Volltext Seite (XML)
- - - -X Donnerstag, 12. November. 1SV8. er sächWe LrOker, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt der Kal. Amtshauptmarmfchaft, der Kgl. Schulinspektion und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzrn, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Gckchewt jede» «erktag adeud» für den folgende» Lag und ttwt eiuschliefllich der «itt»och4 und Sonnabends ersibek »A«,_velletrt-isch«n Beilage" bei Abholung viertel. Mkttch l LV bet Zustellung in, -an» 1 70 4 Poftansialtm l ^ll 50 «i Kusine Bestellgeld. Mnzrlue Nummer» kosten Ist Nummer der ZettmWlpr«t»liste «587. Der englische Premierminister Asquith über die politische Lage. Der englische Premierminister Asquith hat hei dem Bankett zu Ehren des neugewählten Bür germeisters von London am S. Novbr. eine große politische Rede gehalten, welche in der gegenwärti gen von mancherlei Sorgen und Gefahren erfüllten Zeit sowohl als eine wichtige Aufklärung als auch als eine wertvolle Beruhigung aufgefaßt werden kann. Der englische Premierminister sprach erst davon, daß England, zumal im vorigen Jahre, bange Zeiten durchgemacht habe. Den großen wirtschaftlichen Streitfragen sei eine Zeit des Wirtschaftlichen Niederganges gefolgt, welche durch die große Krisis in Amerika noch wesent- Wh verschlimmert worden wäre, doch hat der eng- leitende Minister die Zuversicht, daß diese Mt d^ .wirtschaftlichen Niederganges bald über- Myden werden wird, wenn der Weltfrieden er- HMm bleibt. Nun sei jetzt die Aufmerksamkeit Europas von den Vorgängen im Orient stark in Anspruch genommen. Da müsse er nun sagen, daß England als der älteste verfassungsmäßige Staat der Welt, das Recht beanspruche, die Geburt freiheitlicher Einrichtungen in der Türkei mit Freuden zu begrüßen, und daß sich die freiheits liebenden Engländer mit den fteiheitSlieben- . Len Türken eins fühlten, wo es sich um die Gewährung der Freiheit für das türkische Volk handele. Was nun die Vorgänge in Bulgarien, Bosnien und der Herzegowina anbetreffe, so habe die englische Regierung schon unzweideutig er klärt, daß sie an den Verträgen festhalten müsse und niemals zugeben könne, daß die internatio nalen Verträge ohne die Zustimmung der an deren Mächte von einzelnen Mächten geändert werden können, und dieser Grundsatz müsse vor allen Dingen auf den Berliner Vertrag ange wandt werden. Trotz -er Festhaltung an diesem Grundsätze wünsche aber England, daß alles ge tan werde, um das allgemeine Einvernehmen der Großmächte und der beteiligten Staaten zu för dern; AuS diesem Grunde habe England auch gar nichts dagegen einzuwenden, wenn Oester reich und Bulgarien über die schwebenden Streit fragen sich direkt mit der Türkei zu verständigen suchten. Nur müßten die Verständigungen auch die Zustimmung der anderen Vertragsmächte haben. In der orientalischen Krisis sei es auch für England erfreulich, daß es sich schon vor län gerer Zeit mit Rußland durch eine Verständigung auf guten Fuß gestellt habe, denn dadurch wür den sich nun auch Rußland und England leichter über die schwebenden orientalischen Fragen ver ständigen- . Die englische Regierung wünsche kei nesfalls, Europa in verschiedene feindliche Grup pen geteilt zu sehen, und wenn sich England im > Einverständnis über seine Politik mit Frankreich befinde, so müsse er erklären, daß England auch gleich offen und friedlich gegenüber Deutschland und Italien, den beiden Verbündeten Oesterreichs, gewesen sei. Der englische Premierminister Asquith hat sogar den Ausspruch getan, daß Eng land in den orientalischen Fragen gar nichts für sich beanspruche, sondern nur eine Regelung