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^^188. Freitag, 27. November. Per säGsche LrMer, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschast, der Kgl. Schulinspektio« und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Erscheint jeden Werktag abend« für den folgenden lag und «ostet einschließlich der Mittwoch« und Sonnabend« erschein >«d«»„Bellttristischrn Beilage" bei Abholung viertel» Ehrlich 1 uk S0 «», bei Zustellung in« Hau« I 70 «l, bei alle» Postanstaltrn 1 uk S0 exklusive Bestellgeld. Einzelne Nummern kosten 10 <> Nummer der ZeitungspreiSliste SS87. Kerttsprechsteür Nr. SS. Bestellungen werden bet allen Postanstalten de« deutschen Reiche«, sür Bischofswerda und Umgegend bet unseren Zeitungsboten, sowie in der Geschäftsstelle dieses Blattes angenommen. Schluß der Geschäftsstelle Abend« S Uhr. Dreiundsechzigster Jahrgang. Inserate, welche in diesem Blatte die weiteste Verbreitung finden, werden bi« vorm. 10 Uhr angenommen, grSßer« und komplizierte Anzeigen tags vorder, und kostet di« viergespaltene Korpuszeile 12 «l. die Reklamezeile 30 «l Geringster Jnseratenbetrag 40 -l. Für Rückerstattung eingesandter Manuskripte ustv. keine Gewähr. Zufolge Verordnung des Königlichen Ministerium« des Innern vom 26. Oktober 1S08 ist am 1. Dezember dieses Jahres eine beschränkte « ie - zShI « « g vorzunehmen, die sich auf sämtliche Pferde, Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen erstreckt. Die Viehbesitzer werden hiermit aufgefordert, die mit der Zählung beauftragten Beamten in ihrem Zählgeschäste zu unterstützen. Bischofswerda, am 26. November 1908. Der Stadtrat. Bestellungen auf den täglich erscheinende« „SiichsWli KrzWer" mit belletristischer Bettage, welche jeden Mittwoch u. Sonnabend beigelegt wird, fürden Monat Dezember werden zum Preise von 80 Psg. in der Expeditton dieses Blattes, von den Post- anstalten, Landbriefträgern, sowie von Unseren Zeitungsboten und Austrägern angenommen. WM* Jedem, auch den neu eintretenden Abonnenten, wird ein gut ausgestatteter Bischofswerdaer Haus-uudWirtschaftskalender, — 57. Jahrgang — 42 Seiten stark, als Prämie verabfolgt Zur Weihnachts-Saison finde« Inserate vorteilhafteste Verbreitung. Die Geschäftsstelle des „Sächsischen Erzählers". Die Aussichten der Reichsfinanzreform. Der Reichstag unterbrach am Dienstag und Mittwoch seine Generaldiskussion über die Reichs finanzreform-Vorlage nach viertägiger Dauer, um die Katastrophe auf der Zeche „Radbod" zu besprechen. Diese Pause in der jetzigen großen Finanz- und Steuerdebatte des Reichstages gibt Anlaß, soweit als möglich die Frage nach den park-memarischen Chancen der Reichsfinanz, rsform, wie sie sich nach den Vorschlägen des Reichsschatzsekretärs aufbauen soll, auf Grund die ser erstmaligen viertägigen Reichstagsverhand lungen näher zu treten. Da muß denn vor allem rund herausgesagt werden, daß sich ein irgendwie abschließendes Urteil über das definitive Schicksal der Reichsfinanzreform und der mit ihr eng zu sammenhängenden Steuerprojekte durchaus noch nicht fällen läßt, dazu gehen einstweilen die Mei nungen und Anschauungen unter den Reichstags parteien noch viel zu kraus durcheinander. Wenn die eine Partei diese und jene Steuer als annehm- bar findet, so werden dieselben dafür von anderen Parteien mehr oder weniger in Grund und Boden verdonnert, und selbst wiederum unter den einzel nen Parteien herrschen teilweise Meinungsver schiedenheiten betreffs der Sydowschen Steuer vorschläge. Im großen und ganzen läßt sich je doch schon jetzt sagen, daß die beiden konservativen Parteien der Reichsfinanzreform zustimmen wer den, wenn die Nachlaßsteuer und die Erbschafts steuer fallen. Die freisinnigen Gruppen aber fin den gerade Gefallen an der Nachlaßsteuer, sie sind indessen entschieden gegen die Elektrizitäts- und Gassteuer, die Jnseratensteuer, die Tabaksteuer und das Branntweinmonopol, zu welchen Pro jekten man sich dafür konservativerseits wieder freundlicher stellt. Die Nationalliberalen wollen Plakatsteuer, Biersteuer, Tabaksteuer und eine Schaumweinsteuer bewilligen, aber sie hegen ernste Bedenken gegen die Besteuerung von Gas und Elektrizität, gegen die Jnseratensteuer, zum Teil auch gegen die Branntweinsteuer, auch die Nach laßsteuer ist den Nationalliberalen nicht sonder lich sympathisch. Das Zentrum, die bei weiten größte Partei des Reichstages, hat sich durch den Abgeordneten Spahn gegen Nachlaß-, Wein-, Gas- und Elektrizitätssteuer, wie auch gegen die ge plante Neuordnung der Matrikularbeiträge er klären lassen; nur betreffs der Bier-, Tabak- und Branntweinsteuer äußerte sich Herr Spahn nicht näher. Die Sozialdemokraten