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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen imb Umgegend Amtsblatt -er Kgl. Amtohauptmannschast VN- -er Kgl. Schulinspection zu Kauhea sowie -eo Königlichen Gerichtoamtes UN- -es Sta-trathes zu Kifchsfswer-a. Dies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch» und Sonnabend» und kostet einschließlich der Sonn, abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark bi> Pfg. (15 Ngr.). Inserate werden di« Dienttag» und Freitage früh 5» Uhr angenommen und kostet die gespUtene Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfennige. 8. ! Sonnabend, den 2«. Januar j 1878» Englands orientalische Politik. Wie weit die Unterhandlungen zwischen den kriegführenden Mächten bis jetzt geführt haben, läßt sich nur daran erkennen, daß ein Waffenstillstand bis zu diesem Augenblicke thatsächlich noch nicht ein getreten ist, die Russen vielmehr unaufhaltsam nach Constantinopel Vordringen. Gegenwärtig haben sie sich höchstwahrscheinlich in den Besitz von «drianopel gesetzt und schon beginnt die englische Presse da» frevelhafte Spiel von Neuem, den Russen mit eng lischer Intervention für den Fall weiteren Vorgehens zu drohen. Und worin soll diese Intervention be stehen? In der Besetzung Gallipolis! wodurch England die Dardanellen zu beherrschen glaubt. Wahrlich, es wäre zu wünschen, daß Rußland diese englische Beistandsleistung vor aller Welt aä adguräum führen möchte, indem es selbst Gallipoli besetzte, wohin die russischen Truppen durch Gewaltmärsche in zwei Tagen gelangen können. Welche Geneigtheit sonst das officielle England besitzt, anders als bloö hetzend und schürend in den Kampf einzugreifen, geht am Besten aus den dem eben zusammenberufenen Parlamente vorgelegten Blaubüchern hervor, welche es geradezu unbegreiflich erscheinen lassen, daß die Türkei sich durch eine solch unzuverlässige Politik hat verführen lassen können, ihre ganze Existenz in einem Kriege mit einer so weit überlegenen Macht wie Rußland auf's Spiel zu setzen. Das erste der beiden Blaubücher ist 584 Seiten stark und enthält nicht weniger als 645 diplomatische Schriftstücke. Wichtiger ist entschieden der zweite, nur 16 Folioseiten enthaltende Band mit 46 De peschen aus der Zeit vom 12. December 1877 bis zum 14. Januar 1878, welche ausschließlich auf die türkischen FriedenSanträge Bezug haben. Es wird genügen, die neuesten Depeschen anzuführen und zwar zunächst folgende Depesche hes Lord Derby an Lord Loftus (Petersburg) vom 4. d. M. Dieselbe lautet: „Ihre Majestät Regierung hat mit Be friedigung Fürst Gortschakoff's Erklärung empfangen, daß Rußland nichts Besseres wünsche, als zu einem Frieden zu. gelangen. Mit Bezug auf die weitere Erklärung Sr. Durchlaucht, e» sei zur Erreichung diese» Zwecke» wüascheuSwerth, daß ein Waffenstill-» Drcknnddrrißizster Jahr-an,. stand stattfände und daß diese zeitweilige Einstellung der Feindseligkeiten durch die Vermittelung de« Commandeurs en odkck der russischen Armee in Europa und Asien bewirkt werde, hat Ihrer Ma jestät Regierung zu bemerken, daß, obwohl die Pforte kein Gesuch um einen Waffenstillstand gestellt habe, sie nicht abgeneigt sein würde, den Vorschlag der russischen Regierung der Türkei zu übermitteln, vor ausgesetzt, daß die Mittheilung in einer Weise abge faßt würde, welche io dem Ermessen Ihrer Majestät Regierung zu einem praktischen Resultat führen dürfte. Es ist augenscheinlich, daß der projectirte Waffenstillstand, wenn er wirksam sein soll, die. Operationen in Asien wie in Europa umfassen müßte, und nicht vollständig ohne die Zustimmung Serbien'» und Montenegro'« sein würde. Aber in diesem Falle ist es rein unerläßlich, daß die Be dingungen, unter welchen er gewährt werden solle, zwischen den zwei Regierungen und nicht bloS zwischen Generälen, die einen Thcil der kämpfenden Streit kräfte befehligen, discutirt werben. Ihrer Majestät Regierung ersucht den Fürsten Gortschakoff, diese Modifikation der Ansichten Sr. Durchlaucht zu be rücksichtigen. Sie würdigt völlig den von ihm an erkannten Unterschied zwischen einem Waffenstillstand, welcher zwischen den unmittelbaren Kriegführenden vereinbart werden mag und den Friedensbedingungen, in denen Such andere Mächte interessirt sind." Die Rückantwort des Fürsten Gortschakoff über mittelt eine Depesche von Lord Loftus an Lord Derby, datirt St. Petersburg, den 9. Januar, in welcher es u. A. heißt: „Fürst Gortschakoff drückte seine Befriedigung sowie die Hoffnung aus, daß die den türkischen Bevollmächtigten ertheilten Instruc tionen derartig sein würden, um zu einem günstigen Resultat zu führen. Er erklärte, daß den russischen Oberbefehlshabern vor etlichen Tagen Instructionen gesandt worden seien. Er bemerkte, es könnte keinem Zweifel unterliegen, daß der Waffenstillstand sich auf Serbien und Montenegro erstrecken werde. Die serbischen Truppen agirten nun mit den rus sischen Streitkräften und könnten folglich nicht ohne dieselben Vordringen, und der Fürst von Montenegro würde ohne Zweifel in Uebereinstimmung mit Ruß land handeln. Er war der Ansicht, daß der Frieden nur unter zwsi Bedingungen erzielt werden könnte, 4