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außer Stande sei, Garantien dafür zu geben, daß die Rückkehrmden dieser Armee nicht sofort gegen Vie Deutschen marschiren. Gr.af Bismark ersucht deshalb die Schweiz, in bislang loyaler. Weise für die hoffentlich noch kurze Zeit fortzufahren und da durch au der Beschleunigung des Friedensschlusses Theil zu nehmen. Schon recht so! An Begeister ung für die französische Sache haben es die Schweizer während des ganzen klangen Krieges nicht fehlen lassen; nun mögen sie beweisen, ob die Begeisterung ihnen im Herzen sitzt, oder ob sie nur Maulhelden- thum ist. . Die Londoner Conferenz behilft sich nun doch ohne Beteiligung Frankreichs und soll ein trächtig ihre friedlichen Beschlüsse schon gefaßt haben. Am 9. wurde von der Königin das englische Parlament mit einer besonders langen Thron rede eröffnet. Dieselbe giebt sich auch der Hoffnung hin, daß der Abschluß der Feindseliglciten nunmehr eingetreten sei. Auch bezüglich der Pontus- und Alabama-Frage lautet sie friedlich. Aus Italien nichts von Interesse, die Ver handlungen der Deputirtenkammer über die dem Papste zu gewährenden Garantien bezüglich seiner geistlichen Unabhängkeil schleppen sich in das End lose fort. Die Republikaner in Spanien haben ein Manifest erlassen, in welchem die Betheiligung am Wahlkampfe angerathen wird. Als zu erreichende Ziele werden hingestellt: Reform des Artikels 33 der Verfassung und Absetzung der Savoyenschen Dynastie. Bekanntlich sind aber die Republikaner noch so in der Minorität, daß sie allein, das heißt ohne Verbindung mit anderen gegnerischen Parteien, dem neuen Könige vor der Hand noch nicht gefährlich werden können. Ueber Carl von Rumänien, der sich mit Ab- dankungsplänrn beschäftigt, verlautet jetzt noch des Näheren, daß die Mächte ein aufrichtiges Interesse daran haben, daß er auf seinem Posten bleibe, um keine Verwickelungen im Orient aufzurufen. Der Fürst scheint noch zu schwanken, ob er es mit dem rettenden Staatsstreich versuchen, oder Krone und Land fahren kaffen soll. Das Letztere ist immer noch das Wahrscheinliche und der Sturz der ru mänischen Papiere zeigt deutlich an, daß man nicht das geringste Vertrauen zu den Zuständen jener Donauländer hat. Ueber Nacht und fast unbeachtet ist ein Minister wechsel in Oesterreich erfolgt. An Stelle deS Grafen Potocky ist der bisherige Statthalter Graf v. H ohen wart eines schönen Morgens als Minister präsident getreten. Es ging damit so geheimnißvoll zu, als hätte e» viel zu bedeuten; in Wahrheit wird -es aber gar nichts anderes bedeuten, als daß ein Paar gleichgiltige Namen gewechselt haben. Doch Mn, hören wir, was Wiener Blätter über ihr Neu« Ministerium äußern. Die „N. Fr. Pr." schreibt: „Nicht daß ein ziemlich stark nach der ukttamontanen Seite neigender Staatsmann wie Traf Hohenwart Minister des Innern, eia aller Bartzlukrat wie Freiherr v. Holzgetchs« zum chMm Make Flnanprrmister, ein ezechischer Professor wie vk HäbiciknekJustizminister, ein schwäNsther ortSuakundiger Professor wie i)r. Schaffte Handels minister , ein für da« Befestigung-Wesen sehr be geisterter Generalmajor stne Freiherr v. Schöll Kriegsminister geworden; nicht all' dies, obwohl darin schon mehr als genug enthalten ist, um Jeder mann, der eine freisinnige und verfassungsmäßige Entwicklung wünschte, in die lebhafteste Unruhe m versetzen, erfüllt uns mit unsäglichem Unmuth. Nein! All' dies ließe sich erklären aus der abnormen Stellung der politischen und nationalen Parteien in Oesterreich. Wovor wir jedoch heut wie vor einem Verhängniß stehen, wovor sich alle unsere Gedanken bäumen, wogegen sich ast' unser Fühlen sträubt: das ist die Ueberankwortung des Unter richtswesens Oesterreichs, ganz Oester reichs an den Czcchen Jirecek." Das ist also das Eure der Kämpfe für die freiheitliche Entwicklung, die nach dem Jahre 1866 die Wieder geburt Oesterreichs anbahnen und Reformen in Staat, Kirche und Schule schaffen sollte! Wie? In dem Augenblicke, in welchem die deutsche 'Nation durch einen der gewaltigsten Käinpfe sich die Achtung in allen Welttheilen, und die ihr gebührende Rolle im Rathe der Staaten und Völker wieder gewonnen >— da wagt man es, der deutschen Cultur, die so Große- geschaffen, einen czcchischeu Unterrichtsmiuister zum Hüter zu stellen? Was hier den Deutschen geschieht, ist ihnen von ihren schlimmsten Feinden nicht wieder fahren; selbst in Zeiten tiefster Erniedrigung ließ man wenigstens die deutsche Bildung unangetastet. Und was sagt Graf Beust dazu? Er bleibt nach wie vor kaiserlich-königlich-österreichisch-ungarischer Reichscauzler! Mit Ernennung deö neuen Ministeriums fiel der Schluß der Delegations-Verhandlungen zusammen. Den Hauptzankapfel bildete diesmal das Extras ordinarium für das Kriegsbudget. Die österreichische Delegation wollte von den geforderten 60 Millionen 24, die ungarische nur 8 gestrichen sehen'. ES handelte sich also um eine Differenz von 16 Millionen, welche dadurch beseitigt wurde, daß die Ungarn um 8 Millionen weniger und die Oesterreicher um 8 Millionen mehr votirten. In Preußen hat eine königliche Cabinetsordre jüngst, die vor dem Kriege eingegangenen Ehen derjenigen Offiziere für nichtig erklärt , welche nicht die königliche Einwilligung dazu eingeholt hatten — eine Maßregel, die vielfach schmerzliches Erstaunen hervorrief. Infolge dessen brachte man im Ab geordnetenhause den Antrag ein, alle solche während des gegenwärtigen Krieges eingegangenen Ehen für giltig zu erklären, sobald die erforderliche Ge nehmigung nachträglich beigebracht werde. Die An gelegenheit schwebt noch; traurig geimg, daß sie über haupt auftauchte. Wie den „H. N." auS Berlin geschrieben wird, verlautet von zuverlässiger Seite, daß eine Kaiser krönung nicht beabsichtigt werde und zwar haupt sächlich wegen der damit in Verbindung stehenden katholischen Traditionen. Dagegen wird eine ,Huldigung" stattfindeu und zwar in Gegenwart fast sämmtlicher tmrtscher Fürsten und der W-