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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Verichtoamtes und -es Sta-trattzes zu Drfchofswer-a. viele Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und koket einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 12'Ngr. Inserate werden bi« Dienstag« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen und kostet die gespaltene CorpuSzeile oder deren Raum 8 Pfennige, ^^37.j Mittwoch, den 1« Mai. 1871. Politische Umschau. Alle Versuche, zwischen Paris -und Versailles eine Versöhnung herbeizuführen, sind bis jetzt gescheitert. In vergangener Woche veranstalteten die Pariser Freimaurer eine große friedliche Demonstration, indem sie, 1500 an Zahl, zuerst nach dem Stadt hause zogen, nm dasselbe zu bestimmen, die Grund lagen einer Versöhnung mit Versailles anzunehmen. Darauf zogen sie mit grünen Zweigen und weißen Fahnen durch die elhseeischen Felder der Porte Maillot zu. Als die Procession dort ankam, schwieg das Feuer; der Zug aber wurde benachrichtigt, daß er sich nicht nähern solle und man nur zwei Parlamentäre nach Versailles passiven lassen werde. Dieselben trafen denn auch dort ein und wurden von Thiers empfangen. Nachdem sie ihre Absichten dargelegt und dabei betont hatten, daß sie seitens der Commune kein Mandat besäßen, erwiderte Thiers: Niemand wünsche sehnlicher das Ende des Bürgerkrieges, wie er; Frankreich könne sich aber unmöglich vor Aufrührern beugen. Die Regierung wolle ja gern gegen Alle, mit Ausnahme der ge meinen Verbrecher, Milde walten lassen, sobald man die Waffen strecke. So schmerzlich es ihm sei, die für die Unterdrückung des Aufstandes nöthigen Be fehle zu ertheilcn, so gebiete ihm doch die Pflicht, vor Nichts zurückzuschrecken. ' Diese Antwort hat natürlich in Paris eine sehr üble Stimmung hervorgerufen, da die von Thiers geforderte bedingungslose Unterwerfung jeder weiteren Verhandlung den Boden entzieht und den Kampf bis zum Äeußersten, d. h. bis zum schließlichen Unterliegen des einen oder anderen Theiles noth- wendig macht. Mit wechselndem Glück ist derselbe'denn auch weiter geführt worden. Einige Zeit schien es, als gewönne die Uebermacht der Versailler Truppen langsam Terrain. Schon glaubte man das Fort Jssy in ihren Händen, aber die Thiers'schen „Helden von Gravelotte" mußten schließlich wieder den Pariser Bummlern weichen. Interessant ist dabei ein Schriftwechsel zweier höherer Offiziere, welche beide die Vertheidigung von Metz unter Bazaine mit durchgemacht und jetzt als Feinde einander gegenüberstehen. Als nämlich das Fort Jsiy derart Sechluadtwanzlgster Jahrgang. zusammen geschossen war, daß General Cluseret es preisgeben wollte und dafür seine Verhaftung durch die Commune herbeiführte, erhielt sein Nachfolger Rossel folgendes Schreiben: „Im Namen und auf Befehl des Herrn Marschall Mac Mahon, Ober befehlshaber der Armee, fordern wir, Major der Laufgräben, den Commandanten der im Fort Jssy in diesem Augenblicke versammelten Insurgenten auf, sich mit dem ganzen im genannten Fort eingeschlossenen Personal zu übergeben. Eine Viertelstunde Zeit, um auf die gegenwärtige Aufforderung zu antworten, wird gegeben. Wenn der Commandant der auf ständischen Streitkräfte in seinem Namen und in dem der ganzen Garnison schriftlich erklärt, daß er und die Seinigen der gegenwärtigen Aufforderung sich ohne andere Bedingungen unterwerfen, als Leben und Freiheit gesichert zu erhalten, so wird ihm diese Gunst bewilligt werden. Falls man binnen einer Viertelstunde nicht antwortet, so wird die ganze Garnison erschossen. Der Oberst des Generalstabes N. Leperche, Major der Laufgräben." Auf diese drakonische Zuschrift antwortete der Commandant! „An den Bürger Leperche, Major der Laufgräben vor dem Fort Jssy. Mein lieber Kamerad! Wenn Sie sich erlauben, uns noch ein mal eine so insolente Aufforderung zu senden, so werde ich Ihren Parlamentär den Kriegsgebräuchen gemäß erschießen lassen. Ihr ergebener Kamerad Rossel, Dclegirter beim Kriegswesen." Es läßt sich wohl kaum leugnen, daß die Auf ständischen mehr Muth entwickeln, als jene traurigen „Helden von Gravelotte," die sich aus den errungenen günstigen Positionen bei Jssy durch Rossel sofort wieder werfen ließen. Aber die Chancen find zu ungleich und Paris muß ungeachtet verzweifelter Gegenwehr doch Endlich erliegen. Welche blutigen Kämpfe stehen aber noch bevor! Hinter den Forts erhebt sich eine dreifache Reihe von Wällen, deren Erstürmung Tausenden der Angreifer das Leben kosten wird. Und dann erst folA der Barrikaden kampf! Kommt es zu- einem solchen, so möchten Scenen sich ereignen, die durch ihre Wildheit alles bisher Erlebte in Schatten stellen. Schon jetzt haben sich ganze Schaaren von Weibern an den Stadtthoren eingefunden und verlangt, man möge , sie hinauslassen, sie wollten den Bruder- und Vater-