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den: „Am Dienstag (kurz nach der Abreise vr. Dassels aus Tanger) kam eS zu einem heftigen Zusammenstob im Hotel Valentina zwischen dem französischen Gesandten und Freiherrn v. Wangen heim, der ebenfalls während der Abwesenheit seiner Frau dort zu Lisch geht. Regnault stellte ganz aufgeregt Wangenheim zur Rede. ES sei illoyal, daß die Abreise Bassel» so im geheimen betrieben worden sei. Wangenheim, der einen ganzen Kopf gröber ist als Regnault entgegnete mit überlegener Ruh«/ wann denn die Franzosen die deutsche Gesandtschaft jemals unterrichtet hät ten, was sie zu tun gedächten. Deutschland sei ein souveräner Staat, er brauche niemanden vorher zu fragen. In würdigster und ruhigster Weise vertrat so der deutsche Gesandte die deutsche Ehre. Erzürnt rief Regnault zum Schluß: „Wenn Sie den Krieg hadert wollen, wir sind bereit dazu!" Wangenheim erwiderte, wir suchen den Krieg nicht, sitid aber schon längst dazu bereit. Natürlich wird mein Bericht von französischer und vielleicht auch deutscher Seite dementiert werden. Das ändert aber nichts an seiner Richtigkeit. Genau, so, wie ich eS niedergeschrieben, ist es mir von der wohlunterrichteten Persönlichkeit erzählt worden, auf deren Wahrhaftigkeit ich mich unbedingt ver lassen kann." — Trotz der Bestimmtheit, mit der die Sache gemeldet wird, dürfte eine amtliche Aufklärung abzuwarten sein. Die Berliner Handelskammer gab am Donners- tag nachmittag dem Rate der interparlamentari schen Friedenskonferenz ein Festmahl, bei welchem zahlreiche Trinksprüche ausgebracht wurden. Auf dem sozialdemokratischen Parteitag in Nürnberg wurde am Donnerstag die Debatte über die Frage der Budgetbewilligung in erregter Weise weitergeführt: die Redner für pnd gegen die Budgetbewilligung gerieten scharf aneinander. Die Diskussion spielte sich teilweise unter großem Lärm ab, nur vereinzelt wurden zum Frieden mahnende Stimmen laut. Die Ausrufe: „Gemein heit!" „Schnüffler!" „Lügner!" „Heuchler!" „Un- Verschämtheit!" usw. waren öfters zu vernehmen. Einzelne Prügeleien konnten nur mit Mühe ver hindert werden. Am Schlüsse der Donnerstags- Versammlung waren noch 83 Redner zur Frage der Budgethewilligung vermerkt. Die Einführung einer Jnseratensteuer scheint manchem Steuersucher am grünen Tisch noch immer ein Rettungsanker in der Not, obschon die Steuer in England und in Oesterreich als durch aus'veraltet und unzweckmäßig schon vor Jahr zehnten abgeschafft worden ist. Jetzt wird berich tet, daß in den thüringischen Staaten zu Steuer zwecken Erhebungen über Auflage-Ziffern und Verbreitungs-Gebiet von Tages- und Fachzei- tungen angestellt worden sind. Man macht sich da- bei unnütze Mühe. Eine solche Steuer würde noch weniger Freunde finden wie die Stempel steuer für Fahrkarten. Oesterreich-Ungarn. Zu der in Schloß Buchlau stattgehabten Be gegnung der Minister v. Aehrenthal und Iswolski wird nachträglich in einer Wiener Privatdepesche gemeldet, beide Minister sähen der weiteren Ent wickelung der neuen Lage in der Türkei nicht ohne Besorgnis entgegen, doch sei gegebenen Falles auf die Erzielung eines raschen Einvernehmens zwi schen den Mächten zu rechnen. Die Nachricht von einer Meuterei der