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Wochenblatt für ' Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Gerichtsamtes vnd -es Sta-trathes zu Kifchofsmer-a. Vies« Arktschrift «»scheint wöchentlich zwei Mal, MittwockS und Sonnabends, und koket einschließlich der «onm »bendt erscheinmden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 12/>, Nqr. Inserate werden bis Dienstag- und Freitag früh 8 Uhr angenommen und kostet die gespaltene. SorpuSzeile oder deren Raum 8 Pfennige. , ^32.1 Sonnabend, den 20. April. >1872. Aus -en neuen Ueichslarr-en. Unter den Vorlagen an den Reichstag befindet sich auch eine Uebersicht über die Gesetzgebung, sowie die Einrichtung und den Gang der Ver waltung in Elsaß-Lothringen für 1871 bis 1872. Es ist ein Aktenstück von 1j Bogen groß Quart. Gleich im Eingänge stoßen wir auf eine Darlegung, die recht schlagenv den Unterschied der französischen von der deutschen Verwaltung und die Vorzüge der letzter» kennzeichnet. Nach französischem Brauche waren zu den sogenannten lresarenes (Lassen des Staates) eine Menge von Fonds eingezogen, welche den Departements, Communen, Sparkassen und anderen öffentlichen Anstalten gehörten, desgleichen Depositengelder, Cautionen von Beamten rc. Diese Forderungen, die natürlich von dort zurückgezahlt werden mußten, beliefen sich auf mehr als 40 Mill. Francs. Die Abwickelung derselben wird Sache der in der Frankfurter Zusatzconvention zum Versailler Frieden vorgesehenen Liquidationskommission sein. Inzwischen wurden aus diesseitigen Landessonds, den Sparkassen Vorschüsse von über 4 Mill., den Ge- Gemeinden von 1H Mill. Francs gemacht. Frank reich zahlte abschläglich an die Sparkassen 10 Mill. Francs. — Die Vergütung für die durch die Be schießung Straßburgs erwachsenen Jmmobiliar- und Mobiliarschäden wurden auf 20 und 30 Mill. Frs. veranschlagt. Aehnlich an anderen Orten. Zu Zahlungen daraus wurden für 1871 angewiesen 4s Mill. FrA — noch nicht ganz die Hälfte aller Beschießungsflhäden, wie die Denkschrift bemerkt. ES wurden in Elsaß-Lothringen eingeführt die Reichs gesetze über Quartierleistung, über die Wehrpflicht, das sogenannte Rayon-Gesetz. — Die Justizverwaltung war fast ganz neu zu ordnen, da die meisten sranMischerr Organe derselben ihre Functionen ein gestellt halten; es ist dies zumeist im Anschlüsse an die deutschen Einrichtungen geschehen. Aehnlich ist es rücksichtlich der Civil-Verwaltung. Die Ge meinde-Verwaltung ist im wesentlichen gemäß den vorgefundenen Gesetzen wieder in Thätigkeit gesetzt, dinGemeinderäthe durch Wahlen erneuert (nur iii zwei Gemeinden fanden allgemeine Wahlenthaltungen statt);-Bürgermeister und Beigeordnete neu ernannt wopöen. - Eine eigentliche Renitenz der Bevölkerungen Siebenundzwaazigster Jahrgang. hat nirgends stattgefunden. — Die Polizeiverwsltung in den drei Städten Straßburg, Metz, Mühlhausen ist neu geregelt, die auf dem Lande, bisher aus schließlich in der Hand von Polizeicommissarien, jst großentheils an die Gemeinde-Behörden übergegangen, In Bezug auf das Entgegenkommen und den Dienst eifer dieser letztem sind bereits namhafte Fortschritte bemerkbar. — Die Einrichtung der Gesängnißanstalten ist auf deutschen Fuß umgestaltet, insbesondere sind die sogenannten Generalentreprisen, kraft deren ein Unternehmer zu einem gewissen Satze für Kops und Tag die Verpflegung der Gefangenen hatte; dafür aber deren Arbeitskraft frei ausnutzte, aufgehoben worden. — Zu den bisherigen 4 Schiff-Brücken über den Rhein werden acht neue treten. Die Entwickelung des Bicinalwegebauwesens wird nach den französischen Grundsätzen fortgeführt. — WqS für die Förderung des Eisenbahnwesens geschehen, ist aus dem Reichshaushaltsetat bekannt. Das Ppst- und Telegraphenwesen ist auf.deutschen Fuß ein gerichtet. — Um den Credityerhältnissen aufzuhelfen, wurden Commanditen der Preußischen Bank in Straßburg, Metz und Mühlhausen errichtet. Der Zwangscours der Noten der Bank von Frankreich trat außer Kraft. — Gegen die Rinderpest wurden energische Maßregeln ergriffen, welche günstigen Er folg hatten. Im übrigen wurden die vorgefundenen Anstalten für Landeskultur zunächst erhalten. — Die allgemeine Schulpflicht ward durch kaiserliche Verordnung vom 18. April 1871 eingeführt „und von der Bevölkerung durchgängig mit großer Be friedigung aufgenommen". »Gleichzeitig ward an Stelle der französischen Sprache die deutsche als obligatorische Schulsprache überall da gesetzt, wo dieselbe Volkssprache ist. — Die Vorgefundenen Lehrerseminarien sind „den geänderten Zuständen entsprechend" reorganisirt worden; die Errichtung von Lehrerpraparandenanstalten steht bevor. —. Die höheren Unterrichtsanstalten sind wieder in Thätig keit gesetzt. Mitte März zählte das Lhceum zu Straßburg über 300, das zu Kolmar 140, das zu Metz 150 Schüler. Alle drei Anstalten repräsentireu zugleich Realschulen. In sechszchu anderen Städten wurden die früher bestandenen höheren Schulen hergestellt. Die sämmtlichen Lyceen der städtischen Schulen zählen zur Zeit 141 Lehrer, 15Y0 Schüler.