Volltext Seite (XML)
ist er, sobald er ihr seinen Will« aukzwingm will, »em» nicht eia Diktator hinter den Coulifleu? «ei alledem kann mau Gambetta eine bestimmte Coase- quruz seiner Handlungsweise nicht absprechen. Al« Grevh «ad Freheioet in ihren Reden zu Dijon und Montauban die Herausforderung Gambrlt»'« in Cherbourg nicht anerkannten, mußte da« Cabinet Frrhcinet über die Klinge springe». Aber bei Leibe nicht ver Cherbourger Toaste wegen, sondern weil Frehcinrt bei Abführung der Märzdeerete nicht schneidig genug »ar. Nun soll dessen Nachfolger, der greise Barthelemh Saint-Hilairr, der denkbar schroffste Gegensatz jum Cherbourger Programm, ebenfall« besrttigt werden; aber wiederum nicht einer auswLrtigen Frage »egen, sondern für ihn ist da« Listrnscrutinium al« Stein de« Anstöße« erwählt, wie seiner Zeit für Freyrinet die Märzdeerete. Und wa« bleib Grevh übrig? Entweder die Abdankung, oder er muß Gambetta regieren lassen, der keine anderen Minister im Amte duldet, al« ihm unbe dingt ergebene Creatureu. Da« Ansehen Grevh'« und der Regierung muß selbstverständlich unter solchen Umständen leiden ; e« macht einen kläglichen Eindruck, wenn die Spitzen der Regierung in einer so wichtigen Angelegenheit keine selbstständige Meinung zu äußern wagen. Eine andere Frage ist freilich noch, ob Gambetta die Majorität der Kammer für seine Ansicht gewinnen kann. Die Commission hat sich gegen ihn ausgesprochen, indem sie beschloß, die Bezirk«wahlen beizubehalten. Nach den in Rom von Caprera eingelaufenen Meldungen ist der Zustand Garibaldi'« besorgniß« erregend. ES ist vollkommene Lähmung der unteren Extremitäten eingetretrn und da« Bewußtsein theil- weise gestört. Allem Anscheine nach sind die Engländer auf dem besten Wege, den Aufstand der Boern in Süd afrika zum friedlichen AuStrag zu bringen, wobei die Besiegten kaum zu kurz kommen dürften. E« scheint ganz, al« ob die guten Boern sich besser auf da« Schießen wie auf die diplomatischen Verhand lungen verstehen und ob John Süll sich eben daran mache, sie zu übervortheilen. Die Friedens bedingungen sollen nämlich folgende sein: 1) die Souveränetät der Königin über Transvaaland wird anerkannt; 2) den Poern wird ein vollständiges Selsgouvernement zugesagt; 3) e« wird eine Con- trole über die auswärtigen Angelegenheiten Vorbe halten; 4) in die künftige Hauptstadt ve« TranS- vaalanveS wird ein englischer Resident (Geschäfts vertreter) gesandt; 5) die königliche Commission be steht au« den Generälen Robinson und Wood und dem Oberrichter de« Caplande«, VillierS; 6) die Commission erwägt die Beringungen zum Schutze der Interessen der Eingeborenen und die Arrangement« in Betreff der Grenzangelegenheiten; 7) die Com mission zieht ferner in Erwägung, ob irgend ein GcbietStheil und eventuell welcher innerhalb gewisser Grenzen östlick vom TranSvaalande abgelöst werden solle; 8) die Boern ziehen sich von LaingS-Neck zu rück und zerstreuen sich in ihre Heimalh; 9) General Wood verspricht, die englischen Garnisonen weder vorrücken zu lassen, noch KriegSvorräthe nach dem TranSvaalande zu senden. In Rußland herrscht begreiflicherweise infolge de« Attentat« gerechte Erbitterung nicht nur gegen die Nihilisten, sondern auch gegen die Regierungen aller Länder, welche den russischen Flüchtlingen Aufenthalt gewähren, namentlich aber gegen die Schweiz. Wenn dabei russische Blätter die Auf- Hebung de« «sylrecht« io England, Frankreich und der Schweiz in Anregung bringen, so lassen sie sich wohl mehr von den momentanen Gefühlen, als von den Rücksichten auf die