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für Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend. Amtsblatt de» Königlichen Verichtsamteo «nd des Sfta-trathe» zu Kischofswerda. Dies- -eitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« »nd Sonnabend«, und tostet einschließlich der Sonn» adend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich IS Ngr. Inserate werden bi« Dienstag« und Freitag« früh » Uhr angenommen und kostet die gepalten» Lo^urzeile »der deren Raum 1 Rgr. 14.^ Mittwoch, den 18. Februar, I I 874. Politische Weltschau Der deutsche Reichstag trat mit Beginn dieser Woche an seine ernsteste Aufgabe: das Reichs militärgesetz Viele fürchten, es werde an der Klippe dieses Gesetzes die Eintracht der national gesinnten Parteien scheitern und infolge dessen die Unmöglichkeit einer Einigung des Reichstages mit der ReichSrrgierung sich Herausstellen. Es wäre leichtsinnig, diese Frage ohne Weiteres verneinen zu Wollen. Wohl läßt sich annehmen, daß in der That die Ansichten hier recht erheblich difseriren werden, selbst innerhalb der reich-freundlichen Parteien. Hoffen wir jedoch das Beste, damit nicht das Sehnen der Ultramontaven sich erfülle, zwischen Reichsregierung und Reichstag einen Conflict herbei zuführen, der den Reichskanzler zum Falle bringe. Dieser Plan kann nur gelingen, wenn ein erheblicher Theil der Liberalen thöricht genug ist, den Ultra montanen Handlangerdienste zu thun. Das möge jeder liberale Abgeordnete vor seinem Votum be herzigen. Inzwischen ist nun auch dem Reichstage der Entwurf wegen Abänderung einiger Bestimmungen de» ReichSgewrrbegesetzeS zugegangcn. ES handelt sich hierbei hauptsächlich um gesetz liche Regulirung der Verhältnisse zwischen Arbeit gebern und Arbeitnehmern und um thunliche Besei tigung sehr bedenklicher Zustände, wie sie im Laufe der jüngsten Zeit hervorgetrcten sind. Der tz 108 der bisherigen Gewerbeordnung wird aufgehoben und durch eine Reihe anderer Bestimmungen ersetzt. Zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Ar beitern und Fabrikanten sollen bei den geringfügigsten Dingen die Gewerbegerichte mit den ordentlichen Gerichten erster Instanz verbunden werden und aus einem Richter und zwei Beisitzern bestehen. Für gewisse Streitigkeiten sind Beisitzer in größerer Zahl zuzuziehen und zwar sollen dieselben zu gleichen Theilen au» den beide« streitenden Parteien genom men werden. Für jeden Bezirk eines Gewerbe gericht» sind jährlich die al» Beisitzer zuzuziebenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Gemeinde vertretung zu wählen und io je eine Liste zusammen zu stellen. Klagen sind schriftlich oder mündlich zu Protokoll zu bringen. Da» Gewerbegericht beschließt «ach Stimmenmehrheit. Da» Urtheil wird in eia Namundzwaazigster Jahrgang. UrtheilSbuch eingetragen und unmittelbar nach Schluß derBerhandlung verkündet. Sind Entschädigungen bei» zutreiben, welche wegen widerrechtlichen Verlassen oder Verweigerns der Arbeit zuerkannl sind, so ist die Beschlagnahme des ArbeitS- oder Dienstlohne» den im bisherigen Gesetze ausgesprochenen Beschrän kungen nicht mehr unterworfen. Gegen die auf Vollstreckung bezüglichen Verfügungen ist die Ent scheidung ohne aufschiebende Wirkung zulässig. Die Entscheidungen der Gewerbegerichte sind envgiltig. Außerdem enthält der Gesetz entwurf noch Bestimmungen, wonach man durch Anwendung körperlichen Zwange», durch Drohung, Ehrverletzung und dergl., wie ferner durch andere Mittel, welche einen WillenSzwang auszuüben ge eignet sind, z. B. Verabredungen wegen Einstellung der Arbeit rc. bis zu sechs Monaten Gefängniß bestraft werden kann, wenn nicht da- Strafgesetz eine härtere Strafe feststellt. Arbeitgeber, welche ihre Arbeiter widerrechtlich entlasten und Arbeiter, welche widerrechtlich ihre Arbeit verkästen oder ver weigern, werden mit Geldstrafen bis 150 Mark oder entsprechender Haft belegt. Der alljährlich wiererkehrend« Antrag der Fort schrittspartei auf Bewilligung von Diäten für die ReichStagSabgeordneken wurde in der Freitagssitzung mit noch größerer Majorität angenommen, al- früher. Endlich wird der BundeSrath doch einmal nachgeben müssen, und er kann es auch. Die Diäten sind kein Correctiv für da» allgemeine Wahlrecht; ihretwegen wird auch nicht ein Social demokrat mehr oder weniger gewählt. Bei den letzten Wahlen fragte die Socialdemokratie nicht nach Diäten ; sie setzte unbekümmert um dieselben so viel Abgeordnete durch, al« sie konnte; wären noch mehr gewählt worden, so würde auch da» Geld für den Unterhalt in Berlin geschafft werden^ Der Kaiser von Oesterreich trat am 11. Febr. seine Reise nach St. Petersburg an, mit welcher gewissermaßen die Fürstenzusammenkünfte verletzten Jahr« ihren Abschluß erreicht haben. Die wunder baren Eombinatiouen gewisser Blätter, al» handle e» sich bei diesem Besuche um eine Allianz gegen Deutschland, sind un», aufrichtig gestanden, gar zu einfältig, um n«^ ein Wort darüber zu verlieren. Bor seiner Adreiser sprach Franz Joseph in eine« kaiserlichen Handschreiben an de» Ministerpräsidenten