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Skobeleff- KriegSruf. Der russische Reitergeneral Skobeleff hat durch seine jüngsten Reden e» erzwungen, daß die Aufmerk samkeit von ganj Europa sich von den inneren An gelegenheiten eine« jeden einzelnen Landes ab - und der Frage zuwendet, welche Bedeutung sein Schlacht ruf für den Frieden Europa'» haben könne. Die Situation ist die denkbar , seltsamste. Der tapfere General Rußland« fordert in Pari» Frankreich zur Bundesgenossenschaft gegen Deutschland auf. Er richtet diese Worte an junge serbische Studenten. Richt um eine geistige Abwehr de» „nach Osten drängenden Element»" ist r« ihm zu thun, sondern um einen blutigen Waffengang, um einen Krieg, der, wie er selbst sagt, „ein langer, blutiger und schreck licher" sein wird. Seine Regierung aber hat die Gelegenheit schon bei seiner ersten Rede wahrgenommen, Deutschland und Oesterreich ihre» tiefen Frieden«- Ledürfniste- zu versichern. Diesen Friedensversicherungen fehlt zu ihrer Hollen Glaubwürdigkeit nur eine kleine That. Man uehme den Fall, daß ein deutscher, activer General von der Bedeutung Skobeleff'» nach Italien gegangen wäre und dort in begeisterten Reden zur Bundes genossenschaft, zum Kriege gegen Frankreich aufriefe, würde man ihn auch nur einen Tag auf seinem Posten lasten? Wenn Alexander III. demnach dem Borgehen Skobeleff'» gegenüber Nicht» hat, al» die Versicherung, Haß er, der Kaiser, und seine Regierung, diese An sichten nicht theilten, so geht daraus unzweideutig hervor, daß die Regierung de« Kaiser» Alexander« ckll. nicht stark genug ist, um in vollem Ernste gegen die unerhörte Kriegserklärung eines Einzelnen einzuschreiten. Und darin liegt die für den Moment wenigsten einzige greifbare Gefahr der Reden Skobeleff», daß man in den panslavistisch gesinnten russischen Kreisen aü« dem Schweigen der Regierung den Schluß ziehen wird und muß, daß trotz der FriedenSbetheuerungen von ihr der Tag der Abrechnung mit den „nach Osten vorgedrungeoen Fremden" al» nicht fern be trachtet wird. Die Armee, deren beliebtester Führer ^um Kampfe aufgerufen, schärft In der Stille da« Schwert. Die Regierung, die bei der Zerfahrenheit der inneren Verhältnisse, bei der Bedrohung de» Throne« durch die Nihilisten, sich allein noch auf die Armee stützt, wagt e» nicht, gegen Skobeleff «vtschirden vorzugrhen, weil sie dann auch der Armee nicht sicher wäre. So rxistirt denn neben der offi ziellen russischen Regierung mit ihren FriedenSbe theuerungen und der geheimen revolutionären Nihilisten regierung noch ein« dritte, panslavistische Regierung, hi« r« bereit» wagen darf, dem Kaiser Trotz zu Hirten und ohne Rücksicht auf ihn ihr« eigene, krieg«, lustige Politik zu treiben. Denn daran, daß es dem Kaiser Alexander IN. Srnst damit ist, Frieden zu halten mit feinen Nach. Hara, kann kein Zweifel sein. Und e« erscheint in Petersburg al» beste» Mittel dazu immer noch, von dem Standpunkte Rußland» au», den großen pansla wistische« Agitator zunächst wenigsten» nur zu ver leugnen. Entließe man ihn au« seiner Stellung, 4« besteht kein Zweifel, daß er mit Freischaareu sich he« Serbe« zur Verfügung stelle« und die noch i« «-«, Grenze« gehaltene Insurrektion zn gewaltige» > ' Deutsche- Reich. Am 23. Nachmittag 2 Uhr 5 Minuten erfolgte mittel» Separatzuge«, welcher den königlichen Salon wagen nnd einen Eouprrvagen der höheren Elasten enthielt und von Herrn Transport-Inspektor Bah- mann begleitet wurde, von Strehlen au» die Abreise Ihrer Majestät der Königin