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Der preußische Landtag. Die Red«, mit welcher der eben zusammengr« tretene preußische Landtag eröffuet worden ist, ver heißt eiy« ay Arbeit reiche Session. Abgesehen von der.Berathung des Etats, welche hoffentlich eine recht eingehende und über bloße formale Gesichts punkte hinauSretchevde sein wird, werden die Steuer sragen ein erhebliches Interesse beanspruchen, die "Ordnung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden Und die Ausdehnung der Verwaltungs-Reform auf einige Provinzen eingehende Berathungen erfordern und endlich di« Prüfung de» Staatsbahn-System», ' dessen Ergebnisse sieb zum ersten Male übersehen lassen, zu wichtigen Debatten über den Einfluß dieses Systems auf Verkehr»- und finanzielle Interessen Veranlassung geben. Eine große Anzahl kleinerer, in ihrer Art aber bedeutsamer Gesetze, — über Verbesserung der Lage der Wittwen und Waisen von Elementarlehrern, über Betrieb des Pfandleih gewerbe» rc. — vervollständigen das Arbeitspensum, welche» in seltener Reichhaltigkeit und Fülle de» Landtag- wartet. Der Fülle der Geschäfte, welche der Erledigung harren, entsprach auch der geschäftsmäßige Ton, in dem die Rede gehalten war und der nur bei Er wähnung der günstigeren Resultate der Finanz verwaltung und der bevorstehenden Ermäßigung direkter Steuern einen gewissen Schwung annahm. Aber neben diesen rein sachlichen Gesichtspunkten, welche für die Wichtigkeit der Session maßgebend zu sein scheinen, dürften auch noch andere Punkte dieser Landlagssession Bedeutung verleihen. Von dem Verlauf dieser Landtagssession darf man wichtige Folgen für die Parteiverhältnisse in ganz Deutschland erwarten. Die Kölner Dombaufeier, bei welcher die Klerikalen den recht bedenklichen Fehler „würdiger Zurückhaltung" begingen, die Breslauer Versammlung der Ultramontanen, bei welcher Windhorst mit den Polen Händedrücke austauschte, während die polnischen Führer nationale Propaganda unter den Oberschlesiern machten, manche unvorsichtige Aeußerung der Con- servativen von der äußersten Rechten, welche dem Centrum gar nicht weit genug entgegenkommen konnten, — alle- das scheint in Regierungskreisen reichen Stoff zu Nachdenken gegeben zu haben. Wie das Wetterleuchten vor einem aussteigenden Ge witter nahmen sich die Artikel in den Regierungs blättern aus, welche kurz vor Eröffnung der Land- tagSfesfion die Nlt-Conservativen vor Selbsttäuschungen über ihren Einfluß auf die Politik deS Reichskanzler- warnten, indem gleichzeitig die konservative Partei aufgefordert wurde, hierarchischen Bestrebungen nicht allzu sehr nachzugeben. Die Differenzen, die damit angedeutet wurden, sind bald genug in die Erscheinung getreten. Schon die Vorgänge bei der Präsidentenwahl geben ein Bild von den Gegensätzen, welche inner halb der konservativen Partei bestehen und von der feit einem Jahre angestrebten konservativ-klerikalen Partei wenig mehr übrig lassen werden. Aus dem Präsidium des Abgeordnetenhauses ist der Ultramontane, der seine Wahl der konservativ-klerikalen Partei verdankte, entfernt worden; von dem Brauche, da zu Anfang der Legi-laturperiode gewählte Präsidium auch für die folgenden Sessionen der Legislaturperiode beizubehalten, ist diesmal abgewichen worden. Diese- Resultat wurde herbeigeführt durch die Theilung der konservativen Partei in zwei Hälften, von denen die eine die Verbindung mit dem Centrum aufrecht erhielt, die andere sich der sreiconservativen Partei und