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Mittwoch, 15. April 1V14. 68. Jahrgang. Der SälMHe LrMer Aischofswerdaer Tageblatt. Mit de« wöchentliche« Beilage«: dienstags BeLetristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: ILnstriertes Sanntagablatt. Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft, der Königlichen Schulinspektion und des Königlichen Hauptzollamtes zu Bantzen, sowie des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. Anzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Aelteste« Blatt im Bezirk. Erscheint seit 18»«. Eüegr.-Adr.. Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. Erscheint jeden Werktag abend« sür den folgende« Tag. Der Be zugspreis ist einschließlich der 3 wöchentlichen Beilagen bei Abholung kn der Expediton vierteljährlich 1 Mk. SV Pfg., bet Zustellung iw» Hau« 1 Mk. 7V Pfg.; durch die Poft frei in« Haus viertel« jährlichl Mk. »2 Pfg., am Poftschaltrr abgrholt 1 Mk. SV Pfg. > Einzelne Rümmer« kosten 10 Pfg. Abonnements-Bestellungen werden angenommen in der Geschäfts stelle Altmarkt 15, sowie bei den Zeitmigsboten in Stadt und Land, ebenso auch bei allen Postanstalten. — Nummer der Zeitungsltste 6587. — Schluß der Geschäftsstelle abends 8 Uhr. «metgenpnet»: Die Sgrspaltene Korpuszeile oder deren Rau» 12 Mg., für Inserate von außerhalb des Verbreitungsgebiete, 15 Pfg. Di« Rrklamezeile 30 Pfg. Geringster Inseratenbetro, 40 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt nach aufliegendem Tart. Erfüllungsort wr beide Teile Bischofswerda. Festbestellt« Inserat« - Aufträge können nicht zurückgezogen werden. Imserat- »ud Abo»neme«t»-Be stellunge« nimmt entgegen In Bautzen: Weller'sch« Buchhandlung, Schulftratze ». Für den Monat März 1914 sind behufs Vergütung des von den Gemeinden resp. Quartierwirten innerhalb der betreffenden Lieferungsverbände kn Monat April 1914 an Mllitär.Pferde zur Verabreichung gelangenden Pferdefutters in den Hauptmarktorte« der Lieferuug-verbSude des Stegierungsbezirks Bautze« folgende Durchschnitte der höchste« Preis* für Pferdefutter mit einem Aufschläge von fünf vom Hundert festgesetzt worden Hafer 100 kx Heu 100 lcx Stroh 100 tzx Bautzen: 15 M. 23 Pf , 6 M. 83 Pf , 3 M. 41 Pf. Kamenz: 16 - 49 - 7 - 46 - 3 - 42 - Lübau: 14 - 70 - 6 - 30 - 3 - 78 - Zittau: 14 - 91 - 6 - 72 - 3-15- Bautze», am 14. April 1914. «Sulgllche Kreishau ptmannfchaft. Aus Blatt 16 des hiesigen ÄenoffenschaftSregisterS. den Spar-, Kredit' und BezugSVrretn Niederuenktrch eingettagene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht in Riederneukirch betr., ist heute eingetragen worden,, daß der Fleischermeister August Müller nicht mehr Mitglied des Vorstandes unv der Töpfermeister Paul Louis Lehmann in Riederneukirch zum Mitglied des Vorstandes gewählt worden ist. Bischofswerda, am 11. April 1914. Königliches Amtsgericht. Das Neueste vom Tage Zur Taufe des braunschweigischen Erbprinzen a n 8. Mai hat das Kaiserpaar seine Teilnahme zngcsagt. Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg ist Montag früh nach Koftv abgereist. In München stattete der Kanzler dem bayrischen Ministerpräsidenten einen Besuch ab. Der Flieger Mischewski ist »ach Hinterlegung einer Kaution von 3900 Rubeln sreigelassen worden und in den Oftertagen nach Deutschland zurückgekehrt. * In Abbazia fand am Dienstag eine Zusammenkunft der Leiter der auswärtigen Politik Oesterreichs »rnd Italiens statt. (Weitere Nachrichten unter Letzte Depeschen.) Die Gefahr -er Uuttrchltchkeit. „Damit aber alle diese Einrichtungen ihren Zweck, die innerer Entwicklung des Volkes, vollständig erreichen, und Treue und Glauben, Liebe zum König und Vaterland in der Tat gedeihen, so muß der religiöse Sinn des Volkes neu be- lebt werden. Vorschriften und Anordnungen allein können dieses nicht bewirken. Doch liegt es der Regierung ob, mit Ernst