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Aus Rom wird von Zeit zu Zeit und so auch jetzt wieder die bevorstehende Abreise des Papstes ge meldet. Jedenfalls aber wird diese Abreise erst, be kannt werden, wenn der Papst bereits eingeschifft ist, was eben so sehr im Interesse des hohen Reisenden als der italienischen Regierung gelegen sein dürfte. Der italienische „Eisenbahn-Moniteur" meldet, daß die Eröffnung der Mont-Cenis-Bahn von Buffo» lino bis Modane am 15. September stattfineet, und daß der Verkehr aus der ganzen Linie bis St. Michel in den ersten Octobertagen eröffnet werden wird. Wie sich vorauösehen ließ, haben die unüberlegten Kammcrbeschlüsse bezüglich der Eisenbahnfrage die rumänischen Zustände wieder in ein Ehaos zurück gestürzt. Da der Crevit eines Landes immer von seinen mehr oder weniger geordneten Zuständen ab hängt, so macht sich jetzt die Calamität zuerst an den Finanzen fühlbar. Diese würden durch die vo- tirte und vom Fürsten sanclionirte Anleihe von 78 Millionen ohne große Schwierigkeit geregelt worden sein, wenn die Regierung dieselbe hätte unterbringen können. Seitdem aber die Kammern decretirt haben, daß das Land die fälligen Zinsconpons der rumänischen Eisenbahn-Obligationen trotz der klarsten Verpflich tungen nicht bezahlen soll, wollen weder die Capita- listen des Auslandes noch die des Inlandes auf die Unterschrift und die Versicherung der rumänischen Regierung ihr Geld herleihen. Von den 78 Will, sind nur 8 Millionen gezeichnet und auch diese nur mit der Bedingung, daß die Zahlung nur in Tresor bons geleistet wird, d. h. die Abnehmer der gezeich neten 8 Millionen sind bereits «taatsgläubiger und wollen nur ein Papier mit dem anderen ver tauschen, welches scheinbar etwas größere Sicherheit bietet, obgleich eine Regierung, welche ihre Unter schrift nicht mehr respectirt, überhaupt keine Garan tien mehr geben kann. Die erste Folge der famosen Eisenbahnbeschlüsse ist also, daß Rumänien von Neuem bis an den Hals in der Finanzmisere steckt; die zweite Folge wird das Wiederauftauchen der Dynastie- Frage sein. Fürst Carl leidet augenblicklich am Fieber und die Aerzte haben ihm Ruhe und voll ständige Enthaltung von den Staatsgcschäften ver ordnet. Vielleicht entbinden ihn bald diplomatische Aerzte aller Regierungssorgen. Zur rumänischen Frage schreibt die „N. fr. Pr.": Die uns zugekommenen Bukarester Meldungen ver breiten über die Situation ein Helles Licht. ES wird zunächst bestätigt, daß Först Carl dem von den Kammern gefaßten Beschlüsse, wodurch die deutsch«» und österreichischen Besitzer rumänischer Eisenbahn- Obligationen einfach ausgeraubt werden, seine Zu stimmung zu geben sich genöthigt sah, daß der be treffende Entwurf nun seine Unterschrift trägt, mit hin Gesetzeskraft erlangt, hat. Wir erfahren Wetter aber auch den wesentlichen Inhalt der Bismark'sche» Note. Die jüngste Nummer der „Rumän. Post" bringt nämlich folgende Anzeige: „Wir befinden SIS für den Frieden und die Wohlfähsck dx^ ContinentS. kunft und seinen Ansichten nach ein Franzose ist, Die „Weser-Zestmtg" schreibt: -,MU. nach vollen - Italien bemüht sich ebenfalls, Men Candidaten dnrch- sechs Jahren IMfeE^^^nrFMkm^ieder zu-IkWbringen, bis jetzt aber ohne dtt geringste Aussicht sammen,gttrcudenF'cheumdschaftSerklärungdn, auf Erfolg. " welche sie schM im Decckrber vorigen Jahres durch ihre Minister auSgetauschli haben; der deutsche Kaiser, „von dem Verlangen beseelt, die freundschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu dem österreichisch ungarischen Nachbarreiche zu erhalten und zu fördern, auf welche beide durch die ihnen gemeinsamen In teressen und die Wechselwirkung ihres geistigen und materiellen VerkehrSlebcnS angewiesen sind" (De pesche Bismark's an Schweinitz vom 14. December 1870); der Kaiser von Oesterreich „freien und hohen Sinnes die erhebenden Erinnerungen, die seine Dynastie in der glanzvollen Geschichte von Jahr hunderten mit den Geschicken des deutschen Volkes verbanden, nicht anders auffassend, als mit der wärmsten Sympathie für die fernere Entwickelung dieses Volkes und mit dem rückhaltlosen Wunsche, daß es in den neuen Formen seines staatlichen Da seins die wahren Bürgschaften einer glücklichen, für seine eigene wie für die Wohlfahrt des ihm in ge schichtlicher Tradition, in Sprache, Sitte und Recht so vielfach verwandten Kaiserstaates gleich segens reichen Zukunft finden möge." (Depesche des Grafen Beust an Wimpffen am 26. December 1870.) Im Uebrigen gedenken wir noch der Rückkehr des Kaisers von Oesterreich nach Wien, welche am 4. d. M. erfolgte und an die dortige Blätter die Meinung knüpfen, daß sie dem Abschlüsse des Ausgleichs werkes mit den Czechen gelte. Die Schluß verhandlungen sollen unter dem Vorsitz des Kaisers stattfindcn, der, wie man behauptet, in sichtlich heiterer Stimmung in die Residenz zurückkehrte. Etwas Näheres über den Ausgleich selbst ruht noch im Schooße der dunklen Zukunft, oder, wenn man will, in den Mappen der Herren Graf Hohenwart und Or. Rieger. Ob aber das deutsche Fest in Brünn, wie wir die Turnfcier kurz bezeichnen können, nicht gerade in diesem Augenblick die unbefangene Haltung des österr. Monarchen in Ischl oder Gastein etwas beeinträchtigen wird? Zu verwundern wäre es nicht infolge der so nachdrücklich ausgesprochenen politischen Kundgebung seiner deutschen Unterthauen, wonach ihr National gefühl mit der elementaren Kraft einer Naturgewalt emporstrebt. Und wofür das Herz aller deutsch redenden Oesterreicher schlägt, das zeigte in Brünn wieder der endlose Enthusiasmus, welchen „die Wacht am Rhein" hervorrief. Dreimal mußte sie gesungen werden, und entblößten Hauptes wurde sie stehend von den Zehntausenven angehört. InItalien sind jetzt die Jntriguen wegen der Papstwahl im vollsten Gange. Die römische Curie hat zwei Candidatcn aufgestellt, nämlich die Car- dinäle Castelli und Patrizi. Für letzteren ist Antonelli, da er Aussicht hat, unter dicsein der all mächtige Eardinal-Staats-Secretär zu bleiben. Der Cardinal Panebianco ist der Candidat der Je suiten. Die Franzosen suchen den Cardinal Amati an's Ruder zu bringen, der zwar in Italien — auf der Insel Sardinien — geboren, aber seiner Her-