wünsche, welche dem öffentlichen Rechte in Europa entspreche, -en Frieden Europas erhalte und der Türkei die« freiheitliche Entwickelung gewähre. , Bezüglich der Beziehungen zwischen England und Deutschland hob der, Premierminister hervor, daß er die nachdrückliche Erklärung des Kaisers Wil- AerirsprechfteAe Sir. SS. B«st«llmiptn w«rdrn bri allen Postanstallen de« deutschen Reiche«, für Bischofswerda und Umgegend bet unseren Zeitungsbolen, sowie in der «eschllstsftelle diese« Blatte« angenommen. Schluß der gkschllfttiftellr Abend« S Uhr. Helm während seines vorjährigen Besuches in England nicht vergessen könne, daß das leitende Ziel der Politik des Deutschen Reiches die Auf rechterhaltung des Friedens in Europa und der guten Beziehungen mit England sei. In diesen: Geiste wünsche auch England seine Politik zu führen und mit Deutschland sicherlich nicht weniger als wie mit -en anderen Staaten. Dieser fried liche Geist habe England auch bei allen Verhand lungen in den gegenwärtigen Schwierigkeiten ge leitet, und wenn alle Mächte sich auch von diesem friedlichen Geiste leiten ließen, so würden die Ge fahren bald verschwinden und der Friede der Welt erhalten bleiben. Deutsches Reich. Der Kaiser begab sich am Montag früh vom Donaueschinger Schlosse mittels Automobils nach dem Reviere Bruggerhalde-Schwarzwald und hielt dort eine Fuchsjagd ab. Das Frühstück wurde im Walde eingenommen. Gegen abend erfolgte dis Rückkehr ins Schloß. — Das deutsche kronprinz- liche Paar weilt seit Montag mittag zum Besuch beim Herzog Karl Theodor in Bayern in Bad Kreuth; die kronprinzlichen Herrschaften gedenken sich eine Woche in Bad Kreuth aufzuhalten. — König Friedrich August von Sachsen ist abermals in Tarvis in Kärnthen zu einem etwa einwöchigen Jagdaufenthalte eingetroffen. Vorher war er der Jagdgast des Großherzogs von Weimar bei im EtterSberger Reviere unternommenen Jagden ge wesen. Der Kaiser im Zeppelin I. Ueber den Aufstieg unseres Kaisers in einem Luftschiffe, welche wir gestern abend schon gemeldet, liegt folgende Mel dung aus Friedrichshafen vor: Um 1 Uhr 50 Minuten ist das Luftschiff mit dem Kaiser und dem Grafen Zeppelin glatt aufgestiegen. Um 2 Uhr 15 Minuten wendete es über Jmmenstadt. Um 2 Uhr 40 Minuten zog das Luftschiff in groß artigem Fluge über den Bahnhof in der Richtung auf die Stadt Friedrichshafen. Das Publikum begrüßte den Kaiser mit enthusiastischen Zurufen. Als das Luftschiff von der Stadt kommend wieder über den See fuhr, machte eS äußerst gelungene Manöver mit dem Höhensteuer. Um 3 Uhr ist das Luftschiff wieder glücklich gelandet und befindet sich bereits auf dem Floße, um in die Halle ein geschleppt zu werden. Der Kaiser hat bekanntlich am vergangenen Sonn tag den Grafen Zeppelin anläßlich der vom Grafen im Verein mit dem Kronprinzen zurückgelegten und so besonders erfolgreich verlaufenen Ballonfahrt in Donaueschingen empfangen und ihn hier in un- gemein auszeichnender Weise behandelt. Der Mo narch gab hierbei seiner wärmsten Anerkennung dieser neuesten hervorragenden aeronautischen Leistung des Grafen Zeppelin Ausdruck. Zweifel los hat die so gelungene Fahrt des „Zeppelin I" vom 7. Novbr. das preußische Kriegsministerium zu der nunmehr erfolgten amtlichen Uebernahme des Ballons bestimmt. ES waren vom Reichstage zu diesem Zwecke 2150 000 Mark bewilligt wor den, von denen die nach der Katastrophe von Ech terdingen dem Grafen Zeppelin ausgezahlten 500000 Mark als persönliche Gratifikation ge dacht und 1650000 Mark für den Ankauf des Luftschiffes Zeppelin« bei Nachweis gewisser Leistungen bestimmt waren. Bon dieser Haupt- summe wird jetzt ein Teil -um Ankauf des „Zep- Pelin I" verwandt werden. Der Kaiser setzte den Inserate, »elchr in diesem Blatte dir weiteste Verbreitung finden, werden bi« vorn,. 