verwerfen, als die Oppositionspartei Par excellence, die geforderten neuen Steuern in Pausch und Bogen, und die nämliche ablehnende Stellung nehmen die Polen ein. Die wirtschaftliche Vereinigung und die Re formpartei endlich machen ebenfalls gegen einen Teil der neuen Steuern wenigstens Front. So nimmt sich denn das Schicksal der Reichs finanzreform vorerst noch recht unsicher aus, und nur das Eine kann vielleicht schon jetzt mit einiger Bestimmtheit gesagt werden, daß Herr Sydow von seinen geforderten neuen Steuern gewiß nicht alle bewilligt erhalten wird, und auch die übrigen dürften sich zum mindesten einschneidende Ver änderungen gefallen lassen müssen. Immerhin aber haben die maßgebenden Parteien des Reichs tages die Notwendgkeit einer umfassenden und gründlichen Neugestaltung des Reichsfinanzwesens anerkannt, und da diese Reorganisation nun ein mal nicht ohne die Erschließung weiterer Ein nahmequellen für das Reich, d. h. also nicht ohne neue Steuern, ins Werk gesetzt werden kann, so werden sich eben die Parteien unter einander und mit der Regierung in der Kommission darüber zu verständigen haben, was denn eigentlich zur nach haltigen Kräftigung der Reichsfinanzen positiv endlich geschehen soll. Man darf es ohne weiteres als sicherstehend betrachten, daß die führenden Parteien von dem redlichen und ernsten Willen beseelt sind, der chronischen Finanznot nunmehr ein Ende zu machen. Alsdann kann wohl auch eine Verständigung zwischen Regierung und Reichstag in der begonnenen finanzpolitischen Re formaktion noch erwartet werden, wozu aller dings als eine Voraussetzung gehört, daß sich die Reichsregierung nicht starr auf einen einseitigen Standpunkt verbeißt, sondern mit sich reden läßt. 4 Deutsches Reich. Der Kaiser hat sich eine Erkältung zugezogeu, die ihn einstweilen zur Schonung nötigt ; er hütete daher am Dienstag das Bett. Der Kaiser hat eine neue Maßnahme getrof fen, die man wohl mit den politischen Ereignissen der letzten Zeit in ursächlichem Zusammenhang bringen kann. Der Hofbericht wird künftighin, so erfährt die „N. G. C." von bestunterrichteter Seite, kürzer und knapper gehalten werden als bisher. Er soll nur über diejenigen Handlungen des Monarchen berichten, die einen Teil seiner Herrschertätigkeit bilden oder aus anderen Grün den für die Allgemeinheit von berechtigtem Inter* esse erscheinen. Sonstige, private Beschäftigungen des Kaisers wird der Hofbericht als Regel nicht' erwähnen. Auch^die Mitteilungen über das Tage werk der übrigen Mitglieder der königlicher» Familie (Reisen der Prinzensöhne usw.) sollen ein geschränkt werden. Das wichtigste aber ist, daß der offizielle Hofbericht in Zukunft nicht mehr der Oeffentlichkeit übergeben werden wird, bevor er nicht an amtlicher und verantwortlicher Stells zur Prüfung und Durchsicht vorgelegt worden ist. Die Weihnachtsferien des Reichstages sollen ungefähr am 12. Dezember beginnen, an welchem Tage die Beendigung der allgemeinen Etatsbe ratung geplant ist. Demnach würde der Reichs tag diesmal früher als sonst in seine Weihnachts ferien gehen. Das seinerzeit mit dem stellvertretenden deut schen Staatssekretär des Auswärtigen, v. Kider- len-Wächter, und dem französischen Botschafter in Berlin, Cambon, vereinbarte Abkommen wegen Zuweisung des Streitfalles von Casablanca an ein Schiedsgericht, ist am Dienstag von den beiden Herren unterzeichnet worden. Das Schiedsgericht zur Entscheidung dieser Streit frage tritt am 1. Mai 1909 im Haag zusammen, Es wird aus fünf Schiedsrichtern bestehen, welche unter den Mitgliedern des ständig im Haag ta genden Schiedsgerichtshofes zu wählen sind. Bei dem Unglück auf Zeche „Radbod" sind nach erfolgter amtlicher Feststellung 341 Personen ge tötet und 27 verletzt worden. Auf die Familien der Opfer entfällt eine durchschnittliche Unfallent schädigung von ca. 800 pro Familie. O e st e r r e i ch. Die blutigen Schlägereien an der Wiener Uni versität zwischen Deutsche» und italienischen Stu denten, welche von den letzteren herbeigeführt wur den, haben zunächst de» Schluß der Universität Wien, wie auch der Wiener technischen Hochschule zur Folge gehabt; ebenso wurde die in Wien be stehende Hochschule für Bodenkultur geschlossen. Offenbar will mau durch diese Maßnahmen Wei- teren Zusammenstöße» unter der erregten Wiener Studentenschaft Vorbeuge». Die Wiener Vor gänge haben jenseits der Alpen seltsamerweise große Erregung hervorgerufen, obwohl sie doch erst von den Studierenden italienischer Nationali tät provoziert worden sind. Speziell in Rom, Turin, Florenz und Bologna kam es zu feind- seligen Kundgebungen der Studenten gegen Oesterreich, wobei in Rom und in Bologna öfter-