Volltext Seite (XML)
70 l 1877. politische Wettschau. Das Vorgehen Deutschlands wider die von den Türken an gefangenen und verwundeten Russen verübten Grausamkeiten bat in aller Welt sehr ge mischte Empfindungen hervorgerufen. Selbstverständlich fehlt es weder an Tadel noch an Verdächtigungen und unsere Türkenfrcunde hätten im „Interesse der ausgleichenden Gerechtigkeit" gewünscht, daß mindestens dieselben Vorstellungen an Rußland gerichtet würden, oder man beklagt es, daß Deutschland nur im russi schen Hauptquartier Militärbevollmächtigte unterhalte. Die österreichischen Blätter machen über die gegenwärtige Lage der Verhandlungen bezüglich des deutsch-österreichischen Handelsvertrags folgende Mit theilungen: Die Hauptforderung der deutschen Dele- girten: Fortdauer des Appreturverfahrens, wurde im Wege des Compromisses zugcstanden; nur ist die Frage über die Dauer desselben noch nicht ausge tragen, Die Deutschen verlangen, daß das Ver fahren fünf Jahre unverändert genau wie jetzt fort bestehe und nach fünf Jahren in einen Veredlungs verkehr übergehe, welcher sich auf das individuelle Stück Waarc, welches zur Veredlung über die Grenze gesandt wurde, beschränke, während bekanntlich jetzt die Waarengattung den Vorthcil zollfreier Rückkehr genießt. Oesterreichischerseits will man nur eine dreijährige Dauer zugestehen, und schon jetzt die Benützung des AppreturverfahronS, sowohl bezüglich der Waarengattung einschränken, als auch die Rück kehr der appretirten Waare beim selben Zollamte vorschreiben, bei dem sie ausgetreten ist. Also das Prinzip ist zugestanden — vaS Detail noch nicht. Weiter vorgeschritten find die Verhandlungen über den Tarif. Die Textilwaaren haben größere Schwierigkeiten nicht verursacht. Man hat znge- standen, daß die bisherige Classification theils zu absichtlichen Umgehungen, theils zu unberechenbarer Willkür der Zollorgane Anlaß gebe, und hat sich demnach über präcise Classifizirung geeinigt. So wurden z. B. Stoffe, die aus Schafwolle und Seide angefertigt sind, und welche bisher seitens der Zoll behörden ganz verschieden und willkürlich declarirt wurden, fest präzisirt. Ueberhaupt haben sich die Seiden-Industriellen nicht zu beklagen. In der Position der Schafwollgewebe mußten einige Zuge- Ameiunddreißigftn- Jahrgang, ständnisse an Deutschland gemacht werden; desgleichen für die feineren Baumwollgarne. Daß eine Dcntäßi- gung unserer Eisenzölle zugestanden wurde, ist bis nun nicht richtig. Im Ganzen stehen die Ver handlungen dem Abschluffe günstig und meint man bis zum 15. September fix und fertig zu sein. In Italien dauert die DiScussion über die Befestigung Rom'S fort. Die „Italia mili- tare" tritt namentlich den fremden (österreischen) Blättern entgegen, welche die Befestigung für nutz los erklären. Das Blatt schreibt: „Ist irgend ein Grund vorhanden, argwöhnisch zu werden, weil wir unsere Hunderte von Meilen den Alpen entlegene Hauptstadt vermittelst einiger Vertheidigungswerke von geringem Belang vor einem Handstreich sichern wollen? Man sollte fast glauben, als hätte Italien kein Reckt für seine Bertheidigung da- zu thun, was alle anderen Staaten in weit größerem Maß stabe und mit viel bedeutenderem Kostenaufwande thun und gethan haben. Aus diesen kurzen Bemerkungen wird man leicht ersehen, daß das Unheil der „Wehr zeitung" über die beabsichtigten Arbeiten gar nicht am Platz ist, indem sic von der Voraussetzung auS- geht, daß ein österreichisches Heer sich Oberitaliens zu bemächtigen suche und dabei gegen das stärkste Befestigungsshstem von der Welt ankämpfen müsse. Wir gehen dagegen von der viel allgemeineren und ganz einfachen Voraussetzung aus: Wir wollen gegen jeden Feind, der uns von den Alpen her be droht, unsere besten Truppen und in möglichst starker Anzahl aufstell-n können. Da aber unsere Haupt stadt wenige Meilen vom Meere entfernt ganz offen daliegt, so wollen wir Anstalten treffen, damit wir nicht zu ihrer Bertheidigung wenigsten- 30,000 Mann unserer besten Truppen des ersten Aufgebots hier lassen müssen. Wir wollen sie daher so befestigen, daß wir sie im Nothfall mit Truppen des zweiten Aufge bots so lange vertheidigen können, bi» andere zum Ent satz herbeikommen können. Wir wollen also kein großes verschanztes Lager bauen und Millionen dafür ausgeben, sondern nur einige bescheidene DertheidigungS- werke zu dem angegebenen Zweck errichten. Die „Wehrzeitung" behauptet, daß eine Landung an jener M Seite bei der gegenwärtigen Stärke Flotte unmöglich sei, ganz abgesehen«* Schänkwirts Ernst welches Kraft genug besitze, um dHenberg wegen Brand- Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtohauptmannschaft und der Kgl. Schulinspection zu Kauhen sowie des Königlichen Verichtoamteo und des Stadtrathes zu Dischofswerda. Siese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mak, Mittwoch» und Loanaoeiio» und kostet einschließlich der Soan- dends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark bv Pfg. (IS Rgr.). Inserate werden di« Dienstag« und Freitag« früh 0 Ubr angenommen und kostet die gesp-ltene EorpuSzeile »der deren Raum 10 Pfennige. Mittwoch, den 8. September