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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt des Königlichen Gerichtoamtco und des Stadtrnthes zn Pischofowerda Mittwoch, den «. November einen Reaktion, welche sich Allem, was Fortschritt heißt, feindlich entgegenstellt. So lange das Herrenhaus seine staatsrechtliche Stellung behält, so lange wird die preußische Regierung vergeblich das Vertrauen suchen, dessen sie zur Erfüllung ihrer nationalen Aufgabe so dringend bedarf.Der PairSschnbwird hoffent lich die Situation umgcstalten. Freilich muß man sich dabei der Worte erinnern, daß man keinenjungen Wein in alte Schläuche füllen, keinen neuen Wappen auf ein altes Kleid setzen soll; denn der Riß wird ärger. Um des Staats wohls willen muß man daher überlegen, wie diemißrathne ersteKammer am besten zu beseitigen ist. -Der König hat das Recht, neue Mitglieder zu ernennen; diesen darf aber nicht blos die Aufgabe gestellt werden, die neue Kreis ordnung durchzubringen, sondern sie müssen vor Allein dazu berufen sein, auf verfassungsmäßigem Wege an der.Abschaffung oder gänzlichen Neugestal tung des Herrenhauses mitzuwirken. Die Session'der österreichischen Landtage wird noch in dieser Woche beginnen. Wenn sich dieselben auch vorwiegend mit inneren Landesange- legenhciten beschäftigen werden, so dürfte es doch, namentlich in den oppositionellen Landtagen, nicht an heftigen staatsrechtlichen Debatten fehlen. In den Landtagen von Krain und insbesondere von Tirol wird, wie österreichische Blätter versichern, die Frage der Reichsrathsbeschickung Anlaß zu leb haften Erörterungen geben. Die Haltung der Re gierung für den Fall, daß die Beschickung des RcichsrathS verweigert werden sollte, ist gegeben: Anwendung des Noth Wahlgesetzes heißt das Mittel, uni die durch Arbeitseinstellung entstehenden Lücken im Abgeordnetenhause rasch und auf vol- kcmmen legale Weise auszufüllen. Im galizischen Landtage dürfte weder die Resolution noch das (Aa- borat des Verfassungsausschusses Anlaß zu größeren Debatten geben. Die Landtage von Triest und Kärnten werden eine wichtige volkswirthschaftliche Frage, jene rer Predilbahn, in den Kreis ihrer Be- rathungen ziehen. Was die Herren Bocchesen, depen Vertreter in den Delegationen eifrige Con- ferenzen mit der kroatischen Regnicolar-Deputation hielten, zu thun gedenken, ist noch unbekannt. Aus Italien kommen traurige Berichte. Die Ueberschwcmmungen in den Provinzen Ferrara und Mantua haben entsetzlich viel Schaden ange- Stekr Sektl-trifl erscheint wöchentlich zwei Mal, MittwscbS »nd SounabrudS, und kostet einschließlich der Lonn- ,»end« erscheinenden „belletristischen Beilage" viertcliährlich t2'I, Ra>. Inserate werden dis Dienstag« und Freitag« -früh 8 Ubr «ngensmmen. , , ' Der Verlauf der Dinge in Preußen ist etwas anders gekommen, als man erwarten konnte. Der Schluß des Landtags bat den unersprießlichen und unerquicklichen Verhandlungen des Herrenhauses über die neue Kreisorduung ein schnelles Ende gemacht. Dieser Schluß war in Rücksicht auf das Zustande kommen der Kreisordnunz eine Nothwendigkeit, weil die Verfassung vorschreibt, daß eine abgelehnte Vor lage in derselben Session nicht wieder cingebracht werden kann, die Wiedervorlegung der Kreisordnung mithin verfassungsmäßig erst in der nächstfolgenden Session zulässig ist. In dieser neuen, am 12. Nov. zu eröffnenden Session nehmen die Maßregeln großes Interesse in Anspruch, welche die Regierung ergreifen wird, um den Trotz des Herrenhauses zu brechen. Wird die Regierung durch einen Pairsschub die jetzige Minorität znr Majorität umgestaltcn, oder wird sie weitergehende Reformen in Bezug aus die Zusammensetzung des Herrenhauses vornehmen? Auch der letztere Fall ist ohne Pairsschub nicht möglich. Denn die Zusammensetzung des Herrenhauses beruht auf königlichen Verordnungen, welchen die StaatS- rcgierung — freilich im Widerspruch mit der libera len Partei — Gesetzeskraft beilegt und die sie des halb nicht wohl anders als durch legislatorische Maß nahmen beseitigen kann. Zu diesen gehört aber die Zustimmung des Herrenhauses, welche dasselbe nimmer mehr ertheilen würde, wenn nicht zahlreiche neue Elemente ihm zugeführt werden, und zwar neue von der Nothwendigkeit durchdrungene Elemente, daß das Herrenhaus ein zu beseitigender Hemmschuh sür die ganze innere Entwickelung Preußens ist. Die natio nale Aufgabe dieses Staates fordert es gebieterisch, mit dem bisherigen Herrcnhause gründlich aufzu- r-aumen. Denn woher kommt wohl die große Ab neigung, welche bis in die neueste Zeit hinein gerade in dem übrigen Deutschland gegen den Staat em pfunden wurde, der seiner Zeit die riesigsten Opfer brachte, Europa von der Herrschaft Napoleon's I. zu befreien? Lediglich daher, weil in Preußen noch immer Institutionen conservirt wurden, welche der Regierung eine Reactionspolitik gestatteten, die alle , Welt mit Schrecken erfüllte. Mit Recht vergleicht man das Herrenhaus mit der Partei der rochen Siebenundjwanzigster Jahrgang.