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durch die Führer säst aller Fraktionen des Hauses. Die Anregung des Prinzen Liechtenstein, den Anschluß Oesterreichs an die von der Schweiz vorgeschlagene Coyferenz zur internationalen Regelung des Arbeiterschützes fand am Donners tag im österreichischen Reichsrathe die günstigste Aufnahme. Der von dem Jüstizminister Grafen Schönvorn vorgelegte Entwurf eines neuen Straf gesetzbuches lehnt sich an die früheren Entwürfe der Minister Glaser und Prazek, sowie an das deutsche Strafgesetz an. — Das ungarische amtliche Blatt veröffentlichte die auf die neue Zusammensetzung des Ministeriums Tisza bezüg- nchcn Kaiserlichen Handschreiben, durch welche Weckerle zum Finanzminister, Graf Julius Szapary zum Handelsminister und Desider Szilagyi zum Justizminister ernannt wurden. Alle politischen Kreise Italiens sind durch die überraschende Nachricht, daß der Negus Johannes von Abessynien im Kampfe gegen die Derwische gefallen sei, in um so größere Auf regung versetzt worden, als General Baldissera gleichzeitig aus Massauah meldete, es herrsche jetzt in Abessynien die vollständigste Anarchie und ein solcher Nothstand, daß das ganze Land Dem jenigen zufallen müßte, welcher es sich nehmen wollte. General Baldissera beantragte daher, die italienische Regierung möge ihn zum Vordringen in abessynisches Gebiet ermächtigen und ihm für den weiteren Verlaus der Begebenheiten umfassende Vollmachten ertheilen. Im Anfänge war die italienische Regierung diesem Vorschläge nicht abgeneigt; bald aber folgte die kühle Ueberlcgung, so daß von dem geplanten Vorrücken der italie nischen Truppen nach Asmara zunächst Abstand genommen worden ist. Von der französischen Deputirtenkammer ist die Einsetzung des Senats als Gerichtshof für die Anklage gegen Boulanger und Genossen nach stürmischen Verhandlungen genehmigt wor den, worauf sich die Kammer bis zum 14. Mai vertagte. Der Senat trat bereits am Freitag zusammen, um die Commission zu ernennen, welche beauftragt ist, die Anweisungen für den Senat als obersten Gerichtshof aufzustellen. Boulanger befindet sich inzwischen auf belgischem Boden in Sicherheit und benutzt das dortige Asylrecht, um seinen Pariser Widersachern Giftpfeile zuzusenden. Seine republikanischen Gegner sorgen dafür, daß sein Name und seine Sache den Franzosen nicht aus dem Gedächtniß entschwinden. Im englischen Unterhause ist die vom Staatssecretär Lord George Hamilton eingebrachte Vorlage für die bedeutende Verstärkung der Kriegsflotte am 8. d. M. ohne Debatte in erster Lesung ausgenommen worden. Tags darauf ge langte der Clark'sche Antrag auf Herstellung eines schottischen National-Parlaments vor das Haus, wurde aber mit großer Mehrheit abge lehnt, da sich selbst Gladstone gegen diesen An trag erklärte. Tiefen Eindruck machte die Aeußc- rung des Obersecretärs für Irland, Balfour, daß cs zu einer Zeit, in der jedes Volk die Eintracht seiner Stämme zu festigen suche, von dem britischen Parlament Wahnsinn sein würde, die Kräfte Großbritanniens zu zersplittern. Nach langen Verhandlungen des Königs von Rumänien mit verschiedenen Parteiführern ist am Donnerstag ein in der Hauptsache conservatives Cabinet unter Leitung Catargius zu Stande ge kommen, dessen ehemalige Wirksamkeit als Mi nisterpräsident der österreichischen Presse Veran lassung zu mißtrauischen Aeußerungen gab. Die „Agence Roumaine" sucht dieses Mißtrauen durch die Versicherung zu beseitigen, daß das neue Ministerium die Beziehungen Rumäniens zu den auswärtigen Mächten völlig unverändert lassen und sich wesentlich mit den inneren Ange legenheiten Rumäniens beschäftigen werde. Berlin, 13. April. Der Kaiser wird, wie die „Nat.