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rhattll zu verführen. Es ist also gegenwärtig ge boten» kaß die Behörden und Beamten, insbesondere die Herren Landräkhe und Herren Amtsvorsteher, zu Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung die größte Wachsamkeit und Energie eintreten lassen. E» wird darauf ankommen, daß da, wo über die Wirksamkeit der neuen Polizeibehörde sich irrige Vor stellungen gebildet, denselben durch Belehrung thunlichst entgegen gewirkt, wo dies aber keinen Erfolg ver spricht oder erzielt, und Ruhestörungen zu befürchten sind, durch unverzügliche Entwickelung der vorhandenen Polizeikräfte jeder ungewöhnlichen Ansammlung von Menschen und jeder Ruhestörung womöglich vor gebeugt, und wenn abzusehen, daß mit Hilfe von Amtsdiencrn und Geosdarmcn die Ruhe nicht auf recht zu erhalten oder wiederherzustellen ist, recht zeitig militärische Hilfe in Anspruch genommen wird. Die Herren Amtsvorsteher werden da, wo Ruhe störungen zu besorgen sind, mit den Herren Land- räthen sich schleunigst in Verbindung zu setzen und zu erhallen und bei denselben die Vorkehrung der geeignetsten Sicherheitsmaßregeln zu beantragen haben. Wo militärische Hilfe unabweislich nöthig, wird solche von den Herren Amtsvorstehern direct nur im Falle äußerster Gefahr, sonst von den Herren Landräihen bei dem betreffenden Militärkommando zu beantragen und seitens des letzteren nach gehöriger Darlegung des Bedürfnisses voraussichtlich sofort gewährt werden. Die Herren Landräthe wollen von dieser Verfügung, wenn und wo in ihren Kreisen Anlaß vorhanden, den Herren Amlsvorstchern Mitthcilung machend In Baiern blicken die Clerikalen mit tiefem Verdruß auf den Ausgang der letzten Kammer debatten. Dem ihnen von Grund der Seele verhaßten Cultusminister v. Lutz sind so ziemlich alle Posi tionen seines Fach-Etats bewilligt werden. Als Sieger schickt er sich jetzt an, seine Drohung wahr zu machen: „Schießen Sie her, so schieße ich hin!" Sein nächster Schuß, wenn auch nicht in's Schwarze, doch gegen die Schwarzen, gilt den bischöflichen Lyceen in Baiern, die der Minister aufheben will. Diese Gelehrtenschulen bilden schon lange den Zank apfel zwischen Regierung und Episkopat. Letzteres macht den weltlichen Behörden das staatliche Ober aufsichtsrecht streitig. Herr v. Lutz scheint den Knoten zerhauen zu wollen, indem er jene Anstalten ganz aufhebt. Aus Baden kommt die Nachricht, daß neuer dings Aussicht auf das endliche Zustandekommen einer definitven Wiederbesetzung des Freiburger Erzbischofsstuhlcs vorhanden sei. vr. v. Haneberg, gegenwärtig Bischof von Speier und im Rufe eines gemäßigten Mannes stehend, ist der Regierung nach vielen anderweitcn vergeblichen Versuchen der Curie präscntirt worden. Der Umstand, daß von Karls ruhe aus seine Wahl gewünscht worden, läßt an nehmen, daß die badische Regierung von ihm die Beilegung des dortigen kirchenpolitischen Conflicts, d, h. die Anerkennung der betreffenden StaatSgesctze erwartet. Hn Oesterreich weisen die böhmischen Landtags wahlen für die VerfassungSvartei ein günstige« Resultqt auf, Zwei Lanbbezirke mst überwiegend czrchischer Bevölkerung und bisher stet« durch Sandliog» Rieger'« vertreten, sinvMn^Muug»- treuen Landidaten trotz einer rNgßlqen Agitation der Gegner erobert worden, während stadem rein czechischen Königinhofer Bezirke der Aktczeche Prazak nur mit drei Stimmen Majorität über den deutschen Candidaten obsiegen konnte. Das sind günstige Zeichen für die Zukunft. — Der Kampf zwischen Staat und Kirche macht im Habsburger Kaiserreiche wenig von sich reden, da man auf beiden Setten sich hütet, die Sehne des Bogens straff zu spannen^ Vorläufig ist auch nicht abzusehen ob und wann die» anders werden wird. Nur so viel steht fest, daß die liberale Partei mit der schlaffen Haltung der Regierung sehr unzufrieden ist. Da« Königreich Italien und die in ihm lie gende Miniatur-Republik San Marino haben nun wieder vollständig Frieden geschloffen. Es wurde zwischen den beiden hohen Contrahenten auf „ewige Zeit" ein Freundschaftsvertrag vereinbart. Diesem Vertrage zufolge verpflichtet sich die Republik, von nun an alle Flüchtlinge an Italien auszuliefern, den Schmuggel an ihren Grenzen zu unterdrücken und auch sonst gegen Italien nur die freundschaftlichsten Gefühle zu hegen. Zu diesem Zwecke haben die zwei Regenten der Republik schon ein Gesetz erlassen, in welchem es den San Biarianern auf's Strengste untersagt wird, irgend welchen Flüchtling zu be herbergen und im Versteck zu halten. Italien ver pflichtet sich dagegen, seinen jetzt aufgestellten Militär-Cordon von den Grenzen der Republik zu entfernen, derselben wieder Salz und Taback zu verkaufen und nach San Marino einen italienischen Consul zu schicken, der das Königreich diplomatisch vertreten wird. Endlich entschuldigte sich die Republik bei der Regierung Victor Emanuels, daß es ibr nicht möglich gewesen sei , alle Flüchtlinge, die bei ihr Schutz suchten, auszuliefern, weil deren Aufenthalt ihr gänzlich" unbekannt war. — Bei der jetzt herrschenden politischen Oede dürften wir diese» weltgeschichtliche Ereigniß nicht unerwähnt taffen. Frankreich steuert mit Gewalt in eine CrisiS hinein. Das hat Heinrich V. bewogen, aus seinem Schweigen herauszutreten. Er wartete bisher lange, weil er wünschte, die Mission des „berühmten Sol daten" (Mac Mahon) nicht noch schwieriger zu machen ; nun aber war seine Stunde da, er müsse reden, um seinen angestammten Unterthanen zu offenbaren, was seine fürstliche Seele bewegt. Und was hat er der großen Nation mitgetheilt? Worin gipfeln die Principien, mit denen er so lange hinter dem Berge hielt? Es ist die alte Geschichte! Mit rührender Consequenz tischt der fromme Herr die abgedroschene Litanei von seinem GotteSznaventhum wieder auf und nimmt Miene an, als ob die Seg nungen der christlichen Monarchie nur der warmen Empfehlung bedürften, um sofort über alle Partri- strömm. M den Sieg davon zu tragen. Die Chancen ChambordS haben sich durch dieses Manifest nicht gebessert, wohl aber scheint die FrohSdorfer Kund gebung der Republik zu Statten zu kommen. Kein Wunder! Für die Republikaner ist der legitime König von Frankreich ein Theil von jener Kraft, die stet» das, Böse will und doch da» Gute schafft. Die Interpellation seines Schildknappen Lucien