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.s - - der Mitte der Versammlung heraus einerseits entschieden bekämpft, anderseits jedoch ebenso warm befürwortet. Im österreichischen Abgeordnetenhause be gann am Freitag die großangrlegte Debatte über den Ausnahmezustand in Prag, die am genannten Tage entschiedene Erklärungen der Jungczechen, Kroaten, Slovenen, Antisemiten und Deutsch nationalen gegen diese Regierungsmaßnahme brachte. Außerdem sprach noch Abg. Heilsberg Namens der deutschen Linken, welcher erklärte, seine Partei wünsche zunächst Aufschlüsse der Regierung in der Kommission entgegenzunehmen, mache die Regierung jedoch für die beklageus- werthen Zustände in Böhmen verantwortlich. Schließlich verurtheilte Heilsberg in schärfster Weise die Wahlresorm-Vorlage der Regierung. — Jedenfalls darf man auf die endgiltige Stellungnahme der Deutsch-Liberalen in der Frage der Prager Ausnahmemaßrcgeln gespannt fein, da das Votum der genannten Partei zweifellos einen sicheren Schluß aus die fernere parlamentarische Haltung derselben gestatten wird. In den Reihen der Deutsch-Liberalen kommt aber schon jetzt die Strömung, welche infolge der Taafse'schen Wahlresorm Rückkehr der deutschen Linken zur schroffsten Opposition verlangt, mehr und mehr zum Durchbruch, obwohl die Führer noch immer zögern, das Taseltuch zwischen sich und der Regierung entzwei zu schneiden. — Im ungarischen Abgeordnetenhause kam eS am Freitag zu einem parlamentarischen Streik. Die gesammtc Opposition verließ demonstrativ den Saal, als Ministerpräsident Wekerle die Stellung der Regierung zur Pester HonveddenkmalS-Feier erläuterte. Dafür bereitete die Rechte dem KabinetSches eine warme Ovation. Schier endlos fließt der Strom der telegra phischen Mittheilungen über die am vergangenen Freitag pünktlich zur festgesetzten Stunde erfolgte Ankunst der russischen Flotte in Toulon und über die den russischen Gästen auf franzö sischem Boden bereitete enthusiastische Aus nahme. Wie sich erwarten ließ, übersteigt die Verhimmelung des Czaren und Rußlands bei den an die russischen Gäste gerichteten Begrüßungs ansprachen alle Begriffe. So feierte z. B. der Marineminister Rieunier in dem von ihm Namens der Regierung den russischen Geschwaderosfizieren zu Ehren gegebenen Diner den Czaren in einem überschwänglichen Toast, hervorhebend, der Name des Czaren bedeute Loyalität und Macht und erscheine vor der Welt als ein Symbol des Friedens. In einem zweiten Toast feierte Rieunier Rußlands Heer und Marine und trank er aus die ruhmreichen Erinnerungen, die auf allen Blättern ihrer Geschichte eingegraben seien, weiter gedachte der Minister der russisch-franzö sischen Waffenbrüderschaft, die hervorgegangen sei aus gegenseitiger Achtung und Sympathie, welche die beiden Nationen bereits verbunden habe und noch weiter verbinden solle. — Für die französischen Russenschwärmer existirt die Er innerung an die Tage von der Beresina und von Moskau, von Leipzig und von Sewastopol offenbar nicht mehr. Am gleichen Tage, da das russische Ge schwader vor Toulon eintraf, besichtigte der Czar das auf der Rhede von Kopenhagen ankernde französische Kriegsschiff „Jsly", welches dann vom „Polarstern", der Hacht des Czaren, mit 80 Kanonenschüssen salutirt wurde. — Das offiziöse „Journal de St. Petersburg" bringt anläßlich des russischen Flottenbesuches in Frank reich einen die russisch-französische Freundschaft preisenden Artikel. Im Senat zu Washington in Nordamerika nimmt die Sache der Silbergegner eine bedenk liche Wendung. Nach fast -lOstündiger ununter brochener Sitzung vertagte sich der Senat am Freitag früh 2 Uhr wegen Beschlußunsähigkeit des Hauses bei der angesetzten Abstimmung über die Abschaffung der Shermanbill. Diese Ver tagung wird als eine Niederlage der Anti-Silber partei betrachtet. In dem hartnäckigen Kampfe zwischen den brasilianischen Insurgenten und dem Präsi denten Peixoto neigt sich der Sieg nun doch auf die Seite der ersteren. Es verlautet, daß die Peixoto bislang treugebliebenen Landtruppen wahrscheinlich sich dem Ausstande der Flotte an schließen würden; zwei Bataillone Nationalgarde haben sich bereits für die Aufständischen erklärt. Auch der Ausstand in Rio Grande do Sul soll zunehmen. Berlin, 16. Oktober. Der Kaiser, der bekanntlich an der Feier des Militärdienst- jubiläumS König Alberts von Sachsen am 22. Oktober