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sächsische BZ o ch e n d l a t t /v"' - . '. für - -'-' Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt Les Königlichen Verichtsamtes und Les -Kta-trathes zu KischofswerLa. VNK AMchrlft erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonnabend«, imd k»Set einschließlich der Sonn, abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljShrlich IS Slge. Inserate werde» btt Dienstags und Freitags früh 0 Uhr angenommen und kästet die gespaltene LorpuSzeile »der deren Kaum 1 Ngr. 11874 Sonnabend, den 12. December Crisen in Oesterreich. Wohin man auch im Kaiserstaat der Habsburger blicken mag — nirgends scheint das alte Gebäude mehr Zusammenhalten zu wollen. Ucberall kracht's in den Fugen, überall pfeift der Wind durch die Löcher hinein. Mit offenbarem Unbehagen versam melten sich unlängst die Parlamente von Wien und Pest, der österreichische Reichsrath und der ungarische Reichstag; und zwar hüben wie drüben im Ange sichteiner finanziellen undwirthschaftlichen Zerrüttung, deren Heilung ganz besonderer Einsicht und Energie der gesetzgebenden Factoren bedarf. Leider ist von diesen Eigenschaften bisher wenig zu bemerken ge wesen. Wo auch ein Minister guten Willen zeigte, da scheiterte derselbe meist an der jämmerlichen Selbstsucht der die Parlamente beherrschenden Parteien. Diesseits der Leitha, also in den alten öster reichischen Erblanden, ist es die liberale Verfassungs partei, welche iin Wiener Reichsrach den Ton an- gicbt. So Vortheilhaft ihre Majorität in politischen Fragen für das Land auch sein mag, in finanzieller und wirthschaftlichcr Beziehung halten wir sie geradezu für ein Unglück des Landes, denn diese Partei ist leider identisch mit einer Specukanten- undGrüoder- clique, die sich ihre liberalen Grundsätze und die Unterstützung des Ministeriums so hoch als möglich aus der Staatscasse bezahlen lassen möchte. Daß bei dieser Sorte von Menschen das Volks- und Staatsinteresse erst lange nachdem eigenen Interesse kommt, haben sie nie so deutlich bewiesen, als gegen über dem kürzlich vom Handelsministcr Or. Banhans erstatteten Expose's über die Eiscnbahnpolitik der Regierung. Die Herren hatten sich in der Hoffnung gewiegt, die Regierung werde eine Anleihe von 500 oder doch wenigstens von 300 Millionen Gulden Vorschlägen, um damit kreuz und quer Eisenbahnen zu bauen, wobei die Spekulation wieder ihr Schäfchen scheeren könnte, während die Finanzcalamität des Staates sich in'S Unendliche steigern würde. Aber die Re gierung hatte den Muth, qouck non zu sagen, und die ehrlichen Männer der Partei, die Brestel uuv Herbst, beglückwünschten sie zu dem Entschluß, den unter der Firma „Staatshilfe" vorgeschlagenen Schwindel nicht mitzumachen. Da» Gründerthum in den drei verfassungstreuen Clubs that sich zu- «ninundzwanjkgst« Jahrgang. sammen, um dem Ministerium sanfte Gewalt anzu- thun, mußte sich aber doch überzeugen , daß vor der Hand nichts zu machen sei und man die Folgen des „Krachs" noch ferner tragen müsse, daß man aber auf den Minister Banhans sehr schlecht zu sprechen ist, läßt sich denken. Zur Beseitigung des CabinetS Auersperg kann es unmöglich dienen, wenn eins seiner Mitglieder nach dem anderen in eine schiefe Stellung zur bisherigen ministeriellen Majorität geräth — zuerst Herr v. Stremahr wegen seiner Kirchenpolitik, dann vr. Glaser wegen seines Actien- gcsctzcs, jetzt der Finanzminister DepretiS und der Handelsminister Banhans wegen ihrer Finanz- und Eisenbahnpolitik. Wenn das Gründerthum seine Hand noch nicht ganz von dem Ministerium abzieht , so ist daran weniger sein Liberalismus, als die Furcht schuld, unter einem conservativen System noch weniger Ge legenheit zum Geschäfimachen zu haben. Allein eine solche Clique ist keine dauerhafte Stützt und die Gegner des CabinetS Auersperg hoffen daher zuver sichtlich, baldigst wieder an's StaatSruder zu gelangen. Noch schlimmer freilich sieht es jenseits der Leitha in Ungarn aus. Hier, wo es keinen nennenswerthen Bürgcrstand giebt, ist das Parlament von einem kleinen Abel beherrscht, zu dessen Traditionen die Ausbeutung des Landes gehört und hinter dessen hochtrabenden patriotischen Phrasen sich neben der magyarischen Nationaleitelkeit nur Unfähigkeit, Roh heit und Gewissenlosigkeit verbergen. Diesen noblen Passionen gegenüber kann kein Ministerium Stand halten, welches auch nur einige Ordnung in die staatlichen Zustände bringen will. In der That sind alle Nachfolger des PluSmacherS Lonyay, dessen schauderhafte Wirthschaft erst jetzt an'S volle Tages licht kommt, schnell zum alten Eisen geworfen worden.. Der gegenwärtige ungarische Ministerpräsident Bitto hat über die längst im moralischen Zerfall begriffene Deak-P-rtei hinausgegriffen, um in Kolo man Ghyczy einen ehrlichen Mann an die Spitze der Finanzen zu stellen. Aber dessen Vorlagen, die freilich das Steuerzahlen zur unabwendbaren Pflicht auch für den Adel machen wollen, - begegnen einer so heftigen Opposition, daß Alles in Ungarn nach einem neuen Ministerium schreit, ohne daß irgend Jemand anzugeben wüßte, wie man ohne neue Steuern, ohne Sparsamkeit und Ordnung iu deu