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in den Baracken und für bestimmte Beköstigung Zwangspflicht bestehe. Minister v. Boetticher erwidert, im Interesse der Bauverwaltung wie der Arbeiter erschien ein gewisser Zwang noth- wendig, um die Arbeiter gesund unterzubringen und zu beköstigen. Die Arbeiter erhoben bisher keine Klage; alle Unternehmer erklärten die ge troffenen Einrichtungen für gut. Im weiter« Laufe der Debatte giebt der Minister Auskunft über die Befriedigung des gottesdienstlichen Be dürfnisses der Arbeiter im Lazarethe. Straf bestimmungen für Verspätungen seien nnabweiS- lich. Erkennungszeichen hätten die Arbeiter selbst gewünscht. — Der Etat wurde darauf ohne Diskussion bewilligt, ebenso der Etat der Reichs justizverwaltung. Bei dem Etat der Verwaltung, des Reichsheeres wird die von der Commission beantragte Streichung des Casernenneubaues in Darmstadt genehmigt. Der Etat des Reichs schatzamtes wird bewilligt. Das Haus vertagt sich bis Mittwoch 1 Uhr. Zur Tagesordnung stehen die Anträge Baumbach (Gewerbeordnung) und der Abgg. Lieber und Hitze (Sonntagsruhe). Berlin, 21. Januar. Die „N. A. Z." meldet an bevorzugter Stelle: Dem Reichscanzler sind am 18. Januar, dem Gedächtnißtage der Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches, von verschiedenen Seiten patriotische Kundgebungen zugegangen. Unter denselben befindet sich auch ein Telegramm, in welchem die zur Feier jenes^ Tages im Krystallpalast versammelten Professoren, und Studenten der Universität Leipzig „dem Mitbegründer der deutschen Einheit, dem treuen Deutschen in deutscher Treue" ihre Grüße dar bringen. — Dem Reichscanzler ist aus München nachstehendes Telegramm zugegangen: Genehmigen Durchlaucht für Ihre Anorvnungen zum Los kauf unserer Missionare in Ost-Afrika den tiefst empfundenen Dank und Segenswunsch der Deutschen Benedictusgenossenschaft und ihres Superiors. Berlin, 19. Januar. Der commandirende Admiral, Viceadmiral Graf Monts, ist 8^ Uhr Abends gestorben. Berlin, 21. Januar. Aus Kiel wird der „Nordd. Allg. Ztg." heute telegraphirt: Zu den Beisetzungsfcierlichkeiten des Grafen Monts geht ein Commando von 20 Unteroffizieren und Mannschaften der Matrosendivision, 15 desgleichen der Werftdivision und 6 Unteroffiziere des See bataillons nach Berlin. Als Repräsentanten vom Osfizicrcorps Admiral Knorr, die Capitäne Schering und Bodenhausen, Capitänlieutenant Rüdiger, Premierlieutenant Graf von Herzberg,.. Unterlieutenant zur See Puttfarken. Bayreuth, 19. Jan. Nach nunmehrigen. Bestimmungen werden auch in diesem Jahre in der Zeit vom 21. Juli bis zum 18. August: Bühnenfestspielc Hierselbst stattfinden. Zur Auf führung gelangen „Parsifal", „Tristan und Isolde" und „Die Meistersinger". Aus Paris wird der „N.-Z." gemeldet: Das Journal „Le XIX. Siöcle" veröffentlicht angeblich aus sicherer Quelle Enthüllungen, wo nach Prinz Roland Bonaparte den größten Theil der Summen zur Bestreitung der boulan- gistischen Action liefert. Roland. Bonaparte bezieht als Wittwer und Erbe der Tochter des. Spielpächters Blanc einen großen Theil des. Ertrages der Spielhölle von Monaco. Der Prinz soll durch den Prinzen Jörome Napoleon zu seinem Verhalten veranlaßt worden sein. Washington, 19. Januar. Der Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend die Einwande rung, ist von der betreffenden Commission des Repräsentantenhauses