10 Uhr angenommen, größer« und lomplijirrtr «njeigen tag« vorher, und lostet die »teraespaltene «orpuezeile 12 «l, die ReklameMt 25 «» Geringster Jnseratenbetrag 40 Für Rückerstattung eingesandter Manuskripte «sw. keine «ewSdr. Grafen Zeppelin sofort auf telegraphischem Wege von der Abnahme seines Luftschiffes in Kenntnis und gratuliette ihm hierbei herzlichst, mit dem lateinischen Wunsche schließend: Vivant sequentesl (Es leben die folgenden Zeppelinischen Luft- ballons!) Der Reichstag beendigte am Montag die erste Lesung des Weingesetzes. In der fortgesetzten Debatte hierüber wurden wiederum eine Reihe von Einzelheiten des Regierungsentwurfes als ungenügend bemängelt und die Hoffnung auf eine Verbesserung des Entwurfes in der Kommission ausgesprochen, an welche die Vorlage schließlich ging. Im weiteren Verlaufe -er Sitzung wurde noch der Gesetzentwurf über Preisfestsetzungen beim Markthandel mit Schlachtvieh in erster Le- sung erörtert. Die Abgeordneten Scheidemann (soz.) und Gerstenberger (Zentrum) bezeichneten den Entwurf als unbedeutend und unbrauchbar, auch Abg. Fischbeck (ft. Volksp.) äußerte ernste Bedenken. Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg, sowie die Abgeordneten vr. Roesicke und Wachhörst de Vente (nat.-lib.) verteidigten die Vorlage. Als Sachverständiger ließ sich der wildliberale Abge ordnete Kobelt — er ist in seinem Bürgerlichen Berufe Fleischermeister — in einer von unfrei williger Komik durchsetzten Rede vernehmen. Nach Ablehnung eines Antrages auf Kommis sionsberatung, wurde die Vorlage gleich in zweiter Lesung angenommen. Underdessen wird noch allerhand über die Vor geschichte der inneren deutschen Krisis bekannt. Einem Wiener Blatte zufolge erbat Fürst Bülow, als er die Veröffentlichung im „Daily Telegraph" gelesen hatte, sofort brieflich seine Entlassung, mit der Begründung, daß ihm der Kaiser früher zu gesagt habe, es sollten künftig keine seiner Aeuße- rungen ohne vorherige Verständigung Bülows veröffentlicht werden. Der Kaiser soll dann kurz geantwortet haben: „Was fällt Ihnen ein, lieber Bernhard, der Akt ist ja von Ihnen gezeichnet." Hierauf hätte Fürst Bülow in einem zweiten Briefe sich als Schuldigen in der Affäre bezeich nend, sein Demissionsgesuch eneuert. — Noch am Vorabende der großen Jnterpellationsdebatte war von der Wirtschaftlicher Vereinigung der Antrag eingegangen, das Haus möge eine besondere Kom mission zur Vorberatung des Entwurfes einer Adresse an den Kaiser wegen der Veröffentlichung im „Daily Telegraph" einsetzen und dem Mo narchen dann die Adresse durch einen Deputierten überreichen lassen. — Der Ausschuß des Bundes rates für auswärtige Angelegenheiten ist auf den 12. November in Sachen des Kaiser-Interviews einberufen worden. Inzwischen ist bekannt ge worden, daß der Kaiser auch mit dem amerikani schen Journalisten Hole ein Interview gehabt habe, doch ist dessen Veröffentlichung noch recht zeitig verhindert worden. Die Zweite sächsische Kammer erledigte am Montag in halbstündiger Sitzung eine Reihe von Kapiteln des Nachtragsetats ohne jede Debatte. Die Beratung der vom Ministerium der auswär tigen Angelegenheiten und Sachsens Vertretung im Bundesrate handelnden Etatskapitel mußte wegen des durch Unwohlsein bedingten Fehlens des Ministers Grafen Hohenthal unterbleiben. Oesterreich-Ungarn. Die österreichische KabinettSkrisiS ist ihrer Lösung noch nicht näher gebracht worden. — Der aka demische Senat der deutschen Universität Prag