-Ztg." meldet, im Laufe des Sommers sich auf fünf Tage nach Bayreuth begeben, um den dortigen Aufführungen bcizuwohnen. Bremen, 1t. April. Se. Majestät Kaiser Wilhelm traf heute Morgen 6 Uhr 40 Minuten hier ein und setzte nach einem Aufenthalt von 10 Minuten dir Reise »ach Oldenburg fort. Empkang fand auf allerhöchsten Wunsch nicht statt. Oldenburg, 14. April. Se. Majestät der Kaiser traf heute früh unter Salutschüssen, Glockengeläute und enthusiastischem Jubel der zahlreich herbeigeströmten Bevölkerung ein. Am Bahnhof wurde Se. Majestät vom Großhcrzog empfangen, welchen Allerhöchstdersclbe durch zwei malige Umarmung begrüßte. Am Eingänge der Heiliggeist. Straße, wo eine Ehrenpforte errichtet worden war, hielt der Oberbürgermeister v. Schrenck ein« Ansprache. Auf dem Wege bi» zum Schloß bildeten Truppen, Kriegerverrine, Innungen, andere Sachse Bischofswerda, 1b. April hat uns bis jetzt Vereine und Schulen Spalier. Die Stadt ist prächtig geschmückt. Oldenburg, 14. April. Nach dem Gottes dienst in der Garnisonkirche, welchem Se. Maj. der Kaiser beiwohnte ; erfolgte eine. Rundfahrt durch die Stadt. Nachmittags findet Galadiner im Palais, Abends Fackelzug der Bürgerschaft und glänzende Illumination der ganzen Stadt statt. Der Toast, welchen der Kaiser in Erwide- rung der Ansprache des GroßherzogS von Olden burg bei der Festtafel im Schlosse zu Oldenburg am 14. April ausbrachte, hat nach dem „Reichsanzeiger" folgenden Wortlaut: „Gestatten Mir Ew. Königliche Hoheit, Ihnen Meinen unterthänigen und herzlichen Dank zu Füßen zu legen für die gütige, freund liche und so herzliche Aufnahme, wie Ich sie heute bei Ihnen gefunden habe. Gedrängt von dem Gefühle, einem treuen Freunde und lieben, treuen Bundesgenossen Meines Herrn Großvaters Meine Aufwartung und Meinen Besuch zu machen, freue Ich Mich, diesen Tag mit Ihnen verleben zu können. Ich freue Mich zugleich, die innigen, warmen und patriotischen Gefühle Ihres Volkes haben wahrnehmen zu können, und bitte zu Gott, daß es Ihrem Volke noch recht lange möchte bcschieden sein, unter Ihrer weisen und gerechten Regierung zu leben. Sie aber, meine Herren, fordere Ich auf, mit Mir diesen Empfindungen Ausdruck zu geben, indem wir Se. König!. Hoheit den Großherzog von Oldenburg und Ihre König!. Hoheit die Frau Großherzogin leben lassen. Sie leben hoch, und nochmals hoch, und zum dritten Mal hoch!" Am Montag Vormittag um 11 Uhr trat der Kaiser, wie aus Oldenburg gemeldet wird, die Weiterreise nach Wilhelmshaven an, nachdem am Montag Morgen eine Alarmirung der ge- sammten Garnison Oldenburg stattgefunden hatte. Wilhelmshaven, 15. April. Se. Maj. der Kaiser hat die Kreuzercorvette „Alexandrine" bis in die Höhe von Wangeroog hinausgeleitet, bei Sonne, starker Brise und Seegang das Schiff und die Mannschaft GotteS Schutz empfehlend. Nach sechsstündiger Seefahrt kehrte der Kaiser zurück. Homburg, v. d. H., 14. April. Ihre Maj. die Kaiserin Friedrich ist heute Vormittag mit den Prinzessinnen-Töchtern und zahlreichem Ge folge hier eingetroffen. Die Herrschaften begaben sich alsbald in offenem Wagen in das königliche Schloß. Berlin, 15. April. Der Reichsanzeiaer veröffentlicht das Gesetz, die Secundärbahnen be treffend.— Der „Post" zufolge wird dieSamoa- Conferenz am 1. Mai zusammentreten; Deutsch land würde wahrscheinlich durch den Staats minister Herbert v. Bismarck und den Geheimen Legationsrath Kraud vertreten sein, auch den Vorsitz führen, da die Conserenz auf deutschem Boden stattfinde. Der Bundesrath hat beschlossen, den Anträgen des Reichstages auf Vorlegung eines Gesetzent wurfs wegen Abänderung der Gerichtskosten und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte keine Folge zu geben. Berlin, 13. April. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Wir können die in englischen und amerikanischen Zeitungen gebrachte Nachricht be stätigen, wonach Deutschland, England und Amerika während der Dauer des Congresses nur durch je ein Kriegsschiff vor Apia vertreten sein werden. Die Angabe, wonach eine Entsendung mehrerer Kriegsschiffe von deutscher Seite in Aussicht ge nommen sei, ist unrichtig. Thatsache ist nur, daß zunächst die „Sophie" von der ostafrika nischen Station nach Samoa entsandt ist, um dort bis zum Eintreffen der „Alexandrine" zu verbleiben. Diese Corvette, welche demnächst in Wilhelmshaven isi Dienst gestellt werden soll und nach den getroffenen Dispositionen voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Monats Juli in Apia ankommen wird, ist dazu bestimmt, die „Sophie", welche sich seit langer Zeit in fremden Meeren befindet, abzulösen. Bremen, 13. April. Nach einem bei der Direction des „NorddeutschenLloyd" eingegangenen Telegramm aus Sidney ist die Kreuzercorvette „Olga" in Begleitung des Norddeutschen Lloyd- dampfers „Lübeck" heute Vormittag daselbst ein getroffen. Dem „Reuterschen Telegraphen - Bureau" zufolge ,sind in Sidney zugleich mit der „Olga" der Commandant, 2 Offiziere und 20 Mann des „Adler" eingetroffen. Die überlebenden Offiziere des „Eber" gehen am 24. d. M. an Bord de» Dampfer» „Habsburg" nach Deutschland zurück. 