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für .! Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt Les Königlichen Gerichtsamtes unL Les Sta-trathea Pischofswerva. Diese Jeitschrist erscheint wöchentlich zwei Mal, MittwocdS und Sonnabends, und tostet einschließlich der Sonn» «dendt erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich l2'j, Rg«. Inserate werden bi» Dienstag« und Freitag früh 8 Uhr angenommen. Politische Umschau. Man wird sich jedenfalls noch erinnern, daß zur Zeit, als Bismark die Forderung von 5 Milliarden zur Kriegsentschädigung für Deutschland an Frank reich stellte, vielfach die Meinung ausgesprochen wurde: diese Entschädigung sei zu hoch gegriffen und schließe eine außerordentliche Härte gegenüber dem überwundenen Feinde in sich. Ja es gab ge wiegte Finanzmänncr, die da behaupteten: es werde gar nicht möglich sein, binnen der im Friedens vertrage sestgestelltcn Frist eine solche Summe an den siegreichen Gegner zu entrichten. Das vor liegende Ergebniß der stattgchabten Subscription auf die neue französische Anleihe straft alle diese Be hauptungen Lügen, denn in den zwei Subscriptions- tagen wurden in Frankreich und in den übrigen europäischen Ländern 43 Milliarden gezeichnet und als erste Einzahlung in Baarem oder Papier 7 Milliarden erlegt, also das Doppelte des Be trages, zu dessen Aufbringung die Subscription überhaupt vorgenommen wurde. Äst dieses Ergebniß schon an und für sich äußerst merkwürdig, da es ohne die geringste Störung der europäischen Geldbewegung erzielt ward, so hat es andererseits eine politische Bedeutung, welche zunächst für Frankreich Jedem in die Augen springt. Gewiß ist es noch im Gedächtniß unserer Leser, daß das System der National-Subscription zuerst von der Napoleonischen Regierung in der soeben erlebten Weise eingeführt ward. Unter dem Kaiserreiche, das sich als den ausschließlichen Hort nicht nur der Ordnung in Frankreich, sondern in der ganzen übrigen Welt zu gebehrden liebte, ward jedesmal, wenn eine Milliarde oder ein paar Hundert Millionen zur Subscription aufgelegt und zwei- bis dreimal überzeichnet wurden, ein" derartiges Resultat als nirgends wie in Frankreich möglich gepriesen und als ein ganz besonderer Beweis für die Solidität der kaiserlichen Dynastie und der Stabilität der Zustände im Lande gefeiert. Was sind aber die Napoleonischen Anleihen im Vergleiche mit dem Er gebnisse der jüngsten Subscription? Welche Rück schlüffe auf die gegenwärtige Ordnung und deren Festigkeit würde es gestatten, wenn man die Napoleonische Logik, wie sie bei früheren ähnlichen Fällen sich breit machte, auf den vorliegenden Fall anwenden wollte! Wir möchten in einen solchen Fehler nicht verfallen, allein immerhin wird Niemand die Bedeutung der Thatsache in Abrede stellen, daß die gegenwärtige Republik in dieser Beziehung einen hundertfach größeren Triumph gefeiert hat, als es der früheren Monarchie vergönnt war. Unleugbar ist die neueste Subscription, abgesehen von ihrer spekulativen Seite, ein Beweis des Vertrauens in die Zahlungsfähigkeit und Productionskraft Frank reichs. Bei der dem Gelde eigenthümlichen Gesinnungs losigkeit ist es allerdings übertrieben, wenn französische Blätter in dem Anleihe-Resultate eine der Republik Frankreich dargebrachte Ovation erblicken; aber nichts desto weniger hat es seine Berechtigung, zu sagen, daß unter Umständen ein dynastieloser Staat eben so viel Credit in der Welt haben kann, als ein streng monarchischer. Gerade in diesem Gesichts punkte liegt die politische Bedeutung des Resultats der jüngsten Subscription. Es bekundet einen Um schwung in der Anschauung der besitzenden Claffen Europas, den man kaum erwartet hätte. Bedenkt man, wie vor 22 Jahren die französische Republik so bald zur Beute eines Abenteuerers werden konnte, so muß man über den stattgehabten Fortschritt der öffentlichen Meinung wohl staunen. Der Anleihe-Triumph—sagt sehr richtig die „N. fr. Pr."— löscht die Geschichte der letzten Jahre nicht aus und wäscht Frankreich nicht rein von der Schande seiner Niederlagen; was es verlor — es bleibt verloren und nichts, wenn nicht ein neuer, erfolgreicher Krieg, kann ihm die abgetretenen Provinzen wiedergeben. Aber es liegt eine große Genugthuung darin, daß Deutschland und die übrigen europäischen Staaten Frankreich bei Erfüllung seiner Verpflichtungen zu Hilfe kamen. Falsch wäre cs jedoch, wenn der französische Patriotismus in dieser Erscheinung eine Aufmunte rung für eine Revanche-Politik erblicken wollte. Das europäische Capital ist der Meinung, daß die Befreiung Frankreichs von der deutschen Occupatio« binnen möglichst kurzer Zeit dieses sich selber zurück-- giebt, um ehe definitive Ordnung zu etabliren. Es glaubte daher der Ordung zu dienen, indem eS . Frankreich seinen Creditsegen entgegenbrachte. Niemand von den auswärtigen Zeichnern dachte daran, einer Sirbenundzwanzigster Jahrgang.