vorgelegt worden. Der Gesetzentwurf beantragt, an der Einwanderung in das Gebiet der Vereinigten Staaten, Arme, Unzurechnungsfähige, wegen Verbrechen Bestrafte, ferner Anarchisten und Socialisten und solche Personen zu verhindern, welche mit gewissen Krankheiten behaftet sind, endlich Arbeiter, welche keinen Vertrag über Beschäftigung besitzen, im Uebrigen allen Fremden eine EinwanderungS- Steuer von 5 Dollar» aufzuerlegen. Dieselben, müssen außerdem im Besitze von Beurkundigungen seitens der Vertreter der Vereinigten Staaten im Auslande sein. Der den Gesetzentwurf be gleitende Bericht der Commission weist darauf hin, baß viele Arme und selbst Verbrecher von ihren Behörden mit Mitteln zur Auswanderung versehen würden. Sachsen. Se. Majestät der König wird, wie auS Berlin berichtet wird, am Geburtstage Sr. Ma jestät des Kaisers die Glückwünsche des sächsischen Königshauses persönlich überbringen. Am Freitag Nachmittag 5 Uhr erschienen Ihre Majestäten der König und die Königin.. ^ 1« berüten. Weder der Name GeffckxnS noch der Morier» wurde in der Wortsehde genannt, tro-dem gerade da« Verhalten des CanzlerS in beiden Angelegenheiten von der gegnerischen Presse der bissigsten Kritik unterzogen worden ist. Die vielfach aufgestellte Behauptung, daß der die Freilassung GrffckenS bedingende Beschluß des Leipziger Reichsgerichts ein Vorwurf und eine Niederlage seines Anklägers bedeute, ließ aber Fürst Bismarck deshalb nicht unerwidert. Er erbat vom Kaiser die Erlaubniß zur Ver öffentlichung der Anklageschrift, damit die ganze Nation sich selbst ein Urtheil über den politischen Character der Handlungen Geffckens bilden könne. Damit handelte er nach seinem Grundsätze, „die Reptile bis in ihre geheimsten Schlupfwinkel zu verfolgen." In der Ueberzeugung, daß die Feinde des Canzlers im Grunde auch auf die Zerstörung des deutschen Reiches abzielen, hat Kaiser Wil helm ihm dabei seine mächtige Unterstützung ge liehen und seine persönlichen Empfindungen der Herrscherpflicht geopfert. Die Folgen des ener gischen Vorgehens des Reichskanzlers sind un berechenbar, denn Alle, welche zu Geffcken in Beziehungen standen, wurden dadurch in ein eigenthümliches Licht gestellt. Das unmittelbar darauf von dem preußischen Justizminister vr. von Friedberg eingereichte und vom Kaiser sofort genehmigte Entlassungsgesuch soll damit nicht im Zusammenhang stehen, da sich dieser Vertrauens mann des Kaisers Friedrich schon vorher sehr angegriffen fühlte. Die Nachricht von dem Un wohlsein des Reichskanzlers seit der Sitzung vom 15. d. M. wurde von der „Nordd. Allg. Ztg." sofort durch die Erklärung widerlegt, der Fürst befinde sich wohl, habe Gäste bei sich gesehen und seinen gewöhnlichen Spaziergang gemacht. Bei der betreffenden Mittheilung der „Kreuzztg." sei der Wunsch der Vater des Gedankens. Von der österreichischen Regierungsvresse ist das von den russischen Blättern „Swjet" und „Nowoje Wremja" verbreitete Märchen von der bevorstehenden Ausdehnung der Occupation auf den Bezirk von Novibazar entschieden widerlegt worden. Mit derselben Entschiedenheit wies die Wiener Presse den Gedanken einer etwaigen ungarischen Ministerkrise zurück, trotzdem die ge meinsame österreichisch-ungarische Regierung mit den beiden Ministerpräsidenten Oesterreichs und Ungarns dahin übereinkam, keine Abänderung des Wehrzesetzes zuzulassen. Die Erwartung, daß es