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Wo ch e n b ' für Bifehofswer-a, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -»Königllchen GeriKtoamteo au- -es Sta-trathes zu DilciU'fswerbü 1,872. Mittwoch den 13. November EWU »7 Z R Ä- merkt das Publikum passirte. Drei Garde-Reiter sprengten nämlich dem „großen Dienst" voran und dies ließ die Menge glauben, unter den reich deco-- rirten Generals-Uniformen befinde sich Kaiser Wilhelm. Man empfing daher, statt des Kaiser- die kaiserliche Ehrenwache mit donnerndem Jubelruf, welcher sich lawinenartig, vom Bahnhofe bis zum Residenzschloß in der Menge fortpflanzte. Allein wo der Migen vorüberrollte, merkte man die Täuschung, und unter allgemeinster Heiterkeit fuhren die schwenkenden Hüte auf die Köpfe, die wehenden Tücher in die Taschen zurück. Gerade diesen Mo ment traf überall im Zuge der zweispännig verdeckte Hofwagen, in welchem die deutsche Kaiserin mit der Königin Wittwe Platz genommen. Aber als dann im offenen dritten Wagen Kaiser Wilhelm mit König Johann zur Seite nun wirklich erschien, da schäumte der Jubel von Neuem auf und begleitete auch die noch felgenden Wagen bis zum Residenzschloß. Der Kaiser sah sehr heiter und Wohl aus, während König Johann offenbar etwas angegriffen erschien, was wohl seine Erklärung in den vielen Empfangs feierlichkeiten der beiden vorangegangcneu Tage haben dürfte. Gegen 3H Uhr hatten die hohen Herrschaften das Schloß erreicht und eine Stunde später stattete der Kaiser bereits einige Besuche (Königin-Wittwe re.) ab. Um 5 Uhr war Familientafel, während welcher die Residenz in der unmittelbaren Umgebung sich in ein r'ichlnicer verwandelte. Die großartigen Gas vorrichtungen in der Schloßstraße, auf dem Schloß- Platz, dem Altmarkt rc. zauberten das abendliche Dunkel in Tagcshclle uin und unübersehbare Menschen wogen ergossen sich über die festlich erleuchteten Plätze und L-traßen. Am Sonntag Vormittag 10 Uhr fand die Ein segnung res hohen königlichen Jubelpaares in den eigens dazu hcrgcrichteten Räumen des Residenz schlosses statt. Nach der Ceremonie begab sich der Zug in die katholische Hoflirche. Hier ertönte zu nächst der Ambrosianische r'obgesang, dann das Te- deuin, welches von Kanonen- und Gewehrsalven der außerhalb vor Kirche aufgestellte» Compagnien, sowie das Geläute sämmtlichcr Glocken begleitete Deik Schluß der kirchlichen Feier bildete die kleine Messe, , woraus sich der Festzug durch den verdeckten Gang nach dem Schloß in die Gemächer der drutschm Politische Umschau. Der Festesjubel in der Residenz ist noch nicht verklungen; er findet erst am Dienstag Abend durch einen imposanten Festzug seinen Abschluß. Recht herzlich war der Empfang, den am Sonnabend Nachmittag die kaiserlichen Gäste seitens des königlichen Hofes wie der Bevölkerung fanden. Boni Leipzig-Dresdner Bahnhofe in Dresden bis zum königlichen Residenz schloß stand Kopf an Kopf eine unzählbare Menschen menge, das Spalier bildend, durch welches die hohen Herrschaften sich zu bewegen hatten. Punkt 3 Uhr verkündete der freudig harrenden Menge Glocken geläute die Ankunft des kaiserlichen Extrazuges. Wer, Wie wir, Augenzeuge sein konnte von der ungezwungenen Herzlichkeit des Empfanges, dem mußte sich die Ueberzeugung aufdrängcn, daß nicht blos Staatsver träge, sondern aufrichtige Freundschaft die greisen .Monarchen Preußens und Sachsens verbinde. Unter den Klängen des „den König segne Golt" eilte bei seiner Ankunft Kaiser Wilhelm auf dem Perron dem Jnbelkönig Johann entgegen, umarmte und küßte ihn wiederholt auf'» Herzlichste und Innigste. Mit gleicher r Warme geschah die Begrüßung der übrigen fürst lichen Personen untereinander: der deutschen Kaiserin, dis deutschen Kronprinzen, der Königin-Wittwe, des Kronprinz Albert und Gemahlin, des Prinzen Georg »nd Gemahlin rc. rc. Besondere Freundlichkeit bewies Kaiser Wilhelm auch dem Herrn Finanzminister von Friesen, dem er wiederholt die Hand schüttelte. Vom Perron bewegten sich die hohen Herrschaften durch den Königssalon nach dem Bahnhofe, wo Kaiser Wilhelm und König Johann, empfangen von einem vieltausend- Kimmigen Jubelruf der harrenden Menschenmenge, iüe Front der ausgestellten Ehrencompagnie abschritten und dann die Equipagen bestiegen. Der Zug be wegte sich in folgender Ordnung. Unter Vorantritt des sogenannten „großen Dienstes" d. h. der zur kaiserlichen Ehrenwache befohlenen Generäle, folgte die deutsche Kaiserin mit der Königin-Wittwe, dann .der deutsche Kaiser mit König Johann, der deutsche Kronprinz mit Kronprinz Albert, Kronprinzessin Ca rola, Prinzessin Georg und eine reiche Suite anderer zum Besuche weilender fürstlichen Personen. Den Schluß machte der Hofstaat. Ein eigenthümlicher Zufall fügte es, daß die deutsche Kaiserin fast unb«- Siebenundzwanzkgster Jahrgang. pttte Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoech» und Sonnabend», und kostet einschließlich der Boy» abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 12'f, Rgr. Inserate werden bi« Dienstag« und Freitag« , früh 8 Uhr angenommen. . - ^Lso.1 'M M