Volltext Seite (XML)
Sonnabend, nr ^3,6kb68t6lIuNA6N L. Bestellungen werden bei allen Postanstalten des deutschen Reiches, siir Bischofswerda und Umgegend in der Expedition dieses Blattes angenommen. Sechs und Jahrgans. Viehmiirkt in Kischosswerda Montag, den 7. September 1891. Ein sozialdemokratisches Flugblatt. Etwa Mitte Oktober haben in einigen 20 Kreisen die Wahlen zu unserem sächsischen Landtag statt zufinden. Wenn demnach in den letzten Tagen mehrfach in benachbarten Ortschaften sozialdemokra tische Flugblätter vertheilt worden sind, so soll diese Saat offenbar nicht schon für die demnächst bevorstehenden Wahlen ausgehen, sondern man rechnet darauf, daß die Früchte erst allmälig heranrcifen. Wir haben eS mit einem Versuch zu thun, die sozialdemokratische Agitation auch in unserem Kreise auf das platte Land hinaus zutragen. Aus diesem Grunde ist wohl auch die Sprache des Flugblattes eine im Wesent lichen gemäßigte, während wohlweislich ver mieden wird, auf die radikalen Endziele der Sozialdemokratie auch nur im Entferntesten hin zudeuten. Selbst so beliebte Agitations-Schlag wörter, wie Kornzölle und Brotvertheuerung hat man vorsichtig vermieden — sie würden bei der Landbevölkerung nicht verfangen — obgleich von indirekten Abgaben ein Langes und Breites die Rede ist. Hier müssen andere Köder vorhalten: Einführung des allgemeinen Wahlrechtes auch zum sächsischen Landtag, Abschaffung des Schul geldes, Aufhebung der Gesindeordnung und der gleichen mehr, die man mit den üblichen Phrasen und Schlagwörtern garnirt dem „Kleinbauern" mundgerecht zu machen versucht. ES ist wahr lich keine angenehme Aufgabe, ein solches sozial demokratisches Flugblatt zu zerpflücken. Wo anfangen und wo aufhören? Sucht mau die Hauptpunkte zu widerlegen, so bleiben noch Dutzende von beiläufigen Bemerkungen, die, eine jede für sich, wie vergiftete Pfeile wirken. Und läßt man sich auf diese Einzelheiten ein, so möchte mau aus dem Hundertsten ins Tausendste kommen und läuft Gefahr, die Hauptgesichtspunkte aus den Augen zu verlieren. Gleich der erste Satz des an „Sachsens Bevölkerung" gerichteten Flugblattes fordert zu einer ernsten Widerleaung heraus: „Die werk- thätige — gemeint ist die Arbeiter- — Bevölke- Diese Zeitschrift erfcheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet einschließlich der LonnadendS erscheinenden „belletristischen Beilage"' vierteljährlich 1 Mark 50 Ps. Einzelne Nummer lv Pf. ?ömmenSqÜelle^in^^mnac^^estän^lg^wenn auch nicht in gleichem Maße, gestiegen. Die Einkünfte aus Grund und Boden vermehrten sich um rund 45 Mill. M. oder um etwa 21 Proz., die aus Handel und Gewerbe um etwa 146 Mill. M. oder um etwa 42 Proz., die Einkünfte aus Renten um etwa 75 Mill. M. oder um etwa 67 Proz. und die aus Gehalt un'd Löhnen um etwa 300 Mill. M. oder um etwa 82 Prozent! Bekanntlich sind die GehaltSbezüge der Beamten mit wenig Aus nahmen in den letzten 11 Jahren nicht erhöht worden, die Erhöhung von 82 Proz. ist also in der Hauptsache auf Rechnung der gesteigerten . Arbeitslöhne zu setzen. Zu unserem Staunen bemerken wir also, daß der Verfasser des vor liegenden Flugblattes Behauptungen aufgestellt hat, die der Wahrheit direkt ins Gesicht schlagen. Wie ist das möglich? Kennt der Verfasser des fraglichen Flugblattes unsere sächsischen Verhält nisse nicht? Oder. . . .? Das Flugblatt fährt dann fort: „Es be dürfen unsere Steuergcsetze des Ausbaues, die Mängel derselben machen sich der ärmeren Bevölkerung nur zu sehr bemerkbar. Während die Arbeiter bei Heller und Pfennig, durch Einsicht der Lohnlisten rc., zu den Steuern herangezogen und die mittleren Kreise, Hand werker, Kleinbauern rc., von den Einschätz ungs-Kommissionen vielfach überschätzt werden, zeigen die zunehmenden Verurtheilungen reicherer Bewohner wegen Steuerhinterziehung, daß die ärmeren Klassen benachtheiligt, überlastet sind". Der Verfasser hat hier offenbar zunächst di« bekannten Bochumer Vorfälle im Auge. Er vergißt dabei, daß wir nicht in Preußen leben, sondern in Sachsen, daß das Verfahren bei un serer Steuererhebung nicht auf der Einschätzung durch Kommissionen, sondern auf der Selbst einschätzung beruht. Daß auch hierbei Ungehö rigkeiten vorkommen können, soll nicht bestritten werden, keineswegs aber kann dadurch irgend eine Verschiebung der Lasten zu Nngunstrn der ärmeren Klassen eintreten. Prüfen wir doch wirthschastlichen Zuständen des letzten Jahrzehnts unendlich gelitten." Mit dieser Behauptung führt sich das Flugblatt ein. ES wird dann weiter von „traurigen