dem Minister Tisza gelingen werde, die letzten Bedenken der liberalen Mehrheit des Pester Parlaments zu beseitigen, hat sich glänzend er füllt. Wie sich voraussehen ließ, entspann sich bei der am 16. d. M. stattgehabtcn Berathung der liberalen Partei eine größere Debatte bei dem besonders mißliebigen Paragraphen 14, welcher die Feststellung des Rekrutencontingents betrifft. Julius Horvath erklärte, falls nicht in das Gesetz eine präcisirende Klausel ausgenommen werde sollte, dagegen stimmen zu müssen. Der Ministerpräsident Tisza bedauerte, den Vorredner nicht beruhigen zu können und erklärte auf das Entschiedenste, daß, falls der Paragraph 14 nicht unverändert angenommen werden sollte, die Re gierung abzudanken gedenke. Er überlasse jedem Parteimitglieds seine Meinungsfreiheit und wünsche die Angelegenheit nicht zur Parteifrage zu machen. Jndeß habe die Regierung nichts dagegen einzu wenden, daß eine solche Interpretation des Para graphen 14, welche besagt, daß derselbe keine Aenderung des Gesetzes von 1868 involvire, in das Protokoll des Hauses ausgenommen werde. Die liberale Partei beschloß darauf einstimmig, Horvath ausgenommen, die unveränderte An nahme des Paragraphen und gab der Regierung gegenüber ihrem unbedingten Vertrauen Ausdruck, indem sie zugleich die von Tisza vorgeschlagene Aufnahme ins Protokoll billigte. Damit ist die Stellung Tisza's nenbefestigt, was nicht nur in Pest, sondern auch in Wien mit großer Genug- thuung' begrüßt wird. Die italienische Regierung hat der Ab haltung des Mailänder Friedenskongresses keine Hindernisse entgegengesetzt, trotzdem sie dabei auf eine Vereinigung aller dem Dreibund feindlichen Elemente gefaßt sein mußte. Anarchisten aller Länder und Boulangisten aus Frankreich reihten sich am 13. d. M. in Mailand den italienischen Republikanern an, nur daß die Parteigänger der Commune dort herzlicher ausgenommen wurden, als die Parteigänger des französischen ZukunstS- dictatprS. Seltsame Vorstellungen von ihrer „Friedensmission" müssen jedenfalls die Theil- nehmer am Congrcssc gehabt haben, welche dem Eommunegcncral Cluseret zujubclten, als er die Revolution als das Mittel bezeichnete, „Frank reich von Fremden zu befreien und entrissene 'Provinzen wieder mit dem Vaterlande zu ver einigen." Eine praktische Bedeutung war der ganzen Kundgebung nicht beizumessen. Ernster faßten die italienischen Regierungskreise den Ver such des russischen „freien Kosaken" Atschinow auf, mit zahlreichen Begleitern von der Küste des Rothen Meeres aus sich zum NeguS von Abessinien zu begeben. Der italienische Major San Miniatelli kam in Suakim an Bord des österreichischen Schiffes „Amphitrite", um die Kosaken nach Obok zu begleiten, wo dieselben von den Franzosen freundlich empfangen zu werden hofften. Während Kammer und Senat in Frankreich in den letzten Tagen ruhig mit der Berathung des Rekrutirungsgesetzes, des Concursgesetzes u. s. w. fortfuhren, spielten sich in den Vorzimmern der gesetzgebenden Körper wiederholt persönliche Conflikte ab, die mit der Wahlbewegung zusammen hingen. Der Cvnseilpräsident Floquet lehnte nach einem heftigen Auftritt mit dem Boulangisten Laur einen Zweikampf ab, um nicht, wie er sagte, das Ministerium in einen Fechtsaal zu verwandeln. Trotz der zur Schau getragenen Siegessicherheit des republikanischen WahlcomitLs befürchten die französischen Regierungskreise bei