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Mittwoch, den 17 Januar. wenn heute, wenn die nationalliberale Partei den Weg des ConflictcS mit der Regierung betreten hätte, die socialdemokratische Hochfluth dem Zerfall bitteren Zwist zwischen ReichstagSmchrheit und Reichs regierung begegnet hätte? Daß die liberale Sache nicht in da» Schicksal der Fortschrittspartei ver flochten ist, daß die Regierung nicht in die Arme der Reaction, die gesammte liberale Partei nicht in die Gegnerschaft gegen alle erhaltenden Kräfte im Staate getrieben worden ist, das dankt die freisinnige Sache in erster Linie der nationalliberalen Fraktion, die über verhältnißmäßig untergeordneten Streilpunkten die Lage im Großen und Ganzen nicht übersah. Den Conflict mit der Regierung in entscheidender Stunde haben wir vermieden, es war die Fortschrittspartei, welche, da sie uns in einen solchen Conflict nicht hinreißen konnte, den Conflict mit der nationallibe- ralcn Partei gesucht, ja ihn ertrotzt hat. Sie hat ihre Verblendung allen Zeichen der Zeit gegenüber gekennzeichnet, als sie im Reichstag und in den Wahlen in übermüthigem Hohne jedes Band zer schnitt, was diese Fraktion mit der nationalliberacken verband. Und wenn die Socialdemokraten aus dieser namenlos leichtfertigen Tactik Vortheil zogen, haben sie dafür nicht die ausdrückliche Aufforderung des Führers der Fortschrittspartei, des Professors Hänel? Wir vermeiden Persönlichkeiten lieber, als daß wir sie aufsuchen ; aber cs ist heute unmöglich, jene Scene im Reichstag zu vergessen, die sich ungescheut und vor aller Augen abspielte, als Herr Hänel vergeblich die Socialdemokraten zu gewinnen suchte, ihre Stim men mit den fortschrittlichen und ultramontanen zum Sturz des CompromiffeS zu vereinen, statt, wie sie im Begriff waren, den Saal zu verlassen. Laut und höhnisch rief dem Professor Hänel der Social demokrat Hasenclever die Worte zu: Mit Ihnen sind wir schon lange fertig. Und der socialdemo kratische Führer hat mit diesen Worten nur das Ergebniß der Berliner Reichstagswahlen voranS- gegriffen. In Italien wird die Frage der Abschaffung der Todesstrafe lebhaft erörtert. Höchstwahr scheinlich wird dieselbe auch definitiv beschlossen werden und die Todesstrafe nur ausnahmsweise in den Pro vinzen beibehalten, wo die sp«iellen Sicherheilszustände die» zu erheischen scheine«. Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt der Kgl. Amtohaupimannschaft und -er Kgl, Schulinfpection zu Klauhen sowie -es Königlichen Verichtsamtes un- -es Sla-trathes zu Dischofswer-a. Vits« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonunvend« und kästet einschließlich der Sonn- ' abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark b» Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden bi« Dien-tagchtz und Freitag« früh » Ubr angenommen und kostet die gesp-ltene Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfennige. 1877. Die Reichstagswahlen der vergangenen Woche haben im Allgemeinen ein erschreckendes Re sultat ergeben, namentlich in Berlin und allen an deren Großstädte« drS deutschen Reiches, wo die So- cialdemokratie mit Gewalt um sich gegriffen. Bon den alten Sitzen der Fortschrittspartei in der Reichs hauptstadt ist derselben nur rin einziger verblieben. Leider dürfte diese Lehre von den Fortschrittsmännern nicht beherzigt werden, wie folgende Auslassung der ,Boss. Zeitupg" bezeugt: .Die unglückselige Compro- mißwirthschaft hat dem Parlamentarismus, wie ihn die Nationaüibrralcn und Fürst Bismarck verstehen, bei dem Volke so sehr discredidirt, daß es nicht Wunder nehmen kann, wenn jetzt ein großer Theil desselben auch durch die eindringlichsten Mahnungen nicht bewegt werden kann, seinen öffentlichem Pflichten nachzukommen, und ein anderer Theil im Unmuth über langjähriges vergebliches Ringen seiner Ver treter nach einer freiheitlicheren Gestaltung unsere« staatlichen Lebens den Werbungen der socialistischen Partei nicht hat widerstehen können. Die gemäßigte Demokratie hat dort, wo sie ihre festeste Burg zu haben glaubte, am 10. Januar eine schwere Nieder lage erlitten, aber die Regierung und die konserva tiven Parteien thun nicht gut daran, zu jubeln, daß in da« stärkste Bollwerk gegen die Socialdemokraten eine Bresche gelegt ist." Dagegen sagt die „Nat. Ztg.": Die Wahler gebnisse sprechen mit einer so lauten, so gewaltigen Stimme, daß auch der Verstockteste sie nicht über hören kann. Noch ist es Zeit, sich aufzuraffen und zu handeln, noch ist in einer Reihe von Wahlkreisen der letzte endliche Stichentscheid zu geben. Aber der Moment drängt: kein Augenblick ist zu verlieren, um einem kunstvoll und sorgfältig organisirten Gegner wie den Socialdemokraten gegenüber sie zerstreuten Kräfte de« Bürgerthum« zu samm ln. In diesen Tagen wird Manchem, der den Borwürfen und Schmähungen unserer Gegner gelauscht hatte, ein Licht darüber aufgegange» sein, wa« denn in der That da- vielberufene Compromiß in den Justiz gesetzen für unser ganze« öffentliche« Lehen bedeutet. Wir fragen jeden unbefangenen Mann , was wäre die Lage de« Lande», wa» dir der freisinnigen Partei AMktuaddrrtßigster Jahrgang.