Schwierigkeiten leiten, welche die vorgeschlagene Maßregel in den erwähnten Ländern finden würde. Verweigerte doch Frankreich einst die Auslieferung de« Attentäter« Hartmann, der auch diesmal seine Hände im Spiel gehabt haben soll. Unter dem neuen Czaaren ist ein bestimmtes System noch nicht zum Durchbruch gekommen; dazu wäre die Zeit zu kurz. Wenn sich überhaupt an den Thronwechsel eine Revision internationaler Beziehungen knüpfen sollte, so dürfte eine solche sich zunächst durch eine intimere Annäherung zwischen den Höfen in Petersburg und Berlin bethätigen. So war die Glückwunsch-Depesche Alexander Hl. eine der ersten, die am Geburtstage de« Kaiser« Wilhelm in Berlin eintraf. Unser greiser Monarch gab seine Freude darüber in den Worten Ausdruck: „Vom neuen Kaiser die alte herzige Treue und Freundschaft — da« thut wohl!" Und au« St. Petersburg berichtet man, daß am Geburtstage de« deutschen Kaiser« sämmtliche russische Großfürsten, zu« Theil in preußischer Uniform, persönlich ans ver deutschen Botschaft erschienen, um ihre Glück wünsche darzubringen. Endlich sollte der deutsche Ktonprinz die Reise nach Petersburg ursprünglich mit dem Prinzen und der Prinzessin von Wales gemeinschaftlich machen, «ist» «chr auf Musch d«M Czaaren, nm Gelegenheit zu vertraulichen «efprrchuuge» zu haben, vor dem Prinzen von Wales allein »ow- Berlin ab. In alledem erblickt man ein günstiges Zeichen für die unveränderte freundschaftliche Ge sinnung Rußlands gegen Deutschland. — Der Pro- c«ß gegen die Attentäter wird jedenfalls im Laufe der neuen Woche beginnen. Die Botschafter - Conferenzen in der Türkei sind völlig in'« Stocken gerathea. Die türkische» Diplomaten haben der Welt einen neuen Beweis von ihrer BerschleppungSkunst geliefert. Jedenfalls wird nun der griechisch-türkische Streit doch vocch durch« Schwert entschieden werden. Bei der Truppenrevue der griechischen Armee,, welche über mehr al« 12,000 Mann am 6. April veranstaltet wird, vertheilt der König die Fahnen air die neuen Bataillone. In Portugal hat da« Ministerium Braacamp- seine Demission gegeben. E« geschah die« infolge der mit nur einer Stimme Majorität (50 gegen 49) erfolgten Ablehnung eine« gegen da« Ministerium, gerichteten Tadelsvotum-. Bekanntlich handelt eS sich um die Abtretung de« Hafenplatze- Lorenzo- Marque» in der Delagoa-Bai an die Engländer, die von der unter britischem Einflüsse stehenden portu giesischen Regierung gegen den Wunsch der liberalen Bevölkerung vollzogen werden soll. Den Engländern ist der Besitz jenes schon seit langer Zeit bestrittenen und schiedsgerichtlich behandelten Punkte« namentlich- im gegenwärtigen Augenblick deshalb von hohem Werth, weil durch diese Erwerbung die Boern von. der schon längst von ihnen angestrebten freien Ver bindung mit dem Meere abgeschnitten wären, Vie durch eine Eisenbahn zwischen Transvaal und der Delagoa-Bai hergestellt werden soll. Au« Anlaß der Ermordung de» Kaisers- Alexander II. hat auch der Evangelische Oberkirchen rath Sr. Majestät dem Kaiser seine Theilnahme und seinen Schmerz ausgedrückt. Darauf ist folgende Erwiderung ergangen: .Unter dem Eindruck der erschütternden Thatsache, daß der Kaiser Alexander von Rußland da« Opfer eine« Meuchelmörders ge worden ist, stehe Ich tiefgebeugt in schmerzlicher Trauer um den in so schrecklicher Weise Mir ent rissenen thcurcn Freund und geliebten Verwandten.. In dieser Seclenstimmung ist e« Mir ein erquickender Trost gewesen, in Ihrer Adresse vom 16. d. den Ausdruck so inniger Theilnahme zu finden und die frommen Wünsche für