Volltext Seite (XML)
schmack und architektonische Stilansichlen begeg neten. Der neue erste Stadtbaumeister Rettig verfocht mit Eifer die Planung und den Fayaden- cntwurf zu dem neuen Neustädter Realgymnasium (Dreikönigsschule) und wurde hierbei, gegen das abfällige Gutachten des VcrwaltungSausschusses, welches Ablehnung der unschönen Fayade (im Stil der Barockzeit) beantragte, vom Rathstische aus lebhaft unterstützt. Die Debatten wurden so warm, daß der Vorsitzende gegenüber mehreren Rednern betonte, daß derartige Aeußerungen an dieser Stelle befremdlich zu erachten seien. Mit großer Majorität wurde^schließlich die Rettig'sche Fayade abgelehnt und ein Antrag Winter II an genommen, „den Rath um eine Architektenkonkurrenz mit kurzer Frist" zu Erlangung einer anderen Plan ung der Fayadc zu ersuchen. —Der seit 1835 hier be stehende Verein für Gesundheitspflege und arznei lose Heilweise giebt sich gegenwärtig, nachdem in ärztlichen Kreisen kräftig gegen die Behandlung von Naturärztcn in den Krankenkassen Stellung genommen worden ist, viel Mühe, der Naturheil weise mehr und mehr Bahn zu brechen. Heute Abend hielt derselbe in Mcinhvlds Sälen eine stark besuchte Versammlung ab, in welcher auch viele Gegner der Naturheilweise anwesend waren. Herr vr. moä. Klencke von hier sprach über das vielangefochtene Thema: „Warum ist die akade mische Heilkunst einer Reform bedürftig und in wiefern bringt diese Reform die Naturheilkunde?" — Seltsamer Weise werden dieses Jahr noch sehr viel Aepfel hier zum Verkaufe angeboren bcz. hausirend herumgcsahren. Nach näherer Information ergiebt eS sich, daß diese Apfelsorten, welche ziemlich hohe Preise halten (per 5 Liter 1 M. 10 Pf. bis 1 M. 50 Pf.) meist aus Steiermark bezogen werden. Der Handel mit Apfelsinen, deren das Dutzend von 40 Pf. an zu haben ist, macht allerdings dem Aepfelhandel einigen Eintrag. Dresden, 15. März. Unter Vorsitz des Herrn Branddirektor Oeser-Cölln hielt heute Nachmittag von 3 Uhr ab, der Dresdner Bezirks feuerwehrverband, bei welchem die Vertreter der 30 zugehörigen Wehren, mit Ausnahme derjenigen von Hainsberg, vertreten waren, eine Comman- danten-Versammlung ab. Der Vorsitzende wid mete dem dieser Tage plötzlich verschiedenen Ka meraden, Branddirektor Vogel-Mylau, einen ehrenden Nachruf, den die Versammlung durch Erheben von den Plätzen bestätigte. Da viele Wehren, die sich am Wettiner Festzug betheiligten, die Wettiner Erinnerungsmedaille als Andenken zu besitzen wünschen, so wird der Vor sitzende im Interesse der dem Verbände ange hörigen Feuerwehren zu Cotta, Gruna, Plauen, Pillnitz, Striesen, Pieschen, Mohren, Gorbitz, Potschappel (Hütte), Großröhrsdorf, Döhlen (Dorf), Deuben, Potschappel(Gemeinde), Tharandt, Kötzschenbroda, Döhlen (Gußstahlfabrik) dies bezüglich höheren Orts vorstellig werden. Be züglich der Auslegung der Schläuche bei Bränden wurde es vortheilhafter erachtet, den Schlauch zuerst mit dem Strahlrohr und dann erst mit der Spritze anzuschließen. Dieses Jahr wurden als Jnspektionstage der Wehren festgesetzt: 24. Mai in Cotta, 7. Juni in Laubegast, 28. Juni in Trachenberge, 12 Juli (VerbandStag) in Cölln, 2. August in Potschappel, 16. August daselbst in Friede. Aug. Hütte (Vormittags) und in Döhlen, Gußstahlfabrik Nachmittags, 6. Septbr. in Pillnitz. Bekannt gegeben wurde, daß auf