Theil nimmt, wird am 23. Oktober — . Vormittags auch bei der Vereidung der Rekruten der Dresdner Garnison anwesend sein. Mannheim, 16. Oktober. Bei einem i« Neckarau veranstalteten Kriegcrfrst hielt der Großherzog von Baden eine Rede, worin er die Nothwendigkeit der Erhaltung der 1870 er rungenen Güter nachdrücklich betonte und seine Freude ausdrückte, daß der seiner Zeit von ihm ausgesprochenen Mahnung, für die Ehre des Vaterlandes mit Wort und That einzutrcten, entsprochen worden sei. Die Provinzialsynode für Posen hat ein stimmig einen Antrag angenommen, die Regierung zu bitten, daß den preußischen Generalsuperin tendenten der Rang der Räthe erster Klasse ver liehen werde. Veranlaßt wurde dieser Antrag durch die vielbesprochenen Vorgänge bei der letzten Anwesenheit des deutschen Kaisers in Posen. Der Generalsuperintendent vr. Hesekiel war damals nicht zum Mahl geladen, während der Erzbischof dabei anwesend war. Berlin, 13. Oktober. In einer Versamm lung zu Halle sprach sich der Bund der Land- wirthe gegen den deutsch-russischen Handelsver trag aus. Die Versammlung, an welcher auch Graf Herbert Bismarck theilnahm, beschloß, an die verbündeten Regierungen die Bitte zu richten, von einer Herabsetzung der bisherigen Eingangszölle auf russisches Getreide abzusehen. Die schwere Lage der deutschen Landwirthschaft werde durch eine solche Zollherabsetzung derart verschärft, daß sie unerträglich werde. Die „Natl. Corr." berichtet: Als Tag der Reichstagseröffnung hört man jetzt den 21. November nennen. Der Reichshaushalt und die Steuergesetzentwürfe werden dem Reichstag als bald nach der Eröffnung zugehen. Die ersten Lesungen dieser Vorlagen werden die Zeit bis Weihnachten zum großen Theil in Anspruch nehmen. Wie steht eS mit der Börsensteuer? fragt mit Recht die „Cons. Corr". Die Grund züge, nach denen die Gesetzentwürfe über die Tabaksteuer und die Weinsteuer ausgearbeitet werden sollen, sind offiziös veröffentlicht und an Erörterungen für und wieder diese Projekte fehlt eS nicht. Von der zweifellos allein populären Steuer aber, durch die ein wesentlicher Theil der neubewilligten Heeresausgaben zu decken ge plant war, von der Börsensteuer ist gegenwärtig nichts zu hören; sie ist in einer Versenkung ver schwunden. Alles was, mit Börsenreformen oder selben als Muster für hiesige Gesetzordnüng zu: betrachten, allein England gäbe in dieser Bezieh ung ein beherzigenSwertheS Beispiel, obgleich eS das Land der Preßfreiheit genannt wird. Man beschränke sich bei den Strafbemessungen über Verbreitung persönlicher Beleidigungen nicht nur auf eine gewöhnliche Strafe, sondern lege dem Beklagten auch Privatentschädigungen auf. Den selben MobuS bei uns zur Einführung gebracht, werden die Interessenten fernerhin gewiß auf eine Publikation verleumderischer LibellS verzichten. Prag, 16. Oktober. Im Jungczechenlager herrscht vollständige Anarchie. Die gemäßigten Elemente sind vollständig in den Hintergrund gedrängt, die radikalste Richtung gewinnt die Oberhand. Paris. 17. Okt. (Telegr. d. „sächs. Erz."> Marschall Mac Mahon ist heute Vormittag 10« Uhr aus seinem Gute Lasoret gestorben. Toulon, 14. Oktober. Eine große Anzahl von Personen besuchte heute früh das Admiral schiff „Nikolaus II." Später trafen an Bord- die Offiziere und Abordnungen ein, von denew diejenige des Pariser Stadtrathes zuerst empfangen, wurde, wobei der Präsident desselben, Namens Humbert, dem Admiral Avelane die Einladung deS Stadtrathes, Paris zu besuchen, übermittelte. Der Admiral sagte darauf, die russischen Seeleute seien glücklich, nach Paris zu kommen, da jeder Schritt, den dieselben in Frankreich thun, im Geiste von ganz Rußland begleitet werde. Auf das Ansuchen deS Präsekten von Marseille, daß das russische Geschwader diese Stadt ebenfalls besuchen möge, erwiderte Avelane, er werde hierüber seiner Regierung Bericht erstatten. Hierauf erfolgte der Empfang von Abordnungen vieler Städte Frankreich», welche Geschenke über mittelten und Adressen verlasen. Toulon, 16. Oktober. Admiral de la Jaille gab heute an Bord des „Richelieu" ein Dejeuner,, an welchem der Admiral Avelane jedoch wegen der bevorstehenden Abreise nach Paris nicht theilnahm. Viele Fremde verlassen bereits die Stadt. Die Zahl der Reisenden, welche mit den Eisenbahnen hierher befördert wurden, über steigt 165,000. Toulon, 16. Oktober. Der russische Admiral Avelaue