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W o ch e n - la t t , —' für Bischofswerda, Stolpen imd Umgegend» Amtsblatt des Königlichen Verichtsamtes «nd des Atadtrathes za Kifchofswerda. Bfts« Zeitschrift erscheint wScheatlkch »wer Mal, Mittwoebs lind Sonnabends, und koket einschließlich der V»NH» «Send« erscheinenden „belletristische» Beilage«' vierteljährlich 12's, Ngr. Inserate werden bi« Dienstag« und Kreitag« trüb 8 Uhr angenommen und kostet die gespaltene SorpuSzetle oder deren Raum 8 Pfennige. ^^19.1 Mittwoch, den «. Mär,. , 1872«. Politische Umschau. Kein Zweifel kann darüber herrschen, daß e- un gleich leichter ist, ein großes Land mit Schwertstreich zu erobern, als die Sympathien seiner Bewohner zu gewinnen. Man muß es der Reichsregierung zum Ruhme nachsagen, daß sie es bis jetzt verstanden, im neuen Reichslande Elsaß-Lothringen alles das in Bewegung zu setzen, was geeignet sein konnte, das Land nicht bloS äußerlich mit Deutschland zu ver knüpfen, sondern auch innerlich ihm zu verbinden. Kaum ist seit dem Friedensschluß ein Jahr dahin gegangen, und schon find die Justiz, die Verwaltung, die Schulen nach deutschem Muster organifirt, durch umfassende Reorganisation Post- und Telegraphen verkehr erleichtert und gesichert worden. Straßburg erhebt sich rasch und stolz aus seiner Asche; seine deutsche Bevölkerung verdoppelte sich in diesem Jahre, seine Bibliothek mehrt sich Woche für Woche um Tausende von Bänden und zu Lehrern beruft man an diese deutsche Hochschule die tüchtigsten Kräfte deutscher Wissenschaft. Im Schooße der Einwohner schaft bilde» sich gesellige und wissenschaftliche deutsche Vereine, in seinen Mauern führt man ohne erheb liche Schwierigkeiten die Schwurgerichtsverhandlungen in deutscher Sprache und nicht viel länger als noch ein halbes Jahr wird es dauern, dann lernen des neuen Reichslandes Söhne auch durch den Kriegs dienst sich als Glieder des Volkes fühlen, dem ihre Voreltern einst entrissen und de« sie nun wieder gegeben worden sind. Fürwahr, nur deutsches Gemüth und deutscher Fleiß vermochten es, in so kurzer Zeit in einem eroberten feindseligen Lande Solches zu schaffen. Diesen Thatsachen gegenüber verschwinden die Sammlungen zur französischen Nationalsubscription. Eins nur ist es, was die Germanisirung bis jetzt im hohen Grade erschwert hat und, wenn nicht sehr energisch vorgegangen wird, noch viele Schwierig keiten aufzurufeu droht: der clerikale Einfluß. Was diesen Punkt anbetrifft, so ist unsers Dafürhalten- die jetzt noch brennende Streitfrage ziemlich werthloS, ob das Concordat von 1801 Giltigkeit habe , oder nicht, ob Cardinal Antonelli im Recht sei, oder Fürst Bismark. Hier gilt es vor allen Dingen da- Land zunächst von jener Maulwurfsthätigkeit zu Viebmundjwanzigstrr Jahrgang. befreien, welche unter scheinbar harmloser religiöser Decke kein anderes Ziel hat, als fort und fort nationale Zwietracht zu säen, und das, was deutscher Fleiß baut, vom Beichtstuhl und Canzel herab wieder niederzureißen, Allen römischen Angriffen gegenübirr ist nur durch deutsche Thaten zu antworten ; denn ohne That keine Abwehr: wer sich von keiner fremden Religio» unterjochen lassen will, muß eine eigene haben und ihr huldigen. Religionslosigkeit ist keine Macht, vielmehr eine Unmacht, ein KnechtSständ. Sie führt nicht zur Freiheit, sondern macht d« Völker, die von ihr ergriffen werden, zur Beute von Priestern. Wie nun aber auch im gejammten deutschen Reiche das religiöse Leben sich entfalten wird: zuvörderst ist gewiß, daß unser Reich »üb Vaterland von den Römlingen auf den Tod bekämpft wird, weil es ihrer Herrschaft und Herrschsucht sich entziehen will. Wir find die Träger der Gewissens freiheit, sie der Unterdrückung; wenn wir Erfolg haben, so werden durch unser Vorbild auch andere Völker ihnen abwendig gemacht; darum stellen sie in ihrem ganzen Ingrimm uns nach und tvollen unser Reich zertrümmern. Nichts Geringeres als seine Zertrümmerung kann ihnen nach ihrer Meinung helfen oder genügen. In Preußen geschah ein weiterer Schritt gegen diese Reichsfeinde. Durch Circularverfügung ordnete der neue Cultusminister Or. Falk an: „In öffent lichen höheren Lehranstalten ist hinsorr die Dispen sation vom Religionsunterricht zulässig, sofern ein genügender Ersatz dafür nachgewiesen wird rc." Die officiöse „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt hierzu: Die Regierung hat sich bei ihren Entschließungen offenbar von der Absicht leiten lassen, den berechtigten Eirt- fluß de? Eltern auf die religiöse Erziehung ihrer Kinder inmitten der kirchlichen Wirren ebenso gewissenhaft zu wahren, wie sie das Recht des Staates gegen geistliche Anmaßungen vertreten hat. Der Erlaß des Kultusministers erscheint nicht als ein Zugeständ^ niß an ultramontane Forderungen, sondern al«, ei« weiterer Schritt zur Verwirklichung der Gewissens freiheit, welcher mit der geschichtlichen Entwicklüng und den verfassungsmäßigen Grundlagen des Schütz wesen- i» voller UebereinstiMmung bleibt. Indem ernsten Kampfe des Staate- gegen die hierarchischen Bestrebungen, welche dem Recht wie dem-Gewissen