Volltext Seite (XML)
^58.! 1872 Mittwoch, den 24. Juli für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt der» königlichen Verichtsamtes und des Sladtrnthes zü Dischokswerda. vi«s' Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und-Lonnadenvs, und kostet einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich >2'1, Rge. Inserate werden bis Dienstaq« und Freitag« früh 8 Uhr engenomnicn und kostet dir gespaltene EorpuSzeile oder deren Raum 8 Pfennige. Politische Umschau. Die von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des großen GeneralstabcS bearbeitete Feldzugs geschichte 1870,71, von der nunmehr der Anfang vorliegt, verspricht für das Studium des letzten Krieges in jeder Beziehung die Hauptquelle zu bilden und kann die gewissenhafte und sorgsame Verarbeitung des massenhaft vorliegenden Materials zu einer über aus klar gehaltenen Darstellung nicht rühmend genug anerkannt werden. In der Einleitung zu dem Werke wird ein Ueberblick der politischen Verhältnisse Deutschlands seit dem Befreiungskriege von 1815 ge liefert und dann in einem besonderen Abschnitte der mangelhafte, ganz planlose Aufmarsch der franzö sischen Arince beleuchtet. Der darauf folgende Ab schnitt über Operationsplan und Aufmarsch der deutschen Armee hebt hervor, daß deutscherseits jede partielle Maßnahme in Bezug auf einen Krieg vor der in der Nacht zum 16- Juli erfolgten Mobilmachungsordre unterblieben war. Man wollte entweder gar nicht, oder vollständig rüsten und hatte das Vertrauen, bei der Ordnung, welche in allen militärischen Zweigen herrscht, damit nicht zu spät zu kommen. Die Combattantcnstärke der deutschen Armee bei Beginn des Krieges betrug für die Feldarmeen 462,300 Mann Infanterie, 56,800 Mann Ca- vallerie und 1584 Geschütze; für die Besä Hsing S-- und Ersatztruppen 297,500 Mann Infanterie, 25,890 Mann Cavallerie, 40,500 Mann Festungs- artillerieund462 bespannte Geschütze. Die Verpflegungs stärke belief sich im August 1870, incl. der Nicht- combattanten, auf 1,183,389 Mann mit 250,373 Pferden. Von besonders hohem krieg-geschichtlichen Werthe ist der hier zum ersten Male veröffentlichte deutsche OperationSplan, wie derselbe nach einem von Grafen Moltke schon im Winter I868s69 abgefaßten Me- moire zur Geltung kam. Die darin enthaltenen Voraussetzungen, Berechnungen und positiven Vor schläge haben sich bei der Eröffnung des Krieges so glänzend bewährt, daß der klare Blick des alten Moltke in alle diese Verhältnisse wahrhaft zu be wundern ist. AH geeignetster DersammlungSpunkt aller verfügbaren deutschen Streitkräfte wurde die Slebenundzwanjigster Jahrgang. bairische Pfalz bezeichnet, da hierdurch sowohl der untere, wie der obere Rhein geschützt und eine Offen sive in Feindesland gestattet war, welche, rechtzeitig ergriffen, jedem Betreten deutschen Bodens durch die Franzosen zuvorkommen mußte. Bedeutsam ist ferner das in dem Werke mitge- theilte Factum, wonach schön früher in Betreff einer französischen Expedition nach Süddeutschland Besprech ungen in Berlin mit den Vertretern der süddeutschen Contingente erfolgt waren, und man sich überzeugt hatte, daß bei directcr Vertheidigung des oberen Rheins und des Schwarzwaldes Norddeutschland eine wirksame unmittelbare Hilfe schon der Entfernung - wegen nicht zu leisten in der Lage sei, daß vielmehr eine weit größere Sicherung des deutschen Südens aus der Bereinigung aller Streitkräfte am mittleren Rhein erwachse, welche von dort aus, sei es auf dem rechten oder linken Ufer, offensiv in die Flanke der feindlichen Invasion vergehen konnten und diese dadurch sehr bald zum Stehen oder zur Umkehr nöthigen mußten. Es verdient ausdrücklich hervor gehoben zu werden, daß die süddeutschen Fürsten, diesen Ansichten beipflichtend, in Hingebung an.,die gemeinsame Sache und im Vertrauen auf die öbere Heeresleitung nicht zögerten, das eigene Landesgebiet von ihrer ackiven Militärmacht zu entblößen, um sie dem norddeutschen Heere unmittelbar anzureihen. Wie wir dem Werke weiter entnehmen, hatte man im preußischen Generalstabe die in Frankreich stattfinden den Formationen mit solcher Sorgfalt und Aufmerksam keit verfolgt, daß schon am 24. Juli eine von dem Major Krause zusammengestellte Oräre äs bstsiilv der französischen Armee zur Kenntniß der deutschen Truppen gebracht werden konnte. Esenso theilte man den Commando's mit, daß die französischen Infanterie- Bataillone durchschnittlich mit höchstens 500 Mann ausgerückt wären und voraussichtlich erst vom 29. Juli an — nach dem Eintreffen der Reserven — auf die Stärke von 700 Mann gelangen würden. Die Cavallerie-Regimenter wurden zu MO Säbel berechnet und hinzugefügt, daß die 19 Divisionen der Corps 1—5 und der Garde somit für den Augenblick nur 123,500 Mann, demnächst 162,500 Mann an Infanterie repräsentirten. , Als besonders werthvoll ist in dem Werke de» Generalstabs auch der den Ereignissen zur See ge-