Wunsch im hiesigen städtischen Fcuerwehrdepot ein Chargirtenkursus am 5. und 12. April je Vormittags 11 Uhr abgehalteu werde vom Feld webel Hofmann unter Aufsicht des Herrn Brand meisters Herrmann. Am ersten Tage wird Fuß- und Steigerdienst, am zweiten Tage Fuß- und Spritzcndienst geübt werden. Die Uebungsmann- chaft tritt in Uniform an und haben sich bis etzt zur Theilnahmc etwa 20 Wehren gemeldet, leber die großartig entwickelte Feuerwehr in Nordamerika (namentlich Chicago) und über die verschiedenen Vcrschraubungssystcme hielt Herr Brandmeister Herrmann zwei instruktive Vorträge, erläutert durch Zeichnungen und Modelle. Zur Kundgabe gelangte noch, daß im Vorjahre beim Verbände 149 Eingänge und 225 Ausgänge Erle digung gefunden haben. Zur Vorlage gelangten die vom LandesauSschuß beschlossenen Chargen abzeichen, Fackeln der Firma Büttner in Sorau und eine sogenannte Blitzlaterne. Letztere ist hier nichts Neues. In freier Besprechung wurde noch erörtert, daß die jetzt älteste sächsische resp. deutsche Feuerwehr die seit 1826 in der Stadt Penig bestehende sei. Weiter, daß die Feuerwehr je nach Bedarf, auf Erfordern des Gemeinde vorstandes, Theatersicherhritsdienst gegen Entgelt» zu leisten verpflichtet sei nach Maaßgabe der Ministerial - Verordnung vom 28. Dezbr. 1882. Der sächsische Erzähler, «eite 1«. Nach Eintritt günstiger Witterung gedenkt die Deutsche Straßenbahngesellschaft in Dres den nunmehr ihre diesjährige Banperiode zu beginnen, und zwar wird zuerst das Ver bindungsgleis vom Böhmischen Bahnhof nach dem vorderen Theil der Bergstraße gelegt werden. Hierdurch wird eine unmittelbar vom Bahnhof aus mitten durch die Stadt führende Linie (Postplatz, Altmarkt, König-Johannstraße) herge stellt, welcher sich gewiß eine rege Benutzung des Publikums zuwenden wird. Alsdann soll baldigst die Ausführung weiterer geplanter Linien er folgen, so daß sich im Laufe dieses Jahres das Netz der neuen Gesellschaft wieder ansehnlich vergrößert haben wird. In Dresden ist dieser Tage eine Anzahl Fortbildungsschüler in angetrunkenem Zustande zur Jahresprüsung erschienen. Die jungen Leute haben sich derartig ungebührlich benommen, daß polizeiliche Hilfe seitens des betreffenden Bezirks schuldirektors in Anspruch genommen werden mußte. Die jungen Burschen, von denen einer wegen vollständiger Trunkenheit mit Droschke nach Hause geschafft werden mußte, hatten vorher in einer Wirthschast Bier und Schnaps getrunken. Die Verluste durch Minderwerth oder Un genießbarkeit des Fleisches von Schlachtthiercn treffen den Landwirth oft recht empfindlich und es ist mit Freuden zu begrüßen, daß sich eine Landwirthschaftl. Schlachtvieh-Versiche rung gebildet hat, welche gewiß recht segensreich wirken wird. Auch die Landwirthe unserer Gegend werden Gelegenheit haben, Näheres über diese Sache am 23. d. M. zu erfahren. Große Verluste infolge der Winterkälte haben die Pächter deS JägerteicheS in Moritzburg gehabt. Das Eis war bis aus den Grund ge froren und dadurch sind sämmtliche Fische um's Leben gekommen. Zu Hunderten schwimmen dieselben auf der Wasseroberfläche. Man findet todte Karpfen im Gewichte von weit über fünf Pfund. — Gleiches wird aus Borna rc. berichtet. Freiberg, 13. März. Durch herabgestürzte Felsmassen bei der Haltestelle Edle Krone war gestern Abend gegen 6 Uhr der Eisenbahnverkehr