türki schen Truppen in Plevlje Sandschak Novibasar, gegen ihren Kommandeur Suleiman Pascha, in folgedessen sich letzterer zu den Oesterreichern ge flüchtet habe, soll unbegründet sein. ES heißt jetzt, Suleiman Pascha habe lediglich infolge seiner Ernennung -um Senatsmitglied Plevlje Verlagen. Italien. Der Papst empfing dieser Tage im Vatikan 2500 katholische Turner, die mit Fahnen aufge zogen waren. Unter den letzteren befanden sich drei italienische Trikoloren, die bei den Schweizergar- - den deponiert wurden, um sie nicht neben den päpstlichen erscheinen zu lassen. Die italienischen Fahnen erhielten jedoch wie alle anderen päpst liche Erinnerungsmedaillen. Rußland Die Meldungen über den Stand der Cholera epidemie in Petersburg lauten immer bedenk licher. Die Behörden stehen der Seuche geradezu ratlos gegenüber: eS droht eine allgemeine Panik auSzubrechen. Vom 16. September mittags bis 17. September mittags erkrankten in Petersburg nicht weniger als 305 Personen an Cholera und erlagen 115 der unheimlichen Krankheit. An der russischen Ostseeküste treten jetzt ebenfalls Cholera- fälle auf. v a l r a » h a l b i L l e l. fassung immer Die Pforte stech trotz der wieder in ihren alten Gtzldnß Ministerrat beschloß, eiiwAn Pfund bei der Ottomanbank au In Sofia fand in Sachen dch mit der Pforte ein Ministenat' wurde beschlossen, an der AMrys malischen Agenten Bulgariens ist jstötista Geschow, festzühalten. Marokko.. Der bisherige Sultan Abdul Ast» poy Marokko verhandelt gegenwärtig mit den französisches Be hörden in Casablanca über die Bedingungen für seinen Rücktritt. Was hterübB gemeldet wird, zeigt, daß der gute Abdul Ast» hierbei noch so viel als möglich für sich -erauSschtagen will- — Die englische Regierung brachte den Kabinetten zur Kenntnis, daß fie der französisch-spanischen Marok konote-»stimmt. Sachsen. Hosterwitz, 18. Septbr. Se. König!. Hoheit der Prinz Max ist gestern nachmittag s Uhr 3 Mm. zu einem mehrwöchigen Beptchebei Ihrer Künigl. Hoheit Mr Prinzessin Mathilde«, Dresden eingetroffen. ,Sx. Königs Mheit ward« «unHaypt- bahnhofe durch den menMumdm- Kcmunttherrn' Ihrer Künigl. Hoheit der Prinzessin Mathilde, Frhrn. p. Komneritz begrübt und hat Sich alsdann nach Hosterwitz begeben, wo Höchstderselb« Wohnung genommen hat. ? BischofSwerda, iS. September. Stun - denderAndacht. Zur inneren ^Harmonie des Lebens gehören jene hohen, heilige» Stünden, wo ein Menschenkind Zwiesprache mit seinem Herr gott hält. Wenn Sorgen die Seele drücken und er beben machen, man trägt'» vor -en Alllvissenden und AllgütigeN, und lichte, lindernde Trostge danken stellen sich ein. Wenn überströmende Freu- dengefühle das Herz dürchflaktern, dann klären e» und weichen es dankbare Psalmenmelodien, und eS ist ein wunderbarer Lebenswert, wenn man be seligt bekennen darf: All dies Güte kam von Gott! So ist daS religiöses, christliches, evangelische» Emp- finden. Ob's aber noch hineinpaßt in» wirkliche Kulturgetriebe? Scheint'S Nicht oft, al» sei aller Ewigkeit»- und GotteSglaube zu einem verblaßten und verstaubten Rumpelkammerstück g«>or- den? Am sausenden Webstühle der Zeit ziel- bewußt mitzuarbeiten, da» wirtschaftliche Ich energisch zur Geltung zu bringen, und die Genüsse dieser