nach Meutone, de« in des französischen Srealprn de« Bezirke» Nizza gelegenen, wegen der außerordentlich milden Temperatur berühmten Luftkurort am mittelländische« Meere. Zum Eisenbahnzug wurde die hohe Re- convaleScentin von Sr. Majestät dem Könige und der gesammten Familie iSr. königlichen Hoheit de» Prinzen Georg begleitet und fand dann nach herzlicher gegenseitiger Verabschiedung die Abfahrt statt. Ein herrliches Bouquet duftender frischer Blumen war Ihrer Majestät von Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Georg verehrt worden. Auf dem Leipziger Bahn- Hofe in Neustadt wurde 2 Uhr 20 Minuten der Separatzug dem Personrnzug nach Leipzig, welcher Dresden 2 Uhr 25 Min. verläßt, angeschlosten und fuhr dieser zur bestimmten Abfahrtszeit ab, nachdem er vorher Herrn Oberhofmeister von Lüttichau, Ex« cellenz, den königl. Leibarzt Hofrath vr. Fiedler, >fge- sowie mehrere Mitglieder de» Hofdienste« auf- ffen genommen und nachdem Se.-Exemrnz der HauS- marschall Graf Vitzthum sich von Ihrer Majestät ehrfurchtsvoll verabschiedet hatte. In Leipzig, wo Ihre Majestät die erste Station hält, ist auf höchst dero Wunsch jeder offizielle Empfang unterblieben. Sonnabend Vormittag 11 Uhr erfolgt die Weiter reise über Halle nach Frankfurt a. M.; dann am Sonntag in kleinen TagrStouren die fernere Reise über Bern, Genf, Lyon, Marseille, Toulon nach dem Zielpunkte. ' In dem Befinden de« sächsischen Gesandte« am Berliner Hofe, Wirkl. Geh. Rath» von Nostitz- Wallwitz, ist, dem Vernehmen der ,N. Pr. Ztg.' zufolge, in letzter Zeit eine wesentliche Besserung eingetreten. Der Gesandte ist deshalb von Palermo, wo er sich seit Beginn seine« Urlaube« aufhtrlt, nach «cireale bei Latania, am Fuße de« Aetna, übersiedelt und dürfte dort bi« zu seiner Rückkehr nach Deutschland, Ende Mai, verbleiben. (Vom Landtage.) Der Antrag de« Ab geordneten von Oehlschlägel auf Eximirung 'de« Sperling» von den Gchutzbestimmungen de« Ge setze« über die Schonzeit der jagdbaren Thiere wurde angenommen; ebenso wurde auf Antrag de« Abg. Philipp gegen 8 Stimmen beschlossen, die Staats« rrgierung zu ersuchen und zu ermächtigen, im Ber- ordnungswege Bestimmungen zu treffen, durch welch« der zu großen Verniehrung der Rabea und raben artiger Vögel entgegengewirkt werde. Den letzte« Gegenstand bildete die allgemeine Borberathung de« Anträge» de« Abg. Bebel auf Erlaß eine« Gesetze«, welche« für die Au«weisung«befugniß der Polizei behörden feste Normen festgesetzt. Nach Begründung de« Antrag« erklärte Staatsminister v. Nostitz- Wallwitz, daß er noch heut«, wie im Jahre 1874 der Meinung sei, daß diese Materie zweckmäßig nur durch ReichSgesrtz geregelt werde, daß die Re gierung aber Bedenken getragen habe, einen darauf bezüglichen Antrag beim Buad«rathe rinzubringea, weil die« nur entweder zur Ablehnung d<« Antrag» oder zur Aufhebung de» Absatz 1 de» - 3 de« FreizügiakeitSgesetzeS hätte führe« können, welch« letztere Evrntnalität er gm»d« ta der jetzig«« Zeit ungern sehen möchte. Doch erklärte sich der Minister bereit, den Polizeibehörden mimt eiazuschärfea, daß di« AuSweisunaSbesogatß aur da Platz greif» solle, w» «ach der Individualität de» vergehen« u«d dar Person zu fürcht« sei, daß der Aufenthalt Ja» ma»de« an de» betreffenden Ort« schädlicher sch^ er sächsische Irzähler, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend. Amtsblatt -er Königl. Amtshauptmannschakt, -er Königl. Achul-Inspection u. -es Königl. Hauptsteueramtes zu Vauhen, sowie -cs Königl. Amtsgerichte» un- -es