den liberalen Parteien anschloß; eS ist herbeigeführt durch den Einfluß der Regierung, welche unverblümt erklärt hatte, daß ihr die Wieder wahl des Freiherrn von Heeremann unangenehm sei, und durch da- Zusammenwirken der sreiconservativen und liberalen Parteien, von welchen der Widerstand gegen die Wiederwahl des Freiherrn von Heeremann ausgegangen war. E- müßte nun sonderbar zu gehen, wenn diese Vorgänge nicht die Signatur ab geben sollten für den Verlauf der Landtagssession. Daß der Riß, welcher in der konservativen Fraktion zu Tage getreten ist, überall da sich äußern wird, wo wichtige Verhandlungen zwischen Regierung irnd Centrum in Frage kommen, und daß somit die conservativ-clerikale Mehrheit gesprengt ist; daß das Erntrum wieder in eine schroffere Oppositionsstellung treten wird und daß die bei den Zollverhandlungen eingetretene Annäherung wieder aufgehoben ist; daß aber auch ein Zusammenwirken der gemäßigt liberalen und der gemäßigt konservativen Elemente angebahnt ist, von dem man sich das Beste für die ruhige Weiterbildung der Parteiverhältniffe versprechen darf — das Alles scheint uns nicht mehr zweifelhaft zu sein. Damit zerstreut sich manche Wolke, welche am politischen Horizont aufgestiegen war, und es wird die Bahn frei zu rein sachlichen Maßregeln ver Gesetz gebung, welche vieWßt nicht gerade zum Tummeln bet'Steckenpferde deUtzuchMhrer, zu großen Reden nnd buntschillernden Phrasen Stoff liefern, aber für da- Wohl de- Volke- oft von um so größerer Bedeutung sind. Un- dünkt, gerade die jetzige Lage, welche auf allen Gebieten positive Maßregeln mit Rothwendig« keit erheischt, läßt e- besonder» wünschen-werth er scheinen, daß die Parteipolitik ein wenig in den Hintergrund tritt. Da- aber wird jedenfalls am sichersten erreicht, wenn die Herrschaft einer extremen Partei, wie sie durch da» Ueberwiegen der konservativ klerikalen Elemente herbeigesührt worden wäre, aus geschlossen wird. Deutsche- Reich. Se. Majestät der König, welcher am Sonnabend Stresa verlassen und sich von da nach Genua begeben hatte, ist am 3. November über Verona und München Vorm. 10 Uhr 18 Min. im besten Wohl sein in der Königlichen Villa in Strehlen wieder eingetroffen. Mit Genehmigung Ihrer Majestät der Königin findet der diesjährige große öffentliche Subscriptions- ball de» Albert-VereinS Mittwoch, den 24. d., im Saale de- Gewerbehauses in Dresden statt, und werden an demselben Ihre Maj der König und die Königin, sowie Ihre Königl. Hoheiten Prinz und Prinzessin Georg nebstPrinzessin Mathilde theilnehmen. Bischofswerda, 5. Nov. Am 1. Nov. feierte Hr. Hypothekenbuchführer Traugott Hehnold allhier sein 25 jähriges Jubiläum als Staatsdiener. Von seinen Vorgesetzten, al- auch seinen College« wurden ihm an diesem Ehrentage die herzlichsten Glückwünsche zu Theil und ihm dabei werthvolle hübsche Geschenke überreicht. Möge e- dem Jubilar vergönnt sein, noch recht viele Jahre in gleicher geistiger und körperlicher Frische sein Amt forrzuführen. — Am 4. Nov. 1852, also vor 28 Jahren, ist das Königl. Gerichtsamt Bischofswerda, damals als Königliche- Gericht, durch Abgabe der Gerichtsbarkeit der Stadt Bischofswerda und des Patrimonialgericht» Neukirch begründet worden. — 5. November. In die königlich sächsische Lotteriecollection de- Herrn Kaufmann Carl Krug allhier fiel gestern auf Vie Nr. 34,873 ein Treffer von 200,000 Mark. q. Umschau in der Lausitz, 5. November Zu Leutersdorf ist am 25. Oct. ein Gewerbeverein begründet und mit 28 