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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Gerichtsamtes «nb des Stadtratheo zu Kischolswer-ä. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mai, Mittwochs und Sonnabend«, und kssiet einschließlich der Sonn abend« «scheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich IS Ngr. Inserate werden bi« Dienttag« und Freitag» früh S Uhr angenommen und kästet die gespaltene Sorpu«zeile »der deren Raum 1 Rgr. 38.1 Mittwoch, de» L3. Mai. 1874. Politijche WeUschau. Nichts kommt der maßlosen Heftigkeit gleich, Mit welcher die Führer der ultramontanen Hecrschaar in dem jüngsten preußischen Landtagsverhandlungen die Schaale ihres Zornes über die Liberalen, über die Regierung und ganz besonders über den Minister Halk ausgegossen, der von ihnen mit einem Haß ver folgt wird, welcher zeigt, daß Herr Falk der rechte Mann und an der rechten Stelle ist. Etwas Neues gegen die kircken-politischen Gesetze wurde von den Herren Reichensperger, Windthorst und v. Mallinkrodt allerdings nicht vorgebracht; man bekam die alten hundertmal widerlegten Klagen über Vergewaltigung und Verfolgung wieder zu hören; nur waren sie diesmal mit ganz besonders heftigen Ausfällen und Drohungen gewürzt. Natürlich da die Herren nicht zur Kammer zu der Masse sprechen, die sich ihrer Leitung vertraut hat, so bedarf es einer kräftigen Hinselführung. Um nur den Ton zu kennzeichnen, welcher an geschlagen wurde, erwähnen wir folgende Worte des Cultusminifters vr. Falk. Die Rede des Abg. Windt horst hat mich wiederholt an das Wort des Mephisto an den Schüler erinnert: „Im Jnterpretiren seid hübsch munter, legt Ihr nicht aus, so legt doch unter." Herr Windthorst hat von mir zu hören geglaubt, daß eS nur darauf ankomme, das allgemeine reli giöse Bedürfniß zu befriedigen, und nicht auf die Form. Er folgerte daraus, der Minister wolle von der Confession nichts wissen, schließlich sogar, er wolle von dem Christenthum nichts wissen und jüdische 'Geistliche für christliche Gemeinden zulassen. Ich habe dagegen nur gesagt, die Regierung sei der Ueberzeugung, daß von dem früher verhandelten Ge setz und den durch die heutigen Amendements ein geräumten Berechtigungen die Gemeinden erst dann Gebrauch machen würden, wenn das religiöse Be dürfniß so groß geworden sei, daß man sich über den Mangel seiner Befriedigung nicht mehr werde Hinwegsetzen können, und daß, was die Form betreffe, dann die Ernennung der Geistlichen durch den Bischof -überflüssig sei: die Gemeinden dürsten ihn dann selbst wählen. Ich glaube Recht zu thun, wenn ich «inen Abgeordneten, der so wenig in der Lage ist, haS von mir Gesagte aufzufaffen, gar keine Antwort -gebe. (Lebhafter Beifall.) NnnNmbsvimztsstee AahrgMg. Seltsamer Weise verirrten sich aber auch in die wüsten Klagen der Clerikalen einige Friedenstöne. Man sprach von der Möglichkeit einer Verständigung, ohne jedoch die Grundlagen einer solchen anzugeben. Der Abg. v. Shbel traf sicher das Richtige, indem er sagte: „So wahr es ist, daß nach dem Kriege 1870 der erste Schritt der Ultramontaneo die Sendung des Grafen LedochowSki nach Versailles war, um eine Intervention des Kaisers zu Gunsten der Her stellung des Kirchenstaates herbeizuführen, ebenso sicher würde Papst PiuS IX. morgen die Maigesetze sanctioniren und den Kultusminister vr. Falk mit dem höchsten päpstlichen Orden schmücken, wenn Fürst BiSmark die Herstellung des Kirchenstaates und da mit die Zertrümmerung Italiens beschlösse." Oder sollte vielleicht die Hindeulung auf die „freie Kirche im freien Staate," die sich ein Redner des Centrums entschlüpfen ließ, die Grundlage der Versöhnung bilden? Wer solche Lösung befürwortet, der vergißt, daß die gesammte katholische Kirche ein Ganzes bildet, dessen Grenzen alle Staaten umfassen, in denen Katholiken leben. Und wie kann man von einer freien Kirche im freien Staate reden, wenn den Bischöfen von Rom Befehle zugehen, welche jedes Recht des Staates in Frage stellen und unter Um ständen die Bischöfe zu Werkzeugen der staatsfeind lichsten Pläne machen? Soll der Staat dies ruhig gewähren lassen? Das hieße ihm einen Selbst mord zumuthen. Der Staat kann unter den gegen wärtigen Verhältnissen nichts Anderes thun, als den Machtbereich der kirchlichen Organe auf» schärfste gesetzlich umgrenzen. Das thut Preußen augenblicklich. Das Recht hierzu bestreiten ihm die Ultramontaneu und gerade darüber ist der Kampf entbrannt. Die Schutzwehren um das deutsche Reich sind aber trotz der feindlichen Plänkeleien fertig geworden. Schon am 6. d. verkündete der amtl. Reichsanzeiger da» vom deutschen Reichstage angenommene ReichS-Schutzgesetz gegen die unbefugt amtirenden Bischöfe und sonstige» Kirchendiener; und das preußische Abgeordnetenhaus hat dem tiefeinschneidenden Gesetzentwurf wegen „Ver waltung der erledigten katholischen BiSthümer" in allen wesentlichen Punkten mit überwiegender Mehr heit zogestimmt. Unter solchen Umständen, sollte man meinen, wird wohl bald die Curie gelindere Saiten aufziehen l . Die ersten drei Tage der vorigen Noch« ver-