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für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannschaft und der Kgl. Schulinspection zu Knutzen, sowie -es Königlichen Gerichtsamles und -es Sta-trathes z« Kischofswer-a. Diese Seitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und «Sonnabenv« und kostet einschließlich der Sonn abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SV Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden bi« Dien«tag« und Freitag« früh » Uhr angenommen. 93. Sonnabend, den 1«. November. j 1878. Doppelte Strömungen. Die bekannte Thatsache, daß sich im Vatican zwei Richtungen bekämpfen — die Partei der Jesuiten und diejenige der Versöhnlichen, welch' letzterer Papst Leo Xlll. selbst angehört — und daß der deutsche UltrauwntaniSmuS auf Seite der jesuitischen Richtung steht, hat in letzter Zeit eine neue interessante Bestätigung erhalten, und zwar durch die streitenden Erörterungen zweier ultramontaner Blätter; von denen das eine päpstlich, das andere unverkennbar jesuitisch ist. Der Kampf zwischen Beiden dreht sich darum, daß die Centrumspartei in Deutschland sich nicht dem heiligen Vater unterordnen und diesen bei seinen Ausgleichs verhandlungen mit dem deutschen Reiche nicht dadurch unterstützen will, daß sie sich bereit erklärt, im Falle des Zustandekommens eines moäus vivknäi in'S RegicrungSlager überzugehen und , wie sie sagt, die Fahne der politischen Freiheit zu verlassen. Daß die deutsche Centrumspartei gesonnen ist, sich durch eine etwaige Beilegung des CulturkampfeS in ihrer politischen Haltung nicht irre machen zu lassen, das ist in der Thal das einzige Hindern iß des Zustande kommens der Verständigung. ES liegt dies in der Natur der Sache, und außerdem sprach es ja auch der Reichscanzler deutlich genug aus durch die Worte: „Sie haben nichts zu bieten!" — Die eine der erwähnten clerikalen Zeitungen ist die Pariser „Defense", das Organ des soeben verstorbenen Bischofs Dupanloup; die andere ist die verehrliche Berliner „Germania". Jene vertritt den ausgleichs lustigen Standpunkt Leo'S Xlll., letztere den der deutschen Centrumspartei, d. h. der Opposition gegen die Reichsregierung über den Culturkampf hinaus, oder vielmehr der Verewigung des Cultur- kampfeS', resp. der Verlängerung des Widerstandes bis zur Ankunft des deutschen Kaisers in Canossa! Die „Defense" sehnt den kirchlichen Frieden in Deutschland herbei und spricht ihren Unwillen aus über die „systematisch-feindselige Haltung des Centrum» bei dem Votum über ein conservatives Gesetz und über das Bündniß dieser Gruppe mit der socialistischen Linken de» Reichstages u. s. w." Fürst Bismarck, so meint die „Defense", hätte durch diese Haltung de» Centrum» sehr aufgebracht sein müssen, er sei aber zu einsichtig, um solcher Erregung nachzugeben; der yreiunddreißiqft« Jahrgang. Cutturkampf habe sich überlebt, da ja der Canzler unmöglich den deutschen CleruS, welcher nicht für die Haltung des Centrums verantwortlich zu machen sei, einer gleichen Verfolgung aussetzen könne, wie die Socialisten, welche Feinde der Gesellschaft und jeder Regierung seien. Die Politik des Vatican» sei „eine Politik de» Frieden», die weder durch Zu fälle noch durch Erwägungen persönlichen Grolle» alterirt werde; ihr Ziel sei da» Wohl der Kirche und sie kümmere sich nicht um die Taktik parlamen tarischer Parteien. Hätten die Verhandlungen eine Verzögerung erlitten, so könne man auf eine baldige Wiederaufnahme derselben gefaßt sein, denn der hei^ge Stuhl sei geduldig und Fürst Bismarck ge wandt, und e» würde des Papste« unwürdig sein, die Frage der Kirche in Deutschland dem Willen einer parlamentarischen Gruppe de« Reichstage» und der zufälligen Annahme oder Zurückweisung eine» Gesetzes unterzuordnen." Die „Defense" verurtheilt auch die katholischen Organe, welche dem Papste ergeben zu sein vorgäben, „aber lieber das Centrum, diese lediglich politische Partei, loben, als einen drin genden Wunsch des Papstes erfüllt sehen wollten, den er in dem Briefe an den Cardinal Nina feier lich angekündigt habe." Die „Defense" giebt uns Deutschen sonach recht interessante Belehrungen. Von Anderem ab gesehen, constatirt sie, daß Leo Xlll. dem Centrum gar nicht gewogen ist und eine baldige Wieder aufnahme der Verhandlungen wünscht; sie spricht den Organen der Centrumspartei jede Berechtigung und Bedeutung in kirchlichen Dingen ab. Jener Artikel zerschneidet das Tischtuch zwischen Papst und Centrumspartei. Die „Germania" ist nun selbstverständlich außer sich über die französische Collegia. Sie habe — so sagte sie — eia gewisse» Mitleid über die mangelhaften Informationen der „Defense" gefühlt, könne ihr aber wegen der dreisten Entstellungen und Verleumdungen eine deutsche (!) Antwort nicht ersparen. Merkwürdig aber bleibt, daß die „Germania" mehr gegen die Behauptung eine« Bündnisses der Centrumspartei mit den Socialisten zu Felde zieht, al« gegen die, daß der Papst mit der Ccntrumspartei und ihren Organen nicht einverstanden sei. Ja, sie weiß nicht» Treffende« dagegen zu sagen, sie steckt den Hieb ein und be-