kleinen Trauerflor trug, hatte die Wien« erregt, und man hörte imm« wieder die brausenden Rufe: „Nieder mit der Fahne! Herunter mit dem Fetzen! Wir lasse« uns nicht provozieren!" Dabei drängten die Massen immer Wied« nach der Ge- sandtschast vor, so daß die Polizei eine ganze Anzahl/von Attacken unternehmen mußte, um sie von diesem Vor haben abzubringen. Dabei kam es zu wilden Straßenkämp- fen. Die Polizei, die von allerhöchster Stelle den Auftrag hatte, Kundgebungen vor dem Gesandtschaftsgebäude um je den Preis zu verhindern, ging mit blanker Waffe vor, viele Menschen wurden von den Pferden niedergeworfen, getreten und verwundet. Auch mehrere Schutzleute «litten Ver letzungen. Erst bei Morgengrauen gelang es, die Ruhe wie derherzustellen. Um 1 Uhr morgens bildete sich ein aus etwa 2000 Menschen bestehender Zug, d« vom vierten Be zirk nach dem dritten marschierte, wo die deutsche Botschaft sich befindet. Unterwegs stießen die Demonstranten die Rufe aus: „Hoch Deutschland! Hoch Österreich!. Hoch Kaiser Wilhelm! Hoch Kaiser Franz Josef! Nieder mit den serbischen Mör dern! Krieg mit Serbien!" Die Polizei störte diese Kundgebungen verständiger Weise nicht. Als dann der Zug vor dem deutschen Bot schaftsgebäude ankam, da erneuerten sich die begeisterten Kundgebungen für die beiden verbündeten Kaiserstaaten und ihre Monarchen und zum Schlüsse sang die Menge ent blößten Hauptes die „Wacht am Rhein"! Dann zerstreuten sich ruhig die Leute. Deutschfeindliche Demonstrationen in Galizien. In Stanislau fanden am Donnerstag abend stürmische antideutsche Demonstrationen statt. Eine fast lausen- Kopf starke Menge, bestehend aus jungen Burschen, zog. unter wüstem Gejohle vor die Wohnung und die Anstatt -es als Führer der Deutschen in Galizien bekannten Pfarrers Dr. Coeckler und eröffnete ein Bombardement mit zum Teil über faustgroßen Steinen gegen die Gebäude. In wenigen Augenblicken waren fast alle Fenster an der Straßenseite der verschiedenen Gebäude, des Mädchen- und Knaben-Wai- senhauses, des großen, vom Pforr« und sein« Familien ge stifteten Jubiläumshauses und der Kanzlei -«kümmert. In der großen evangelischen Schule blieben nur wenige Fenster unversehrt. Auch die Kirche und das Pfarrhaus schonte die Wut der Demonstranten nicht. D« Boden der Jnnenräume war mit Steinen, Glassplittern und zertrüm merten Geräten übersät. Mehr«« Personen wurden von Steinen getroffen. In d« Stadt richteten die Demonstran- ten in dem Geschäfte eines deutschen Kaufmannes gleich falls große Verwüstungen an. Der Schaden wird auf 12 000 Kronen geschätzt. Die Polizei die zu spät erschien, nahm mehrere Verhaftungen vor. Nach verschiedenen Meldungen stehen noch größere Ausschreitungen bevor. Die Haltung Rußlands. Die durch das Attentat von Serajewo hervor gerufene politische Spannung und die sich daran knüpfenden Enchül- lungen aus der geheimen Werkstatt des Slawentums haben den Gedanken an die Möglichkeit einer großen slawisch-ger- manischen Abrechnung Wied« in den Vordergrund treten Politische Rundschau Die Msterkrise. Premierminister Asquith hatte Freitag nachmittag eine- Audienz bei König Georg im Buckingham-Palast,- wie ver lautet, um dem Herrschet üb« die drohende Lage in Ulster zu berichten. AuS Belfast wird gemeldet, daß die- Hausbewohner allgemein Vorräte und Aoviant in ihren Häusern niederlegen, um sich auf den Bürgerkrieg vorzaberesten. Prozeß Rosa Luxemburg vertagt. In d« Vormittagssitzung am Freitag gab der erste- Staatsanwalt Hagemann die Erklärung ab, daß es in der kurzen Frist nicht gelungen sei, von den zumeist sehr rchtserntr liegendm Garnisonen die kriegsgerichtlichen Akten herbei zuziehen. Er müsse deShalb die Vertagung beantrage«, -lach» längeren Ausführungen der Verteidigung, welche d« Ver tagung widersprach, beschloß daß Gericht, dem Antrag d« Staatsanwaltschaft stattzugeben, und die Verhandlungen «tust unbestimmte Zeit zu vertagen.