reiste heute, begleitet von seinen Offizieren, nach Paris ab. Eine dichtgedrängte Menschenmenge begrüßte den Admiral mit Be geisterung auf der Fahrt zum Bahnhöfe. Marseille, 16. Oktober. Der seitens des mit einem irgendwie gearteten Vorgehen gegen die Börse zusammenhängt, nimmt einen merk würdig zaghaften, zögernden Verlauf. An der Berliner Börse wurde am Freitag mit großer Bestimmtheit behauptet, daß der Bundesrath die Vorlage betreffend die Ver doppelung der Börsensteuer angenommen habe. Die wissenschaftliche Deputation für das Mcdizinalwesen hat ein umfangreiches Gutachten zur Umgestaltung des Jrrenwesens ausgearbeitet. ES wird beabsichtigt, die Vorschriften über die Aufnahme von Personen in Irrenanstalten zu verschärfen, eine strengere Coutrole einzuführen und eine BcjuchSkommission zu bilden zur Prüfung der Anstalten und besseren Fürsorge für die einzelnen Kranken. Eisenach, 14. Oktober. Der Gewerbe kammertag hat heute seine Sitzungen geschloffen. Beschlüsse bezüglich des preußischen Vorschlages über die Organisation des Handwerks sind nicht gefaßt worden. Es sand nur ein Gedankenaus tausch statt. Als Vorort für den nächsten Ge werbekammertag wurde Zittau gewählt. Zum Fall Kirchhos-Harich spricht die „N. A. Z." ihre Ansicht dahin aus, daß das Vorgehen der Presse in privaten Sachen und ihre Einmischung in rein persönliche Verhältnisse in strengstem Maaße zu mißbilligen sei. Wenn schon die allgemeine Klatschsucht dazu beiträgt, das Ansehen einer achtbaren Familie zu unter graben, so sei eS von der Presse geradezu un verantwortlich gehandelt, durch verleumderische LibellS die allgemeine Stimmung für sich zu be nutzen und dieselbe in ausfallender Weise zu unterstützen. Es sei wenig Hoffnung, daß hier Strafpredigten über derartige Zeitungsartikel von irgend welchem Einfluß wären, um so mehr aber scheine eS geboten, zu untersuchen, ob nicht auf dem Wege der Gesetzgebung sich Handhaben gewinnen lassen, um dem notorischen Uebel wenigstens bis zu einem gewissen Grade zu steuern und Veröffentlichungen gegen die Ehre deS Einzelnen und das Privatleben der Familien dadurch hintanzuhallen, daß man sie bei ihren Veranlassern mit einer wirksamen Strafe trifft. E« sei nicht nothwendig, auf die Gesetze anderer Staaten über diesen Punkt hinzuweisen und die- russischcn Geschwaders geplante Besuch des hiesigen Hafens unterbleibt, da Admiral Avelane ans Petersburg strikten Befehl erhielt, keinen Handelshafen anzulaufen. Der Admiral versprach indessen, sich dafür zu verwenden, daß ihm die Erlaubniß eines solchen Besuchs für nächstes Frühjahr ertheilt werde. Rom, 16. Oktober. DaS englische Geschwader wird heute in Tarent eintreffen und bis zum 30. d. M. dort verbleiben. Sodann begiebt sich dasselbe nach Spezia, wo eS am 23. d. M. ein trifft und bis zum 28. verbleibt. AuS Rom: Die italienischen Blätter ziehen bereits beredte Vergleiche zwischen den Festen in Toulon und denen in Tarent, beziehungsweise in Spezia. Seien erstere die Drohung einer wilden kulturfeindlichen Revanche, so bedeuteten letztere eine Bürgschaft des Friedens, wären aber gleich zeitig auch ein Menetekel an die Adresse Frank reichs, sich jeder Provozirung zu enthalten. Das offiziöse „Folchetto" preist die Engländer als die ältesten, treuesten Freunde Italiens, die auch in der Stunde der Gefahr den italienischen Waffen beistehen würden. Die „Tribuna" fordert die in Frankreich lebenden Italiener auf, die Franzosen in ihrem Begeisterungstaumel nicht zu reizen, um nicht Blutthaten heraufzubeschwören, wie solche im Jahre 1881 beim Einzug des Generals Vin- ccndon in Marseille vorgefallen sind. Sachsen. Sc. Majestät der König hat beschlossen, die getreuen Stände des Königreichs Sachsen zu einem in Gemäßheit von § 115 der Verfassungs urkunde abzuhaltenden ordentlichen Landtage aus den 13. November d. I. in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lassen. O Dresden, 17. Oktober. Heute Vor mittag 10 Uhr langte auf dem Böhmischen Bahnhose Se. königl. Hoheit der Herzog Alfred von Coburg-Gotha, begleitet vom Adju tanten Premierlieutenant von Starke vom 24. hessischen Dragoner-Regiment (Uniform dunkel grün, weißer Aufschlag, silberne Garnitur), zu erstem Besuche am königl. sächsischen Hofe an. Zu dessen Empfang waren anwesend Sc. Maj. der König, Ihre königl. Hoheiten die Prinzen Georg und Johann Georg, Minister, Gesandte,.