Volltext Seite (XML)
13Ü erbittern und den Sandmann in'S Lager der äußersten Gegner solcher Wirthschaft führen. Wenn die An hänger Ehambord'S wirklich den Ptan verfolgen, Alles zu ihun, was das Septemium nicht zu Kräften kommen läßt, so befinden sie sich auf dem besten Wege dazu. Aber darin dürften sie sich doch verrechnen, daß Mac Mahon leichten Kaufes dem Bourbonen vor dem Verfalltermine 1880 Platz machen werde. Er lavirt, faßt sich in Geduld und hat es bereits so weit gebracht, daß er den An hängern wie den Gegnern des SeplemiumS ein Räthsel ist. Wenn es aber eines schönen Morgen« gelten sollte, sich seiner Haut zu wehren, dann dürfte ihm doch die Geduld reißen und der Trieb der Selbsterhaltung ihn auf die Bajonette verweisen. Die Nationalversammlung beschäftigt sich unter dieser schwülen Atmosphäre eifrig mit Berakhung neuer Steuern. Finanzminister Magne tröstet damit, daß Industrie und Handel Frankreichs seit Jahren trotz ver Steuerlasten immer noch gewachsen sind. In England ist natürlich das Wahlresultat und der Sieg der conservativen Partei ausschließ liches Tagesgespräch. Gladstone's Rücktritt ist zwar noch nicht erfolgt, aber nichts desto weniger steht derselbe fest; möglich, daß Glatstone noch bis zum Zusammentritt des Parlaments die Zügel der Re gierung in den Händen behält. Disraeli rüstet sich bereits, die Erbschaft des gestürzten Premiers anzu treten. In Spanien haben wieder mehrfache Zu sammenstöße zwischen Regierungstruppen und Kar- listen stattgefunden. Beide Thcile schreiben sich dem Sieg zu, doch scheinen die Karlisten inehr im Vor- theil zu sein, als die Truppen der Regierung. Das Land wartet noch vergebens auf die von Serrano verheißenen Großlhaten gegen diese Rebellen. Die ganze Umgegend von Gerona ist noch in deren Händen, die Stadt Fizueras von ihnen eingeschossen und Bilbao nach wie vor belagert. seine Befriedigung über die bisherigen Maßnahmen gegen Rothstand und HanvelSpockung au« und forderte da« Ministerium auf, die öffentlichen Bauten zur Beschäftigung der Arbeiter unter Mit wirkung der Gemeinden zu fördern. Die Regierung legte hierauf rem Reicksrathe Gesetzentwürfe über Ausbau und Entwickelung des böhmischen Eisenbahn netzes und zur Concessionirung von fünf neuen Linien in anderen Kronländern unter Staarsgarantie vor, sowie einen Einwurf über die Herabietzung der Gebühren im Falle der Fnsiouirung (Vereinigung) der Ballgesellschaften. Die Schweiz hat den Landesvcrrathsproceß fallen lassen, welcher gegen das ultramontane JnterventionSgesuch an die Unterzeichner des Wiener Frieden« eingeleitet werden sollte. Es bekannte sich nämlich ein französischer Pfarrer al« Verfasser desselben. Infolge dessen begnügte man sich, Herrn Vollet, den Verbreiter deö Gesuchs, in die Verbann ung zu senden. In der italienischen Deputirtenkammer hat jüngst Lamarmora eine arge Schlappe erlitten. Nicotera inlerpellirte nämlich die Regierung wegen ihres Verhältnisses zu der bekannten Lamarmora'schen Brocküre. Der Minister des Auswärtigen lehnte jede Verantwortung der Regierung an der bezüglichen Veröffentlichung ab, bezeichnete die darin gegen die Bismark'sche Politik erhobenen Anklagen sür völlig grundlos und versicherte, daß dem guten Einver nehmen zwischen Deutschland und Italien durch die Manipulation Lamarmora'S nicht der mindeste Ein trag geschehen sei. Der General bat infolge dessen um seine Entlassung aus der Kammer und erhielt einen zweimonatlichen Urlaub, den er nach diesem Fiasko jedenfalls nicht zu weiteren Sthlübungen be nutzen wird. — Daß das Schulgesetz und mit ihm sein Urheber, CultuSminister Scialoja, gefallen ist, erwähnten wir bereits. Wie thöricht die Volksver tretung hierbei gehandelt, wird da« Land sehr bald zum eigenen Schaden erfahren. Kein Staat hat den obligatorischen Schulunterricht so nothwendig, wie gerade Italien, von dessen Bevölkerung volle 17 Procent aller und jeder Schulbildung ermangeln Da« Schlimmste bei der Sache ist, daß wahrschein lich auf lauge Jahre hinaus jede gesetzliche Regelung des Schulwesens liegen bleibt und die Kirche diese Pause zu ihren Zwecken ausbeulen wird. Ihre Mittel erlauben ihr, den schon vorhandenen weltlichen Schulen erfolgreiche Concurrcnz zu machen. Der Staat wird schließlich doch, nur vielleicht bei noch ungünstigerer Finanzlage, mit seinen Mitteln für das Schulwesen eintreten müssen. In Frankreich dauert der Kampf um die moralische Ordnung ungeschwächt fort. Der Mi nister Broglie opfert diesem Moloch täglich Heka tomben von republikanischen und frettenkenden Bürgermeistern, während die Wähler, fo oft ihnen Gelegenheit geboten wird, gegen das herrschende System und für die Republik sich erklären. Die liberale Presse verfolgen , die Bürgermeister zu Hunderten absctzm, das allgemeine Stimmrecht be drohen, über da« Srprinm (Mac Mahon'S sieben jährige Regierung) Zweifel lassen — da« muß da« Vertrauen der Fabrikanten lähmen, die Arbeiter Der deutsche Kaiser hat das Präsidium de« Reichstags empfangen und sich befriedigt über seine Gesundheit ausgesprochen; der Tafel aber, zu welcher das Präsidium geladen war, wohnte er nicht bei, vielmehr empfing die Kaiserin die Gäste. In dem neuen Reichsmilitärgesetz ist die Normal stärke des deutschen Heeres für den FriedenSstand auf 401.659 Mann feftgestellt, und die dreijährige Verpflichtung zur Fahne festgehalicn. Das Gesetz über die Gewährung von nach träglichen Vergütungen für Kriegsicistungen der Gemeinden, ferner der Auslieferungsvertrag mit der Schweiz und der NachiragSetat sür 1874, betreffend die Bewilligung von 14,000 Thlr. für Freifahrt^ karten der Abgeordneten, wurden in dritter Lesung ohne Debatte angenommen. Hierauf erfolgte die erste Lesung des ReichSmilitärgesetzes. Mit einiger Ueberraschung hört man von einer tief empfundenen Lücke, welche der bekannte ultra montane Herr v. Mallinckrodt in seinem Herzen entdeckt hat und die weder Papst noch Clerisei ganz auszusülken vermochten. Herr v. Mallinckrodt ist ein 53jähriger Wittwer und hat sich dieser Tage in. München mit seiner Schwägerin Thekla v, Bernardi