der bevorstehen den Pariser Ersatzwahl einen Erfolg Boulangers. Wird Letzterer als Deputirter von Paris gewählt, dann werden sich die nächsten allgemeinen Wahlen, die bis zum Herbste stattfinden müssen, unter den traurigsten Auspicien vollziehen. Boulanger verkörpert dasPrincip der persönlichen Herrschaft und dürfte die ihn jetzt unterstützenden Monarchisten dereinst ebenso täuschen, wie er die Radikalen, welche seine Freunde waren, bitter getäuscht hat. Eine neue Aera für die Localverwaltung Englands dürften die jetzigen Wahlen für die Grafschaftsräthe herbeiführen, deren Einführung durch das konservative Cabinet Salisbury be sonders die freisinnigen Kreise befriedigt, weil damit die Axt an alte eingelebte Mißbräuche ge legt wird. In London selbst hat die englische Regierung das neue Local-Verwaltungs-Gesetz mit Geschick benützt, um endlich das Regierungs und Vcrwaltungsräthsel für diese bisher bekannt lich jeder administrativen Einheit entbehrenden Anhäufung von Gemeinden zu lösen. Bei der in Petersburg veröffentlichten Um wandlung der 20 im europäischen Rußland bestehenden Schützenbataillone und einiger Reserve- Jnfanteric-Bataillone in Regimenter zu zwei Bataillonen soll es sich nicht um eine neue Maß nahme, sondern vielmehr um eine solche handeln, die bereits im Laufe dreier Jahre allmälig zur Ausführung gelangt ist. Der Erlaß der bezüg lichen kaiserlichen Ordre bezweckt angeblich nur die Eintragung des Etatbestandes der genannten Truppentheile in das Reichsbudget. Sehr verstimmend wirkte eine Botschaft des Präsidenten der nordamerikanischen Union über die Samoa-Frage auf alle politischen Kreise Deutschlands, welcher der Annahme zuneigen, daß die geschlagene demokratische Partei in den Vereinigten Staaten durch Reibereien mit dem Auslande ihre entschwindende Volksthümlichkeit wiedergcwinnen zu wollen scheint. Eine „neutrale Stellung" in Samoa einzunehmen, hat bekanntlich Deutschland nie beabsichtigt, ebensowenig als die Vereinigten Staaten und England sich „neutral" benommen haben. Die bestehende Vereinbarung setzt nur fest, daß keine der drei Mächte die Samoa-Inseln annectiren dürfe. Im Uebrigen wird die Thatsache, daß die Inseln fast nur von Deutschen wirthschaftlich ausgebeutet werden, ihre Wirkung nie verleugnen. Der an den Deutschen verübte Ueberfall auf Samoa ist bekanntlich unter Leitung des Amerikaners Klein vor sich gegangen. Ueber die gesammte Haltung der Washingtoner Regierung in dieser Frage ist man in Deutschland vielfach sehr ungehalten. Am kommenden Sonntag begeht Kaiser Wilhelm II. zum ersten Male nach der Thron besteigung seinen Geburtstag. Er vollendet am 27. Januar das dreißigste Lebensjahr. Es ver lautet, daß die deutschen Fürsten beabsichtigen sollen, an diesem Tage vollzählig in Berlin zu erscheinen, um ihre Glückwünsche dem Haupte des Reiches darzubringen. Berlin, 21. Jan. Der Kaiser fuhr heute Nachmittag allein bei dem Reichscanzler vor und stattete demselben einen halbstündigen Besuch ab. Nachmittags halb 6 Uhr empfing Se. Majestät da« Präsidium des Herrenhauses, darauf das Präsidium de« Abgeordnetenhauses, welche hierauf auch die Kaiserin empfing. Beide Präsidien wurden zur kaiserlichen Tafel gezogen. Berlin, 21. Januar. (Reichstag.) Etats- berathung des RcichSamtS des Innern. Bei der Banrate für den Nordostseecanal bemängelt Abg. Münch, daß für die Canalarheiter zum Wohnen