Mitgliedern in'» Leben ge rufen worden. — In Zittau ist am 1. d. von Tech nikern verschiedener Branchen ein technischer Verein begründet worden. <F Dem Vernehmen nach ist die verehl. Richter aus Wehr-dorf am 3. d.M. deshalb festgenommen worden, weil sie ihren Ehemann, den dortigen Ge- meindeältesten Richter, zu vergiften versucht, dringend verdächtig ist. ** In Seitendorf ist am 31. Oktober früh 1 Uhr das dem Schmied Geißler gehörige Wohnhaus ein Raub der Flammen geworden. Die Entstehungs ursache ist unermittelt. f Zwischen Loschwitz und Glasewitz soll eine neue Elbbrücke ohne Wasserpfeiler erbaut werden, die auf 1,200,000 Mk. veranschlagt ist. Hierzu ist eine Gesellschaft gebildet worren, an deren Spitze Herr Ingenieur Engler zu Loschwitz steht. 8 Wie der .Tharandter Anzeiger" mittheilt, ist ein gewisser Dietze au- NicolSdorf bei Königstein verhaftet worden, der eingestandenermaßen ein Sitt lichkeitsverbrechen begangen, wegen dessen der Hand arbeiter Röder gegenwärtig eine ihm fälschlich zu erkannte Strafe abbüßt. In Ober- und Nieder - Ottendorf bei Neustadt sind die Masern mit großer Heftigkeit auf getreten; e- liegen außer den noch nicht schul pflichtigen Kindern über 50 Schüler der zwei unteren Classen krank darnieder. Außerdem leidet eine große Anzahl Kinder an Bronchial-Catarrh. Die Zahl der in Neustadt bei Stolpen an Trichinofis Erkrankten stellt sich auf circa 40, doch scheint die Krankheit in nur leichter Weise aufzutreten. In Kamenz sind die DiphtheritiS und Schar lach in einer Weise ausgetreten, daß viele Fälle tödtlich verlaufen, so hat der Stadtrath bi» auf Weiteres bei der Bestattung der Leichen von Kindern stille» Begräbniß angeordnet. Auch sollen unter Anderem diejenigen Kinder, in deren Familien Diph- theritts oder Scharlach vorhanden gewesen, so lange vom Besuche der Schule zurückgewiesen und nicht eher wieder in die Llasse ausgenommen werden, al- sie nicht durch ärztliche» Zeugniß nachweisen, daß jede Weiterverbreituag der Krankheit durch sie aus geschlossen erscheint. Der ReichStagSabg. Spinnerribesttzer Grützner in Hainitz bei Bautzen hat einen Antrag auf Errichtung von Webschulea in der Oberlaufltz ge stellt, damit die seither im Wege de» Veredelungs verkehrs in Böhmen gewobenen Artikel auch Seitens der sächsischen Weber gefertigt werden können. Am 15. Februar 1881 soll bekanntlich der Veredelungs ¬ verkehr an der Grenze aufhöreu und Sachse»' bedarf dann eigener geübter Weber. An höheren Unterrichts-Anstalten bestehen gegen wärtig im Königreich Sachsen 1 Universität, 1 technische Hochschule (Polytechnikum), 2 Landesschulen, 12 Gymnasien, 10 Realschulen k. Ordnung, 20 Realschulen kl. Ordnung und 18 Seminare. An der Universität sind angestellt 64 ordentliche Professoren, 10 ordentliche Honorar-Professoren, 44 außerordentliche Professoren und 50 Privat-Docenten, am Polytechnikum 1 Direktor, 41 Docenten und 11 Assistenten, an den beiden Lande-schulen 2 Rectoren, 15 Professoren, 6 Oberlehrer und 7 Fachlehrer, an den Gymnasien 12 Rectoren, 7 Conrectoren, 240 Oberlehrer und 56 Hilfs-, Neben« und Fachlehrer, an den Realschulen I. Ordnung 10 Direktoren, 3 Conrectoren, 156 Oberlehrer und 30 Hilfs- und Fachlehrer, an den Realschulen II. Ordnung 20 Direktoren, 159 Oberlehrer und 32 Hilfs- und Fachlehrer, an den Seminarien 18 Direktoren, 1. Vicedirector, 183 Oberlehrer, 19 ständige Seminar lehrer, 9 Lehrerinnen und 22 Hilfs-, Neben« und Fachlehrer. Da« gesammte Lehrerpersonal der 04 höheren