Mich zu lesen. Indem Ich Ihnen dafür auf da« Wärmste danke, erhebe Ich mit Ihnen Mein Gebet zu dem Herrn, unserm Gott, von welchem allein da« Heil kommen kann, und Preise den Höchsten in dem festen Glauben, daß die allmächtige Vorsehung Religion und Treue über die finstern Mächte de« Unglaubens und der Sitten losigkeit wird siegen lassen. Berlin, den 19. März. Wilhelm.' Durch eine osficielle Mittheilung in dem am 26. März erschienenen „Petersburger RegierungSanzeiger" wird bestätigt, daß mit der Verhaftung der schon genannten Nihilistin Perowöka der Polizei eine sehr wichtige Persönlichkeit der Fanatiker in die Hände gefallen ist. In der betreffenden Note de« officiellen Blattes heißt e«: „Am 22. d. M. wurde in St. Petersburg eine gewisse Sofie PerowSka verhaftet, auf welche bereits seit dem Jahre 1878 gefahndet worden war. Laut eigenem Geständniß war dieselbe unter dem Namen Suchorukow am Moskauer Eisen bahnattentat vom 1. December 1879 auf den ver storbenen Kaiser betheiligt und leitete jetzt nach der Verhaftung Jeliabow'S das Attentat vom 13. März. Sofie PerowSka wird mit den anderen Theilnehmer» am letzten Attentat zusammen abgeurtheilt werden." Aus Petersburg wird unterm 27. März be richtet: Artilleriesalven und der Donner der Ge schütze der Festung verkündeten die Beisetzung der Leiche de« verstorbenen Kaiser«. Die Festungskirche war während der Feierlichkeit überfüllt, besonder stark war der Andrang bei dem letzten Gebet ; der Catafalk war buchstäblich mit Blumen und Kränzen übersät. Der Ehrendienst in der Kirche functionirt, bi« da« Grabgewölbe geschlossen ist. Die kaiserlichen Insignien wurden von Kammerherren in Hofwageü unter Borritt eine« Detachement« 6arüos k oiievul in da« Winterpalai« zurückgebracht. — Der,Reg.- Anz." veröffentlicht ein Manifest de« Kaiser« vom 26. März, die Regentschaft betreffend» wonach bei dem Ableben de« Kaiser« vor der Volljährigkeit de» Thronfolger« die Regentschaft «rf den Großfürst Wladimir übergeht; stirbt auch der Thronfolger »ole der Volljährigkeit, so bleibt Wladimir Regent bi» zur Volljährigkeit de« folgenden Sohnes. Di« Kaiserin führt die gesetzmäßige Vvrmundschast. über all« Kinder. — Eine zweite Mine ist in dein Haus« de« Grafen Mengden entdeckt »olden; dieftlbe bewegt sich tu einer Länge von l4Arschio(1russ.<We ca. 64 Centim.) in der Richtung der KarawauMWÜM -pecht des Reichstage« für sachlich« und persönliche Ausgaben in Zollaugelege, Helten außer alle« Zweifel chehe. Gegenüber dem Aaren Wortlaut dtr Ver fassung sei die Fiktion, »eben de« Reich« besteh« der Zollverein noch fort, unhaltbar. Trotz der -egeuchelligeu Behauptung vou Seite» der Re« aierungsbauk, daß der alte Zollverein noch zu Recht vrstehe, trat der Reichstag doch mit 83 gegen 4b Stimme» der vudgetcommisfioo bei uud erklärte d« früheren Zollverein für absolut tobt, um sein Geldbewilligung-recht sich nicht schmäler» zu lassen. Die Anschauungen der Regierung und de« Reichs tage« stehen sich also ganz gleich gegenüber; eS handelt sich wie im Conflict der sech«ziger Jahre wieder um da« Budgetrrchr und noch dazu in einer weit unbedeutendere» Angelegenheit al« damals. Wir meinen doch, die Rrich«regierung sollte wieder und wieder erwägen, ob e« gerathen sei, wegen einer solchen Sache einen Conflict herauf zu rufen, »och dazu mit dem deutschen Reiche, der eine weit größere Bedeutung hat al« der damalige Conflict mit Preußen. — Damit ist aber die Liste der harten Bissen noch nicht erschöpft: die Wehrsteuer, die Brausteuer, da« immer mehr auf Krisen hindräugende Berhältniß