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tt verschaffen, m Bs- ohne in jeden» einzelnen Arbeit« wollen. dürMßs Falle au eine Verfassung«-Aenderung zu denken. Durch das letztere gewöhnen wir uns leicht daran, die Verfassung des Reiches zu ändern; eine solche Gewöhnung aber kann ich nur aK etwas sehr Schlimmes und Gefährliches ansehen. (Zustimmung.) Ich meine, wir ,sichert» der Verfassung Mehr Aner kennung im Volke und fördern viel mehr unsere Entwickelung, wenn wir es vorziehen, einmal in einem allgemeinen Gesammtgebiete eine nothwendig gewordene Aenderung vorzunehmen, als in jedem einzelnen Falle. Was die Civilehe betrifft, so ist ßir miH die Frage eine vollständig offene. Ich bin weder für noch wider die Civilehe. Wird einmal das Bedürfniß von allen Seiten als ein dringendes anerkannt, dann müssen wir sie einführen, . und haben wir die Competenz nicht, nun dann müssen wir diese uns verschaffen. Ich warne aber davor, dem Vorgänge des Abg. Herz zu folgen und sich von diesem Motiv bestimmen zu lassen; die Frage ist eine vollständig offene und es wird ihr in keiner Weise durch den Antrag präjudicirt. Der Grund, der mich heute bewegt, für den Antrag zu stimmen, ist folgender: Ich habe mich durch die Erfahrungen in der Thcilnahme an den Arbeiten dieses Hauses überzeugt, daß das practische Bc- dürfniß einer gemeinsamen Gesetzgebung in der That ein größeres und weitgrcifcnderes ist, als ich früher annahm. Durch unser bisheriges parlamentarisches Zusammenleben sind wir mit einer Menge von An schauungen und Erfahrungen bekannt gemacht worden, die uns beim Beginn desselben noch nicht vorlagen, und diese bessere Erkenntniß bestimmt mich heute, den Antrag nicht mehr für zu weit gehend zu halten. Ich bitte Sie, ihn anzunehmen. (Beifall.) — Das Haus genehmigte schließlich den Antrag in erster und zweiter Lesung mit sehr großer Majorität. — Außer diesen Anträgen wurden im Reichstage noch einige Interpellationen (Vergütung der Fuhrwerke im Kriege gegen Frankreich, das Apotheker gesetz rc. betreffend) beantwortet, die Errichtung des Kriegsschatzes definitiv genehmigt, die Einführung mehrererBundes gesetze(Unter- stützungswohnsitz, Gewerbeordnung) in Würtemberg und Baden beschlossen und in der Berathung des Reichshaushalts-Etats fortgefahren. Einer der wichtigsten Gegenstände in jetziger Session stand am vorigen Sonnabend auf der Tagesordnung des Reichstages, nämlich das neue Münzgesetz. Die wesentlichsten Bestimmungen desselben lauten: Es wird eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus einem Pfunde feinen Goldes 139^ Stücke ausgebracht werden. Der zehnte Theil dieser Goldmünze wird Mark genannt und in 10 Groschen, der Groschen in 10 Pfennige eingetheilt. Außer der Reichsgoldmünze zu 10 Mark werden noch 20 und 30 Markstücke geprägt. Diese Münzen trägen auf der einen Seite den Reichsadler mit der Ueberschrift: „Deutsche Reichsmünze", sowie Jahreszahl der Ausprägung und Werthangabe, auf der anderen Seite das Bildniß des Landes- Die Äusvr sten des" Reiches in allen MÄlMttcn derjenigen Bundesstaaten, welch, sich dazu bereit erklären. Das Verfahren ^bel der Ausprägung unwrliegt der BeauffichsitzUM; Reiches. Alle Zahlungen können in ReichSgoldmüoM geleistet ^werdm. Hch-ly.Hieße ° ,HHiEia Verkehr gebracht sind,' sollen die im Umlauf ße- findlichen alten deutschen Goldmünzen durch die Staaten, für welche sie ausgeprägt sind, eingezogen werden. — Staatsminister Delbrück eröffnete Pie Debatte mit einem geschichtlichen Rückblick über Ke Münzangelegenheit, in der Erklärung gipfelndalle Bemühungen, im Anschlüsse an eines der bestehenden Münzsysteme eine Münzeinheit herzustellen, seien gescheitert und deshalb lege die Regierung einen Gesetzentwurf vor, der ein selbstständiges nationales Münzshstem enthalte. Nachdem einige Redner für und wider die Vorlage gesprochen, vertagte Präsident Simson die Fortsetzung der Berathung bis Montag den 13. Novbr. - Die Entlassung des Grafen Beust als Canzler der österreich-ungarischen Monarchie ist nunmehr durch kaiserliches Handschreiben zur unum stößlichen Thatsache geworden. Graf Andrassy über nimmt die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten; der bisherige Reichskanzler wird Botschafter in Ändon und ist zum Mitglieds des Herrenhauses auf Lebens zeit ernannt. Man führt diesen wichtigen Personen wechsel auf die Erfordernisse der inneren Lage Oester reichs zurück, indem behauptet wird, Graf Beust habe stürzen müssen, um eine Verständigung der einander gegenübcrstehenden Parteien Herbeifübren zu können. Diese Verständigung bezieht sich lediglich auf innere Fragen. Die auswärtige Politik wich von dieser Wendung der Dinge, unberührt bleiben, wie denn auch die Enthebung des Grafen Beust m sehr gnädiger Form erfolgt und kein Zeichen irgend welcher Entfernung von der Seitens des bisherigen Reichskanzlers beobachteten Politik vorhanden ist. Was namentlich die freundnachbarlichen Beziehungen Oesterreich-Ungarns zu Deutschland anlangt, so ist die Erwartung berechtigt, daß dieselben unverändert fortdauern werden. Auch die Wiener Blätter äußern sich über die zukünftige Politik des Grafen Andrassy in demselben Sinne. — Der böhmische Landtag hat die Beschickung des Reichsraths einstimmig ab, gelehnt, worauf sein Schluß erfolgte. Die Czecheu stellen sich also wieder auf den Standpunkt der ent- schiedenftcn Opposition und die „N. Fr. Pr." furlbtä sogar, daß trotz der Berufung Andrassh's der czechische Ausgleichsgedanke an maßgebender Stelle noch nicht aufgegebcn sei. — Vom Ministerium Kellersperg noch nichts Neues und Entscheidendes! In Italien hat das Bestreben der Regierung, mit der Curie Frieden zu schließen, zu einem Vor fall Anlaß gegeben, der die Existenz des jetzig« Unterrichtsministeriums im hohen Grade gefährdet, Im Frühjahr d. I. hatte eine Anzahl Professoren der Universität Rom eine Adresse an Döllinger er» kaffen, worin die Zustimmung zu seinem Vorgeh«, gegen das UasthlbarkeitSdogMa ausgesprochen yprde.