UnterrichiSanstalten Sachsen- beläuft sich demnach auf 1237 Personen. Der vaterländische Gebirgsverein .Saxonia" er läßt im ,Dr. Anz." einen Aufruf zur Unterzeichnung der Protestliste gegen eine Drahtseilbahn auf die Bastei. Bereits sind ganze Gemeinden, mehrere der geachtelsten Vereine von Dresden, sowie viele Hunderte von Privatpersonen jedweden Range» und Standes dem Proteste beigetreten, noch ehe der Aufruf öffentlich erschien. Im Gebirge selbst sind ebenfalls große Demonstrationen gegen das Projekt einer Drahtseilbahn im Gange. In Dresden allein liegen gegen 200 Protestlisten au« und sind die be treffenden Locale durch besondere Placate bezeichnet. Vor der Strafkammer des Landgerichtes ^in Freiberg standen am Mittwoch die Kaufleute: Ludwig Friedrich Wiese und Wolf Camnitzer, beide in Tuchel geboren und beide schon bestraft. Die Anklage ging dahin, daß die Genannten in ver schiedenen Ortschaften unter dem Namen GaS- Petroleumcomposition ein völlig werthloses und in der Hauptsache aus mit Tinte gefärbte» Kochsalz verkauft und dadurch verschiedene Personen mit 567 Mk., bez. 90 Mark geschädigt zu haben. Diese „Composition" sollte angeblich die Leuchtkraft de» Petroleums erhöhen und seine Ultentzündbarkeit und Reinigung hcrbeiführen. Wiese erhielt 2 Jahre und Camnitzer 8 Monate Gefängniß. Vor dem Leipziger Landgericht wurde am 3. d.. wider den Schauspieler Paradies und den Wein händler Kalkschmidt wegen de- s. Z. viel Aufsehen erregenden gewerbsmäßigen Glückspiels und Ge staltung desselben, wodurch eine Anzahl junger Leute au- den höheren Gesellschaftskreisen gegen 80,000 Mk. verloren haben sollten, verhandelt. Die letztere Nachricht wurde dabei als gänzlich übertrieben fest gestellt. Paradies wurde von der Anklage de» ge werbsmäßigen Glücksspiels freigesprochen, wegen Bankhaltens aber zu 500 Mk Geldstrafe oder 0 Wochen Haft, und Kallschmidt wegen Gestattung von Glücksspiel gleichfalls zu 500 Mk. Geldstrafe oder 50 Tage Haft, überdies wegen leichtsinnigen Bankerott- zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. In Zwickau fand der Trichinenschauer Zeeh- wiederum in einem für einen Restaurateur unter suchten Schweine Trichinen. Seit dem Sommer 1878 ist die- der 13. derartige Fall, den er constatiren konnte;! e» ergiebt daraus, wie durch die Trichinenschauer doch immerhin viele- unberechenbar» Unglück abgewendet wird. Herr Liebknecht in Leipzig hat am 30. Oct» seine halbjährige Gesängnißstrafr angetreten. Am Sonntag Nachmittag hing sich die elfjährige Tochter des Schmied Hofmann in,Bühlau-Groß harthau bei Stolpen an die Hintere Axe elueO vorüberfahrenden Kutschwagen-; dabei wickelte die Wagennabe die Kleider de- Mädchen» so auf, dast da» Mädchen gegen 300 Schritte, zwischen Rad und Federn eingeklemmt, mit fortgeschleppt wurde und gefährliche Verletzungen davontrug. In Mittelndorf bei Schandau geriet- der Gutsbesitzer Wenzel in da- Getriebe einer im Gange befindlichen Dreschmaschine, deren laufende Theil» er hatte rinschmieren wollen. Dadurch erhielt der vedauernswerthe solche Verletzungen de» linke» Unterarme», daß ihm derselbe amputtrt werden mußte- Bon einem Etsrnbahnzuge wurde bei der Statt»» Wilzschhau» bei Eibenstock ein großer Hirsch (Achtender), der als Führer «ine- Rudel» Hlschr wahrscheinlich der hellleuchtendea Locomottve ent» gegentreten wollte, überfahren «ad sofort getödtet. Der Revirrverwatter de» Larlsfelder Revier», veohi» der Hirsch gehörte, hat da« Fleisch de» Thier«» er halten. ——.