100 Mann blieben im Wachtcommando in Apia zurück. Die Herren von Maybach und von Stephan sind wieder gut Freund'; der Erstere lud seinen Gegner aus dem Herrenhause zu einem freund schaftlichen Mahle ein und nur eine Dienstreise hinderte Herrn von Stephan, der Einladung zu entsprechen. Berlin, 12. April. Gegen den Redakteur der „Berliner Volkszeitung", Oldenburg, ist nun mehr die Anklage wegen Majestätsbeleidigung, anhängig gemacht worden. Die Freisinnigen brachten gestern im Reichstage einen Antrag ein auf staatlichen Ersatz und Beamten-Regreß-Pflicht für den Fall, daß ein gesetzlich unbegründete» Zeitungsverbot ergangen ist. Ueber den Gesundheitszustand der Kaiserin von Oesterreich sind sehr bedenkliche Nachrichten verbreitet, nach welchen die unglückliche Mutter von finsteren Wahnvorstellungen befallen sein soll. Die Mittheilung ist indessen übertrieben. Die Kaiserin leidet an krampfartigen Anfällen, eine Folge der furchtbaren Nerven-Aufregung. Die angewendeten Mittel, eineBesserung herbeizuführen, sind leider von wenig Erfolg begleitet gewesen. Wien, 15. April. Gegenüber beunruhigen den Meldungen deutscher und französischer Blätter über das Befinden Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth wird authentisch mitgctheilt, daß die neuralgischen Schmerzen in der jüngsten Zeit wesentlich gemildert sind. Von einer Massagekur in Wiesbaden wird die vollständige Hebung des Leidens zuversichtlich erhofft. Im Uebrigen ist der Gesundheitszustand Ihrer Majestät voll kommen befriedigend und die gegentheiligen Ge rüchte sind unbegründet. Wien, 13. April. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht heute das vom Kaiser genehmigte Wchrgesetz. Wien, 15. April. Der „Politischen Corre- spondenz" wird aus Rom gemeldet: König Humbert trete wahrscheinlich die Reise nach Berlin am 18. Mai oder 20. Mai an. Der König werde außer dem Ministerpräsidenten Crispi noch von einem anderen Cabinetsmitgliede begleitet sein. ES ist ein einwöchiger Aufenthalt in Aussicht genommen. Wien, 15. April. Gutem Vernehmen nach ist der Vertrag wegen Lieferung von 450,000 Manlichergcwehren zwischen der deutschen Ne gierung und der Steyrer Waffenfabrik perfect geworden. Die bestellten Gewehre sind von gleicher Beschaffenheit wie die österreichischen, nur der Verschluß weist eine Acnderung auf. Pest, 13. April. Das Amtsblatt veröffent licht das sanctionirte Wehrgesetz. Das Oberhaus nahm die Suezconvention, sowie die Vorlage, die Negulirungsarbeiten deS Eisernen Thores, die Verstaatlichung der ersten ungarisch-galizischen Eisenbahn und ungarischen Westbahn betreffend, an. Das Haus vertagte sich bis nach Ostern. Rom, 13. April. In der städtischen Steuer verwaltung ist ein Defizit von 1,100,000 Lire entdeckt worden. Der Cassirer der Firma Trezza, welche die Steuern Noms in Pacht hat, ist durchgegangcn. Paris, 14. April. In der in Versailles heute stattgehabten Boulangisten - Versammlung verlas der Deputirte Laguerre ein Schreiben Boulangers, welches besagt, der Fehler von 1889 kröne das Werk von 1789, indem er die demo kratischen Reformen vernichte. Die Republik allein könne die Parteien auSsöhnen, aber sie dürfe keine parlamentarische fein, welche eine beständige Ohnmacht erzeuge. Das Schreiben schließt: Meine Bestrebungen sind auf die Ver besserung der Geschicke des Volkes und die Einig keit aller wahrhaften Franzosen in der Republik gerichtet. London, 14. April. Der gestern in Kew stattgcsundenen Beisetzungsfeierlichkeit der Herzogin von Cambridge wohnten die Königin, sowie alle Mitglieder der königlichen Familie bei. Die Leiche wurde nach der Feier vom Palast St. James aus unter Escorte von Cavallerie in das Mausoleum, wo der Herzog von Cambridge beigesetzt ist, übergeführt. London, 15. April. Einer „Times"-Mel- dung aus Zanzibar zufolge verlautet, es sei vor einigen Tagen eine kurze Waffenruhe zwischen den Deutschen und den Aufständischen an der Küste vereinbart worden. Zanzibar, 13. April. Eine von englischen Missionaren hier eingegangene Nachricht meldet, englische aus dem Innern in Bagamoyo ein getroffene Missionare berichten, Buschin verhandle mit dem Reichscommissar Wißmonn wegen Friedens abschlusses.