diese wichtige Angelegenheit zu beherzigen, durch Enr- fernung unwürdiger Geistlicher, Abwehrung leichtsinniger oder unwissender Kandidaten und Verbesserungen der theo- logischen Vorbereitungsanstalten, die Würde des geistlichen Standes wieder herzustellen, auch durch eine angemessene Einrichtung der Pfarrabgaben und durch Vorsorge für an ständige Feierlichkeit des äußeren Gottesdienstes die Anhäng lichkeit an die kirchlichen Anstalten zu befördern." Wem verdanken wir diese tiefernsten, weife erwogenen Worte? Keinem geringeren als dem großen Staatsmann Stein, den selbst unsere Radikalsten von heute in Sachen „Aufgeklärtheit" gelten lassen. Diese Worte wurden nieder gelegt in einem Rundschreiben an die Beamten seines Mini- Zeriums, das er 1808 aufgeben mußte ,und stellen sein poli tisches Testament dar. Stein war ganz von dem Gedanken durchdrungen, daß die Reformierung des preußischen Staates ohne die Hilfe von Religion und Kirche nicht durchzusetzen sein würde. Und mit ihm war sein König Friedrich Wil- Helm III. davon überzeugt, daß eine wahrhaftige Wiederge burt Les Vaterlandes unmöglich sei, wenn Nicht der religiös kirchliche Sinn des Volkes gekräftigt würde. Es ist sehr am Platze, an diese historischen Dinge zu er- innern, — heute, wo die Hetze gegen die evangelische Kirche an der Tagesordnung ist und die Leute im „Komitee Kon fessionslos" ihre Helle Freude an jedem Abtrünnigen haben, der sich von seiner Mutterkirche loslösen läßt; wo sie Aus trittsversammlungen immer wieder anberaumen, um das -ersetzende Ferment ins Her- des Volkes zu injizieren. Wie Hütte wohl vor nun 100 Jahren, als das Vaterland in Jam mer irnd Knechtschaft tag ,der hohe Schrv-ung in die Volks- seele getragen werden können, hätte nicht Religion und Kirche das ethische Rüstzeug zum blanken Stahl gegeben. Auch der große Freiheitsdichter Arndt, der da sang: „Ter Gott, der Eisen »vachsen ließ, der wollte keine Knechte", war sich dieses Zusammenhanges von Todesmut und Gottesglauben be wußt. Am 27. März 1813 ward im Kirchlein zu Rogau von dem Ortspfarrer Peters die Einsegnung des Lützowschen Freikorps vollzogen. Theodor Körner, der dazu das Weihc- lied gedichtet hatte, berichtete darüber: „Bei dem Allmäch tigen, es war ein Augenblick, lvo in jeder Brust die Todes weihe flammend zuckte, wo alle Herzen heldenmütig zusam men schlugen." Als der Geistliche geendet hatte, streckten die Krieger den Arm gen Himmel empor zum heiligen Schwur, daß sie als Soldaten niemals ihren König, als Christen nie mals ihren Glauben verleugnen wollten. Das war damals, als ungeheuere sittliche Kräfte das Volk hinrissen zu echt vaterländischem Tun. Und heute? Der Glaube an Gott selbst soll abgesckrafst werden. Die Epi gonen sollen ihn im Zeitalter des Stimmzettels „entbehren" lernen. Man ist ja so aufgeklärt. Dabei käme es gar nicht darauf an, ob das Vaterland von den von Gott Emanzi pierten in der Stunde der Gefahr schutzlos gelassen würde. Wie sagte doch Heinrich von Treitschke schon 1882: „Wer ein wenig über den nächsten Tag hinausdenkt, wird sich der Ah nung kaum erwehren können, daß vielleicht schon am Beginn des kommenden Jahrhunderts ein ungeheuerer Kampf um das Christentum selber, um alle Grundlagen der christlichen Gesittung ausbrechen itzag. Gewaltige Kräfte der Zersetzung und Verneinung sind überall in Europa am Werke: Materia lismus, Nihilismus, Mammonsdienst und Genutzgier, Spöt terei und wissenschaftliche Ueberhebung. Der Tag kann koni- men, da alles, was noch christlich ist, sich unter einen: Banner zusammenscharen muß." Nun, der Prophet hat sich als ein kluger Seher gezeigt. Wir sind sotveit: „der Tag ist da!" Daß er kein kleines, unkluges Geschlecht finden möge, das in selbstmörderischer Verblendung unermeßliche Werte preis gibt, nur weil die Parole der Aufklärer und Demokraten lau tet: „Es muß alles ver — agitiert