in der Richtung nach Dresden ans kurze Zeit unterbrochen. Der uin 5 Uhr 34 Minuten hier abgegangene Personenzug mußte vor dem Tunnel daselbst so lange warten, bis die auf das Gcleis gestürzten Gesteinsmassen beseitigt waren. Es sind sofort die umfassendsten Vorkehrungen ge troffen worden, daß.die Sicherheit des Betriebes gewahrt bleibt. In Mylau hat der dortige deutsche Krieger verein den Fürsten Bismarck zu seinem ersten Ehrenmitglied ernannt. Infolgedessen erhielt aus FriedrichSruh der Vorsteher des Vereins, Herr Stavtrath Hopf, folgendes Schreiben: „Euer Hochwohlgeboren Schreiben habe ich mit verbindlichstem Danke erhalten und bitte, den Ausdruck desselben den Herren Kameraden über mitteln zu wollen. Es wird mir eine hohe Ehre sein, Ihrem Vereine als Mitglied anzugehören, von Bismarck." Chemnitz, 13. März. In Euba ist gestern Nacht das Barthel'sche Gehöft, das der jetzige Besitzer erst vor Kurzem erworben und nun nach erfolgtem umfangreichen Umbau gestern beziehen wollte, vollständig abgebrannt. Nicht einmal der der Gemeinde gehörige Leichenwagen, der in dem mit zum Gehöfte gehörigen Schuppen unter gebracht war, konnte gerettet werden. Leider hat die Familie Uhlig, die das abgebrannte Wohnhaus miethweise mitbewohnte, außer dein Brandschaden noch den Verlust ihres 13jährigen SohneS zu beklagen. Derselbe hat in den Flammen den Tod gefunden. * In Leipzig wurde das 3 ^jährige Mädchen eines Handelsmannes durch einen Möbelwagen überfahre», und getödtet. — Ein 4jähr. Knabe in Chemnitz wurde vom Zuge überfahren und getödtet. — Zu Gablenz wurde ein 4jähriges Kind lebensgefährlich verbrüht. — Verletzt wurden in Dresden ein Konditorgehilfe und ein Arbeiter. — Bei Blumcnau wurde die Leiche eines Un bekannten, bei Zadel die Leiche einer Klavier lehrerin aus Dresden aus dein Wasser gezogen. — Dem Pachter der Frenzel-Klahre'schen Fabrik zu Werdau wurde durch die Schlagmaschine der Schädel eingeschlagen. — Einem 10 jährigen Mädchen in Röblitz, das sich an einen Wagen gehängt, wurde durch die Radspeichen ein Bein fast zermalmt. — Zu Mittweida wurde in einein Abort die Leiche eines neugeborenen Knaben ge funden. Als Mutter wurde ein Dienstmädchen ermittelt und ins Krankenhaus befördert. — Im Mühlgraben in Chemnitz wurde die Leiche eines Dienstmädchens ausgefunden. — Herr vr. jur. Gensel in Leipzig feierte da» 25 jähr. Jubiläum als Sekretär der dortigen Handels- und Gewerbe- 18»L kammer. — In Annaberg ist der königliche Musikdirektor Seminaroberlehrer a. D. Lohse, geboren 1817, gestorben. (1888 feierte er das fünfzigjährige AmtSjubiläum.) — Durch Feuer wurden vernichtet: zwei Häuser und zwei Scheunen in ReberSreuth: eine Scheune zu Rothneukirchen; das Neubert sche Wobnhaus zu Großhartmannsdorf; die Beck'sche Favrik zu Reichenbach; das Wohnhaus des NahrungS- besitzcrS Martin in Naun i. V. — Der allge meine Handwerkerverein zu Dresden, der vor 20 Jahren mit 47 Mitgliedern ins Leben trat, hat 1066 Mitglieder und ein Vermögen von 20,000 Mark. Im vergangenen Jahre hat er einge nommen 5085 Mk. und verausgabt 4222 Mk. Er läßt in 2 Fachschulen 724 Lehrlinge auS- bildcn. — In der Forstakademie zu Tharand bestanden von 20 Examinanden 15 die Abgangs prüfung. Das beste Examen machte Studiosus Dricke aus Dresden und errang die silberne Medaille der Anstalt. — Der emer. Rektor