Volltext Seite (XML)
950 was allerdings zu Gunsten des Interesses an volks- wirthschaftlichen Fragen, die dadurch geändert werden sollen, sprechen würde, wenn sich nur von allen Bahnenlinien, über deren Schicksal sich einzelne Abgeordneten so eindringlich beim Ministerium er kundigen, auch sofort der Beweis erbringen ließe, daß sie eine faktische Förderung der wirthschaftlichen Interessen repräsentiren. Inhaber trostloser Papiere, als Prag-Duxer, Mährisch-Schlesische, Lundenburg- Grußbacher re. haben sich wenig Gewinn von diesen Interpellationen zu versprechen, sofern das Ab geordnetenhaus sich nur auf diese leidige Initiative beschränkt. Weder die Course werden dadurch höher getrieben, noch erreicht man damit eine Verzinsung für daS ausländische Capital. Das italienische Ministerium wird auf Grund der letzten Ballotagen im Parlament über eine Majorität von 40 bis 50 Stimmen verfügen. Die beiden ärgerlichsten Punkte für die Regierung bei der Betrachtung des Gesammtresultats der Wahlen find die Doppelwahl Garibaldi's in Rom und der fast durchweg oppositionelle Charakter der Wahlen im Süden, der leider noch obendrein stark nach Kirchthurm-Politik riecht. Die politisch gereifter« Bevölkerung in Norditalien ist im Großen und Ganzen mit der Regierungspolitik einverstanden und will vor Allem, sei es selbst mit Opfern, die Finanzen und die Verwaltung des Staates in Ordnung gebracht wissen, während man im Süden von Opfern, ja von Steuern für den Staat über haupt nichts wissen will, dagegen alles Mögliche und Unmögliche von ihm verlangt, ohne auch nur im Mindesten zu fragen, woher das Geld dazu kommen soll. „Der Süden Italiens", schreibt eine römische Correspondenz, „ist auf dem besten Wege, wenn er so fortfährt, in zehn Jahren ein zweites Spanien zu werden." Diese Prophezeihung ver dient die eingehendste Beherzigung der italienischen Politiker. » Frankreich schwelgt, wie gewöhnlich vor Schluß der ParlameatSferien, wieder in Minister- nnd Fusions-Gerüchten, von denen nur so viel fest sieht, daß Herzog von Broglie sich die unsäglichste Mühe giebl, wieder an's Ruder zu kommen und Der Herzog Decazes in Gefahr schwebt, ein Opfer dieser Bestrebungen zu werden. Eine Besserung der auswärtigen Beziehungen würde damit keines falls erreicht, viel eher das Gegentheil. Die Fusion < Vereinigung) der beiden Centren der National versammlung ist immer noch frommer Wunsch. In dieser Woche soll vom rechten Centrum ein Programm entworfen werden, welches als Brücke zur Ver ständigung mit dem linken Centrum zu dienen be stimmt ist. Im bonapartistischen Heerlager regt sich die Opposition gegen Rouher, doch sieht die Sache gefährlicher aus, wie sie ist, denn die Bonapartisten gehen bei den Wahlen ebenso fest zusammen, wie bei Unterstützung der Ultramontanen. Der Kreuzzug gegen liberale Katholiken in der Kirche wie in der Nationalversammlung ist jetzt das beliebteste Thema ultramontaner Blätter. Zum 22. d. M. hat Bischof Dupanloup Gebete für die Arbeiten der National versammlung ausgeschrieben, indem er verheißt: „Die vielen Gebete, besonders der Pilger, die zahl reicher als im Mittelalter sind, werden nicht ohüe- Eindruck auf Gott bleiben." — Die Antwort Frankreichs auf die spanische Denkschrift wird erst gegen Ende dieses Monats erwartet. In Spanien geht es wieder höchst spanisch zu. Serrano ist ein zweiter Manteuffel, welcher bekannt lich da» preußische Olmütz mit der Phrase motivirte: „Der Starke weicht muthig zurück." Auch Serrano läßt seine siegreichen Truppen muthig zurückmarschiren, damit nur ja dem Carlismus kein baldiges Ende bereitet werde. Der derbe Schlag, welcher den CarliömuS bei Jrun traf, ist damit vollständig paralistrt, daß Serrano seinen siegreichen Truppen nicht nur die Verfolgung des Feindes verbot, sondern dieselben auch aus den eroberten Positionen zurück- commandirte, so daß dieselben von den Carlisten wieder ohne Schwertstreich besetzt sind. Wie ist dies möglich? Ein Correspondent der „Times" meint, Serrano verzögere absichtlich die völlige Besiegung des Feindes, um an der Spitze der Regierung zu bleiben; denn mit dem Zusammentritt der Cortes werde seine Herrschaft ihr Ende erreicht haben. Dieser Verdacht, so schwer er auch ist, scheint nicht unbegründet zu sein. Aus der Türkei wird gemeldet, daß 32 türkische Unterthanen, welche an der Ermordung der Montenegriner in Padgoritza betheiligt waren, zu zwanzigjähriger Gefängnißstrafe verurtheilt wurden. Damit dürfte der für die Pforte sehr unangenehme Zwischenfall erledigt sein. Die Gefahr eines Krieges zwischen China und Japan ist beseitigt und der Streit wegen Formosa» friedlich beigelegt. Aus Berlin unterm 23. d. wird berichtet: Auf Antrag des Abg. vr. v. Schauß beschloß die Bank gesetz - Commission des Reichstags, bei der Reichs regierung anzufragen, ob und wie weit dieselbe ge neigt sei, auf die Errichtung einer Reichsbank ein zugehen, und von der Entscheidung hierüber die Weiterberathung des Bankgesetzentwurfs in der Com mission abhängig zu machen. Die Regierungs kommissare schwiegen in der Commission. Die „Nationalzeitung" erfährt, daß in der am 22. Nov. stattgehabten Sitzung des Staatsministeriums über die Modalitäten für die Umwandlung der preußischen Bank in eine Reichsbank verhandele worden sei. Das Berliner Tageblatt veröffentlicht die Mit theilung, daß dem Verleger des Blattes am 19. September von einem Herrn, der allgemein als der Agent und Unterhändler des Grafen Harrh Arninr bekannt sei, eine Viertel Million Thaler angeboten worden sei, lediglich zu dem Zwecke, „damit ein Mann mit den mächtigsten Verbindungen und von enormen Vermögen das Recht eines Einflusses auf die Redaction des Blattes erhalte." AuS Paris unterm 23. dss. wird gemeldet: Das Ergebniß der gestrigen Municipalwahl ist bisher nur aus einer Anzahl von Städten bekannt: Lyon, Havre, Angers, Toulouse, Grenoble, Lille, Nantes, St. Etienne, Cherbourg, Boulogne, Brest, Arles, Limoges, Albh, Auch, Alai», Figeac, Cambrai, Valenrienne«,