werden!" — das ist der Wunsch, die groß« Sorge derer, die noch das vaterländische Herz auf dem rechten Fleck haben. Und da wollen wir des unvergeßlichen Heinrich von Kleist herrliches Wort in diesen« Sinne anziehen: „Wir übten nach der Christenlehre uns lange Jahre im Verzeih'»; nun aber drückt des Joches Schwere, und abgeschüttelt will es sein!" Das Joch der — Nnkirchlichen! Politische Morde rmno 1848. Bor wenigen Tagen (am 5. April) war der 100. Go- lnrrtstag eines Mannes anzumerken, der „als ein Ritter vom alten Schlage selbst auSzog, um den Lindwurm des schlimm sten Radikalismus zu erliegen". Geboren als ältester Sohn des Fürsten Eduard Lichnowski, der die „Geschichte LeS HauseS Habsburg" geschrieben hat, trat Fürst Felix 1834 in ein Breslauer Husarenregiurent ein; aber seine Hoffnung, im preußischen Heere Kriegslorbeeren zu pflücken, erfüllte sich nickst; er empfand „das Leben nach dem Kriege als ein langweiliges Schildwachstehen" und begab sich in die Dienste des spanischen Thronprätendenten Don Karlos; getreulich machte er den Siegeszug und die Niederlage des karlistischeu Heeres als Generaladjutant des Jnfanten Don Sebastian mit. Irr Paris wirkte der „vornehme Abenteurer" als Korre spondent für englische und französische Zeitungen, in Brüssel wurde er eng befreundet mit Franz Liszt, den er auf seinen .Kunstreisen begleitete; sodann schrieb er seine „Erinne rungen", deretwegen er ein Duell zu bestehen hatte, in den« er schwer verwundet wurde. Kaum genesen, gings nach Portugal; auf dem Rückwege loäre ihm wahrscheinlich das Schicksal, vom Pöbel erschlagen zu werden, schon in Barce lona, wo man ihn als ehemaligen karlistischcn Offizier er kannte, zuteil geworden, wenn ihn die spanischen Behörden nicht in Schutzhaft genommen hätten. Im Jahre 1847 gab ihn« der erste vereinigte preußische Landtag Sitz und Stimme in der Herrenkurie, gleichzeitig aber war er — ein Unikum! — auch Mitglied der zweiten Kurie, in die ihn die schlesische Ritterschaft gewählt hatte. Hier schon tat sich der außerordentliche Mann als glänzender Redner hervor. Dann kam das Revotutionsjahr. In den Märztagen war der Fürst Abgeordneter des Kreises Ratibor im Frank furter Parlament. Hier erwuchsen ihn«, der unermüdlich die Uebertreibungen, Torheiten und Ungereclstigkeiten der Demagogen geißelte, bald radikale Feinde ohne Zahl; er ward ihr „Bestgehaßter", zumal nachdem er in Sachen des Waffenstillstandes von Malmö rückhaltlos für Preußen ein getreten war, wogegen die Nationalversammlung ihre Zu stimmung zum Waffenstillstand verweigert hatte. Als sie diese notgedrungen doch geben mußte, «veil das Reichsmim- sterinm demissionierte, aber ein neues Ministerium nicht zu stande kam, beschloß die radikale Linke, das Parlament mit der ihr nnbequenren Mehrheit zu sprengen. Auf der Pfingst weide bei Frankfurt wurde eine stürmische Volksversamm lung (an« 17. September) abgehalte«« und das Volk zum Wi derstande gereizt. So herrschte am anderen Tage die größte Erregung in der Stadt, in die von allen Seiten ben»affnete Scharen heranzogen. Als der Barrikadenkainpf bereits im Gange lvar, ritt Fürst Lichnowski mit seinem Parlamentskol legen General von Auerswal- vor die Stadt. Am Denkmal, das Friedrich Wilhelm II'. von Preußen „der« Hessen, die im Kampfe fürs Vaterland (am 2. Dezember 1792) hier siegen fielen", errichtet hat, wurden auf beide Reiter Schüsse abge- feuert, worauf der Pöbel eine wilde Hetzjagd auf sie eröffnete. Die Wehrlosen flüchteten zu einem Kunsthändler. Eine durch die Politik entmenschte Frau, Henriette Zobel, führte einen Haufen bewaffneten Gesindels dorthin. Man streckte den General von AuerSwald durch einen Schuß zu Boden und schlug auf ihn, der gebeten hatte, es damit genug sein zu las sen (um seiner fünf Kinder willen) solange ein, bis er tot war, worauf die Mordyesellen seinen Leichnam in den Gra-,