Kantor Müller in Striesen feierte das 50jähr. Ehejubiläum. — Vom 1. December 1890 bis 4. März 1891 sind 10 Dampferladungen frischer schwedischer Heringe mit 19,460 Kisten, »11 Schock, ---- 12,949,600 Stück, im Werthe von 192,650 Mark, in Stettin angekommen. — Zu Ficheln bei Crefeld wurde die Familie eines Beamten durch Vierlinge, 3 Mädchen und 1 Knaben, ver mehrt. Vor einem Jahre bekam die Familie einen Zuwachs durch ein Zwillingspaar. — In Bischhausen in Thüringen versieht ein 98jähr. Landbriefträger seinen Dienst, indem er täglich 10 Kilometer zurücklegt. (Kirchliches.) Um Einschränkung der öffentlichen Belustigungen, namentlich zur Fast nachtszeit, die in den letzten Jahren einen skandalösen Charakter angenommen haben, bitten 2000 Baseler Bürger, darunter Aerzte, Lehrer, Pastoren u. s. w. Regierung. Auch wir protestiren gegen alle die ihre Vergnügungen der Sonnabendabende, von denen die Betheiligten taumelnd oft erst am Hellen lichten Sonntagsmorgen nach Hause kommen. Es ge hört zu den nie aus den Augen zu lassenden Aufgaben aller christlich und patriotisch gesinnten Männer und Frauen, im öffentlichen Leben viel nachdrücklicher und muthiger wie bisher dahin zu wirken, daß der alle Dämme durchbrechenden Vergnügungsfluth, welche wirthschaftlichen Sinn und Sparsamkeit, Ehe und Familienleben, Sonn tagssegen und Wirkung des göttlichen Wortes immer furchtbarer zerstören und für den Sinn lichkeit und Umsturz züchtenden Materialismus das Volk erobern, endlich und gründlich Einhalt geboten werde. Die Herbergen zur Heimath wachsen fort während in Deutschland. Zur Zeit beträgt ihre Zahl 370. Jährlich übernachten in ihnen rund 2 Millionen HerbergSgäste. Wahrlich ein schöner Triumph der stillen Arbeit der Innern Mission! Aber am gesteckten Ziele sind wir erst, wenn kein arbeitsuchender Wanderer mehr gezwungen ist, wider seinen Willen eine Herberge aufzusuchen, an deren von Schmutz starrendem Tische das Laster den Vorsitz führt, in deren unheimlichen Räumen die Vagabunden ihre Bettelbureaus und die Verbrecher ihre Schlupfwinkel errichten. Da müssen aber die Zahl der Herbergen zur Heimath noch um das Doppelte und Dreifache wachsen. V'e r rn i s ch t e s. — Eii» eigenartiger Unglücksfall hat dieser Tage eine Familie in Tilsit betroffen. Das zweijährige Töchterchen lag in der Wiege, al ber Hauskater in das Zimmer geschlichen kam, in das Bett sprang und dem Kinde die Augen auskratzte. Den furchtbaren Verletzungen erlag das kleine Mädchen kurz varauf. — Hirschberg, 14. März. Die Vorar beiten zum Bau der geplanten Zahnradbahn- Linie Warmbrunn-Schneekoppe werden nunmehr bestimmt in Angriff genommen. Am Donners tag Nachmittag traf zu diesem Behufe Herr Re gierungsbaumeister Berent in Warmbrunn ein und heute die Ingenieure, denen die Vermessungs arbeiten zucrtheilt werden sollen. — (Unmenschliche Mißhandlung.) In Riedisheim war ei»» Familienvater im Begriff, seinen eigenen zwölfjährigen Sohn, welcher, wie es scheint, eine kleine Züchtigung verdient hatte, zu kreuzigen. (!) Er hatte ihm die Beine zu sammengebunden und durch eine Hand schon einen großen Nagel geschlagen. Durch daS Jammergeschrei des unglücklichen Knaben auf merksam gemacht, liefen die Nachbarn herbei und hielten den Unmenschen von seiner gräßlichen That ab. DaS Scheusal wurde am gleichen Tage noch verhaftet.