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11874. 5 17. Sonnabend, den 28. Februar» Ungarn. Verwandte Seelen finden sich bekanntlich zu Wasser und zu Lande, und so haben denn auch die ritterlichen Magyaren mit den stolzen Spaniern sich in der Eigenthümlichkeit zusammcngesunden, daß > ihnen nicht wohl ist, wenn nicht alle vier Wochen «ine Ministercrisis zum Ausbruch kommt. Die jetzt in Ungarn heranrückenre Crifis ist so charakteristisch, daß wir ihr einige Aufmerksamkeit zuwenden wollen. ES handelt sich hierbei um eines der Product« lüderlicher, magyarischer Finanzwirthschaft — um die ungarische Ostbahn — die nicht ausgeführt werden konnte, weil das Geld der Aktionäre durch eine gewissenlose Verwaltung an englische Spekulanten verschleudert worden war. Um rem Unternehmen wieder auf die Beine zu helfen, halte der Minister präsident Szlavy, welcher gleichzeitig das Portefeuille der Finanzen inne hat, mit auswärtigen Capitalisten unter seiner persönlichen Bürgschaft ein Abkommen ge troffen, infolge dessen er als Vorschuß auf eine vom Parlament zu genehmigende Anleihe die Mittel zur Fortsetzung de« Baues erhielt. Als er aber die be treffende Vorlage in'S Abgeordnetenhaus brachte, sagten die biederen Deputaten quoä non und machten Miene, ras Gesetz abzulehneu und die auswärtigen Dar leiher mit remRegreß an die MitgliederdesMinisteriums abzuspeisen. Diese Gaunerpslitik würde vielleicht auch durchgeführt worden sein, wenn sich Jemand gefunden hätte, mit solcher entehrenden Erbschaft die Nachfolge Szlavy's anzutreten. Da aber hierzu sich von keiner Seite Muth noch Lust verspüren ließ, so war das Abge ordnetenhaus schließlich doch so ehrlich, die Ostbahn- Vorlage anzunehmcn, jeeoch nur mit der schwachen Majorität von dreizehn Stimmen, welche deutlich genug zeigt, auf wie schwachen Füßen das gegen wärtige Cabinet steht. Allein man hatte ja das Ministerium schon chei seinem Amtsantritt nur für provisorisch betrachtet, da der Zerfall der dasselbe stützenden Deakpartei schon damals ein offene» Geheimniß war, ihm also die compacte parlamentarische Majorität fehlte. Die» kam bei mehreren Gelegenheiten zum Vorschein und her oben erwähnte Fall mit der ungarischen Ostbahn « , sist nicht» weiter, als da« jüngste der äußeren Symp- erlebte am 18. d. M. einen ehrenvollen Tag . Der« tome einer innerlich unhaltbaren Lage. Wenn selbe har 35 Jahre ineia und demselben Arbeit»« ilrichwühl da» Cabinet Szlavy bisher eben so wenig Verhältnisse geständen und befindet fich seit S Zahm», Neummdzwaiijigster Jahrgang. sterben als leben konnte, so liegt die Ursache dieser Erscheinung eben darin, daß es unter allen ungari schen Parteiführern nicht einen einzigen Mann giebt, der im Stande wäre, ein Cabinet zu bilden, welche» sich einer größeren and verläßlicheren Majorität zu erfreuen hätte. Koloman Tisza und Ghyczy find in dieser Beziehung genau in der gleichen Lage wie Sennyey, Lonyay und Szlavy selber. Unter solchen Umständen bleibt die Cnsi«, ob Szlavy abtritl oder nicht, im Permanenz, wenn nicht vielleicht eine ReichstagSauflösuag neue parla mentarische Parteigebilde herbciführt. Da die jetzigen Manvaksinhaber aber mit zärtlicher Rührung an ihren Parlamentssitzen, die Minister mit eben solcher Rührung an ihren Portefeuilles hängen, so ist die Maßregel der Auflösung unwahrscheinlich und dieser Umstand könnte vielleicht zu einem CoalikionS- ministcrium führen, kn dem Ghyczy und Koloman Tisza Platz finden. Einstweilen verlegt man sich auf'« Warten, bis der Kaiser Franz Joseph von Petersburg zurückkehrt, was Ende dieser Woche ge schieht. Bis dahin find daher auch alle Combina tionen müssig. Freilich kann auch der Ka ser die Sachlage nicht ändcrn und deshalb wäre e» gab nicht unmöglich, daß dann die Fortdauer des Provi sorium« unter der jetzigen Firma Szlavy dennoch beschlossen würde. Um aber- von den inneren Gebrechen Ungarns nur eins zu berühren, erinnern wir an eine der jüngsten Reden Szlavy's im Abgeorvnetelkhause, worin er als Finanzminister bitter« Klagen über Steuerrückstände gerade in denjenigen Kreisen dep bürgerlichen Gesellschaft führte, in welchen dem Luxus uns der Verschwendung nach allen Richtungen hin gehuldigt wird. Und was geschah acht Tage später? Herr Szlavy selbst erhielt Exemtion wegen Steuet- rückständen. Derartige Verhältnisse sind doch geradezu trazi-komisch. Der Herr Minister wirft Mit Steinen um sich, und bedenkt nicht, daß er im Glashause sitzt, bis die Scherben auf sein eigene» Haupt nieder fallen. H ' Deutsches Reiche tz N eukirch. Der hiesige Töpfergeselle Barthel Bischofswerda, Stolpen und Umgegend» "" "AmMMer-N -eoKönlgllchen Verichtaamle» und -e» Stadtrathe» zu Ktschoketmeeda. Oi-lk Zeitschrift erscheint wSchentlich zwei Mat, Mittwoch»« und Sonnabend«, und kaüet einschließlich »er S»na- abend« «scheinenden „belletristischen Schlage" vierteljübrlich iS Nge. Inserat« werben bi« Dienstag« und Freitag« früh 0 Uhr angenommen und kostet die gespaltene Lcrpuszeile oder deren Raum 1 Ngr. . ' -