Sta-trathes zn Pijch-fswer-a. hat sich der unterm 21. December 1881 gegen den Schneider Heinrich Wilhelm Lange au« Thiendorf erlassene und unter« 6. d. M. erneuerte Steckbrief durch Lange'« Aufgreifung. Bischofswerda, den 23. Februar 1882. Der Königliche AmtSaowalt. Pfomnndt, Ref. Am 11. d. M. in der Abendstunde ist dem Dienstknechte August NoaschN au» Rothnau-litz in der Thräne'schen Schankwirthschaft^in Neusp^ 1 Ehlinderuhr mit Goldrand, Flachglas und rothumkränzten römischen Ziffern, mit der Nummer 6765 versehen, spur- und verdacht«!»« entwenvet worden. Spuren, welche zur Entdeckung de» ThäterS und Wiedererlangung de« Gestohlenen führen können, stad dem Unterzeichneten zu melden Bischofswerda, am 22. Februar 1882. Der Königliche Amt-anwalt. Romundt, Ref. Kampfe entfachen würde, der leicht die Kriegsfackel in ganz Europa anzünden könnte. Nähme man ihn in Freiheitsstrafe, e» könnte leicht zu Erhebungen im Innern Rußland» kommen, für die der Boden ja vorbereitet genug ist. Die Kenntniß der Zerrüttung in seinem Vater lande, da» Bewußtsein, daß die wilde Gährung der Mafien früher oder später in Rußland zu einer alles vernichtenden Explosion führen muß, mag den General Skobeleff darum auch zu seinem jetzigen Vorgehen bestimmt haben. Da» Zeugniß, daß er ein russischer Patriot ist, wird ihm, trotz seiner Eigenmächtigkeiten, Niemand vorenthalten wollen. Bei ihm ist die Urberzeugung feststehend geworden, daß der innere Frieden Rußland» nur bewahrt, oder bester gesagt, errungen werden kann, durch eine Ab lenkung all' de« seit Jahrzehnten im Volke aufae- speicherten Grimme« auf da« Nachbarvolk, besten überlegene geistige Entwickelung, besten hohe Eultur ganz selbstverständlich in Rußland zur Geltung ge kommen ist. Die Ueberlegenheit de« Deutschen wird in Rußland selbst anerkannt. Aber e» entsteht darau« erklärlicher Weis« der Neid und au« dem letzteren der Haß. Und unter Anrufung diese« Haste« will General Skobeleff den Kaiser, den man in früheren Jahren nicht mit Unrecht ebenfalls al« einen Gegner Deutschland« kannte, zwingen, in äußeren Verwickelungen ein Sicherheitsventil für den Nihilismus und die Revolution zu finden. Glücklicherweise findet der Ruf Skobeleff'« in diesem Momente, weder in Petersburg noch in Pari«, ein laute« Echo. Man ist an der Seine jetzt vorsichtiger geworden. Zu den Machthabern gehört, seitdem er über das Listenscrulinium gefallen, Gambetta nicht mehr, der Einzige, der den Ehrgeiz und da» Organisationstalent besitzen würde, um sich, wenn ihn da» officielle Rußland riefe, vielleicht auf gewisse politische Spekulationen einzulasten. Man ist in Frankreich nicht mehr so schnell bei der Hand „a verlin I" zu rufen, die Pariser Zeitungen ver halten sich denMeden Skobeleff'« gegenüber mehr verwundert al« bewundernd und beschränken sich darauf, seine Aeußerungen al« inhaltreiche, bedeutungs voll« hinzustellen. Nun, da« wußte man ohnehin. Wie scharf ausgeprägt auch da« Revanchrgefühl in Frankreich sein mag, und wie sehr auch nach den Vorgehen hin ewige Wachsamkeit der Preis der Sicherheit sein muß, im Momente wird Skobeleff mit seiner freiwilligen Mission in Pari« ebenso wenig auSrlchten, wie Madame Edmond Adam in Petersburg. Denn die in der Zusammenkunft zu Danzig neu besiegelten freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Trägern der Krone Preußen- und Rußland« sind auf festeren Grund gebaut worden, al- daß, so lange Alexander Hl. lebt oder Herr der Situation ist, eine Gefahr für ihre Lösung bestände.