Erde möglichst reichlich mitzuneh men, sei eS in gröberer oder feinerer Form, da ist die gangbarste Weltweisheit. Und auf sich allein gewiesen, endigt fie doch in einer glückSent- blätterten seligen Tragödie. Sin-Suchen nach Re ligion geht gerade durch unsere kultürgesattigte Gegenwart. Einer unserer modernen Dichter, Karl Stieler, hat diesem Tatbestände einen schönen Ausdruck gegeben: „Doch über jeden kommt die Stunde, wo sich in Weihe neigt sein Geist: arm ist nur der von Herzensgründe, der'Snie erlebt, waS Andacht heißt!" Nur daß niemand meinen möge, religiöse Andacht sei nun schon gleichbedeutend mit irgend einer seelischen AuSruhe-Stimmung. Letz tere kann -. B. ein träumerische» Ginnieren mit sich selbst oder vor einem gchiegenen Kunstwerk oder einer sonstigen Welterscheinung sein, Zum mindesten ist da» noch nicht die volle Andacht im religiös-evangelischen Sinn». Aber eine Art Brücke kann'» schon manchmal bedeuten. Wenn etwa die Natur mit ihren Herrlichkeiten so weihe volle Betrachtungen auslöst, wie in den Bersen Ilse Franke»: „Der Bogen, der den Himmel über spannt, wenn über nassem Laub die Sonne flim mert: der Tau, der bunt fällt au» de» Morgen- Hand und in dem Kelch der blauen Lilie schim mert; ein Menschenauge, brau» der vom Licht in einem kindlich reinen Lächeln spricht, — fie alle spiegeln sich in der Liebe wieder, und ihren Abglanz suchen meine Lieder." Und wer wollte leugnen, wie ost schon eine edle, Phantast« und Gefühl belebende Musik die unaufdringliche Führerin zur wirklichen Andacht geworden Ml Auch da» fittenmaßige Kirchengehen soll matt nicht unterschätzen. Gewiß, die äußeren kultischen Formen und Gewohnheiten machen da» eigentlich Religiöse noch lange nicht au». Aber wo fie ge schichtlich wohlbegründeten Anreger zur gemein samen, gottesdienstlichen Andacht find, da haben sie auch ihren selbstverständlichen Wert. Im üb-, rigen ist » gut, daß die Andacht von Dingen unab- hängig ist, die mehr zu den Zufälligkeiten de» Leben» gerechnet werden können, wie Rang und Stand, formale Geistesbildung, Beruf, Grwerh, Besitz usw. Nicht al» ob diese Faktor« mit ihr« besonderen Licht- und Schattenseiten nicht »mH bei der betenden HerzenSsprache ^HBeinftüel- ten — da» ist ja religiös-menschlich ganz natür lich —, wohl aber verschwinden fie v«lstsv-r'der allumfassend« Art der göttlich« Liebe, von der man Kraft und Frieden erfleht. Das alte AN- dachtßwort der Bibel: wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde! — da zeigt wohl, wenn man'» im neutestamentlichen Geiste «faßt, am deutlichsten der wahr« Andacht innerste- Wesen.... vr. Bischofswerda, iS. September; Ei« schönes,.kirchliches Fest steht uns bevor. Am 1. Oktobers H. J. sticht der hiesige JunBrauenverein der «. Stiftung de» Gustav-Adolf-Berckns sein 40jähriges Stiftungsfest. Mancherlei, was das Herz erquickt und den Sinn erfreut, wird ün» da geboten werden. Chor- und Sologesänge det Kantoreigesellfchaft, auch der Kindevchor wird seine Stimme wieder zu Gottes Ehre erkling« lass«, eist kleine» Ftstsinel, schichtet von einem Mitglich deä Vereins, wird aufachührt wechen. - Die gBßte Freude aber ist dem Verein schon jeM dadurch bereitet Word«, daß Herr Oberkonfistorialrat v. vr. DibeliüS, der