sozialen und wirthschast lichen Verhältnissen in unserem Sachsen" ge sprochen, von einer „Politik, die Sachsens reg same und fleißige Bevölkerung an den Bettelstab bringt," von einer „andauernden Krise, welche die Härten des Winters grausam vermehrte und das größte Elend in weite arbeitsame Bezirke Sachsens trug." So also sieht es in unserem Sachsen aus! Es ist nur gut, daß unS das Flug blatt die Augen öffnet über unser eigenes Elend. Wir Thoren waren bisher der Meinung, daß wir in einem wohlgeordneten Staatswesen lebten, unS in einer Periode des Aufschwungs befänden, daß unsere Industrie ihren Mann ernähre, und daß unsere Landwirthschast nach jahrelangem Darniederliegen sich wieder zu erholen beginne! Und nun müsse» wir uns belehren lassen, daß unsere fleißige Bevölkerung au den Bettelstab gebracht worden ist! Wir lesen natürlich im Flugblatt voll Eifer weiter, um zu erfahren, auf welche Thatsachen sich diese niederschmetternden Behauptungen gründen. Wir suchen vergebens. Drum sehen wir in dem Statistischen Jahrbuch nach — vielleicht finden wir dort eine Bestätigung für die Behauptungen des sozialdemokratischen Flugblattes. Dort lesen wir, daß die Zahl der im Königreich Sachsen eingeschätzten Personen in dem Zeitraum von 1879 bis 1890 von 1,088,002 auf 1,404,069, das steuerpflichtige Einkommen aber von 959,442,075 M. auf 1,495,910,639 M. gestiegen ist, der Steuerbetrag aber von 11,891,253 auf 20,696,673 M. Nach den Einkommens quellen haben sich von 1879 bis 1890 vermehrt die Einkünfte aus Grundbesitz von 218,238,971 M. auf 262,742,613 M., die Einkünfte aus Renten von 111,713,392 M. auf 187,077,313 M., die Einkünfte aus Gehalt und Löhnen von 364,651,115 M. aus 665,072,431 M., die Ein künfte aus Handel und Gewerbe von 350,379,804 M. auf 495,976,828 M. Sämmtliche 4 Ein- »auf». Der sächsische LMer, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen nnd Umgegend. Amtsblatt der Kgl. AmtshmiManaschaft, der Kgl-SchMMection u. sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtralhes^MULL-^— Inserat-, welche in diesem Blatt« die weiteste Verbreitung Aden, werden bis Dienstag und Freitag früh » Uhr angenommen und kostet die dreigespaltene CorpuSzeile 10 Pf., unter „Eingesandt" 20 Ps. Geringster Jnseratenbekag2»Pf. für den Monat werden zu dem Preise von 50 Pfg. in der Expedltton dieses Blattes, sowie von unseren Zeitungsboten angenommen. WM" Inserate finden vortheilhafte Verbreitung. Die Expedition des „sSchs. Erzählers." welche die Sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, das 25. Lebensjahr erfüllt haben, öffentliche Armenunterstützung weder beziehen, noch innerhalb der letzten belven Zayre bezogen haben, unbescholten sind, eine directe Staatssteuer von mindestens 3 Mark entrichten, auf die letzten zwei Jahre ihre StaatSsteuern uno Gemeindeabgabe», Arme»- u»d Schulanlagen vollständig berichtigt habe», und entweder im Gemeindevezirk.ansässig sind, oder daselbst wenigstens seit zwei Jahren wohnen, oder in einer anderen Stadt Sachsens bis zur Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes stimmberechtigte Bitzer waren, dagegen sind zum Erwerbe des Bürgerrechts verpflichtet diejenigen zur Bürgerrechtserwerbung berechtigten Gemeindemitglieder, welche männlichen Geschlechts sind, seit drei Jahren im Gcmeindebezirk wohnen nnd mindestens 9 Mark directe Staatssteuern zu entrichten haben. Indem wir auf diese Bestimmungen hierdurch noch besonders Hinweisen, machen wir zugleich bekannt, daß die Anmeldungen für die nächste Bürgerverpflichtung spätestens bis zum 1. September d. I. in hiesiger Rathsexpedition zu bewirken sind. Stadtrath Bischofswerda, den 4. August 1891. Sinz — Die Herstellung einer steinernen Brücke über den Wesenitzmühlgraben in der Bischossstraße allhier soll demnächst vergeben werden und wollen darauf Reflektirende die darüber angefertigten Blanqnctts in dem Geschäftszimmer unseres Stadtbaumeisters im Rathhause hier, wo auch die Zeichnungen und Bedingungen zur Einsicht auSliegcn, bis zum S. ck. ck. in Empfang nehmen, die ausgefüllten BlanquettS aber versiegelt und mit der Aufschrift „Wcsenitzmühlgrabenbrücke" versehen, bis zum 8. «I. in der RathSkanzlei hier abgeben. S t a d t r a t h Bischofswerda, am 27. August 1891. Sinz — MSfld. Wegen Baues einer neuen Schleiche von der großen Kirchgasse bis in den Wesenitzmühlgraben wird die Bischossstraße von heute an für den Durchgangsverkehr bis zur Fertigstellung dieser Schleiche geschlossen. Stadt rath Bischofswerda, den 28. August 1891. Sinz —