de« Reichscanjler« zu den liberalen Par teien sind Dinge, die Vielen nicht recht munden wollen. Und wa« da« Schlimmste ist: Niemaud weiß, wa« der Nachtisch — die Reich«tag«wahl — bringen wird. Eine schmackhafte Fastenspeise ist dagegen für die Clerikalen die Wiederbesetzung der Bischofssitze in Paderborn und Osnabrück; nur mrineu sie, da« mache sie noch nicht satt. Herr von Puttkamer wird wohl so freundlich sein, auch für Stillung des weiteren Hunger« Sorge zu tragen. Nach österreichischen Meldungen solle« mit dem Ministerium Taaffe wackelig stehen, indessen ist die Sache wohl nicht sehr ernst zu nehmen. Wie oft wurde schon eine Krisis angekünvigt, und immer zertheilten sich wieder die sturmdrohenden Wolken. Diesmal ist die Sache folgende: Wenn auch der wohlgenährte Pater Greuter mehr als einmal er klärte, seine Tiroler wollten eher jede materielle Einbuße erleiden, al« mit einer Partei Hand in Hand gehen, die durch ihre Schul- und confessionelle Gesetzgebung da« Seelenheil der Bevölkerung ge fährde, so hat man doch bei der Debatte über die Gebäudesteuer gesehen, daß diese glauben-einheitlichen Leute auch die irdischen Dinge ganz gut zu schätzen und ihren geistlichen Anstalten recht ansehnliche Summen zu erhalten wußten. Nun verlangen sie aber auch bei der Grundsteuerdebalte ungcnirt eine Herabsetzung der Tirol und den anderen drei Alpen ländern zugedachlen Mehrbelastung auf die Hälfte. Da aber erklärt der Regierungscommissar Duna- jewSki: .ich kann nicht mehr' und wendet sich zum Grafen Taaffe mit der Bitte: „geh' du voran, du hast die großen Stiefeln an!' Polen und Czechen weigern sich einmüthig, der Forderung der Clerikalen Gehör zu geben — aber die Deulschböhmen müssen und werden den Ausfall an Stimmen decken, der auf der Rechten entstehen würde, selbst wenn der Club Hohenwart diesmal fest bei seinem Entschlüsse bliebe. Sicher ist da« Letztere immer noch lange nicht, denn, bricht die Rechtspartei mit dem Cabinet, so ist der Antrag Lienbacher im Herrenhause Vollend beseitigt und von weiterem .Verschleiße' auf Kosten der Schul- und confessionellen Gesetze nicht mehr die Rede. Da« aber ist und bleibt die Hauptsache für die Greuter, Lienbacher, Hohenwart und Ge nossen. Die Rumänische Volksvertretung, Deputirten« kammer wie Senat, hat am 26. d. Rumänien zum Königreiche und den Fürst Carol zum Könige von Rumänien proclamirt. Die Rumänen jauchzen diesem Beschlüsse zu und Europa hat gegen Sr. Majestät den König Carol nicht« einzuwenden. Die in Frankreich drohende Ministerkrisi« ist dadurch beseitigt worden, daß die Minister be schlossen, die Frage «egen Einführung de« Listen- scrutiniums (Stimmensammlung) an Stelle der bis herigen Einzelwahlrn zu keiner CabinetSfrage zu machen, sondern neutral zu bleiben. Wir legen auf diesen vermittelnden Ausweg wenig oder gar keinen Werth. Wenn da« Cabinet in einer so ernsten Frage sich „neutral" erklärt, so ist da« doch offen bar nicht« al- eine Vertagung des Conflict«, die nur von kürzester Dauer sein kann. Ist diese Neu tralität nicht schon eine Ankündigung der Diktatur Gambetta'«? Nachdem dessen Besuch bei Grevh nicht zu einer Verständigung geführt, blieb dem Ministerium nicht« übrig al« Neutralität, um der Krisi- auSzuwetcheu! Wer regiert denn da, Gam- bett« oder Grevh? Will man doch sogar wissen, Gambetta drohe da« Präsidium der Deputirten- kaülmer niederzulrgra, fall« die Kammer bei der bisherigen Einzelabstimmung verharre! Ein Präsi dent aber, der da» willenlose Mundstück der Kammer ßur Verkündigung ihre» Willens sei» soll — wa«