Borfitzende de» Dresdner HauptvereinS, der geistvolle und zündend« Redner, sein Erschein« zugesagt hat. Das JahreSfest de» Dresdner HauptvereinS, das im Jahre 1S01 unter süM'''SAmP MS'' gestieü. wuÄ^ ist ün» Allen unVergeWch Nir freu« un» der hohen Ehr«, die er unserem Verein durch sein Erschein« erweist und heißen ihn im voraus herzlichst Willkomm«. Z Bischofswerda, IS. Septbr. Die Auf führung von „Paradies und Peri" von Robert Schumann durch die hiesige Kantorei, findet Sonntag, den 15. November, im Saale des Schützenhauses statt. Die Soli haben ü-ernouvn« Fräulein Anna Klotz-Dresden (Sopran), Fräulein lsein Margarete Mehrer RötschstS Bautzen (Tenor) ünd° Herr Bürgerschullehmr Werm-Radeberg (Paß). , 8 Bischofswerda, IS. Sept. Schwer ver unglückt ist gestern nachmittag in der 2. Stunde in ver hiesigen äußeren Dresdnerstraße durch Sturz mit seinem Fahrrad«, der 30jährige, in '' Kaditz - Dresden wohnhafte Ratsarbeiter Karl Gustav Georg Grieger. Der Unglücklich« erlitt bei dein Sturze ein« Bruch der link« Knie scheibe, welcher, nachdem Herr Ur. nmck. Grund demselben die erste Hilst geleistet üüd ihm ein«. Notverband angebralm hatte, seine UeberfÜhruiA nach dem hiesig« Süwtkranstnhaüse erheischte. — Der Verband sächsischer Lehr et- innen wir- vom 26. -iS 28. September seine sechste Generalversammlung in Chemnitz abhal ten. Die Vorträge behandeln die Reform-B Elementarunterrichts, die. erziehliche Aufgabe -er Lehrerinnen auf der Oberstufe und die Fortbil dung schulentlassener Mädchen in Nadelarbeit« und Haushaltung. Nach der Versammlung findet eine Besichtigung der Königlichen Lande-erzie- hungsanstalt für Schwachsinnige und Blinde in Chemnitz-Altendorf statt. — Das Königliche Ministerium des Innern hat ausnahmsweise genehmigt, daß 10000 Lost der geplant« Geldlotterie zur Wiederherstellung der St. Jakobskirche in Rochenburg a. d. Tauber »um Bertrich« in Sachs« zugelaffen werd«, so fern der Bertrich durch den Lotteriekollekteur Hessel in Dresden erfolgt und die in Sachsen «nzu- führenden Lose von der Polizeidirektion Dresden umgestempelt werd«. — Die Einnahmen bei den sächsischen StaatSeisenbahnrn betrug« nach den vor läufig« Festsetzungen im Monat August 13S2S800 Mark, d. s. 484800 ML weniger als im gleich« Monat des Vorjahres. Hiervon stammten 5 57S800 Mart, mehr 1S6700 Mk., au» dem Personen verkehre, und834S000 ML, weniger 681000ML, au» dem Güterverkehr«. Die Gesamteinnahme d«c Monate Januar bis mit August ergab hiernach S80688S6Mk.; sie ist um 1530SS7 Mk. geringer als im gleichen Zeiträume des Vorjahres. Beteiligt warrn hieran der Personenverkchr mit 34S3330S Mk., mchr 58VS10 ML, und der Güterverkehr mit 63135587 ML, weniger 2120877 ML " — Die Aborte in dm Eisenbahn-Personen wagen. Die Unsauberkeit in dm Abort« der Personenwagen, die neuerdings zu Klag« Ver anlassung gegeben hat, veranlaßt setzt die StaatS- eistnbabnverwaltung, ihrem Personal nabezulegm, mit allen Mitteln dafür zu sorg«, daß sich die Wagmaborte in ordnungsmäßigem Zustand« be finden. -Für die Taler und die Fünfzig- Pfennigstücke der Ater« Seprägeform hat der 80. September d. I. besondere Bedeutung. MU diesem Tage läuft die Frist ab, die dmReich»- und Landeskassen zur Annahme und UmwechS-